Die Inschriften des Rhein-Hunsrück Kreises

2. Kurzer Historischer Überblick7)

Die linksrheinisch zwischen Bingen und Koblenz im oberen Mittelrheintal gelegenen Städte Boppard, Oberwesel und St. Goar mit den ihnen zugehörigen Orten weisen nicht nur naturräumliche, sondern in weiten Bereichen auch historische Gemeinsamkeiten auf. So lassen sich in den Seitentälern des Rheins – den tief in das Rheinische Schiefergebirge eingesenkten Tallandschaften – die ältesten, seit der vorrömischen Eisenzeit vermutlich von Fischern und Fährleuten dauerhaft besiedelten Plätze nachweisen. Da seit der Eroberung Galliens durch die Römer eine militärische Sicherung der am linken Rheinufer verlaufenden Fernstraße erforderlich war und sich in diesem Zusammenhang auch Römer im Rheintal niederließen, konnten durch sie Namen von Siedlungen offenbar keltischer Treverer überliefert werden – mit Sicherheit Bodobrica (Boppard) und Vosolvia (Oberwesel). Die topographisch zwar bekannten, aber noch nicht ergrabenen "villae rusticae" des Mittelrheintals, die frühen römischen Militär- und Zivilsiedlungen in Boppard und Oberwesel8), das Mitte des 4. Jahrhunderts in Boppard errichtete römische Steinkastell mit der dort durch frühchristliche Grabsteine (Nrr. 1-12, 6a) und eine frühmittelalterliche Kirche belegten gallo-romanischen bzw. fränkischen Gemeinde sowie die frühe klosterartige Ansiedlung des 6./7. Jahrhunderts in St. Goar zeugen von der zentralen Bedeutung dieser Gegend in spätantiker und frühmittelalterlicher Zeit. [Druckseite XVI]

Ohne näher auf die komplizierten Fragen nach den Siedlungs-, Rechts- und Wirtschaftsstrukturen in nachrömischer Zeit eingehen zu wollen9), läßt sich zumindest soviel feststellen10), daß das Mittelrheingebiet in früh- und hochmittelalterlicher Zeit eine außerordentlich bedeutende Kernlandschaft des Reiches war, über die Könige und Kaiser jahrhundertelang als Kron- und Fiskalgut (Fiskus) verfügen konnten: Dies belegen auch die bis etwa Mitte des 12. Jahrhunderts – allerdings verhältnismäßig zurückhaltend – getätigten Schenkungen aus Reichsbesitz an Kirchen, Stifte und Klöster, an Adelige und Ministerialen. Nur nebenbei sei angemerkt, daß Kaiser Otto I. den Wirtschaftshof Oberwesel im Jahr 966 dem Benediktinerkloster und späteren Erzstift St. Mauritius in Magdeburg schenkte11) und daß der Fiskus Boppard sowohl der Gemahlin Kaiser Ottos II. als auch später der Gemahlin Kaiser Heinrichs II. als Heiratsgut zugesprochen war. Während in und um St. Goar bereits seit dem 8. Jahrhundert die Benediktinerabtei Prüm in der Eifel und seit dem Ende des 11. Jahrhunderts die Herren und späteren Grafen von Katzenelnbogen die Herrschaft ausübten (vgl. Nrr. 26, 40), faßten die Staufer Boppard und Oberwesel als eigenständig agierende Reichsstädte (vgl. Nrr. 13, 14) zu einer Prokuration zusammen und versuchten durch den Rückerwerb früherer Schenkungen oder veräußerter Rechte das Gebiet als nördlichen Eckpunkt ihres Reichsgutkomplexes im Rhein-Main-Gebiet zu etablieren.

Mit dem Ende der Staufer begann auch der Niedergang der reichsstädtischen Freiheiten: Während sich Rudolf von Habsburg noch mit der Verpfändung verschiedener Einzelrechte beider Städte begnügte, verfügte der 1309 neugewählte König Heinrich VII. die Einsetzung seines Bruders Balduin, Kurfürst und Erzbischof von Trier, als Vogt und Gubernator der Städte Boppard und Oberwesel und verpfändete ihm schließlich – rechtlich umstritten – beide Städte für 12000 Mark Heller. Mit der Erhöhung der Pfandsumme auf 26000 Mark Heller im Jahr 1314 durch dessen Nachfolger König Ludwig den Bayern war eine bis dahin immer noch mögliche Rückkehr zu reichsstädtischen Verhältnissen faktisch ausgeschlossen; Boppard und Oberwesel verloren ihren besonderen Status und wurden letztlich – trotz des Widerstandes ihrer Bürger (vgl. Nrr. 25, 27) – zu kurtrierischen Amtsstädten. Mit dem verlorenen (Ober-)Weseler Krieg von 1390/91 und dem Scheitern des letzten großen Aufbegehrens Bopparder Bürger und Adeliger gegen diese Verhältnisse im Bopparder Krieg von 149712) (vgl. Nrr. 117, 118) verblieb das katholische Kurtrier in beiden Städten bis zum Ende des Alten Reiches die bestimmende Macht. Die durch zahlreiche Klosterhöfe, Adelshöfe und Bürgerhäuser geprägte urbane Struktur in Boppard und Oberwesel spiegelt sich – inschriftlich gesehen – fast ausschließlich in Jahreszahlen (vgl. Nrr. 82, 199, 210, 274, 279, 338 sowie die Sammelnrr. 112 und 202), die Errichtung oder Umbau dieser Häuser dokumentieren. In beiden Städten haben frühe herausragende Einzelereignisse spätere inschriftliche Spuren hinterlassen: so etwa die Auffindung vermeintlicher Märtyrergräber im Jahre 1280 in Boppard (Nr. 160) oder die mutmaßliche rituelle Ermordung des Knaben Werner von Oberwesel durch Juden im Jahre 1287 (Nr. 218).

