Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)
Nr. 21† Boppard, ehem. Benediktinerinnen-Kloster Marienberg 1303
Beschreibung
Epitaph des Geistlichen Gerlach. Seit unbekannter Zeit verschollen, ist das zugehörige Grabgedicht nur in Abschrift in einer zwischen 1510 und 1515/16 verfaßten Handschrift überliefert1).
Nach Handschrift.
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Siste gradum si quis pertransis perlege si quis Hoc scriptum memora mundi quorum sit brevis hora Et pro Gerlaco quod ab igne solutus opaco Esto legens ora reliquorum locetur in hora Hoc pater hoc flamen hoc prestet filius amen
Übersetzung:
Wenn du, wer auch immer du bist, hier vorübergehst, hemme den Schritt, lies diese Schrift und gedenke derer, deren Zeit in der Welt kurz ist. Und du sollst lesend die Fürbitte für Gerlach sein, daß er von dem finsteren Feuer befreit in die Zeit der übrigen gestellt werde. Dies möge der Vater, dies möge der (hl.) Geist, dies möge der Sohn gewähren, Amen.
Versmaß: Fünf leoninische Hexameter, zweisilbig rein gereimt.
Anmerkungen
- Freundlicher Hinweis meines Kollegen Dr. Rüdiger Fuchs. - Kompilator war der spätere Prior von St. Matthias in Trier, Hubertus von Köln, der von 1510 bis 1515/16 im Kloster Marienberg als "pater" tätig war. - Vgl. zu ihm und seiner zahlreiche lateinische Inschriften und Verse umfassenden Handschrift, in der auch Schriften des Bopparder Humanisten Johannes Flaming (Nr. 189) gesammelt sind, Röll, Flamingus 168 und Becker, St. Matthias 716.
- Vgl. die vorhergehende Nr.
- Vgl. dazu die entsprechenden Nachweise in DI 43 (Rheingau-Taunus-Kreis) S. 99 mit Anm. 5.
Nachweise
- Handschrift 804/814 fol. 85.
Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 21† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0002109.
Kommentar
Die bislang unbeachtete Inschrift dürfte sich auf den 1303 verstorbenen und vor dem Nikolausaltar der Marienberger Klosterkirche begrabenen Geistlichen Gerlach beziehen. Da dessen figürliche Grabplatte ebenfalls - wenn auch aus einer späteren Quelle - kopial überliefert ist2), ist anzunehmen, daß es sich bei seinem "Epitaphion" nicht um ein weiteres Denkmal dieser Art, sondern um eine in der Nähe der Grabplatte angebrachte Tafel gehandelt hat. Davon abgesehen fügt sich die undatierte Inschrift auch sonst gut in die zeitgenössische, hexametrisch gereimte Grabdichtung, die sich sowohl im Bearbeitungsgebiet als auch den angrenzenden Bereichen auf den Zeitraum vom 13. bis zum 15. Jahrhundert konzentriert3).