Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 57 Boppard, Städtisches Museum (aus Karmeliterkloster) 3.D.14.Jh.

Beschreibung

Fürbitte an Maria auf einem Flügel eines ehemaligen Altarretabels. Ursprünglich in der Karmeliterkirche1), heute im Städtischen Museum Boppard (Turm, 4. Obergeschoß). Leicht hochrechteckige Tafel aus Holz mit der rechten Hälfte einer ursprünglich wohl auf zwei Flügeln gemalten Verkündigungsdarstellung. Maria empfängt mit demütiger Geste die von Gottvater aus seinem Wolkenkranz ausgesandte Taube des hl. Geistes. Rechts daneben steht ein nimbierter Greis mit Stock und Buch im Habit der Karmeliter, offenbar ein Ordensheiliger. Zwischen ihnen kniet (in verkleinertem Maßstab) ein Maria zugewandter Karmelitermönch mit Spruchband, darin die schwarz auf Weiß gemalte Fürbitte.

Maße: H. 172, B. 151, Bu. 1,8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Thomas G. Tempel (ADW) [1/2]

  1. o · mater · dei · memento · mei ·

Übersetzung:

O Mutter Gottes, gedenke meiner.

Versmaß: Vierhebiger Vers mit Binnenreim.

Kommentar

Als Worttrenner der mit Zierstrichen versehenen Minuskel dienen zunächst eine Quadrangel, dann senkrechte Striche.

Die von Gottvater ausgehende Verkündigung an Maria über ihre Mutterschaft gilt nach christlicher Auffassung als Moment der Inkarnation Christi in Maria2) und ist als hier gewähltes Motiv wohl als Ausdruck der besonderen Marienverehrung im Karmeliterorden zu werten. Bei dem aufgrund seiner allgemeinen Attribute nicht sicher zu identifizierenden Ordensheiligen könnte es sich um den hl. Elias (den mythischen Ordensgründer) handeln, jedenfalls nicht um den erst in der frühen Neuzeit verehrten Berthold von Kalabrien3). Bei dem ebenfalls im Ordenshabit dargestellten Mönch handelt es sich um den Stifter des ehemaligen Altarretabels.

Die Datierung der von Kdm. als "kölnische Arbeit" bezeichneten Tafel orientiert sich an der dort getroffenen kunsthistorischen Einordnung4).

Anmerkungen

  1. Die von Kdm. 361 ohne Nachweis gegebene Herkunftsangabe wird durch ein Foto dieser Tafelmalerei erhärtet, das sich in einer von Jean Nick zusammengestellten Mappe "Karmeliterkirche Boppard" (Privatsammlung Heinrich Nick, Boppard) befindet.
  2. Vgl. dazu Emminghaus, Verkündigung 422ff.
  3. So Kdm. 361. - Die wenigen bislang bekannten Darstellungen dieses Heiligen stammen erst aus dem 17. Jh.; vgl. dazu Myslivec, Berthold 395.
  4. Aufgrund eines Hinweises von Herrn Dr. Uwe Gast, Freiburg, und Herrn Dr. Theo Jülich, Darmstadt, müßte geprüft werden, ob es sich bei der Bopparder Tafel um einen Teil des berühmten Siefersheimer Altars (heute Landesmuseum Darmstadt) handeln könnte.

Nachweise

  1. Kubach/Verbeek, Denkmälerinventar I 118.
  2. Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, Abb. 243.

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 57 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0005708.