Dagegen nahm die Geschichte des mittlerweile katzenelnbogisch gewordenen St. Goar mit dem Ausbau der 1245 errichteten Burg Rheinfels zur (zeitweiligen) Residenz der reichsweit bedeutenden Grafen von Katzenelnbogen eine andere Richtung. Mit dem 1479 erfolgten Tod des in vielerlei Hinsicht herausragenden Grafen Philipp des Älteren starb das territorial- wie reichspolitisch höchst erfolgreiche Geschlecht im Mannesstamm aus, und der umfangreiche Besitz ging über die Ehe dessen einzig überlebender Tochter Anna mit Heinrich III. an die Landgrafen von Hessen (vgl. Nr. 114). Da diese unter Landgraf Philipp dem Großmütigen in ihren Ländern früh für die Einführung der Reformation sorgten, kam es bereits Ende 1527 zur Visitation der nun hessischen Niedergrafschaft Katzenelnbogen und am 1. Januar 1528 zur ersten evangelischen Predigt in der Stiftskirche zu St. Goar. Aufgrund der wechselnden Besitzverhältnisse innerhalb der verschiedenen Linien der Landgrafen von Hessen, unter denen Landgraf Philipp der Jüngere von Hessen-Rheinfels (vgl. Nr. 261) in der 2. Hälfte des 16. und der zum katholischen Glauben konvertierte Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels-Rotenburg (vgl. Nrr. 419, 421, 446) in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts St. Goar mit Schloß Rheinfels zu ihrer Residenz bestimmten, blieb die Stadt bis zum Ende des Alten Reiches stets hessisch und überwiegend evangelisch. [Druckseite XVII]

Nachdem im Jahr 1794 die französischen Revolutionstruppen das Rheintal eingenommen hatten, geriet das Gebiet zwischen Mosel und Rhein unter vorläufige französische Verwaltung, die sich durch die endgültige Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich im Jahr 1801 und der Einrichtung des Département de Rhin-et-Moselle mit Sitz in Koblenz für längere Zeit etablieren konnte. Da in den 1815 verabschiedeten Beschlüssen des Wiener Kongresses die Abtrennung der Rheinlande von Frankreich beschlossen und die Gebiete zwischen Rhein, Mosel und Nahe dem Königreich Preußen zugeschlagen worden waren, kam es 1816 auch in der späteren preußischen Rheinprovinz zur Bildung von Regierungsbezirken und Landkreisen, wobei Boppard, Oberwesel und St. Goar mit den ihnen zugehörigen Gemeinden und zusammen mit Bacharach den neuen Landkreis St. Goar mit Kreissitz in St. Goar bildeten. 1968 entstand aus großen Teilen der aufgelösten Kreise St. Goar und Simmern im Hunsrück der heutige Rhein-Hunsrück-Kreis.

2.1 Beschreibung und Geschichte der wichtigsten Standorte

Die folgenden Kapitel dienen lediglich als Überblick über die oft kompliziert verlaufene Geschichte der einzelnen Standorte und sollen in erster Linie deren Zusammenhang mit den im Katalogteil edierten Inschriften veranschaulichen.

2.1.1 Boppard, katholische Pfarrkirche St. Severus13)
Bild zur Einleitung 2.1.1: Katholische Pfarrkirche St. Severus BoppardDr. Eberhard J. Nikitsch (ADW) | Katholische Pfarrkirche St. Severus

Die heutige katholische Pfarrkirche und ehemalige Stiftskirche wurde im 12. und 13. Jahrhundert als dreischiffige Emporenbasilika mit zwei flankierenden Chortürmen neu erbaut; an gleicher Stelle im Bereich des spätrömischen Kastells konnten in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts mindestens zwei, vielleicht auch drei Vorgängerkirchen archäologisch nachgewiesen werden: ein frühmittelalterlicher Rechteckbau mit eingezogener Apsis, der in karolingischer Zeit zumindest eine Umgestaltung erfuhr, und eine ottonische Saalkirche. Vermutlich sind sechs bzw. sieben frühchristliche Grabsteine (Nrr. 1-6a) mit einem noch früheren, bisher unbekannten Sakralbau, die restlichen sechs fränkischen Grabsteine (Nrr. 7-12) mit der ergrabenen ersten Kirche in Verbindung zu bringen14). Der ottonische Bau wird zunächst in einer 975 ausgestellten Schenkungsurkunde Kaiser Ottos II. als Petruskirche erwähnt, als (Kollegiat-)Stift erst im Jahr 1000. Im Jahr 1179 ist erstmals Severus als Mitpatron bezeugt, der sich dann bis spätestens 1225 als Hauptpatron durchgesetzt haben dürfte. Die Stiftsgeistlichkeit bestand seit dem Ende des 12. Jahrhunderts aus einem Propst (zeitweise einem Kustos) und fünf Kanonikern, die zu Residenz, täglichem Chordienst, aber auch zur Seelsorge in dem ausgedehnten Bopparder Großpfarrbezirk zu beiden Seiten des Rheins verpflichtet waren. Folglich lag auch das Begräbnisrecht für Boppard grundsätzlich bei St. Severus.

Von der frühen Ausstattung der wohl 1237 neu geweihten Kirche haben sich Teile eines Reliefs mit der Darstellung der Geburt Christi (Nr. 15), das Triumphkreuz (mit wesentlich später hinzugefügter Inschrift; vgl. Nr. 143) und die Severus-Glocke von 1249 (Nr. 17) erhalten, dazu – allerdings nur in Überlieferung – wenige Reste einer Inschrift von den ehemals großflächigen Wandmalereien mit der Vita des hl. Severus (Nr. 16). Inschriftliche Reflexe der seit dem Beginn des 11. Jahrhunderts nachweisbaren Zugehörigkeit der Bopparder Propstei zum Stift St. Martin in Worms zeigen sich durch die vor 1379 erfolgte Stiftung eines Kelches durch den für Boppard zuständigen Wormser Propst und Kardinalbischof Johannes (Nr. 51) für die sechs Kanoniker sowie durch eine verlorene Gedenkinschrift an dem ehemaligen Propsteigebäude (Nr. 94); inwieweit die beiden 1379 für St. Severus gegossenen Glocken (Nrr. 49, 50) mit dieser Kelchstiftung zusammenhängen, bleibt allerdings offen. Im Jahr 1437 stiftet ein bürgerliches Ehepaar eine Ölberggruppe (Nr. 69) für den angrenzenden Friedhof und zwei Jahre später wird die Kirche mit einer zusätzlichen Glocke (Nr. 70) ausgestattet; zudem dürfte sie im Verlauf des 15. Jahrhunderts mit kleineren Wandmalereien (Nr. 127) geschmückt worden sein. Gegen Ende des Jahrhunderts erhält die Kirche einen weiteren kostbaren Kelch (Nr. 142; vgl. auch Nr. 266) und hll. Ölgefäße (Nr. 146) sowie eine Kreuzigungsgruppe (Nr. 161) für den Pfarrfriedhof. Die einzige bekannte Bauzahl (Nr. 375) für St. Severus bezieht sich wohl auf eine [Druckseite XVIII] Renovierungsmaßnahme Mitte des 17. Jahrhunderts. Jüngst in Privatbesitz nachgewiesene silberne Beschläge eines 1662 erworbenen Missales (Nr. 403) geben einen kleinen Eindruck von den nahezu vollständig verlorenen liturgischen Schriften des Stiftes. Der ehemalige Hochaltar der Kirche (vgl. Nr. 422) befindet sich heute in der Bopparder Karmeliterkirche. Die Inkorporation der Propstei St. Martin in Worms – und damit auch der Bopparder Propstei – in die Tafelgüter des Erzstiftes Trier im Jahr 1521 blieb ebenso wie die zu Beginn des 17. Jahrhunderts erfolgte faktische Umwandlung des Stiftes in eine Pfarrei ohne inschriftliche Resonanz.

