Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 76 Oberwesel, Kath. Pfarrkirche St. Martin (aus Dellhofen?) um 1450

Beschreibung

Titulus und Namensinschriften (nomina sacra) auf einer Kasel. Noch 1875 in der benachbarten kath. Pfarrkirche zu Dellhofen1) nachgewiesen, wird sie heute in St. Martin verwahrt. Gewebte Kölner Borte sowie Gold- und farbige Seidenstickerei auf weinrotem Seidensamt. Auf der ehemaligen Vorderseite (heute Rückseite) Kaselkreuz mit schrägen Armen. Es zeigt den blutüberströmten Christus an einem grüngelben Astkreuz mit langen Stümpfen, umgeben von vier herbeischwebenden Engeln, die das Blut aus den Wundmalen in Kelchen auffangen. Die Buchstaben des Titulus (A) sind mit weißen Fäden auf blauen Grund gestickt. Über dem Kreuz ist der segnende Gottvater dargestellt, unter dem Kreuz Maria mit dem Leichnam Christi auf dem Schoß. Die heutige Vorderseite zeigt einen Stab aus Kölner Borte, dekoriert mit Blütenbäumchen und Rosetten, dazwischen steht jeweils einer der in blauer Farbe ausgeführten nomina sacra (B). Die Kasel wurde im Barock verkleinert, modernisiert und mehrfach geflickt.

Maße: H. 110, B. 70, Bu. 2,5 (A), 3 (B) cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Thomas G. Tempel (ADW) [1/2]

  1. A

    i(hesus) · n(azarenus) · r(ex) · i(udeorvm)2)

  2. B

    maria / ihesus / maria / ihesus

Kommentar

Die Buchstaben des Titulus sind schwarz konturiert, als Worttrenner dienen große Quadrangeln.

Der heutige Oberweseler Stadtteil Dellhofen3) gehörte bereits seit dem Mittelalter zur Pfarrei Liebfrauen. Die verhältnismäßig gut erhaltene Kasel ist das einzige noch vorhandene spätmittelalterliche Meßgewand Oberwesels. Die Datierung folgt der kunsthistorisch gewonnenen Einordnung4).

Anmerkungen

  1. So Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 591. - Die folgende Beschreibung orientiert sich an der umfassenden Analyse der Kasel im Kdm. durch Karen Stolleis.
  2. Joh 19,19.
  3. Vgl. dazu Kdm. 1043ff.
  4. Freundliche Mitteilung von Frau Dr. Karen Stolleis, Kronberg, vom 3. Januar 2003.

Nachweise

  1. Kdm. Rhein-Hunsrück 2.2, 571 mit Abb. 401.

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 76 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0007604.