Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 72 Europäische und amerikanische Museen (aus Boppard, Karmeliterkirche) 1440-1446

Beschreibung

Sieben großformatige Glasfenster1) mit Bildzyklen, Inschriften und Wappen aus dem Mitte des 15. Jahrhunderts an die einschiffige ältere Klosterkirche angebauten nördlichen Seitenschiff.

Reproduktion: Täube, Glasmalereien, S. 37; Fotomonatage T. G. Tempel [1/6]

Nach den im Frühjahr 1817 erfolgten ersten Verkaufsverhandlungen mit Gräfin Lucie von Hardenberg – verlobt seit 1816 mit Graf Hermann von Pückler-Muskau – wurde offenbar die komplette Farbverglasung im August des Jahres 1818 gegen den anfänglichen Widerstand der Bezirksregierung in Koblenz von der Stadt Boppard an den Grafen (und späteren Fürsten) verkauft2). Der Preis der für die Ausstattung der geplanten Schloßkapelle zu Muskau vorgesehenen (im günstigsten Fall) 282 Einzelscheiben3) betrug 1200 Gulden, hinzu kamen weitere 400 Gulden für die Neuverglasung des Seitenschiffs. Entgegen der Absicht des Fürsten blieben die meisten Fenster bis zu seinem Tode im Jahr 1871 in Kisten verpackt. Auf Veranlassung des Erben wurden diese im Königlichen Institut für Glasmalerei in Berlin grundlegend restauriert4) und danach zum Verkauf angeboten. Nach dem Scheitern der seitens der Stadt Boppard nur halbherzig betriebenen Ankaufsverhandlungen erwarb schließlich Baron Friedrich Spitzer in Paris spätestens 1877 etwa 200 Scheiben für seine berühmte Sammlung christlicher „Alterthümer“. Nach dessen Tod wurde die Kollektion im Jahr 1893 bahnenweise versteigert5) und geriet in die verschiedensten Sammlungen. Der überwiegende Teil der Fenster befindet sich heute – meist nach mehrfachem Besitzerwechsel – in öffentlichen Museen, ein anderer Teil ist in Privatbesitz, der Rest gilt als verschollen oder wurde zerstört.

Das Fenster im Osten des Seitenschiffs (I bzw. nord IV) bestand aus drei Bahnen mit jeweils neun querrechteckigen Feldern und abschließenden kleeblattbogigen Kopfscheiben. Dagegen waren die fünf Fenster an der Längswand (II-VI bzw. nord V-IX) und das Fenster im Westen (VII bzw. nord X) jeweils durch eine Maßwerkbrücke halbiert, also in ein Ober- und Unterfenster unterteilt. Diese bestanden ebenfalls aus jeweils drei Bahnen mit abschließenden Kopfscheiben, doch enthielt hier jede einzelne Bahn sechs querrechteckige Felder. Die im Folgenden gewählte Benennung der Fenster folgt den in der Literatur verwendeten Bezeichnungen, die Rekonstruktion der ursprünglichen Reihenfolge und Plazierung der Fensterscheiben richtet sich nach den von Hayward in zwei grundlegenden Aufsätzen vorgelegten Hypothesen. Die in runden Klammern beigegebene zweite Zählung der Fenster entspricht den Usancen des CVMA.

I.(†) (nord IV). Sogenanntes Thron-Salomonis-Fenster. Es befand sich in der Ostwand des Seitenschiffs, bildete also die Verglasung des Nebenchors. Dieses Fenster wurde in der 1888 errichteten von Arnimschen Grabkapelle im Schloßpark von Muskau wiederverwendet6), die 1945 durch Kriegseinwirkung vollständig zerstört wurde. Eine Ansicht des damals vernichteten Fensters ist glücklicherweise durch ein Schwarz-Weiß-Foto überliefert, allerdings ohne die neun unteren Felder. Die mittlere Bahn zeigte drei übereinander angeordnete figürliche Darstellungen: unten den thronenden König Salomon zwischen zwei Löwen, darüber ursprünglich eine thronende Muttergottes mit Kind7) und abschließend Christus als Schmerzensmann. Die mit (bisher weitgehend unbeachteten) Inschriften versehenen figürlichen Darstellungen der beiden seitlichen Bahnen waren darauf bezogen: Unter von außen nach innen gestuften Arkaden standen unten je drei personifizierte Tugenden mit Schriftbändern (A-C, D-F) zur Muttergottes hin gerichtet, darüber je drei Propheten mit Schriftbändern (G-I, K-M) zum Schmerzensmann hin gerichtet. Die auf den beiden einzigen erhaltenen Scheiben dargestellte Muttergottes ist durch eine in den Reif ihrer Krone eingefügte Inschrift (N) bezeichnet. Der Verbleib der fehlenden unteren Scheiben ist unbekannt, möglicherweise gelangten aber zwei von ihnen mit Wappendarstellungen durch den amerikanischen Kunsthandel in private Hand8). Die eine Scheibe zeigt einen Engel, der mit ausgebreiteten Händen drei Schilde mit Zunftwappen umfaßt, die andere zwei Löwen, die einen gelehnten Wappenschild halten.

Maße: H. (eines Feldes)9) 50,5, B. 76,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien, gemalt bzw. radiert (N).

  1. A(2a)†

    Die • suese • dugent •

  2. B(2a)†

    Die • suese • Selikeit •

  3. C(3a)†

    Die • suese • miltekeit •

  4. D(2c)†

    Die • gottelich • liebe •

  5. E(2c)†

    Die • minnekliche • besunder • Dugent

  6. F(3c)†

    Die • virsihtig • wurdig[e] • tug(ent)

  7. G(5a)†

    ammaloa) • broffeta • des • trones •

  8. H(5a)†

    machilasb) • ein • broffeta •

  9. I(5a)†

    Jerimias • brofeta •

  10. K(5c)†

    brofeta • daniel •

  11. L(5c)†

    brofeta • kato • ein • heide •

  12. M(5c)†

    brofeta • moysis •

  13. N

    maria • mater

 
Wappen
Schmiedezunft10); Weberzunft11); Bäckerzunft12); unbekannt13).

Die Darstellung von Salomons Thron mit den ihn umgebenden Treppenstufen orientiert sich an der entsprechenden Beschreibung im Alten Testament14), allerdings mit dem Unterschied, daß die dort allein den Thron flankierenden Löwen hier durch je sechs personifizierte Tugenden und Propheten ergänzt wurden. Diese Variante dürfte auf die mittelalterliche Interpretation15) von Salomons Thron als Symbol der Kirche bzw. als Allegorie der Inkarnation zurückzuführen sein, wonach Christus, der wahre Salomon, die Jungfrau Maria zu seinem Thronsitz erwählte. Wenn auch Maria stets mit Tugenden in Verbindung gebracht wird und Propheten oft auf die Inkarnation hinweisen, so bleibt dennoch offen, wie die merkwürdigen inschriftlichen Bezeichnungen der Tugenden mit dem mittelalterlichen Tugendsystem in Einklang zu bringen sind16) und wie die nur mit ihren Namen bezeichneten Propheten – besonders der unkanonische Kato17) – mit der Szene zusammenhängen. Falls die Zuweisung der beiden Wappenscheiben zutrifft, waren auf den fehlenden unteren Scheiben Wappen der Bopparder Zünfte dargestellt. Auf den restlichen unbekannten Scheiben könnten weitere Stifter des Fensters mit ihren Wappen Platz gefunden haben. Das Fenster mit dem Salomon-Thron wird der von Lothringen beeinflußten Bopparder Werkstatt II (Oberrhein-Meister)18) zugewiesen.

II.† (nord V). Hier sogenanntes Fragmente-Fenster. Bei dem (bislang) namenlosen Fenster handelte es sich vermutlich um die unbekannte bzw. nicht erhaltene Verglasung des ersten Fensters der Längswand von Osten. Das Fenster dürfte aufgrund der marianischen Gesamtkonzeption der Bopparder Glasmalereien mit Szenen aus dem Marienleben19) gefüllt gewesen sein. Unter Umständen stammen die im verlorenen Thron-Salomonis-Fenster eingesetzte Kreuzigung mit Titulus, vielleicht auch der überarbeitete Schmerzensmann von hier.

Nach Kdm. Rhein-Hunsrück.

Schriftart(en): Gotische Minuskel

  1. • i(esus) • n(azarenus) • r(ex) • i(udeorum)20)

III.(†) (nord VI). Sogenanntes Bourgeois-Fenster. Es bildete vermutlich die Verglasung des zweiten Fensters der Längswand von Osten. Das Unterfenster (offenbar ohne die drei Felder der untersten Reihe) wurde bei der Auktion in Paris von dem Kölner Sammler Caspar Bourgeois erworben21) und 1904 an H. Lempertz' Söhne, Köln, weiterverkauft. Zu einem späteren Zeitpunkt von Seligman, Rey & Co. aus New York erstanden, gelangten die Scheiben in die Sammlung William Randolph Hearst, Los Angeles, wo sie 1956 von Hubert Eaton, dem Direktor des Forest Lawn Memorial Park in Glendale (Kalifornien), erworben (alte Inv.-Nr. 540.7-9) und während des Einbaus in die dort neu errichtete Friedhofskapelle durch einen Brand fast vollständig vernichtet wurden. Während diese Bahnen wenigstens durch ein Foto gut überliefert sind22), fehlt vom Oberfenster bis auf eine Einzelscheibe jede Spur.