Auffallenderweise haben sich – bis auf ein Fragment der Grabplatte eines unbekannten Geistlichen des 17. Jahrhunderts (Nr. 457) – mittelalterliche und frühneuzeitliche Grabdenkmäler der Stiftsgeistlichkeit, die sich im Laufe des 14. Jahrhunderts durch Vikare ergänzte und im 17. Jahrhundert aus Präbendaten, Dezimatoren und Pfarrern bestand, nicht erhalten. Möglicherweise stammt eine im ehemaligen Schaafschen Haus verbaute Grabplatte des 14. Jahrhunderts (Nr. 59) aus St. Severus. Erst ab der Mitte des 16. Jahrhunderts lassen sich einige wenige, heute noch in St. Severus befindliche Grabdenkmäler Bopparder Bürger nachweisen15). Abgesehen von der nur abschriftlich überlieferten Inschrift für den humanistisch geprägten, 1547 verstorbenen Zollschreiber und Amtmann Christoph Eschenfelder (Nr. 194) haben sich nur noch fragmentarische Grabplatten für Maria Fenger (Nr. 221), für eine weitere Bopparder Bürgerin (Nr. 297) und zwei unbekannte Bopparder Schöffen (Nrr. 314, 355) erhalten. Lediglich zwei qualitätvoll gearbeitete Denkmäler für Angehörige Bopparder Ratsfamilien – ein Epitaph (Nr. 316) bzw. ein Andachtsbild (Nr. 332) – geben noch einen kleinen Eindruck von der sepulkralen Ausstattung der Kirche in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.

Der Grund für diesen erstaunlichen Mangel liegt in der unter der Leitung des Kreisbaumeisters Stratmann durchgeführten, schon von einigen Zeitgenossen als mißlungen empfundenen "Wiederherstellung"16) der seit 1804 als katholische Pfarrkirche genutzten Kirche in den Jahren 1840 und 1841, die auch zur Entfernung zahlreicher, damals offensichtlich noch im Boden der Kirche liegenden Grabplatten führte. Möglicherweise erfolgte bei dieser Gelegenheit die auffällige Durchnumerierung der Grabplatten mit auf dem Kopf stehenden Zahlen17). Die ausgebauten Grabplatten wurden zunächst neben der Kirche gelagert, dann 1851 auf den damals neuen, heute sogenannten Alten Friedhof (und späteren Sportplatz) verlegt und schließlich "auf der Terrasse neben dem Leichenhause aufgestellt"18). Dort verblieben sie bis ins Jahr 1931, als sie im Zuge der Neugestaltung des Städtischen Museums im Hof der Kurfürstlichen Burg an dessen vier Wänden angebracht wurden19). Ob es sich bei den damals bewegten "etwa ein Dutzend mächtiger Steinepitaphien"20) um den gesamten noch vorhandenen Bestand gehandelt hat, muß bezweifelt werden21). Die Grabplatten dürften dann bei den Baumaßnahmen der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts22) wiederum versetzt und nun zusammen mit einigen zwischenzeitlich entdeckten Stücken in der heutigen Anordnung aufgestellt worden sein. Zusammen mit den inzwischen neu aufgefundenen Fragmenten handelt es sich dabei um knapp zwanzig im Original erhaltene Grabplatten mit meist figürlichen Darstellungen Bopparder Bürger und ihrer Angehöriger (Nrr. 238, 254, 280, 319, 321, 335, 349 u.ö.), städtischer Amtsinhaber wie Rats- und Gerichtsschöffen (Nrr. 228, 253, 312, 328, 348, 351) und kurfürstlich-trierischer Amtspersonen wie etwa Zollschreiber (Nrr. 230, 251). Aufgrund dieses Befundes kann kein Zweifel daran bestehen, daß sich die in St. Severus in zahlreichen Bruderschaften organisierte Bopparder Bürgerschaft zumindest im 16. und 17. Jahrhundert auch dort bevorzugt begraben ließ. Da gegenwärtig intensiv [Druckseite XIX] über eine neue Nutzung der Kurfürstlichen Burg nachgedacht wird, sollte das weitere Schicksal dieser für die Bopparder Stadtgeschichte wichtigen, in ungewöhnlich dichter Reihe erhaltenen bürgerlichen Grabplatten besonders aufmerksam verfolgt werden.

