Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 39 Oberwesel, Kath. Pfarrkirche Unserer Lieben Frau 1.H.14.Jh.

Beschreibung

Glocke des Meisters Johann von Mainz. Glockenstuhl, erste Glocke von Norden. Kleine, gut erhaltene Glocke mit einzeiliger Schulterumschrift zwischen doppelten Rundstegen, darunter in allen vier Himmelsrichtungen je ein Medaillon mit Rosette (Dm. 3,5 cm.). Gewicht ca. 300 kg, Schlagton eis''1).

Maße: H. 55, Dm. 67, Bu. 2,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Bild zur Katalognummer 39: Glocke des Meisters Johann von Mainz

Heinz Straeter (GDKE Denkmalpflege) [1/1]

  1. · MEYSTERa) · IOHAN · VON · MENCE · DER · GOS · MICb)

Kommentar

Wie schon bei den anderen Glocken des Meisters ist auch hier eine besonders konservative, stark kapital geprägte, nur mit leichten Schwellungen durchgeführte Schriftgestaltung festzustellen, bei der mit Ausnahme des E alle anderen Buchstaben noch nicht geschlossen sind. Als Worttrenner dienen Sternchen, IOHAN steht zwischen halbkugeligen Punkten.

Die Biographie2) des Glockengießers liegt noch völlig im Dunkeln. Möglicherweise war Johann seit 1310 als Glockengießer in Mainz tätig. Vermutlich ist ihm der 1328 durchgeführte Guß eines kunstvollen Taufbeckens3) für die damalige Liebfrauenkirche in Mainz zuzuschreiben. Unklar bleibt weiterhin, ob er zu den 129 Patriziern gehörte, die 1332 Mainz verlassen mußten. Da seine zahlreichen Glocken4) in der Regel mit weitgehend übereinstimmenden deutschen bzw. lateinischen Inschriften versehen und zudem durchgehend undatiert sind, kann über das jeweilige Gußjahr nur spekuliert werden.

Die vorliegende Glocke ist vermutlich während der langen Bauzeit der Liebfrauenkirche in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstanden und könnte aufgrund ihrer geringen Größe als Notbehelf gedient haben. Nach der Fertigstellung des Westturms nach 1351 dürfte sie zusammen mit einer zweiten, damals angefertigten Glocke5) an ihren heutigen Standort gelangt sein.

Textkritischer Apparat

  1. Y seitenverkehrt.
  2. Sic!

Anmerkungen

  1. Angaben nach Sebastian Schritt, Glockensachverständiger in Trier, Klanganalyse vom 25. Januar 2001.
  2. Vgl. zum Folgenden die unzureichenden und teils widersprüchlichen Angaben bei Renard, Glocken 71, Walter, Glockenkunde 757 bzw. 785f. und die wenigen urkundlichen Nachweise bei Fritzen, Glockengießer I 83f. Noch ungeklärt ist die zentrale Frage, ob Johann von Mainz mit Johannes de Maguncia bzw. einem weiteren Gießer Johannes gleichzusetzen ist.
  3. Vgl. DI 2 (Mainz) Nr. 36.
  4. Auch das weitverstreute Werk des Meisters bedürfte einer eingehenden Sichtung. Bislang sind ihm zahlreiche erhaltene (wie verlorene) Glocken nachzuweisen: Von der Eifel (kath. Pfarrkirche Fleringen; vgl. dazu Kdm. Prüm 302) und der Koblenzer Gegend im Norden (evang. Kirche Braubach und kath. Pfarrkirche Wellmich; vgl. dazu Luthmer, Nachlese 89 und 97), über den Mittelrhein (kath. Pfarrkirche Oberheimbach), den Rheingau (Klosterkirche Eibingen, kath. Pfarrkirche Hallgarten, kath. Pfarrkirche Rüdesheim; vgl. dazu DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nrr. 68, 69, und 72) bis nach Mainz im Süden (vgl. DI 2, Mainz, Nr. 799), den zahlreichen hessischen Glocken im Osten (vgl. die Liste bei Fritzen, Glockengießer I 84) und einzelnen im Westen wie in der kath. Pfarrkirche Norheim (vgl. DI 34, Lkrs. Bad Kreuznach, Nr. 38).
  5. Vgl. Nr. 42.

Nachweise

  1. NN., Liebfrauenkirche 49.
  2. Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 616.
  3. Kdm. Rhein-Hunsrück 2.2, 361 mit Abb. 229.
  4. Schwarz, Kirche 25.

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 39 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0003902.