Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)
Nr. 126(†) Boppard, Karmeliterkirche 15.Jh.
Beschreibung
Fragmente von Wandmalereien mit Spruchbändern im Chor der Karmeliterkirche. Die während der kurz vor 1847 begonnenen Renovierungsarbeiten links vom Hochaltar aufgedeckten "Engel mit Spruchbändern, Teppichgründe, Bruchstücke von Gliedern, Gewändern u(nd) d(er)gl(eichen) mehr"1) wurden nach weiteren Restaurierungen im Jahre 1901 wieder vollkommen überstrichen2). Im Jahr zuvor konnten sie allerdings von dem Kirchenmaler H. Holtmann für eine beabsichtigte, aber nicht zur Ausführung gekommene Wiederherstellung kopiert werden3). Erneut aufgedeckt im Verlauf der grundlegenden Wiederherstellung des Kirchenraumes in den Jahren nach 19794) sind heute nur noch geringe Reste von figürlicher Malerei und schwarz auf Weiß gemalten Inschriften zu erkennen, die zudem "beim Stemmen der Schlitze für Elektroleitungen (...) beschädigt bzw. zerstört worden"5) waren. Bei den zwischen Sakramentshäuschen und Hochaltar sichtbaren Darstellungen handelt es sich auf der rechten Seite um die offenbar in quadratischen Feldern angeordneten Sitzbilder von ehemals vier Evangelisten, von denen noch zwei zu erkennen sind: oben Johannes Evangelist, identifizierbar durch das ihm beigegebene Attribut des Kelches mit Schlange, über ihm ein Spruchband mit der kaum mehr lesbaren Inschrift (A), darunter ein älterer Mann mit weißem Haar und Bart, über ihm ein Spruchband mit der verlöschten Inschrift (B). Links unten sind nebeneinander Fragmente von drei weiteren kreisförmig gerollten (wohl nicht zugehörigen Spruchbändern) zu sehen, auf denen sich jeweils Reste von Inschriften befinden (C-E). Die restlichen, noch um 1900 sichtbaren Wandmalereien des Chorbereichs6) mit den Resten einer Kreuzigungsgruppe mit Stifterdarstellungen sind völlig verschwunden.
Nach Abb. bei Clemen (B).
Maße: Bu. 4 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
- A
[- - -] qui de celo descendit · io[- - -]7)
- B
[.. dabit]a) vobis d(omi)n(u)s [- - -]8)
- C
[- - -]er · [- - -]
- D
[- - -] ded[- - -]
- E
[- - - man]ducauit homo d[- - -]9)
Übersetzung:
Dies ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist (A). - Und der Herr wird euch schmales Brot geben (B). - Brot der Engel aß der Mensch (E).
Textkritischer Apparat
- Ergänzt nach Buchstabenresten und Bibelstelle.
Anmerkungen
- So Reichensperger 421.
- Vgl. dazu und zum Folgenden Clemen 285 und 289.
- Die ehemals im Pfarrarchiv aufbewahrten Aquarell-Kopien der Wandmalereien sind heute verschollen (freundliche Auskunft von Herrn Dipl.-Archivar Stefan Nicolay, Bistums-Archiv Trier, vom 27. März 2002) und nur zum Teil durch Abb. bei Clemen überliefert.
- Vgl. dazu und zum Folgenden Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 337-339.
- So Denkmalpflege in Rheinland-Pfalz 1982/83, 222.
- Vgl. dazu Clemen 289f. und künftig Kern.
- Joh 6,59 (Hic est panis, qui de coelo descendit).
- Wohl nach Jes 30,20 (Et dabit vobis dominus panem arctum).
- Wohl nach Ps 77,25 (Panem angelorum manducavit homo).
- Vgl. dazu Nr. 63.
Nachweise
- Clemen, Gotische Wandmalereien, Abb. 293 (B).
- Kern, Wandmalerei (Ms.).
Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 126(†) (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0012605.
Kommentar
Aufgrund der zahlreichen Überarbeitungen der Wandmalereien läßt sich zu Schrift und ikonographischem Programm des Chorbereichs nur wenig aussagen. Da die Figur des älteren Mannes ohne Nimbus abgebildet ist, bleibt es offen, ob es sich bei den vier Figuren wirklich um Evangelisten gehandelt hat. Evident ist allerdings der thematische Bezug der Inschriften zu dem Sakramentshäuschen, in dem die Hostien aufbewahrt wurden. Clemen datiert die Wandmalerei mit Verweis auf die Wandmalerei der Alexius-Legende10) in den Beginn des 15. Jahrhunderts.