2.1.2 Boppard, ehemaliges Benediktinerinnen-Kloster Marienberg23)
Bild zur Einleitung 2.1.2: ehemaliges Benediktinerinnen-Kloster Marienberg BoppardInstitut für Geschichtliche Landeskunde | Ehemaliges Benediktinerinnen-Kloster Marienberg

Die im März 1738 weitgehend abgebrannte, aber in den folgenden Jahren in barocken Formen wieder aufgebaute Klosteranlage24) liegt südöstlich im Hang oberhalb der mittelalterlichen Stadtmauer Boppards. Sie bestand im Kern aus einem vierflügeligen Komplex mit einer im Norden gelegenen einschiffigen Kirche mit fünfseitigem Chorschluß und daran nördlich anschließender St.-Anna-Kapelle25). Neuesten Untersuchungen26) zufolge handelt es sich bei dem bislang als 'Gründungsurkunde' des Klosters betrachteten undatierten Diplom Heinrichs V., das in den Jahren 1122-1125 entstanden sein soll, zwar um eine Fälschung, jedoch um eine mit historischem Kern: Kaiser Heinrich bestätigt das von Bopparder Bürgern an der Stelle einer Marienkapelle gestiftete Kloster und unterstellt es der Abtei St. Eucharius (St. Matthias) bei Trier. Die bereits 1147 als im Besitz dieses Klosters befindlich erwähnte "cella", die erstmals 1212 mit Sicherheit als Frauenkloster bezeichnet wird, wurde sowohl von Bopparder Bürgern, den dort ansässigen Ministerialen als auch von dem rheinischen Hochadel materiell wie finanziell reich beschenkt27). Ebenso verfuhren die deutschen Kaiser und Könige, die in ihren Urkunden stets die hervorgehobene reichsunmittelbare Stellung des Klosters betonten: Marienberg sollte bei einer etwaigen Verlehnung oder Verpfändung der Stadt Boppard stets Reichskloster bleiben. Die späteren Auseinandersetzungen zwischen dem Erzbischof von Trier und dem Abt von St. Matthias um den bestimmenden Einfluß auf das Kloster ist inschriftlich ohne erkennbare Resonanz geblieben.

Wenn auch bereits in den Jahren 1225 und 1262 erste Begräbnisse von Adeligen erwähnt werden, setzt die inschriftliche Überlieferung von Grabdenkmälern erst zu Beginn des 14. Jahrhunderts mit zwei verschollenen Inschriften für den 1303 verstorbenen, sonst nicht bezeugten Klostergeistlichen und Beichtvater Gerlach (Nrr. 20, 21) ein: wohl ein Zeugnis für die seelsorgerische Tätigkeit des für Marienberg zuständigen Trierer Benediktiner-Klosters St. Matthias. Erst zu Beginn des 17. Jahrhunderts sind weitere Grabdenkmäler von Personen überliefert, die dem Kloster entweder als Klostergeistliche dienten – wie Petrus Fankell (Nr. 417), Adolf Stuedger (Nr. 436) und Maternus Kutthaeus (Nr. 441), oder die als Keller oder Schaffner fungierten – wie Anton Roisbach (Nr. 285; vgl. auch Nr. 256) und Petrus Gras (Nrr. 406, 407).

Die älteste erhaltene Grabplatte gehört einer offensichtlich hochrangigen, 1336 verstorbenen Adeligen (Nr. 28), deren Identität nicht befriedigend geklärt werden konnte. Mit der vor 1355 hergestellten figürlichen Grabplatte für den Ritter Heinrich (gen. der Alte) Beyer von Boppard (Nr. 43) tritt bereits eine der führenden adeligen Bopparder Familien ins Licht, die sich Kloster Marienberg zur Grablege ihres Geschlechts erwählt hatte. Großzügig bedacht wurde das Kloster sowohl von dessen 1376 verstorbenem Enkel Heinrich (dem Jungen) Beyer von Boppard und seiner 1399 verstorbenen Frau Lisa von Pyrmont (Nr. 56) sowie deren gemeinsamen Sohn Conrad und seiner Frau Merga von Parroye (Nr. 65). Obwohl sich die Nachkommen dieses Ehepaars bereits dauerhaft in Lothringen niedergelassen hatten, wurden im Kloster Marienberg weiterhin Mitglieder der Großfamilie begraben (Nrr. 67, 92), die – wie Maria Beyer von Boppard (Nr. 200) – gelegentlich auch als Nonnen nachweisbar sind. Sogar der 1598 bei der gewaltsamen Einnahme von Budapest ums Leben gekommene Georg Freiherr Beyer von Boppard, der letzte männliche Vertreter seines Geschlechts, erhielt in der Begräbniskirche seiner Vorfahren mit einem Epitaphaltar ein aufwendiges Grabdenkmal (Nr. 258).

Weitere Grabinschriften für männliche adelige Laien sind nicht bekannt, dagegen eine Reihe von Grabdenkmälern für weibliche Laien wie Gertrud Spay (Nr. 303), die als praebendaria im Kloster lebte, [Druckseite XX] oder wie Amalia Troscana aus Simmern (Nr. 224), Margarethe Bornhof(en) (Nr. 302), Maria Martha von Büchel (Nr. 342) und Felicitas von Breitbach (Nr. 353), deren Funktion bzw. deren Beziehung zum Kloster allerdings nicht immer klar ersichtlich ist – vielleicht handelte es sich bei ihnen um Mitglieder der sonst schwer faßbaren Gruppe der Laienschwestern.

Die lange Reihe der zum Teil erhaltenen, zum Teil von dem Marienberger Keller Konrad d'Hame28) im 18. Jahrhundert abschriftlich bzw. in Nachzeichnung überlieferten Grabdenkmäler der Nonnen setzt erst im 15. Jahrhundert mit der Grabplatte der 1469 verstorbenen magistra Isengart von Greiffenclau zu Vollrads (Nr. 87) ein, die nach der von ihr 1437 mit durchgeführten Klosterreform den Titel ‘abbatissa‘ führen durfte. Dagegen verbessert sich die Überlieferung im 16. und 17. Jahrhundert erheblich: Bekannt sind die Inschriften für die Äbtissinnen Anna Apollonia Kämmerer von Worms gen. von Dalberg (Nr. 176), Amalia Zandt von Merl (Nr. 340), Maria Margaretha Zandt von Merl (Nr. 390) und Eva von Greiffenclau zu Vollrads (Nr. 449), für die Priorinnen Guda Kämmerer von Worms gen. von Dalberg (Nr. 164), Veronika Neuer von Montabaur (Nr. 292), Eva Margaretha von der Leyen (Nr. 415), für die Kellerinnen Anna Apollonia von Büchel (Nr. 357) und Catharina Elisabetha von Greiffenclau zu Vollrads (Nr. 399), für die Sangmeisterinnen Amelia von der Leyen (Nr. 377) und Eva Cordula von der Leyen (Nr. 435), sowie für die Nonnen Anna, Johanna und Margaretha aus der Familie der Herzöge von Pfalz-Zweibrücken (Nrr. 167, 170, 175), Odilia und Maria aus der Familie der Herzöge von Pfalz-Simmern (Nrr. 201, 223), Gertrud Kämmerer von Worms gen. von Dalberg (Nr. 168), Maria Barbara Wentz von Niederlahnstein (Nr. 200), Anna von Disteling (Nrr. 298, 299), Magdalena, Maria Elisabetha und Maria Regina aus der Familie der Greiffenclau zu Vollrads (Nrr. 301, 405, 445), Anna von Blanckard (Nr. 336), Gertrud von der Fels (Nr. 347) und Maria Magdalena von Frankenstein (Nr. 437). Unklar bleibt, wie die abschriftlich überlieferte Inschrift einer sonst nicht nachweisbaren, als religiosa virgo bezeichneten Rheingräfin Beatrix (Nr. 291) zu werten ist.

