Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)
Nr. 38 Oberwesel, Kath. Pfarrkirche St. Martin 1.H.14.Jh.
Beschreibung
Grabplatte eines unbekannten Geistlichen, in Zweitverwendung Grabplatte des 1655 verstorbenen Propstes Philipp Saxler1). Noch 1886 in der Turmhalle nachgewiesen, wurde sie vor 1933 außen an der Südseite der Kirche aufgestellt2). Große Platte aus gelbem Sandstein (ehemals) mit Umschrift zwischen Linien. Im vertieften Feld unter rosettenverzierter Kielbogenarkade flachreliefierte Figur eines Geistlichen mit Birett und Kelch vor der Brust, in den oberen Zwickeln je ein unkenntliches Wappen. Trotz der Zweitverwendung des Inschriftenbereichs sind - auf einer Ebene über den Wappen - kleine Teile der ehemaligen Leiste stehengeblieben, auf denen noch Reste von Buchstaben der ursprünglichen Inschrift zu erkennen sind. Abgetreten und verwittert.
Maße: H. 252, B. 112, Bu. 7 cm.
Schriftart(en): Gotische Majuskel.
-
[ANNO] · D[(OMI)NI]a) Mb) [- - -]
unkenntlich | unkenntlich |
Textkritischer Apparat
- Das D ist zwar stark abgetreten, weist aber dennoch im Bogen die typische Schwellung der gotischen Majuskel auf.
- Befund: Zwei leicht nach rechts gebogene Schaftfragmente, die sich zu einem links geschlossenen unzialen M ergänzen lassen. - Der weite Abstand zwischen beiden Worten dürfte sich durch die ehemals in die Mitte der oberen Leiste ragende Kreuzblume des Kielbogens erklären.
Anmerkungen
- Vgl. Nr. 392.
- Vgl. die Hinweise bei Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 620 und Campignier, Rundgang 59.
- Vgl. dazu die Listen bei Pauly, Stifte 482f. und 491f.
- So Pauly, Stifte 418 und 482, mit mißverständlichen Hinweisen auf dessen (angeblich) erhaltene Grabplatte an der südlichen Außenwand der Kirche, "die Inschrift zum Teil zerstört". Gegen diese Identifizierung spricht allerdings die künstlerische Gestaltung der mit auffälligem Schwung seitlich herabfallenden Haartracht, die sich ebenso bei den figürlichen Grabdenkmälern der Dekane und Stiftsherren von Liebfrauen aus dem 2. V. des 14. Jh. wiederfindet. Zudem lassen sich Grabdenkmäler mit zwei Wappen für Einzelpersonen verstärkt erst in der zweiten Hälfte des 14. Jh. nachweisen; vgl. dazu Drös, Heraldik 66. - Die bei Brouwer/Masen, Metropolis 1, 279 überlieferte Angabe "Bertholdus, comes de Katzenellenbogen, occ. a(nn)o 1303 obiitque 9. octobris 1316" dürfte kaum der Grabplatte, eher einem Totenbuch entnommen worden sein.
Nachweise
- Kdm. Rhein-Hunsrück 2.2 mit Abb. 392.
Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 38 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0003802.
Kommentar
Aufgrund der aufwendigen Gestaltung der figürlichen Grabplatte ist davon auszugehen, daß es sich bei dem unbekannten Geistlichen von St. Martin um einen der dortigen Dekane oder Pröpste der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts gehandelt hat. Das Vorhandensein zweier Wappen läßt auf einen Adeligen3) schließen, vielleicht auf den 1329 bis 1340 amtierenden Dekan Eberhard von Orsbeck oder den ab 1325 als Propst bezeugten Konrad von Ansenburg, kaum jedoch auf den 1316 verstorbenen Propst Berthold von Katzenelnbogen4).