In den drei Bahnen des Unterfensters waren unter mehrgeschossigen Tabernakeltürmen ein Ordensgründer und zwei ihn flankierende Heilige dargestellt: in der Mitte als zentrale Figur Norbert von Xanten mit der Monstranz in Händen, zu seiner Rechten der Apostel Jakobus (der Ältere) in Pilgertracht, zu seiner Linken der hl. Gerhard in bischöflichem Ornat. Zu Füßen des im Nimbus namentlich bezeichneten Apostels (B) kniete ein betender Mann mit einem von ihm ausgehenden Schriftband, darauf die Fürbitte (A). Die ursprünglich wohl genau darunter befindliche Scheibe konnte von Hayward im Hessischen Landesmuseum Darmstadt (Inv.-Nr. Kg 31:31) ausfindig gemacht werden: Die inschriftlose Scheibe23) zeigt die miteinander disputierenden hll. Johannes Evangelist und Jakobus (den Älteren). Eine zweite, in der Breite allerdings beschnittene Darmstädter Scheibe (Inv.-Nr. Kg 31:32) konnte von Hayward für die gleiche Position im sonst unbekannten Oberfenster geltend gemacht werden. Dargestellt ist die hl. Agatha mit einem Marterwerkzeug in der Hand, ihr zur Seite kniet ein betendes Ehepaar mit zwei Schriftbändern, zur Rechten der Heiligen die Frau mit der schwarz auf Weiß gemalten Fürbitte (C1), zur Linken der Mann mit der gleichlautenden Fürbitte (C2).

Maße: H. 58,5, B. 68 (frgm., C) cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. A(2/3a)(†)

    [ora pro] me sa(n)ctvs iacobvs

  2. B(4a)

    sanctvs iacobvs

  3. C1(8a)

    orac) pro me santad) agatae)

  4. C2(8a)

    ora p(ro) me suntaf) agatae)

Ob die durch Hayward vorgeschlagene Deutung des Unterfensters mit den auf den ersten Blick beziehungslos angeordneten Personen als „Apostelfenster“24) zutrifft, bleibt ebenso offen wie ihre Rekonstruktion des verschollenen Oberfensters, in dem sie neben der hl. Agatha weitere auf Maria bezogene weibliche Heilige versammelt sehen möchte. Bei den drei profanen Personen zu Füßen bzw. unterhalb der Heiligen dürfte es sich um die unbekannten Stifter der Scheiben gehandelt haben. Die Glasmalereien des Bourgeois-Fensters werden der im Kölner Stil arbeitenden Bopparder Werkstatt I (Kölner Meister) zugewiesen.

IV.(†) (nord VII). Sogenanntes Zehn-Gebote-Fenster. Es bildete vermutlich die Verglasung des dritten Fensters der Längswand von Osten. Die beiden Hälften des vollständig erhaltenen Fensters haben eine unterschiedliche Provenienzgeschichte, die erst vor wenigen Jahren befriedigend geklärt werden konnte. Das Unterfenster25) gelangte nach der Pariser Auktion zunächst in den Besitz des Kölner Sammlers Caspar Bourgeois, kam dann 1897 durch Otto von Falke in das dortige Kunstgewerbemuseum und befindet sich seit 1932 im Schnütgen-Museum zu Köln (Inv.-Nr. M 596). Das Oberfenster26) wurde bei der Pariser Aktion vermutlich direkt von dem amerikanischen Bankier Ogden Goelet für sein 1891 fertiggestelltes Sommerhaus Ochre Court in Newport (Rhode Island, USA) erworben. Allerdings baute er nur die beiden Seitenbahnen27) in ein Fenster des großen Treppenhauses ein. Die seit 1947 über das Haus verfügende Salve Regina University ließ im Sommer 1997 einige der inzwischen offensichtlich reparaturbedürftigen Glasscheiben ausbauen und in der Pariser Glasmalerei-Werkstatt 'Ateliers Duchemin' restaurieren28). Die von Goelet nicht verwendete Mittelbahn gelangte 1939 an den Glasgower Sammler Sir William Burrell, der sie 1944 dem Städtischen Museum (heute Glasgow Museums & Art Galleries, Burrell-Collection; Inv.-Nr. 358, Reg.-Nr. 45.489) schenkte. Die Bopparder Scheiben wurden in die Südseite der gläsernen Außenwand der Pollok Hall eingefügt, eines eigens zur Aufnahme und Präsentation der Burrell-Collection errichteten Gebäudes.

Die untere Hälfte des Unterfensters zeigt in einer gewölbten Halle die von zwei Engeln gekrönte hl. Elisabeth von Thüringen, wie sie an zwei zu ihren Füßen kniende Bettler Brot und Kleidung verteilt. Flankiert wird sie in den heute vertauschten Seitenbahnen29) jeweils von zwei identische Wappenschilde haltenden Engeln. Über ihnen befinden sich links wie rechts zwei kleinere Engel mit den Spruchbändern (A) und (B), die den Beginn des sogenannten Ambrosianischen Lobgesangs enthalten. Die obere Hälfte des Unterfensters ist der ersten Hälfte der Zehn Gebote gewidmet. Sie ist in sechs Einzeldarstellungen unterteilt, die jeweils zwei übereinanderliegende Felder umfassen. In der ersten Szene nimmt Moses kniend mit ausgestreckten Händen von Gott die mit zahl- bzw. buchstabenartigen Zeichen versehenen Gesetzestafeln entgegen, kommentiert wird der Vorgang durch ein von Gott ausgehendes Spruchband mit der Inschrift (C). Gottvater ist hier – wie auch in den folgenden Szenen – stets als Halbfigur auf einer Wolkenkrause dargestellt, in den Händen ein geschwungenes Spruchband mit erläuterndem Text. Mit der zweiten Szene beginnt die Darstellung der einzelnen Gebote. Erstes Gebot: Neben einer Gruppe von Gott zugewandten Betern ist eine zweite betende Gruppe um eine Säule mit einem goldenen Steinbock versammelt; darüber das Spruchband (D). Zweites Gebot: Neben einer betenden Gruppe stehen Männer mit erhobenen Fingern und weisen auf den Teufel zu ihren Häupten; darüber das Spruchband (E). Drittes Gebot: Ein Priester zelebriert vor der Gemeinde die Messe (auf dem Altar Retabel mit Kreuzigungsdarstellung, dabei in winziger Schrift Titulus F1), während zwei von einem Teufel begleitete Paare spazierengehen; darüber das Spruchband (F2). Viertes Gebot: Kinder knien vor einem Elternpaar mit Ruten in der Hand, während hinter dessen Rücken weitere von einem Teufel begleitete Kinder Schabernack treiben; darüber das Spruchband (G). Fünftes Gebot: Zwei Männer wollen mit Schwertern einen dritten Mann töten, daneben hilft ein Paar einem Schwerverletzten; darüber das Spruchband (H). Sämtliche Scheiben sind stark überarbeitet, insbesondere die Inschriften sind zumindest übermalt, zum Teil auch neu gemalt30). Die (inschriftlose) untere Scheibe der Mosesdarstellung (4a) wurde vollständig erneuert.

Im Mittelpunkt des Oberfensters steht die von einem Baldachin überfangene Muttergottes mit dem Kind im Arm, umgeben von einem Strahlenkranz, gekrönt von zwei Engeln. Um sie herum gruppieren sich – von der gewohnten Reihenfolge abweichend31) – weitere fünf Szenen mit den noch ausstehenden Geboten. Siebtes Gebot: Ein Bettler stiehlt den Geldbeutel eines in ein Gespräch vertieften Mannes, daneben gibt eine Frau einem Mann einen Geldbeutel; darüber das Spruchband (I). Achtes Gebot: Neben einer Gruppe von knienden Betern legt ein von einem Teufel begleiteter Mann vor einem Richter ein falsches Zeugnis ab; darüber das Spruchband (K). Sechstes Gebot: Zwei von einem Teufel begleiteten schäkernden Paaren stehen zwei tugendhafte betende gegenüber; darüber das Spruchband (L). Neuntes Gebot: Neben einer Gruppe Betender bietet ein junger Mann einer Frau einen Ehering an, die offensichtlich die Ehefrau des daneben stehenden Mannes ist; darüber das Spruchband (M). Zehntes Gebot: Von einem Teufel begleitete Schmeichler umgeben einen reichen Mann, daneben knien Beter, die eine offene Kiste mit Gold ignorieren; darüber das Spruchband (N).