Obwohl die Zahl der erhaltenen wie überlieferten, sich auf die Konventualinnen beziehenden Inschriften hoch erscheint, muß dennoch bedacht werden, daß sich zur Blütezeit des Klosters in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts bis zu 150 Chor- und Laienschwestern gleichzeitig in ihm aufhielten. Aus den oben angeführten Grabinschriften und den sonst bekannten Personallisten geht klar hervor, daß das Kloster in der Hauptsache zur Versorgung der ledigen Töchter und gelegentlich wohl auch der Witwen des rheinischen Adels diente. Der Begräbnisplatz für alle Schwestern befand sich ursprünglich innerhalb des Kreuzgangs. Wegen Überbelegung durften ab 1475 dort nur noch die Chorschwestern begraben werden, den Laienschwestern wurde eine offene Stelle im Kreuzgarten – das sogenannte Nonnengras – zugewiesen. Als im Verlauf des späten 16. Jahrhunderts die Zahl der Chorschwestern erheblich abnahm, wurden sie spätestens ab 1624 in der Klosterkirche29), die Laienschwestern dagegen wieder im Kreuzgang beigesetzt. Unverändert blieb der Begräbnisplatz für die "Dienstleute" des Klosters; sie wurden "von jeher bis in die letzte Zeit" auf dem "Gottesacker vor der ursprünglichen Kirchenthüre" begraben30).

Von der mit Inschriften versehenen Ausstattung des Klosters im Berichtszeitraum ist – abgesehen von den Grabdenkmälern – nichts erhalten geblieben: Verschollen sind der 1493 von dem Trierer Erzbischof Johann II. von Baden konsekrierte Tragaltar (Nr. 113), das 1538 von Graf Reinhard I. zu Leiningen-Westerburg gestiftete Kreuzreliquiar (Nr. 190), der 1617 von der Äbtissin Amalia Zandt von Merl aufwendig erneuerte Kreuzaltar (Nr. 324) sowie der 1666 von zwei Nonnen aus der Familie von der Leyen errichtete Marienaltar (Nr. 412) und schließlich alle zwölf um 1665 gestifteten Glasfenster der nach dem 30jährigen Krieg restaurierten Klosterkirche mit ihren zahlreichen Stifterinschriften, Wappen und figürlichen Darstellungen (Nr. 410).

Kloster Marienberg31) wurde 1802 aufgehoben und an einen Fabrikanten verkauft, der die Kirche umgehend abreißen und in der verbliebenen Anlage eine Baumwollspinnerei und eine Strumpfweberei betreiben ließ. Diesen Maßnahmen dürften wohl die meisten der von d'Hame überlieferten [Druckseite XXI] Grabdenkmäler zum Opfer gefallen sein32). 1824 wurde eine christliche Erziehungsanstalt in den Räumen des ehemaligen Klosters eingerichtet, die ab 1838 zu einer später weithin bekannten Kaltwasserkuranstalt umgebaut wurde. Vermutlich zur Unterhaltung der Kurgäste dürften in dieser Zeit einige der erhalten gebliebenen Grabdenkmäler im Bereich des ehemaligen Kreuzgangs aufgestellt worden sein. Zumindest wurden wohl damals die drei oben erwähnten figürlichen Grabplatten der Beyer von Boppard (Nrr. 43, 56, 65) aus dem ehemaligen Kapitelsaal geholt und an der Wand der südlichen Vorhalle des Kreuzgangs befestigt. Dort scheinen sie die Aufmerksamkeit des Wiesbadener Kunstagenten Louis Reinhard erregt zu haben33), der sie am 5. Januar 1914 dem damaligen Kaiser-Friedrich Museum zu Berlin für "20,000 Mark mit Provision"34) zum Kauf anbot. Nach einigen Verhandlungen, bei denen es hauptsächlich um die Provisionsforderungen des Agenten ging, machte Emil Emmel, der damalige Direktor des Kurhauses, dem Berliner Museum ein Verkaufsangebot von 15000 Mark35), nicht ohne darauf hinzuweisen, daß das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg sowie ein ungenannter Antiquar ebenfalls stark an den drei Steinen interessiert seien. Nachdem das Berliner Museum das Angebot zu diesem Preis akzeptiert hatte36), wurden die drei Grabplatten vom 16. bis 20. April 1914 ausgebaut, am 21. April mit der Bahn nach Berlin transportiert37) (unter AE 363-365 im Inventar der Ausstattungsstücke eingetragen) und erst einmal im Magazin untergebracht. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges dürfte die geplante Verwendung der Grabplatten als Ausstellungsobjekte verhindert haben38). In Boppard gab es unterdessen unerwarteten Ärger. Noch während der Ausbaumaßnahmen war die weitgehend geheimgehaltene Aktion in der Stadt bekannt geworden und in der Bevölkerung entstand ein "großer Jam[m]er darüber, daß diese für die Geschichte Boppards so interessanten Steine (...) wegkämen"39). Bereits am 18. April hatte die Bopparder Zeitung von diesem Vorgang berichtet und am 20. April den Verkauf als "schreiende Verletzung der Bestrebungen für Heimatschutz"40) gebrandmarkt, auch mit dem Hinweis, daß dieser Vorgang den gerade laufenden Planungen für ein städtisches Museum vehement entgegenstände. Dieser großes Aufsehen erregende, von der Kölnischen Volkszeitung und zahlreichen anderen Blättern nachgedruckte Bericht wurde von Direktor Emmel letztlich mit der Bemerkung kommentiert, daß er sich trotz aller Anfeindungen darüber freue, "daß die 3 Grabsteine dem deutschen Vaterlande erhalten worden sind"41).

