Die Inschriften des Rhein-Hunsrück Kreises

6. Nicht aufgenommene Inschriften

Der folgende, keinesfalls vollständige Überblick soll abschließend über diejenigen Inschriften des Bearbeitungsgebietes informieren, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in den Katalogteil aufgenommen werden konnten.

Das kunsthistorisch um 1480 datierte Mittelbild des Hochaltars der katholischen Pfarrkirche in St. Goar mit der als Tafelmalerei ausgeführten Darstellung der Kreuzigung und einem ansatzweise in Kapitalis ausgeführten Titulus wurde erst 1890/91 erworben und soll aus einer Kirche in oder bei Neustadt an der Haardt215) bzw. aus der Frankfurter Peterskirche216) stammen. Die kunsthistorisch um [Druckseite LXVII] 1510/15 datierten Holzfiguren217) des neugotischen Flügelaltars am vierten Pfeiler der Karmeliterkirche in Boppard wurden 1846 über den Kunsthandel aus der Wallfahrtskapelle Hagnau am Bodensee erworben und zuerst in der Kreuzbergkapelle, dann am heutigen Standort aufgestellt. Unter den Figuren der in der Werkstatt des Ulmer Meisters Nikolaus Weckmann hergestellten Kreuzigungsgruppe befindet sich auch Johannes mit einer in erhabener Kapitalis geschnitzten Buchstabenfolge am Mantelsaum.

Ein bislang unbeachteter, im ehemaligen Stadtmuseum Oberwesel (künftig Kulturstiftung Hütte, Oberwesel) verwahrter Zinnpokal (Inv.-Nr. 14,1) unbekannter Provenienz wurde ausweislich der in einer Barock-Kursive ausgeführten Inschrift am 7. April 1637 Dem Zunftmeister Joh(ann) Peter Schunk von den Bader=Meistern zu Merseburg zu Ehr gestift und müßte daher einschließlich der zehn folgenden Meisternamen in einem Nachtrag zu DI 11 (Stadt Merseburg) ediert werden.

Die zwanzig, meist mit Inschriften versehenen Ölgemälde des 17. und 18. Jahrhunderts218), die sich heute zum Teil in der Wallfahrtskapelle zur Schwarzen Muttergottes in Herschwiesen-Windhausen, zum Teil im Pfarrarchiv Herschwiesen befinden, stammen aus der Sammlung religiöser Malerei des Koblenzers Philipp Wilhelm Burret, die ursprünglich für die Ausstattung der Schloßkapelle der von ihm 1805 erworbenen (zu Herschwiesen gehörenden) Burg Schöneck vorgesehen war. Da die Herkunft der von ihm zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus dem Bestand aufgelöster Kirchen und Klöster erworbenen Gemälde nicht mehr feststellbar ist, konnten sie im vorliegenden Katalog nicht berücksichtigt werden.

An zahlreichen Häusern des Bearbeitungsgebietes befinden sich offensichtlich modern ausgeführte Jahreszahlen, die ihre Existenz einem wie auch immer gearteten historischen Bewußtsein der Eigentümer verdanken. Diese Jahreszahlen wurden in der Regel nicht in den Katalog aufgenommen, es sei denn, es handelte sich um eine nachweisbare kopiale Überlieferung einer originalen Inschrift.

Offensichtlich ließ der Konvent des Benediktinerinnen-Klosters Marienberg nach dem Klosterbrand von 1738 Ersatzdenkmäler für untergegangene Grabplatten herstellen (vgl. dazu Kap. 3); außerdem auch Denkmäler für die 1546 verstorbene Äbtissin Maria von Sonnenberg und die 1576 verstorbene Äbtissin Barbara Gräfin von Leiningen, die vermutlich zur Komplettierung der Äbtissinnenreihe dienen sollten. Wegen der äußeren Form, der verwendeten Schrift und des Formulars können diese Platten nicht als Wiederholung von älteren, anläßlich des Todes beider Äbtissinnen hergestellten angesehen werden219).

Das von Kdm. in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts datierte Ölgemälde in der Propstei zu Hirzenach mit der S. ANNO bezeichneten Darstellung des von Engeln umgebenen Heiligen220) wurde nach der am unteren linken Bildrand aufgemalten Signatur im Jahr 1732 hergestellt.

Von den zehn gemalten Bildern mit Darstellungen der Leiden Christi, mit denen die Äbtissin des Benediktinerinnen-Klosters Marienberg vor 1513 die Wände des Kreuzganges schmücken ließ, waren Ende des 19. Jahrhunderts nur noch zwei vorhanden221). Ob sie mit Inschriften versehen waren, ist nicht überliefert.