Maße: H. 53, B. 72, Bu. 2,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien

  1. A(3a)

    te • deu(m) • lauda(mus)g) d(omi)nih) // te • teh) • domin(um)i) co(n)fi[te(mur)]k)32)

  2. B(3c)

    te eter(n)usl) • vo(.) dom(i)n(um) // patriim) [....]n) gestate(...) glor(i)ao)

  3. C(5a)

    mousis • enpfing • die • zehen • gebot • vo(n) • got33)

  4. D(5b)

    Eine(n) • got • den • solt • du • betten • an •

  5. E(5c)

    Du • solt • gottes • namen • nuit • uppelichenp) • nenen •

  6. F1(6a)

    i(esus) n(azarenus) r(ex) i(udeorum)52)

  7. F2(7a)

    du solt • de(n) • sun(n)en • tag • firen

  8. G(7b)

    Du • solt • vatter • vn(d) • muter • eren

  9. H(7c)

    Du • solt • nyman doetten

  10. I(9a)

    du • solt • nieman • nvitq) • stellen

  11. K(9b)

    Du • solt • kein • mey(n)eid • schwören •

  12. L(9c)

    Du • solt • nut • unkuis • sin

  13. M(11a)

    Du • solt • niemans • elich • wip • begern •

  14. N(11c)

    Du • solt • kein • unreht • gut • begeren •

Übersetzung:

Dich, o Gott, loben wir! Dich, o Herr, preisen wir! Dir, dem ewigen Vater

 
Wappen:
Hl. Römisches Reich bzw. Stadt Boppard34); Hl. Römisches Reich bzw. Stadt Boppard.

Als Worttrenner der auf den ersten Blick eher konventionell ausgeführten Minuskel dienen Quadrangeln, die zum Teil paragraphzeichenförmig ausgezogen sind. Daß die Scheiben in der Berliner Werkstatt auch bezüglich der Inschriften nicht nur zu ihrem Vorteil restauriert worden sind, zeigen sowohl die inhaltlichen Diskrepanzen bei den Inschriften (A) und (B) als auch die für das 19. Jahrhundert typische Gestaltung einzelner Minuskel-Buchstaben: so etwa t mit beidseitig durchgezogenem Balken.

Die Darstellung der Muttergottes im Oberfenster entspricht formal der der hl. Elisabeth im unteren Teil, gemeinsam ist ihnen die Krönung durch Engel. Unklar ist der Zusammenhang der als almosengebende Wohltäterin agierenden hl. Elisabeth mit den sie begleitenden, den Ambrosianischen Lobgesang verkündenden Engeln. Bei den daran anschließenden bildlichen Darstellungen der Zehn Gebote35) handelt es sich um ein wohl aus lehrhaft-moralisierender Absicht heraus entstandenes Sujet, das sich seit der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts als Wand- und Tafelmalerei nachweisen läßt; frühe, als Glasmalerei ausgeführte Beispiele finden sich um 1340 in den elsässischen Kirchen St. Georg in Schlettstatt bzw. gegen 1425 in St. Theobald in Thann. Bei dem vollständig erhaltenen Zehn-Gebote-Fenster aus Boppard, dessen Bildfolge mit der Übergabe der Gebote an Moses eingeleitet wird, ist die durchdachte und aufwendig ausgeführte Konzeption der Einzelszenen bemerkenswert, in denen jeweils der Befolgung eines Gebotes seine Übertretung gegenübergestellt wird.

Seit Hayward36) wird aufgrund der beiden imperialen Wappen unwidersprochen davon ausgegangen, daß das Zehn-Gebote-Fenster von dem Ende Oktober 1439 verstorbenen König Albrecht II. von Habsburg und von seiner Frau Elisabeth von Luxemburg, der einzigen Tochter seines Vorgängers, Kaiser Sigismunds, gestiftet worden sei. Da aber das königliche Ehepaar in den zwei Jahren der Herrschaft das engere Reichsgebiet nie betreten hat und sich für diese ihnen unterstellte Stiftung keine weiteren schlüssigen Belege finden lassen, sei zumindest darauf hingewiesen, daß es sich auch um eine Stiftung der Stadt Boppard selbst handeln könnte, die als (ehemalige) Reichsstadt ebenfalls den Reichsadler im Wappen führte. Das Zehn-Gebote-Fenster wird der Bopparder Werkstatt II37) des sogenannten Oberrhein-Meisters zugeschrieben.

V. (nord VIII). Sogenanntes Cloisters-Fenster. Es bildete vermutlich die Verglasung des vierten Fensters der Längswand von Osten38). Das einzige zusammenhängend erhaltene Fenster des Bopparder Zyklus gelangte nach der Pariser Auktion in das dortige Musée des Arts Décoratifs und im Jahr 1937 über Seligman, Rey & Co. an das Metropolitan Museum of Art, New York (Inv.-Nr. 37.52.1-6.). Dort wurden seine sechs Lanzetten im Jahr 1938 als Teil des damals neu eröffneten Museums „The Cloisters“ im sogenannten „Boppard Room“ nebeneinander in die Wand eingelassen. Die inschriftlosen Bahnen sind mit großen stehenden Heiligenfiguren unter reich gegliederten Tabernakeltürmen geschmückt, die in den untersten Zeilen jeder Fensterhälfte von Wappenschilden bzw. kleineren Figuren begleitet werden. Im Unterfenster steht die hl. Dorothea über einer Darstellung des Gnadenstuhls, flankiert auf den Seitenbahnen von der hl. Katharina und der hl. Barbara, unter diesen jeweils von Engeln gehaltene (Zunft)Wappen (1a und 1c). Die zentrale Figur im Oberfenster bildet die Muttergottes im Ährenkleid, begleitet von zwei hl. Bischöfen, vielleicht dem hl. Servatius von Tongern und dem hl. Lambert von Maastricht (ohne Attribut). Unter der Madonna befinden sich ein großer Wappenschild (8b), links daneben der Erzengel Michael als Seelenwäger, rechts daneben zwei unbekannte Heilige39) (rechts wohl Jakobus d. Ä.) mit zwei kleinen Wappenschilden (8c) zu ihren Füßen.

  
Wappen:
Küferzunft?40); unbekannt41);
unbekannt42); unbekannt43); unbekannt44).

Falls es sich bei den Trägern der Wappen tatsächlich nicht um regional ansässige (bislang nur nicht bekannte) Stifter bzw. Institutionen handeln und daher die hypothetische Identifizierung der Wappen durch Hayward doch zutreffen sollte, wäre zumindest nach den bislang unbekannten Beziehungen der Städte Lüttich und Maastricht zu Boppard45) zu fragen, die die aufwendige Stiftung eines solchen Fensters erklären könnten. Das Cloisters-Fenster wird der von Köln beeinflußten Bopparder Werkstatt I zugeschrieben.

VI. (nord IX). Sogenanntes Wurzel-Jesse-Fenster. Es bildete vermutlich die Verglasung des fünften und letzten Fensters der Längswand von Osten. Das heute bis auf zwei verschollene und drei zerstörte Scheiben vollständig erhaltene Unterfenster46) gelangte nach der Pariser Auktion – bis auf die Stifterzeile – zunächst in die Sammlung William Randolph Hearst. Von dort aus kamen im Oktober 1938 die fünf oberen Zeilen in die Burrell-Collection, Glasgow, und wurden dort zu einem späteren Zeitpunkt in die gläserne Außenwand des Museums eingefügt (Inv.-Nr. 320, Reg.-Nr. 45.485). Die mittlere Scheibe der Stifterzeile gelangte schließlich ebenfalls dorthin, allerdings über die Sammlung Goelet47). Die Scheiben der zweiten Zeile wurden 1956 nach Glendale verkauft und verbrannten dort kurz nach ihrer Ankunft bis auf wenige Reste48). Acht Scheiben des Oberfensters49) gingen über Duveen Frères, Paris, in die Londoner Sammlung Roy Grosvenor Thomas und von dort an das Metropolitan Museum of Arts in New York (Inv.-Nr. 13.64.1-4, Medieval Departement). Drei Scheiben aus der Züricher Sammlung A. Huber kamen 1940 über Seligmann, Rey & Co. an das Institut of Arts in Detroit, Michigan (Inv.-Nr. 40.52), weitere vier Scheiben der Sammlung Huber befanden sich zeitweise in der Kollektion Gebr. Bodmer in Zürich und sind heute in nicht näher bekanntem Privatbesitz. Zwei bislang vermißte Scheiben konnten unlängst in einem jetzt zur Salve Regina University gehörigen Haus in Newport (Rhode Island, USA) aufgefunden werden: Die Scheiben sind erstmals nach der Pariser Auktion im Privathaus von Edson Bradley in Washington (D.C.) nachweisbar, der sie 1929 in das Westfenster des Foyers seiner neuen Residenz „Seaview Terrace“ in Newport einfügen ließ. Somit sind heute nur noch vier Scheiben des Oberfensters nicht näher bekannt.

