Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 28 Boppard, ehem. Benediktinerinnen-Kloster Marienberg 1336

Beschreibung

Grabplatte der Lucia von Wind(.)(?). Im Jahr 1773 von d'Hame in Nachzeichnung (aber nur teilweise in Abschrift) überliefert, stand sie damals aufrecht an der Wand des Kapitelsaals und wurde nach Aufhebung des Klosters an der Wand der südlichen Vorhalle1), ihrem heutigen Standort, befestigt, dann aber bei dem Einbau einer modernen Heizung bis auf einen schmalen Streifen der rechten Hälfte zugemauert2). Große Platte aus Sandstein mit Umschrift zwischen Linien, im Feld unter Spitzbogenarkade in Ritzzeichnung ausgeführte Figur der Verstorbenen mit gefalteten Händen über dem zur Mitte hin gerafften Mantel. In den oberen Ecken jeweils ein nach innen gelehnter Wappenschild.

Text nach Foto.

Maße: H. 195, B. ca. 70, Bu. 6 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Bild zur Katalognummer: Nachzeichnung von d'Hame der Grabplatte der Lucia von Wind(...), Korrigiert zu Lucia von Wiltz

d'Hame, Confluvium [1/3]

Bild zur Katalognummer: Originalgrabplatte Grabplatte der Lucia von Wind(...), Korriegiert zu Lucia von Wiltz Bild zur Katalognummer 28: Schmaler Streifen der rechten oberen Seite der Grabplatte der Lucia von Wind(...), Korriegiert zu Lucia von Wiltz
  1. + ANNO D(OMI)NI M CCC / XXXV · I(N) · DIE · PVRIFIC(ATI)O(N)ISa) · ISTA · SCEL(VS) · NESCIT · DE · WI(.)D/[.]b) · LVCIA · Q(U)ESCITc) / LAVDIB(VS) · ORNATA · MORV(M) · PROBITATE · PROBATA

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 13363) am Tag Reinigung Mariens (2. Februar). Diese Lucia von Wind(.)(?) kannte die Bosheit nicht (und) liegt (hier) geschmückt mit dem Lob ihrer Sitten und anerkannt wegen ihrer Rechtschaffenheit.

Versmaß: Zwei leoninische Hexameter, zweisilbig rein gereimt.

Wappen:
unbekannt4)unbekannt5)

Kommentar

Die gut ausgeführten Majuskeln sind breit angelegt, flach ausgehauen und unten aufgerauht. Daher ist davon auszugehen, daß die Buchstaben mit einer kontrastierenden Masse ausgefüllt waren6). Als Worttrenner dienen halbkugelig vertiefte Punkte.

Bei der durch das gereimte Totenlob hervorgehobenen, sonst nicht bezeugten Lucia dürfte es sich um eine der adeligen Stifterinnen gehandelt haben, die das Kloster in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts reich bedacht hatten. Ihre Grabplatte stellt das älteste noch erhaltene Grabdenkmal Marienbergs dar.

Textkritischer Apparat

  1. Der von d'Hame in kapitalen Buchstaben abgezeichnete Text bricht hier ab.
  2. WIL Boulangé (mit Kürzungszeichen); Lehfeldt; Kubach/Verbeek; WID(VA) (?) Kdm. - Die Kürzung über ID ist vermutlich zu WIND aufzulösen. Auf der folgenden Leiste steht noch ein nicht identifizierter Buchstabe, dem zwingend eine Kürzung beigegeben sein muß, um die für den Hexameter nötige lange Silbe zu bilden; diese Silbe gehört zum Familiennamen.
  3. NESCIT Boulangé mit Hinweis auf eine mögliche Verschreibung für nascit(ur); Kubach/Verbeek; Kdm.

Anmerkungen

  1. Der Raum diente - nach Boulangé - 1868 offensichtlich als Billard-Saal der damaligen Kuranstalt.
  2. Das vermutlich zwischen 1905 und 1910 von Nick angefertigte Foto zeigt den verhältnismäßig guten Gesamtzustand der Platte.
  3. Berechnet nach Trierer Stil; vgl. dazu Einleitung Kap. 1.
  4. Eine Leiste, die aber auch als reine Teilungslinie gemeint sein könnte.
  5. Ein Löwe.
  6. Vgl. dazu die folgende Nr. mit der noch vorhandenen Füllung.

Nachweise

  1. d'Hame, Confluvium, nach S. 661 (Nachzeichnung, bez. Nr. 5).
  2. Boulangé, Boppard 6.
  3. Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 583.
  4. Nick, Mappe Marienberg (Foto).
  5. Kubach/Verbeek, Denkmälerinventar I 149.
  6. Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 284.

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 28 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0002805.