Im Jahr 1918 wurde Marienberg vom Orden der Ursulinen übernommen und in den folgenden Jahrzehnten als Internatsschule betrieben. Nach deren Schließung 1981 gelangte die Klosteranlage über Umwege schließlich in Privatbesitz. Ihr weiteres Schicksal und damit auch das der wenigen im ehemaligen Kreuzgang und im Bereich der Wirtschaftsgebäude noch verbliebenen Grabdenkmäler ist ungewiß.

2.1.3 Boppard, kath. Kirche (ehemalige Karmeliter-Klosterkirche)41)
Bild zur Einleitung 2.1.3: Katholische Kirche (ehemalige Karmeliter-Klosterkirche) BoppardDr. Eberhard J. Nikitsch (ADW) | Katholische Kirche (ehemalige Karmeliter-Klosterkirche)

Die Kirche des 1262 erstmals als Niederlassung erwähnten Karmeliterklosters wurde ab dem frühen 14. Jahrhundert als einschiffiger Bau mit fünfseitigem Chorschluß errichtet, an den Mitte des 15. Jahrhunderts ein nördliches Seitenschiff angefügt wurde (Nr. 72 VI und VII). Die im Rahmen eines Bibelzitats [Druckseite XXII] überlieferte Jahreszahl 1633 (Nr. 358) am ehemaligen Windfang des Westportals des Seitenschiffes bezieht sich nur auf denselben. Die Konventsgebäude des ursprünglich außerhalb der Stadtmauer gelegenen Klosters wurden 1728 wegen Baufälligkeit abgerissen und in barocken Formen neu aufgeführt.

Offensichtlich stammt die erste erhaltene Grabplatte eines wohl 1293 ums Leben gekommenen (Karmeliter?-)Mönches Heinrich (Nr. 18) noch aus einem nicht näher bekannten Vorgängerbau. Außer dieser frühen, vieldiskutierten Platte (vgl. Nr. 278) haben sich nur noch zwei Grabplatten der Mitglieder des Konvents erhalten, nämlich die vermutlich noch in situ im Boden des Chors liegenden figürlichen Grabplatten zweier Klostervorsteher, des 1359 verstorbenen Priors Sybert von Troisdorf (Nr. 44) und des 1480 verstorbenen Priors Dr. Matthias Emich (Nr. 95), die zudem als Weihbischöfe von Trier bzw. von Mainz amtierten. Von dem Prior Nicolaus de Spica ist lediglich die Ortsangabe "ante summum altare" bekannt42), wo er 1433 begraben wurde. Die Grabinschrift für den 1526 verstorbenen Prior Cornelius Castenholtz (Nr. 187) ist nur noch abschriftlich überliefert.

Dagegen ist die Kirche reich an Grabdenkmälern des in Boppard sitzenden Adels, daneben finden sich – aus späterer Zeit – auch solche von Vertretern des Bürgertums43). Von der frühen Bedeutung des Geschlechts derer von Schöneck zeugt die abschriftlich überlieferte Grabplatte eines Ehepaars (Nr. 45), das sich 1364 mitten im Chor der Kirche bestatten ließ und dessen Nachkommen 1407 die Kirche mit Wandmalereien (Nr. 63) versahen. Bekannt sind weiterhin figürlich gearbeitete Grabdenkmäler einiger für Boppard wichtiger Familien wie der Kolb von Boppard (Nr. 55), der Peltz von Boppard (Nr. 91), der von Schwalbach bzw. der von Leyen (Nrr. 97, 117), der von Eltz bzw. der von Breitbach (Nrr. 166, 196) und der von Scharfenstein gen. Pfeil (Nr. 313). Einigen dieser Grabdenkmäler waren Totenschilde zugeordnet, von denen sich drei ebenfalls erhalten haben (Nrr. 96, 116, 195). Gelegentlich erscheinen die Totenschilde aber auch ohne zugehöriges Grabdenkmal, etwa für Angehörige der Familien von Eltz (Nr. 212), von Flersheim (Nr. 219), Boos von Waldeck bzw. Zandt von Merl (Nr. 220 und 272). Die bürgerlichen Grabdenkmäler repäsentieren Vertreter unterschiedlichster Berufe: etwa den 1595 verstorbenen Bäcker Weirich Krai (Nr. 244), dann im 17. Jahrhundert den Wirtschaftsverwalter des Eberbacher Klosterhofes Michel Morsdorf (Nr. 333), die SCHVLTISIN Anna Schutz(in) von Zollferin (Nr. 346) und den Ratsherrn und Gerichtsschöffen Johannes Mertloch (Nr. 368), der für sich und seine Familie (Nrr. 378, 386) im westlichen Seitenschiff sogar eine Art Grablege eingerichtet hatte. Nicht mehr zuordnen läßt sich die fragmentarische Grabplatte eines Kindes (Nr. 458). Die Wirren des 30jährigen Krieges werden durch die Begräbnisse zweier 1636 verstorbener, in kaiserlichen Diensten stehender hochrangiger Soldaten illustriert, eines Oberst-Wachtmeisters (Nr. 363) und eines Oberst-Leutnants (Nr. 364).