Die ursprünglich wohl mittlere Scheibe der untersten Fensterzeile (1b) zeigt unter einem Rundbogenfries ein sich zuwendendes, kniendes Ehepaar, umgeben von zwei ineinander verschlungenen Spruchbändern. Links ist der Mann mit einem aufgeschlagenen (Gebet)Buch in den Händen abgebildet, über ihm die in lateinisch/deutscher Sprache ausgeführte Fürbitte (A1), rechts seine Frau mit gefalteten Händen und einem Rosenkranz, über ihr die Fürbitte (A2) in deutscher Sprache. Zu Füßen des Ehepaars befinden sich zwei große nebeneinander gestellte Wappenschilde. Die beiden seitlichen Scheiben der Stifterzeile fehlen. Auf den drei Scheiben der zweiten Fensterzeile (2a-c) war ehemals die liegende Figur des Jesse dargestellt, aus dem sich seitlich zwei kurze Weinreben rankten. Die Scheiben der folgenden Fensterzeilen zeigen – jeweils in doppelter Bildhöhe – zwei Hauptszenen aus dem Marienleben, begleitet auf den seitlichen Bahnen von je zwei Szenen aus der Passion. Dargestellt sind in der Mitte die Geburt Mariens (3/4b), darüber die Verkündigungsszene mit dem Engel (5/6b), von dem das beschriftete Spruchband (B) mit Gottes Botschaft an Maria ausgeht und in den Seiten Christus mit den drei schlafenden Jüngern am Ölberg (3/4a), die Erscheinung des auferstandenen Christus vor Petrus (3/4c) bzw. Christus vor Pilatus (5/6a) sowie die Auferstehung Christi (5/6c).

Das Oberfenster setzt das Programm des Unterfensters fort: In der Mittelbahn haben sich die Heimsuchung Mariens (8/9b) und darüber Christi Geburt (10/11b) erhalten, flankiert von den in Privatbesitz befindlichen Scheiben mit der Darstellung der Dornenkrönung (8/9a) und der Grablegung Christi (8/9c) bzw. den ebenfalls in Privatbesitz verwahrten Scheiben mit der Kreuztragung (10/11a) und Kreuzabnahme (10/11c) mit Titulus (C) am Kreuzesstamm. Von den drei obersten Zeilen sind zum einen die in Detroit befindlichen Scheiben der linken Bahn (12-14a) bekannt: Sie zeigen die trauernden drei Marien unter einem von dem Propheten Jeremias gehaltenen Schriftband mit Namensangabe und Datierung (D). Während die Zentralfigur des gekreuzigten Christus in der Mittelbahn als verloren gilt50), zeigen die beiden Newporter Scheiben der rechten Bahn (12/13c) den auf den Gekreuzigten weisenden Johannes Evangelist und den römischen Hauptmann, von dem ein Spruchband mit der entsprechenden Inschrift (E) ausgeht.

Maße: H. 54,5, B. 74 cm (Unterfenster, Angabe nach Wentzel).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

  1. A1(1b)

    Miserer(e) meyr) • deus • vn(d) • si • uns • gnedig •

  2. A2(1b)

    herre • got • biss) • vns • barmhertzig

  3. B(5/6b)

    Ave gracia • plena • dominus • tecu(m)51)

  4. C(10/11c)

    i(esus) • n(azarenus) • r(ex) • i(udeorum)52)

  5. D(12-14a)

    yermiar) • p(ro)pfroteat) • an(n)o d(omi)n(i) • xliiii

  6. E(12/13c)

    Vere • viliusr) • deyr) • erat • yster)53)

Übersetzung:

Erbarme dich meiner, Gott, und sei uns gnädig (A). – Gegrüßest seist Du voll der Gnade, der Herr ist mit dir (B). – Im Jahr des Herrn (14)44 (D). – Wahrlich, dieser war Gottes Sohn (E).

 
Wappen:
unbekannt54)unbekannt55).

Soweit den vorliegenden Abbildungen der Scheiben zu entnehmen ist, sind die wenigen Versalien der gotischen Majuskel entlehnt, wie etwa pseudounziales A und symmetrisch unziales M mit Bogenschwellung, Abschlußstrich und Nodus am Mittelschaft. Die Oberlängen der sehr sorgfältig ausgeführten, gelegentlich mit feinen begleitenden Zierstrichen und -häkchen versehenen Minuskel sind teilweise gespalten. Als Worttrenner dienen Quadrangeln, die zum Teil paragraphzeichenförmig ausgezogen sind. Auffällig ist die Gestaltung des zweistöckigen z mit rundem Schrägschaft sowie der mehrfache Ersatz des i bzw. j durch y mit durchgebogenem rechtem Schrägschaft.

Die Benennung des Fensters nach der auf den drei unteren Scheiben dargestellten liegenden Figur des Jesse ist insofern etwas irreführend, als sich die gewohnte Komposition der Szene als aufsteigende (Wein)Ranke56) mit der Illustration der Genealogie Christi hier so nicht wiederfindet. Zudem wurde die Darstellung der Vorfahren Christi hier ersetzt durch aufeinander bezogene Szenen aus dem Marienleben auf der Mittelbahn und der Passion Christi auf den Seitenbahnen; ein ikonographischer Wandel, der sich in Deutschland seit dem Beginn des 13. Jahrhunderts gelegentlich und im 15. Jahrhundert verstärkt beobachten läßt. Das nicht nur durch die Darstellung der unbekannten Stifter57), sondern auch durch die Angabe der Jahreszahl wichtige Fenster wird der Bopparder Werkstatt II des sogenannten Oberrhein-Meisters58) zugeschrieben.

VII.(†) (nord X). Sogenanntes Pyrmont-Fenster. Es bildete mit großer Wahrscheinlichkeit die Verglasung des Fensters über dem Westportal. Die untere Fensterhälfte wurde von dem New Yorker Bankier Odgen Goelet vermutlich direkt bei der Pariser Auktion für sein Sommerhaus in Newport erworben (heute Salve Regina University)59); allerdings wurden dort nur die beiden Außenbahnen in ein Fenster des Treppenhauses eingelassen; zumindest drei Scheiben der Mittelbahn gelangten 1948 in einer von den New Yorker Parke-Bernet Galleries durchgeführten Auktion in unbekannten amerikanischen Privatbesitz60); das Schicksal der übrigen ist nicht bekannt. Die linke Bahn des Oberfensters befand sich zunächst in der C. Leyard Blair Collection und gelangte dann über Seligmann, Rey & Co. bzw. French & Co an das frühere De Young Memorial Museum in San Francisco, heute The Fine Arts Museums of San Francisco (Inv.-Nr. 54575). Die mittlere und die rechte Bahn kamen im April 1939 aus der Sammlung William Randolph Hearst in die Burrell-Collection, Glasgow, und wurden später – wie die anderen Bopparder Scheiben auch – in die gläserne Außenwand des dortigen Museums eingefügt (Inv.-Nr. 337, Reg.-Nr. 45.487).

Das Unterfenster läßt sich durch die Abbildung im Spitzerschen Bestandskatalog61) gut rekonstruieren: Im Zentrum der verschollenen Mittelbahn war die auf einer Mondsichel stehende Muttergottes im Strahlenkranz mit dem Kind unter einem Tabernakelturm abgebildet, darin die Halbfigur des Propheten Jesaias mit einem ihn bezeichnenden Spruchband (D), unter der Muttergottes befanden sich die beiden nebeneinander gestellten Vollwappen des Stifterehepaars. Die linke Bahn zeigt den gerüsteten hl. Georg mit Wappenschild und Lanze als Drachentöter unter einem Tabernakelturm, im Nimbus die ihn bezeichnende Inschrift (C). Auf der untersten Scheibe (1a) sind – in Rüstung nebeneinander kniend – der Stifter Kuno von Pyrmont sowie drei seiner Söhne dargestellt, der Vater umgeben von einem Spruchband mit der Fürbitte (A). Die rechte Bahn zeigt den hl. Quirin, ebenfalls mit Wappenschild und Lanze unter einem Tabernakelturm, auf der untersten Scheibe (1c) ist die Stifterin Margarethe von Schönburg zu Ehrenberg mit zwei Töchtern abgebildet, die Mutter umgeben von einem Spruchband mit der Fürbitte (B).

Die drei Bahnen des weitgehend erhaltenen Oberfensters zeigen großformatige Heilige unter Tabernakeltürmen: links der Erzengel Michael als Drachentöter, in der Mitte der hl. Bischof Kunibert von Köln mit der Geisttaube auf seiner Mitra und rechts ein bärtiger hl. Bischof ohne besonderes Attribut62), über ihm aber die Halbfigur des Propheten Jeremias mit einem ihn bezeichnenden Spruchband (E) in Händen. Auf einem schmalen Band unterhalb der drei Figuren befindet sich eine weitere Inschrift (F), die vermutlich den Beginn und mit Sicherheit das Ende der Arbeiten an den Fenstern mitteilt. Bedauerlicherweise fehlt der Streifen mit dem Beginn der Inschrift auf der Scheibe (8a) unterhalb des Erzengels63), erhalten haben sich der Mittelteil (8b) und der Schluß (8c).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien, gemalt bzw. radiert (C, F).