Die von Lehfeldt 1886 im Boden des Mittelschiffs der Karmeliterkirche zu Boppard ohne Mitteilung der Inschriften genannten Grabplatten für den 1620 verstorbenen Achatius Engel und die 1658 verstorbene Anna Eva Boos von Waldeck222) dürften der Erneuerung des Fußbodens Ende des 19. Jahrhunderts zum Opfer gefallen sein (vgl. Kap. 2.1.3).

Bei den Grabplatten, die laut Kdm. im unteren Drittel des Westturms von St. Martin zu Oberwesel als Treppenstufen wiederverwendet wurden223), ließen sich mit Sicherheit nur auf der 13. und 15. Stufe von unten Buchstabenreste in gotischer Majuskel feststellen, die aber aufgrund ihres schlechten Erhaltungszustandes keinen edierbaren Text erlaubten. Das Gleiche gilt für eine als Treppenstufe zur Sakristei zweitverwendete Grabplatte in der Stiftskirche zu St. Goar, die nur noch wenige Reste der zwischen Linien ausgeführten Inschrift in gotischer Minuskel erkennen ließ. [Druckseite LXVIII]

Im Fußboden des Kellers des früheren evangelischen Schulhauses und heutigen Finanzamtes sollen sich um 1925 noch Grabplatten aus der gegenüberliegenden Stiftskirche St. Goar befunden haben224); bedauerlicherweise führte die Überprüfung dieser Angaben zu dem Befund, daß der Kellerboden dieses Gebäudes Mitte der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts mit einer Betondecke versiegelt wurde.

Unter den im 19. Jahrhundert aus St. Severus in Boppard entfernten Grabsteinen (vgl. Kap. 2.1.1) soll sich auch einer "angeblich aus dem Jahre 1217"225) befunden haben; hier dürfte es sich um eine Verlesung der Datumsangabe gehandelt haben.

Ein im Innenhof des Rathauses zu Oberwesel verwahrter Grenzstein unbekannter Provenienz mit dem namentlich bezeichneten Wappen S(ANK)T GOAR auf der einen und dem der Stadt Boppard auf der anderen stammt aufgrund der ST-Kürzung wohl aus dem 18. Jahrhundert. Gleiches gilt für den (abgearbeiteten) Grenzstein mit Wappen und Inschrift, der in die Wand des Hauses Heerstr. 102 in St. Goar eingelassen ist und auch für einige neben dem Museum auf Rheinfels aufgestellten Exemplare.

Innen links neben dem Eingang zum südlichen Treppenturm von Liebfrauen zu Oberwesel sind in einen Quader aus rotem Sandstein drei 5 bis 7 cm hohe, kapitale W eingehauen, die aufgrund ihrer Ausführung vermutlich erst im 18. Jahrhundert entstanden sind.

Eine bislang falsch zugeordnete verlorene, die stiftende Tätigkeit Kaiser Ottos III. rühmende Inschrift war nicht etwa über dem Kircheneingang des Bopparder Franziskanerinnen-Klosters angebracht226), sondern befand sich zweifellos an der Kirche des Martinsstiftes zu Worms227).

Zitationshinweis:

DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Einleitung, 6. Nicht aufgenommene Inschriften (Eberhard J. Nikitsch), in: inschriften.net,  urn:nbn:de:0238-di060mz08e003.

  1. So Spennemann-Weber-Haupt, St. Goar 14. »
  2. So Dehio Rheinland-Pfalz 915. »
  3. Vgl. zum Folgenden Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 347f. und 394f. mit Abb. 225. »
  4. Vgl. zum Folgenden Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 794f. und 817f. mit zahlreichen Abb. »
  5. Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 287f. mit Abb. 174 und 178 suggeriert sogar eine durch den Tod unmittelbar veranlaßte Herstellung. »
  6. Vgl. dazu Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 868 mit Abb. 721. »
  7. So Nick, Regesten 35f., ohne mögliche Inschriften mitzuteilen. »
  8. Vgl. Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 571. »
  9. Vgl. dazu den Hinweis bei Kdm. 2.2, 441. »
  10. So Knab, St. Goar 236. »
  11. Vgl. dazu NN., Veränderungen pass. mit Hinweis auf eine entsprechende Nachricht aus der Bopparder Zeitung vom 10. November 1875. »
  12. So Rutsch, Boppard 74 und ihm folgend Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 328. »
  13. Vgl. dazu Nr. 94 mit Anm. 5. »