Neben der oben genannten Wandmalerei von 1407 war die Kirche mit weiteren, heute nur noch fragmentarisch erhaltenen Malereien geschmückt (Nrr. 119, 126); zudem wurden die sieben Fenster des zwischen 1440 und 1446 angebauten Seitenschiffs mit Glasmalereien versehen, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts verkauft wurden und von denen sich heute zahlreiche Scheiben in amerikanischen und europäischen Museen bewundern lassen (Nr. 72 I-VII). An sonstigen beschrifteten Ausstattungsstücken haben sich ein Kruzifix mit der Kopie einer erstmals 1465 ausgeführten Weihe- und Ablaßinschrift (Nr. 263) sowie eine 1502 gegossene Glocke des Meisters Heinrich von Prüm (Nr. 148) erhalten, zudem ein Flügel eines in das dritte Drittel des 14. Jahrhunderts datierten Altarretabels (Nr. 57) sowie ein vollständiges dreiflügeliges Altarretabel aus dem Jahr 1491 (Nr. 110). Die von dem Prior Cornelius Castenholz 1521 gestiftete Vertäfelung des Kapitelsaals (Nr. 173) dürfte dem Abriß der Konventsgebäude zum Opfer gefallen sein. Über der oben erwähnten Gruft der Familie Mertloch errichteten die Nachkommen 1652 einen Altar (Nr. 387). Im Jahr 1673 stifteten Unbekannte ein Ölbild (Nr. 422), und 1685 tätigte die Freifrau Antonetta von Landsberg eine Meßstiftung (Nr. 443). [Druckseite XXIII]

Das im Jahr 1802 aufgehobene Kloster wurde der Stadt Boppard zugewiesen und diente in den folgenden Jahren als Lateinschule, später als Gymnasium. Für große Aufregung sorgte in der Stadt der Verkauf der oben erwähnten spätmittelalterlichen Glasfenster des Seitenschiffs (Nr. 72 I-VII) an Graf Hermann von Pückler-Muskau im Jahr 1818. Im Tausch gegen die ehemalige Franziskanerkirche gelangte die Karmeliterkirche 1856 in den Besitz der katholischen Kirchengemeinde. Nach starken Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg wurde die zeitweise geschlossene Kirche mehrfach wiederhergestellt und 1987 wiedereröffnet. In den renovierten Klostergebäuden befindet sich gegenwärtig die Stadtverwaltung. Der Grund, daß heutzutage nur noch eine verhältnismäßig geringe Zahl an Grabplatten in der Kirche vorzufinden sind, könnte darin zu suchen sein, daß die einst zahlreichen, den Boden der Kirche deckenden Grabplatten offenbar gegen Ende des 19. Jahrhunderts "in verständnisloser Weise herausgerissen und vertan"44) wurden. Wie in St. Severus (s. d.) waren auch hier einige Grabplatten mit Nummern versehen45).

2.1.4 Boppard, ehemaliges Franziskanerinnen-Kloster St. Martin45)
Bild zur Einleitung 2.1.4: ehemaliges Franziskanerinnen-Kloster St. Martin BoppardInstitut für Geschichtliche Landeskunde | Ehemaliges Franziskanerinnen-Kloster St. Martin

Die weit vor der östlichen Bopparder Oberstadt gelegene Klosteranlage wurde nach einigen vorhergehenden Renovierungsmaßnahmen im Jahr 1765 endgültig niedergelegt und in den folgenden Jahren als zweigeschossiger Barockbau neu errichtet. Der Vorläufer der mittelalterlichen Anlage ist bereits 911 als Martinskapelle bezeugt, die ihren Aufschwung der 1280 erfolgten Aufdeckung von vermeintlich christlichen Märtyrergräbern verdankte. Dies führte zunächst zu einer Wallfahrt, dann zur Errichtung einer Beginenklause, aus der sich nach 1425 ein kleines Franziskanerinnen-Kloster entwickelte. Der Tätigkeit des gelehrten Bopparder Priesters und Humanisten Johannes Flaming, der dort zu Beginn des 16. Jahrhunderts als Klostergeistlicher wirkte, ist ein kleiner, aber hochinteressanter Komplex von in Distichen verfaßten Inschriften zu verdanken: Sie schildern einmal in religiös-humanistischer Diktion die Auffindung der verehrten Gebeine, überliefern auch an ihnen angebrachte Inschriften (Nr. 160), bringen dann eine zum Teil in griechisch verfaßte Inschrift einer von ihm gestifteten Tafelmalerei (Nr. 188) und schließlich ein von ihm verfaßtes Grabgedicht (Nr. 189) auf sich selbst. Von der sonstigen Ausstattung des Klosters hat sich kaum etwas erhalten, Ausnahmen bilden ein 1612 datiertes Grabkreuz für Maria Elbert (Nr. 305) und die 1680 entstandene Grabplatte für die beiden Töchter des katholischen Landgrafen Wilhelm von Hessen-Rheinfels-Rotenburg (Nr. 434), der dem Institut als Gönner verbunden war.

Das 1802 aufgehobene und zunächst zu einem "Wirtshaus und Bierbrauerei"46) umfunktionierte Kloster dient heute der Zentralverwaltung der evangelischen Stiftung Bethseda-St. Martin und als Sitz der Evangelischen Archivstelle Boppard.

2.1.5 Boppard-Bad Salzig, katholische Pfarrkirche St. Ägidius46)
Bild zur Einleitung 2.1.5: Katholische Pfarrkirche St. Ägidius Boppard-Bad SalzigInstitut für Geschichtliche Landeskunde | Katholische Pfarrkirche St. Ägidius

Die erstmals Ende des 10. Jahrhunderts genannte Kapelle des 922 als "Salzachu" sicher bezeugten Ortes gehörte zusammen mit der Propstei des Stiftes St. Severus in Boppard (s. d.) dem Martinsstift in Worms. Von der kleinen, auf einer Anhöhe südwestlich des alten Dorfkerns gelegenen spätgotischen Kirche haben sich Chor und Westturm erhalten, die in den 1899-1902 errichteten Neubau miteinbezogen wurden. Eine überlieferte Bauzahl aus dem Jahr 1611 (Nr. 295) dürfte sich auf eine nicht weiter bekannte Restaurierungsmaßnahme beziehen. Bis auf die 1471 gegossene Marienglocke (Nr. 90) des Meisters Paul von Üdersdorf hat sich von der ehemaligen Ausstattung der Kirche kein weiterer Inschriftenträger erhalten. Um so bemerkenswerter sind daher die 19 Grabkreuze des 16. und 17. Jahrhunderts47), die aus dem auch heute noch die Kirche umgebenden Friedhof stammen und gegenwärtig an der langen, zum Hauptportal der Kirche führenden Treppe aufgestellt sind. Mit ihren knappen Inschriften und ihrer sparsamen Ausführung geben sie einen guten Eindruck von der Art [Druckseite XXIV] und Weise wieder, wie sich in jener Zeit die meist aus Bauern und Handwerkern bestehende Einwohnerschaft des kleinen Dorfes bestatten ließ. So finden wir einerseits nur Initialen und Todesjahre aufweisende Grabkreuze (Nrr. 203, 216, 307, 308, 309, 315 u.ö), die jedoch durch die stets beigefügte Marke wenigstens einer bestimmten Familie zuzuordnen waren, andererseits aber auch ausführlichere Formulare mit vollständigen (zum Teil heute noch in Salzig nachweisbaren) Namen wie Nürenberg, Moskop(f), Kemp(en), Fickus, Spitz, Breder, Bach und Neyer (Nrr. 354, 366, 374, 420, 427, 432, 447, 448, 450). Besonders hervorzuheben ist dabei das aufwendig gestaltete Grabkreuz (Nr. 206) für den 1566 verstorbenen Antonius Hufschmidt (HOFSCHMEIT) mit einer neunzeiligen Sterbeinschrift auf der einen und einer aus seinen Arbeitswerkzeugen zusammengesetzten, menschenähnlichen Figur auf der anderen Seite.