  1. A(1a)

    O • herre • got • sy • vns alle • gnedig

  2. B(1b)

    herre • got erbarme • dich • vber • vns •

  3. C(4a)

    santu) • ierge • ein • riterv)

  4. D(5b)

    yesaias • proffet

  5. E(12c)

    yermias • proffet

  6. F(8a-c)

    [- - -]/enw) • i(n) • dem • iar • do • man • zalt • mcccc / xl • un(d) • i(n) dem volbrot • mit • ve(n)ster xlvix)

  
Wappen:
Hl.GeorgHl. Quirin
Pyrmont/Ehrenberg64)Schönburg auf Wesel/Ehrenberg65).

Auch bei dieser Minuskel lassen sich einzelne auffällige Buchstabenformen beobachten, die auf durchgeführte Restaurierungen hinweisen: So ist bei gnedig das d mit nach links geschwungenem oberem Teil des rechten Bogenabschnitts, beim g der rautenartig gestaltete untere Bogen in vertauschter Strichstärke ausgeführt. Als Worttrenner dienen Quadrangeln.

Die Darstellung der Muttergottes als das in der Offenbarung des Johannes beschriebene „Apokalyptische Weib“66), das seit dem 12. Jahrhundert in Verbindung mit dem Erzengel Michael verstärkt mit Maria in Bezug gesetzt wird, folgt unverkennbar der marianischen Gesamtkonzeption der Bopparder Glasmalereien. Dagegen dürfte die Darstellung der beiden Ritterheiligen und die des hl. Kunibert als Namenspatron auf den Einfluß des ritterlichen Stifters Kuno von Pyrmont67) und seiner Frau Margarethe zurückzuführen sein. Das in der Pfarrkirche zu Karden an der Mosel bestattete Ehepaar68) residierte zwar auf der im nördlichen Hunsrück gelegenen Burg Ehrenburg, hatte aber vielfältige Beziehungen zu Boppard69): Kuno besaß Anteil an einem Hof in Boppard mit zugehörigen Grundstücken und Weinbergen, außerdem ist er im Jahr 1435 als Bürger zu Boppard und als Mitglied des Rates der Stadt bezeugt. Weiterhin stammte Margarethe von Schönburg aus dem benachbarten Oberwesel, und eine Enkelin des Ehepaars lebte später als Nonne im Bopparder Benediktinerinnen-Kloster Marienberg. Das Pyrmont-Fenster wird der Bopparder Werkstatt II des sogenannten Oberrhein-Meisters zugewiesen.

Die abschließende Wertung der Bopparder Glasmalereien unter epigraphischen, kunsthistorischen und historischen Aspekten kann sich aufgrund der komplizierten Überlieferungslage nur auf einen vorläufigen Versuch beschränken. So lange das Problem der Authentizität der Malereien und Inschriften nicht durch neue wissenschaftliche Untersuchungen70) grundlegend geklärt worden ist, lassen sich etwa Aussagen zur Schriftgestaltung nur unter großen Einschränkungen treffen. Zwar scheinen die kunsthistorischen Analysen der Glasmalereien darauf hinzudeuten, daß in Boppard unterschiedliche Werkstätten71) tätig waren, die sich einerseits in eine noch konservativ arbeitende, dem sogenannten Weichen Stil verpflichtete und wohl von Köln aus beeinflußte Werkstatt I (Bourgeois- und Cloisters-Fenster) und andererseits in eine eher fortschrittliche, von der oberrheinischen Kunst geprägte Werkstatt II (Thron-Salomonis-, Zehn-Gebote-, Wurzel-Jesse- und Pyrmont-Fenster) unterscheiden lassen. Letztere Werkstatt vertritt bei den figürlichen Darstellungen mit ihrer eher „knittrigen, hart und eckig gebrochenen“ Faltengebung die damals „modernste Stilphase“72). Doch die daraus resultierende Frage, ob sich in diesen beiden Werkstätten auch eine eigene Art der Schriftgestaltung ausgebildet hat, läßt sich schon nicht mehr so eindeutig beantworten, obwohl sich bei einem exemplarischen Vergleich der eher konventionell ausgeführten Inschriften des Bourgeois-Fensters mit den eher auffälligen des Zehn-Gebote-Fensters durchaus Unterschiede feststellen lassen: In Werkstatt I ist die Strichstärke im Verhältnis zum Buchstabenumriß wesentlich größer, während in Werkstatt II vielfach zwischen den Schäften eines Buchstabens größerer Abstand herrscht. Zudem zeigt sich hier am linken unteren Schaftende öfters eine spornartig ausgezogene Spitze des Quadrangels bzw. der Brechung. Ebenso fallen hier dünnstrichige Verbindungen zwischen den Schäften bzw. den senkrechten Teilen von Bögen und abgeknickten oberen Bogenabschnitten auf (e, f, s). Diese oberen Bogenabschnitte sind auch durchweg länger, weshalb die angesetzten Zierstriche von den senkrechten Buchstabenteilen deutlich weiter abstehen als bei Werkstatt I. Unterschiede im Duktus sind gerade beim t besonders gut zu beobachten: Während in Werkstatt II das t einen breiten, auch links merklich überstehenden Balken aufweist und sein Schaft oben nur mit einer leicht eingetieften und leicht assymetrischen Spaltung versehen ist, folgt das t der Werkstatt I – wie auch die anderen benannten Unterschiede – eher den Konventionen um die Mitte des 15. Jahrhunderts: Das obere Schaftende dieses Buchstabens ist als Spitze ausgebildet, und der kurze, links kaum überstehende Balken ist rechts mit einem langen Zierstrich versehen. Ob diese und andere Unterschiede jedoch ausreichen, mit Sicherheit jeweils eigene Hände anzunehmen, bleibt offen. Diese Zweifel gelten auch für die oben besprochenen Inschriften des Wurzel-Jesse-Fensters, die aufgrund ihrer auffälligen Schreibweisen und Schriftformen auf den persönlichen Stil eines eigenen Inschriftenmalers hinweisen könnten. Grundsätzlich ist zu beachten, daß eine Unterscheidung von Werkstätten aufgrund epigraphischer Differenzierungen solange nicht bewiesen werden kann, bis ausreichend geklärt ist, ob die festgestellten Unterschiede wirklich dem Gespür für Schrifteigentümlichkeiten der Ende des 19. Jahrhunderts restaurierenden Berliner Werkstatt zu verdanken sind oder ob diese Werkstatt bei der grundlegenden Restaurierung der Scheiben die Inschriften in einer gut gemeinten, manchmal aber anachronistisch wirkenden Minuskel verfertigt hat. Für letzteres gibt es vor allem bei den Scheiben der Werkstatt II deutliche Hinweise.

Bei der hier nur anzudeutenden ikonographisch-kunsthistorischen Interpretation des Gesamtprogramms ist der Analyse von Hayward73) grundsätzlich beizupflichten, daß die übergreifende, auf Maria bezogene Gesamtkonzeption der Malereien mit ihrem reichen ikonographischen Programm und den beigegebenen Inschriften grundsätzlich den gelehrten Mönchen des Bopparder Karmeliterklosters74) zu verdanken ist. Maria mit Kind, als Königin, im Ährenkleid, im Gnadenstuhl, als apokalyptisches Weib, dazu die Szenen aus dem Marienleben: Offenbar stellten die Fenster des nördlichen Seitenschiffs jeweils einen anderen Typ Mariens ins Zentrum, begleitet von unterschiedlichsten Zyklen, Szenen oder figürlichen Darstellungen. Möglicherweise ist diese ungewöhnliche Konzentration auf die Darstellung der Muttergottes mit der von den Karmeliten auf der 36. Session des Baseler Konzils im Jahr 1439 besonders verteidigten Vorstellung von der unbefleckten Empfängnis der Jungfrau Maria zurückzuführen75).

Hinsichtlich der durch die Inschriften mitgeteilten Datierungen, die in der bisherigen Literatur ausschließlich auf den Beginn der Arbeiten an den Glasmalereien im Jahr 1440, ihre teilweise Fertigstellung im Jahr 1444 und ihre Beendigung im Jahre 1446 bezogen worden sind, wäre angesichts des verlorenen Beginns der Inschrift auf dem Pyrmont-Fenster zu überlegen, ob mit ihr nicht auch weitere Arbeiten am nördlichen Seitenschiff gemeint gewesen sein könnten. Immerhin fehlt ein Drittel des Gesamttextes, der wohl kaum aus dem bisher ergänzten Wort angefangen bestanden haben kann.

