Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 48(†) Oberwesel, Kath. Pfarrkirche St. Martin 3.V.14.Jh.

Beschreibung

Evangelistensymbole mit Namensbeischriften. Ihre Rundmedaillons bilden zusammen mit verschiedenen Pässen die Füllung einer um den Schlußstein des östlichen Chorjochs gemalten Rosette. Die Symbole sind mit nur leicht gebogenen Schriftbändern versehen, darin sind die bislang unbeachteten, schwarz auf Weiß ausgeführten Inschriften zu lesen. In der südlichen und nördlichen Kappe befinden sich außerdem zwei gemalte Vollwappen. Die gesamte Malerei wird durch fünf große Öffnungen gestört, in denen ehemals die Glockenseile hingen. Die letzten Restaurierungen der erst 1914 freigelegten Ausmalung erfolgten in den Jahren 1964-66, wobei die erheblichen Eingriffe der 1914-16 durch A. Bardenhewer durchgeführten Wiederherstellung rückgängig gemacht und die "jeweils ältesten Fassungen und Gewölbemalereien freigelegt und restauriert"1) wurden. Im Zuge der seit 1997 laufenden Wiederherstellung der Kirche soll auch die Ausmalung "abschließend" restauriert werden2).

Nach Aquarell Bardenhewer.

Schriftart(en): Gotische Majuskel und gotische Minuskel.

Thomas G. Tempel (ADW) [1/2]

  1. A

    [S(ANCTVS)] MA[RC]VSa)3)

  2. B

    S(ANCTVS) LVCAS

  3. C

    s(anctvs) io[h]annes

  4. D

    S(ANCTVS) MATEVSb)

Wappen:
Schönburg auf Wesel (Stamm III)Schönburg auf Wesel (Stamm IIb)

Kommentar

In der Gestaltung der Schriftbänder fallen zwei Besonderheiten auf: Der heutige Zustand zeigt zwei Schriftarten, außerdem sind zwei der Tituli von innen, zwei von außen zu lesen. Offen bleibt, ob dies den originalen Zustand widerspiegelt oder auf die Restaurierung zurückzuführen ist. Die Datierung orientiert sich an der von Kdm. vorgeschlagenen bauhistorischen Einordnung.

Die Wappen4) beziehen sich auf die beiden in der Gründungsurkunde des Stiftes von 1303 genannten, das Patronatsrecht ausübenden Familien von Schönburg auf Wesel: Die Linie Merbodo (Stamm III) hatte demnach das Recht, den Dekan und zwei Kanoniker einzusetzen, die Linie Emelrich (Stamm IIb) den Propst und ebenfalls zwei Kanoniker. Ein fünftes Kanonikat sollte abwechselnd präsentiert werden. Die Darstellung der Evangelistensymbole folgt den biblischen Visionsberichten, besonders Off 4, 6-11; die hier gewählte Reihenfolge weicht allerdings von der kanonischen Rangordnung ab5).

Textkritischer Apparat

  1. Der fragmentarische Befund entspricht dem von A. Bardenhewer 1915/16 in einem Aquarell festgehaltenen Zustand. Bedauerlicherweise kann aber nicht entschieden werden, ob er das Aquarell vor, während oder nach Abschluß seiner Restaurierungsarbeiten angefertigt hat. Sicher ist nur, daß der heutige Zustand auf die in den sechziger Jahren durchgeführte Restaurierung zurückzuführen ist.
  2. Bis auf das S(ANCTVS) scheint die Inschrift für Matthäus auf dem Aquarell völlig zu fehlen; bei genauer Betrachtung ist sie allerdings als schemenhafte Vorzeichnung gerade noch zu erkennen.

Anmerkungen

  1. Vgl. Kdm. 446 und 473f.
  2. So Rudolf, Bardenhewer 208.
  3. Die Inschriften sind von Osten her im Uhrzeigersinn aufgeführt.
  4. Vgl. zum Folgenden Pauly, Stifte 427 und Möller, Stammtafeln AF I Taf. 34.
  5. Vgl. dazu Nilgen, Evangelisten 696ff.

Nachweise

  1. Aquarell von A. Bardenhewer, 1915/16 (LfD Mainz, Planarchiv, Inv.-Nr. 378).
  2. von Lepel, Wandmalereien, Fig. 344.
  3. Clemen, Gotische Monumentalmalereien, Fig. 344.
  4. Kdm. Rhein-Hunsrück 2.2, Abb. 293 und 306.
  5. Kern, Wandmalerei (Ms.).

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 48(†) (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0004809.