Auch die für die Entstehung der Glasmalereien bedeutsame Frage nach dem Kreis der Stifter bedarf weiterer Nachforschung. Auch wenn mit Kuno von Pyrmont und seiner Frau Margarethe von Schönburg-Ehrenberg zwei mit Boppard eng verbundene Stifter nachgewiesen werden konnten und die Adlerwappen des Zehn-Gebote-Fensters mit dem Stadtwappen Boppards in Verbindung gebracht werden können, ist es bislang nicht gelungen, die anderen Wappen bzw. die figürlich mit ihren Wappen dargestellten Stifter zuverlässig zu identifizieren. Möglicherweise handelte es sich weitgehend um stadtfremde Personen oder Institutionen, da sich der alteingesessene Bopparder Stadtadel offenbar nicht an der Finanzierung der Fenster beteiligt hat. Man kann dies kaum mit dem Status einer Klosterkirche erklären, da sich etwa die Kolb von Boppard, Peltz von Boppard, von Schwalbach, von Eltz, Boos von Waldeck und zahlreiche andere Mitglieder eben dieses Stadtadels in der Karmeliterkirche haben begraben lassen. Offen bleibt natürlich, ob sich die Wappen dieser Familien auf den verschollenen Stifterscheiben befunden haben. Dagegen ist aufgrund der vier überlieferten Zunftwappen davon auszugehen, daß sich zumindest die Bopparder Zünfte als Institutionen an der Finanzierung der Fenster beteiligt haben76).

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß es wohl die gelehrten Mönche des Karmeliterklosters waren, die für die ikonographische und epigraphische Gesamtkonzeption der Bopparder Glasmalereien und vermutlich auch für die Vergabe der Arbeiten an benachbarte Glasmalerei-Werkstätten verantwortlich waren; zudem waren sie in der Lage, für ihr Vorhaben auch Personen außerhalb Boppards zu gewinnen, die sich – aus welchen Motiven auch immer – an dessen Finanzierung durch Stiftungen beteiligten.

Textkritischer Apparat

  1. Sic! Vielleicht für den Propheten Amos?
  2. Sic! Vielleicht für den Propheten Michäas oder Malachias?
  3. Hinter dem Wort sind die Konturen zweier weiterer, offensichtlich entfernter Buchstaben te zu erkennen; ob sich dieser Befund auf eine zeitgenössische Korrektur aus dem grammatikalisch falschen orate oder auf eine spätere Restaurierung zurückführen läßt, bleibt offen.
  4. Sic!
  5. Über dem Anfangs-a unnötiger gewellter (Kürzungs)Strich.
  6. Sic! Kürzungsstrich fehlt.
  7. Keine Kürzung angezeigt; das Wortende wird durch die Hand des Engels verdeckt.
  8. So nicht in der Textvorlage; vgl. unten Anm. 32.
  9. Befund unklar: Nach do folgt ein unten gebrochener Schaft; Kürzung nicht angezeigt. In der nächsten Schleife folgen o und vier i-Schäfte.
  10. Befund unklar: Nach co(n)fi folgt ci; Kürzung nicht angezeigt.
  11. Sic! für eternum.
  12. Sic! Schrägschaft des y nach rechts gebogen; patru(s) Lymant; Hayward.
  13. Befund unklar, vermutlich haben hier die Restauratoren man auf dem Kopf stehend in völlig erneuerter Schrift hinzuerfunden; deu(s) Lymant, Hayward.
  14. Das Wortende wird teilweise von der Hand des Engels verdeckt.
  15. u mit Trema.
  16. Sic! für gvit.
  17. Sic!
  18. Imperativ (für bist) des anormalen mittelhochdeutschen Verbstammes „bin“; vgl. dazu Lexer, Taschenwörterbuch 21.
  19. Sic! Vielleicht für p(ro)phetta bzw. yeremia profeta; vgl. oben Thron-Salomonis Fenster G-M.
  20. a spiegelverkehrt.
  21. Die letzten drei Buchstaben sind auf dem vorliegenden Foto nicht eindeutig zu lesen.
  22. Zu ergänzen wäre etwa [..... angefang]en; vgl. dazu die vorhergehende Katalog-Nr.
  23. Emmendiert aus un(d) i(n) dem volbr t • ve(n)ster ot • mi xlvi. – Die Vertauschung wurde erstmals von Querbach erkannt und richtiggestellt. Dagegen berücksichtigen Wentzel und – ihm folgend – Wells, Hayward und Kdm. mit der Lesung und in dem (Jahr) vollbracht (die) Fenster XLVI nicht den heutigen unklaren Zustand dieses Teils der Inschrift, der offensichtlich während der Restaurierung durch Vertauschung der in kleinen Abschnitten zusammengesetzten Inschriftenteile entstanden ist.

Anmerkungen

  1. Die Erstellung dieser Katalog-Nummer in der vorliegenden Form wäre ohne die Unterstützung meiner Mainzer Kollegin Gepa Spitzner nicht möglich gewesen. Sie gewährte mir in äußerst zuvorkommender Weise nicht nur Einblick in erste Ergebnisse ihrer anläßlich ihrer Promotionsarbeit über mittelrheinische Glasmalerei durchgeführten Recherchen in Berlin, Darmstadt und Köln, sondern übernahm auch die fotografische Dokumentation der Bopparder Scheiben im Hessischen Landesmuseum Darmstadt und der im Schnütgen-Museum zu Köln verwahrten unteren Hälfte des Zehn-Gebote-Fensters.
  2. Vgl. dazu und zum Folgenden ausführlich Stollenwerk, Karmeliterkloster pass. und ders., Kostbarkeiten pass.
  3. Ob die rechnerisch ermittelte Anzahl den tatsächlich vorhandenen Scheiben entsprochen hat, ist eher unwahrscheinlich, bedenkt man das Diktum des Stadtchronisten Wilhelm Schlad (1800-1887), der sich in seiner 1854 begonnenen Stadtchronik an die „schönen gemalten und gebrannten Glasfenster“ erinnerte, die er in seiner Jugend noch gesehen hatte: „Die Glasfenster waren allerdings durch die Zeit und unverzeihliche Mißachtung in kläglichem Zustande. Große Stücke fehlten, und der Wind blies schauerlich durch die hohlen Lücken...“ (zit. nach Rhein. Antiquarius II 5, 323). Zudem wurde die Zahl der zerbrochenen Scheiben in einem 1818 von dem preußischen Regierungsrat Johannes Schulze erstellten Bericht auf „schwerlich über hundert“ geschätzt (zit. nach Stollenwerk, Kostbarkeiten 254). – Ob die vier in Schloß Branitz, das seit 1846 als Wohnsitz des Fürsten Pückler-Muskau diente, verwahrten Scheiben mit Kreuzigung, Pietà und zwei Heiligen ebenfalls aus Boppard stammen (so Flügge, Glasmalerei 91 mit Hinweis auf von ihr nicht näher benannte „Unterlagen von Branitz“), muß zwar noch geklärt werden, doch gehören die Scheiben schon allein aufgrund ihrer geringen Abmessungen auf keinen Fall zu den Fenstern der Karmeliterkirche; vgl. dazu ausführlich Flügge, Glasmalerei 86-93 mit Abb. S. 87-89.
  4. Vgl. dazu und zum Folgenden die Hinweise bei Prüfer, Chorfenster pass. bzw. Glasgemälde pass., Stollenwerk, Karmeliterkloster und Lymant, Glasmalereien 106.
  5. Zwei farbige Lichtdrucke von zwei Halbfenstern (V und VII) sowie Umzeichnungen von zwei weiteren Bahnen sind im Katalog der Sammlung Spitzer veröffentlicht worden; vgl. dazu La Collection Spitzer, hier Bd. 3 (1891) 123-125, Nr. 1-9 mit Taf. 1 und 2. Der Verkaufskatalog enthält schwarz-weiß Phototypien (V und VII) sowie knappe Beschreibungen aller Fenster; vgl. dazu Catalogue Spitzer, hier Bd. 2, 65f., Nrr. 1953-1961 (Abb.) und 269-271, Nrr. 3349-3369.
  6. Vgl. dazu Lutsch, Kunstdenkmäler 771f. sowie Barufke, Parkanlage 22 Abb. 20 mit einer um 1900 angefertigten Ansicht des Mausoleums. Das dort eingebaute Bopparder Glasfenster ist bei Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, Abb. 69 abgebildet.
  7. Die zu unbekannter Zeit entfernte und durch eine Kreuzigungsszene ersetzte Scheibe mit der thronenden Muttergottes kam in großherzoglich-hessischen Besitz und von dort aus 1931 in das Hessische Landesmuseum Darmstadt (Inv.-Nr. Kg 31:23b); vgl. dazu Beeh-Lustenberger 155ff. mit Abb. 102 und die Rekonstruktion des Thron-Salomonis-Fensters bei Hayward, Stained-Glass Windows Abb. 28.
  8. Die Zuordnung beider Scheiben an das Salomons-Fenster folgt den Überlegungen von Dinkel, Stained Glass 27 (mit Abb. beider Scheiben); vgl. dazu auch Hayward, Stained-Glass Windows 91 und dies., Neue Funde Anm. 44.
  9. Gemessen an der Darmstädter Muttergottes-Scheibe; vgl. Anm. 7.
  10. Schräggekreuzt ein Hammer und eine ein Werkstück haltende Zange, eine senkrecht gelegte Kette überdeckend.
  11. Übereinander Schiffchen, Fachbogen und Distelkarde.
  12. Zwei Brezeln, darunter ein Spitzweck.
  13. In rot ein silbernes Kreuz.
  14. Vgl. 2 Chr 9, 17-19.
  15. Vgl. zum Folgenden Evans, Tugenden 372 und Beeh-Lustenberger 156f.
  16. Die Erklärung von Hayward, Stained-Glass Windows 104, es handele sich um die Darstellung der sechs Tugenden „solitude, modesty, prudence, virginity, humility, and obedience“ ist nur schwer nachzuvollziehen.
  17. Die Nennung dieses antiken Redners und Schriftstellers (234-149 v. Chr.) inmitten der biblischen Propheten erstaunt umso mehr, als die nur fragmentarisch überlieferten Schriften Catos in der Spätantike und im Mittelalter offensichtlich nicht nennenswert rezipiert wurden. Möglicherweise hängt die Namensnennung mit dem unter dem Namen „Cato moralis“ bekannten Lesebuch zusammen, einer im 3. Jh. n. Chr. entstandenen pseudonymen Spruchsammlung moralisch-pädagogischen Inhalts (Dicta Catonis), die im Mittelalter in Umarbeitungen und Übersetzungen viel gelesen wurde; vgl. dazu Tusculum-Lexikon 148 und Schindel, Unterricht 443ff.
  18. Vgl. dazu künftig Spitzner, Glasmalerei.
  19. Vgl. dazu Hayward, Stained-Glass Windows 91 und 103f.
  20. Joh 19,19.
  21. Vgl. dazu und zum Folgenden Caviness, Checklist III, 62, Hayward, Stained-Glass Windows 85 Anm. 33 und dies., Neue Funde 182 mit Anm. 8.
  22. Vgl. zum Folgenden Hayward, Stained-Glass Windows 102f. mit Abb. 24 (Rekonstruktion des gesamten Fensters).
  23. Vgl. dazu Beeh-Lustenberger 154 mit Abb. 100.
  24. Jacobus der Ältere gilt als erster der von Christus berufenen Apostel, Norbert von Xanten, der (allerdings erst 1582 kanonisierte) Gründer des Prämonstratenserordens, als Apostel von Antwerpen und der als Märtyrer verehrte Gerhard von Csanád als Apostel der Ungarn; vgl. dazu und zum Folgenden Hayward, Stained-Glass Windows 102f.
  25. Vgl. zum Folgenden Lymant 105.
  26. Vgl. dazu Hayward, Neue Funde 183f.
  27. Vgl. zum Folgenden Wentzel, Glasmalereien 105f., Wells, Catalogue 65 und ders. Stained glass pass.
  28. Freundliche Auskunft von Herrn Dieter Rogge, Hofheim/Taunus, Brief vom 20. Juni 2001.
  29. So Hayward, Neue Funde 184f. u.a. mit Hinweis auf die dadurch erfolgte Vertauschung der richtigen Abfolge des Ambrosianischen Lobgesangs. Daß die Bahnen tatsächlich in der von Hayward (und nach ihr auch von Dinkel 25) vorgeschlagenen Reihenfolge angeordnet waren (nicht akzeptiert von Lymant 106), belegt auch die nur so zu erreichende, heraldisch korrekte Stellung der beiden Adler mit (aus heraldischer Courtoisie) einander zugewandten Köpfen. Diese richtige Anordnung der Bahnen zeigt im übrigen bereits die älteste bislang bekannte Abbildung des Fensters bei Oidtmann. – Im Folgenden wird bei Beschreibung und Benennung der Scheiben nicht von der heutigen falschen, sondern von der ursprünglichen korrekten Anordnung ausgegangen; vgl. Abb. 63 mit der richtigen, durch Fotomontage hergestellten Anordnung.
  30. Vgl. dazu künftig Spitzner, Glasmalerei.
  31. Vgl. dazu Hayward, Stained-Glass Windows 187f. mit Hinweis auf vergleichbare Fälle.
  32. Ambrosianischer Lobgesang (Te Deum), Text leicht entstellt. Die nachfolgende Inschrift (B) beginnt zwar wie der zweite Vers des Te Deum, der aber „Te aeternum patrem omnis terra veneratur“ lautet; vgl. dazu Schott, Meßbuch [233].
  33. Die folgenden Texte orientieren sich an 2 Mose 20, 1-17 bzw. 5 Mose 6, 7-21.
  34. Einköpfiger Reichsadler (Stadt Boppard?).
  35. Vgl. zum Folgenden Lechner, Zehn Gebote 564ff.
  36. Vgl. zum Folgenden Hayward, Stained-Glass Windows 101f. und dies., Neue Funde 184 und zuletzt Täube 39.
  37. So Hayward, Stained-Glass Windows und Lymant 107f.
  38. Vgl. die Rekonstruktion der ursprünglichen Anordnung des Fensters bei Hayward, Stained-Glass Windows Abb. 23 und zum Folgenden ebd. 83 Anm. 20.
  39. Haywards Identifizierung des linken, wohl als Pilger dargestellten Heiligen mit dem hl. Hubertus (Bischof Hubert von Lüttich) ist rein spekulativ; vgl. dazu unten den Kommentar.
  40. Unter einem Stechzirkel zwei gekreuzte asymmetrische Schlegel; vgl. dazu Azzola/Fischer, Küfer pass. – Ein drittes Küferzeichen stellt das unterhalb des Wappenschildes plazierte Faß dar.
  41. Ein fünfstrahliger Stern. – Hayward, Stained-Glass Windows 98 identifiziert dieses Wappen nicht nachvollziehbar mit dem Stadtwappen von Maastricht, Niederlande.
  42. Ein Schlüssel. – Hayward, ebd. identifiziert dieses Wappen nicht nachvollziehbar mit dem des Bischofs von Lüttich, Belgien.
  43. Marke Nr. 1.
  44. Gespalten, vorn eine Schneiderschere (vgl. dazu Azzola, Schere pass.), hinten Marke Nr. 2.
  45. Das Argument von Hayward, Stained-Glass Windows 98, die Stiftung ließe sich dadurch erklären, daß der damalige Trierer Erzbischof Jakob von Sierck (# 1456) einer Bopparder Familie entstamme, ist nur bedingt aussagekräftig. Zwar war seine Mutter eine geborene Beyer von Boppard, Jakob selbst wuchs aber auf dem väterlichen Sitz an der Mosel auf und bezeichnete sich später als „canonicus Treverensis et Metensis“; vgl. dazu Miller, Sierck 4ff. Ob seine spätere Funktion als Kanoniker in Lüttich und die damit erklärte Wahl der beiden heiligen Bischöfe als Assistenzfiguren der Muttergottes ausreichen, das Fenster insgesamt als eine Stiftung des Bistums Lüttich zu bezeichnen, bleibt dahingestellt.
  46. Vgl. dazu oben Anm. 26 sowie den Rekonstruktionsversuch beider Fensterteile bei Hayward, Stained-Glass Windows Abb. 25.
  47. Diese Scheibe befand sich zwischenzeitlich unterhalb der Muttergottes in der Mittelbahn des Zehn-Gebote-Fensters und wurde erstmals von Wentzel als nicht dorthin gehörig bezeichnet (vgl. dazu Wentzel, Glasmalereien 244 sowie 242 mit Abb. 5) bzw. von Hayward, Stained-Glass Windows 95 Anm. 48 aufgrund des identischen Hintergrundes der oben anschließenden Scheibe des Wurzel-Jesse-Fensters an diese Stelle gesetzt.
  48. Vgl. dazu Hayward, Neue Funde 182 mit Abb. S. 184 und Caviness III 62.
  49. Vgl. zum Folgenden Caviness I 120 sowie III 157 und 281f.
  50. So ebd. 190 Anm. 41.
  51. Lk 1,28.
  52. Joh 19,19.
  53. Mt 27,54.
  54. Gespalten, vorne ein rechtshalber Adler am Spalt, hinten eine linkshalbe Lilie am Spalt; erstmals von Wells, Heraldic glass 61 unter Berufung auf eine offensichtlich mündlich mitgeteilte Identifizierung von Hans Wentzel als Wappen eines Siegfried von Gelnhausen bezeichnet (ebenso in Wells, Stained glass 25; übernommen von Hayward, Stained-Glass Windows 95 und allen ihr Folgenden).
  55. Geteilt, oben ein wachsender Schwan, unten leer.
  56. Vgl. dazu und zum Folgenden Thomas, Wurzel Jesse pass. und Hayward, Stained-Glass Windows 93-98.
  57. Da die Wappen keinem der bekannten Bopparder Adelsgeschlechter zuzuordnen sind, wäre aufgrund des merkwürdig geteilten Wappen des Mannes zu überlegen, ob es sich bei ihm um einen kurtrierischen Amtsträger gehandelt haben könnte, der sein eigenes Wappen (eine Lilie?) mit dem der Stadt Boppard kombiniert hatte.
  58. Vgl. dazu Wentzel, Glasmalerei-Scheibe pass., der anhand der ausführlichen Beschreibung der Ölbergszene (3/4a) erstmals eine genauere kunsthistorische Einordnung vornahm.
  59. Vgl. zur Provenienzgeschichte den Kommentar zum Zehn-Gebote-Fenster. – Zusammen mit diesen Scheiben wurden auch einige des Pyrmont-Fensters 1997 in Paris restauriert.
  60. Vgl. dazu und zum Folgenden Wells, Stained Glass 22 mit Abb.; Hayward, Neue Funde 184 Anm. 12 und Caviness, Checklist III 83.
  61. Vgl. dazu die daher stammende Abb. bei Oidtmann und Schmitz sowie die Rekonstruktion des gesamten Fensters bei Hayward, Stained-Glass Windows Abb. 22.
  62. Die hypothetische Identifikation des unbekannten Bischofs mit dem hl. Bischof Severin von Köln durch Hayward, Stained-Glass Windows 105, verliert durch ihren unterstützend gemeinten, aber unzutreffenden Hinweis, es handele sich dabei zugleich um den „patron saint of Boppard“ (d.i. Severus von Ravenna), erheblich an Wahrscheinlichkeit.
  63. Vgl. dazu Hayward, Stained-Glass Windows Abb. 11.
  64. Linksgewendet. Quadriert: 1/4. Pyrmont (Zickzackschrägbalken), 2/3. Ehrenberg (von Kreuzchen begleiteter Schrägbalken).
  65. Quadriert: 1/4. Schönburg auf Wesel, Stamm IIc (ein Schildchen), 2/3. Ehrenberg.
  66. Vgl. dazu Fonrobert, Apokalyptisches Weib pass.
  67. Im Gegensatz zu den auf den beiden Scheiben dargestellten drei Söhnen und zwei Töchtern weisen die Europ. Stammtafeln dem Ehepaar vier Söhne und drei Töchter zu. Falls dies zutrifft, könnte die Reduzierung damit zu erklären sein, daß man die beiden vor 1446 verstorbenen Kinder Kuno und Lisa nicht mehr dargestellt hat; vgl. dazu Europ. Stammtafeln NF XI Taf. 13 sowie Möller, Stammtafeln AF I Taf. S. 100.
  68. Vgl. zu ihren figürlichen Grabplatten Kdm. Cochem 469f. mit Abb. 343.
  69. Vgl. zum Folgenden Pauly, Beiträge 9 und Rettinger, Cochem 262 sowie ausführlich Rogge, Ritter 66ff. mit Hinweis auf das wohl 1446 von Kuno von Pyrmont gestiftete Steinkreuz in Brodenbach (Lkrs. Mayen-Koblenz), mit seiner figürlichen Darstellung als kniender Ritter unter dem Kreuz.
  70. Es sei an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich auf die in Kürze vorliegende Dissertation von Gepa Spitzner (vgl. Anm. 1) hingewiesen, die sich zu den im folgenden Kommentar nur ansatzweise thematisierten Problemen ausführlich äußern wird, unter anderem auch zur bislang weitgehend unbeachteten Restaurierungsgeschichte der Bopparder Fenster. Jedenfalls muß hinsichtlich der Inschriften davon ausgegangen werden, daß sich keine unrestauriert im Original erhalten hat, daß vielmehr alle während der Berliner Wiederherstellung in den siebziger Jahren des 19. Jh. zumindest übermalt, wenn nicht sogar neu gemalt worden sind.
  71. Vgl. dazu immer noch den Anhang „A Style“ bei Hayward, Stained-Glass Windows 107ff. mit Hinweis auf weitere detaillierte Ausführungen in dem (bislang noch nicht erschienenen) Band CVMA, United States I, Medieval Stained Glass in the United States of America.
  72. So Wentzel, Glasmalerei-Scheibe 177.
  73. Vgl. zum Folgenden ausführlich Hayward, Stained-Glass Windows 81ff.
  74. Vgl. dazu den Hinweis bei Koch, Karmelitenklöster 36.
  75. Die Maria betreffenden Beschlüsse des Konzils von Basel waren etwa für den Franziskanerorden offenbar so bedeutsam, daß sie sogar inschriftlich fixiert wurden; vgl. dazu DI 5 (München) Nr. 129 und DI 12 (Heidelberg) Nr. 93.
  76. Daß dies durchaus üblich war zeigt die von den entsprechenden Familien in Oppenheim gestiftete großartige Farbverglasung der Fenster der Katharinenkirche; vgl. dazu ausführlich Rauch, Memoria 67ff.

Nachweise

  1. Prüfer, Glasgemälde, Taf. 1 (V). – Kolb, Glasmalereien Taf. 58 und 59 (I). – Collection Spitzer Bd. 3 Nr. 4 (VII A), Nr. 6 (VII B) mit Farbtaf. 1 (V, Unterfenster) und 2 (VII, Unterfenster). – Catalogue Spitzer, Tafelband, Taf. XLVIII Nrr. 1953-1955 (V, Unterfenster), Nrr. 1956-1958 (VII, Unterfenster). – Oidtmann, Glasmalereien 1, 233 (I A, I L) mit Abb. 400; 2 mit Abb. 418 (III A); 1, 229f. mit Abb. Taf. 18 (IV A-H), 2 mit Abb. 419 und 420 (V), 2 Abb. 421 (VII A-D). – Schmitz, Glasgemälde, Abb. 66 (I), Abb. 67 (IV A-B), Abb. 69 (V), Abb. 71 (VII A-D). – Rorimer, Cloisters, Abb. 45 (V). – Kreuzberg, Bopparder Karmel, Abb. S. 67 (IV A-H). – Wentzel, Glasmalereien 244 (IV K), 243 mit Abb. 5 (VI A1/A2), 245 mit Abb. 6 (VI B), 244 (VI D, teilw.), 244 mit Abb. 2 und 3 (VII E-F). – Schnütgen-Museum 58 mit Abb. Taf. 102 (IV C-K). – Stollenwerk, Karmeliterkloster (RuB vom 26. Mai 1962) 20-22 (IV A-H). – Wells, Heraldic glass, Abb. S. 60 (VI A1/A2). – Wells, Catalogue 65 Nr. 222 mit Abb. (IV K), 66 Nr. 224 (VI B), 58 Nr. 201 Anm. (VI D, teilw.), Nrr. 201 und 202 (E-F). – Hayward, Stained-Glass Windows, Abb. 19 und 28 (I), Abb. 16 (III A), Abb. 18 (III B), Abb. 24 (III A, B), 100 Anm. 62f. mit Abb. 19 und 31 (IV A-H, K), Abb. 1, 2 und 23 (V), Abb. 10 (VI B), Abb. 7 (VI C), Abb. 9 (VI D), Abb. 12 und 13 (VII E-F), Abb. 21 (A-F). – Dinkel, Stained Glass 27 (I, Wappenscheiben), 24 (IV), 25 (IV K), 27 (VI A1/A2), 23 (VI B), 24 (VII). – Stollenwerk, Kostbarkeiten, Abb. 6-12 (IV A-H), Abb. 1-2 (V). – Beeh-Lustenberger, Glasmalerei 155 mit Abb. 102 (I N), 154 mit Abb. 101 (III B). – Boppard am Rhein 1977, Abb. 34 (IV A-H). – Lymant, Glasmalereien 105 (IV A-H) mit Abb. 60 und Abb. 60b (IV K). – Caviness, Checklist I 211f. mit Abb. (IV I, L-N), 118f. mit Abb. (V), 120 mit Abb. (VI D), 211 mit Abb. (VII A-D). – Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, Abb. 69 (I, II), Abb. 219-220 (V), 342 (VII F). – Hayward, Neue Funde 192 Anm. 17 (IV A-B), 187-190 (IV C-N) mit Abb. 1 (III A), Abb. 3 (IV I, L-N), Abb. 4 (IV A-H), Abb. 5 (IV K), 6 (IV L), Abb.7 (IV I), Abb. 8 (IV K), Abb. 9 (IV M), Abb. 10 (IV N). – Caviness, Checklist III 62 mit Abb. (III A-B), 157 mit Abb. (VI D), 282 mit Abb. (VI E). – Benner, Glasfenster 18 (IV C-H). – Cannon, Stained glass, Abb. 9 (VI B), Abb. 11 (VI A1/A2), Abb. 12f. (VII F), Abb. 14 (IV K). – Mißling, Karmeliterkirche, Abb. 31 (IV K). – Querbach, Fenster 12 (IV K), 11 (VI B), 13 (VI A1/A2), 13 (VII E-F). – Täube, Glasmalerei 36-39 mit Abb. (IV A-H). – Corpus Vitrearum Deutschland, Forschungszentrum für mittelalterliche Glasmalerei, Freiburg i. Br., Fotoarchiv (zahlreiche Fotos und Details).

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 72 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0007202.