2.1.6 Boppard-Hirzenach, katholische Pfarrkirche St. Bartholomäus48)
Bild zur Einleitung 2.1.6: Katholische Pfarrkirche St. Bartholomäus Boppard-HirzenachDr. Eberhard J. Nikitsch (ADW) | Katholische Pfarrkirche St. Bartholomäus

Die heutige katholische Pfarrkirche und ehemalige Kirche der Benediktinerpropstei wurde in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts als dreischiffige Pfeilerbasilika mit eingezogenem Westturm erbaut, wobei die romanische Apsis um die Mitte des 13. Jahrhunderts durch den heutigen fünfseitig geschlossenen Chor ersetzt wurde. Bauherr war die Benediktinerabtei Siegburg (Rhein-Sieg-Kreis), die durch die Errichtung dieser Außenstation die Verwaltung ihrer umfangreichen Güter an Rhein und Mosel gesichert haben wollte. Geleitet wurde die mit sechs bis zwölf Mönchen besetzte Zelle von stets ortsfremden, meist zuvor in der Mutterabtei tätigen Pröpsten, die sich offensichtlich in der Kirche bestatten ließen. Während durch die 1968-70 durchgeführten Ausgrabungen im Inneren der Kirche vierzehn zum Teil in den Fels gehauene Gräber nachgewiesen konnten, haben sich oberirdisch nur noch sechs der zugehörigen Grabplatten erhalten, davon vier aus dem Berichtszeitraum: Sie beginnen mit der figürlichen Grabplatte für den 1390 verstorbenen Johann (Lutter) von Kobern (Nr. 54), setzen sich fort mit der ebenfalls figürlichen Platte für den 1574 verstorbenen Roland von Waldenburg gen. Schenkern (Nr. 225) und enden mit den jetzt nur noch wappengeschmückten Grabplatten für den 1635 verstorbenen Adam von Lintzenich (Nr. 359) und seinen 1658 verstorbenen Nachfolger Johann Georg von Lieser (Nr. 394). Offenbar war es in Hirzenach üblich, daß jeweils der neue Propst für die Herstellung und Anbringung des Grabdenkmals seines Vorgängers verantwortlich war (vgl. Nrr. 225, 359). Die einzige, wenn auch stark fragmentarisch erhaltene Grabplatte eines Nicht-Geistlichen dürfte einem Mitglied der Familie von Lieser (Nr. 369) zuzurechnen sein. Die Pröpste traten auch als Bauherren hervor: So wurde 1569 unter Roland von Waldenburg eine Brunnenanlage (Nr. 214) errichtet und unter Bertram von Bellinghausen 1664 ein unbekanntes Gebäude (Nr. 409). An Grabdenkmalen für die Mönche der Propstei hat sich lediglich ein Grabkreuz mit Kelch und Initialen (Nr. 233) erhalten, das einem 1584 verstorbenen Priester gesetzt wurde.

Daß die Propsteikirche spätestens im 16. Jahrhundert alle Funktionen der benachbarten, vermutlich etwas älteren Pfarrkirche St. Bartholomäus übernommen hatte, zeigen die zahlreichen Grabkreuze des 16. und 17. Jahrhunderts, die – wie in Bad Salzig – heute noch im Bereich des um die Kirche gelegenen Friedhofs vorhanden sind. Allerdings finden wir hier nur ein Grabkreuz mit Initialen und Todesjahr (Nr. 215), ansonsten herrschen die Kreuze mit ausführlichem Formular vor wie das für den 1600 verstorbenen BVRGER IN HIRTZNACH Johannes Gerart (Nr. 268), die aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts stammenden für Angehörige der Familien Scherin (Nrr. 275, 310) und Rühl (Nrr. 294, 320) sowie die für die aus Lorch im Rheingau stammende Elisabeth Huter (Nr. 300) und den 1622 verstorbenen Reichard Mallmann (Nr. 334). Mit den einfachen Grabkreuzen für Petrus Kron von 1667 (Nr. 414) und einer Margaretha von 1675 (Nr. 424) sowie dem aufwendig gearbeiteten, mit der Darstellung der Kreuzigung und dem Abbild des davor knienden Verstorbenen geschmückten Grabkreuz von 1676 (Nr. 428) endet die Reihe dieser Denkmäler.

Die Hirzenacher Propstei wurde 1802 aufgehoben, die Kirche dient heute als katholische Pfarrkirche.

2.1.7 Oberwesel, katholische Pfarrkirche Unserer Lieben Frau (ehem. Stiftskirche, sogen. Liebfrauenkirche)49)
Bild zur Einleitung 2.1.7: Katholische Pfarrkirche Unserer Lieben Frau (ehem. Stiftskirche, sogen. Liebfrauenkirche) OberweselDr. Eberhard J, Nikitsch (ADW) | Katholische Pfarrkirche Unserer Lieben Frau (ehem. Stiftskirche, sogen. Liebfrauenkirche)

Die heutige katholische Pfarrkirche und ehemalige Stiftskirche wurde in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts als dreischiffige querhauslose Basilika mit fünfseitigem Chorschluß und eingezogenem Westturm erbaut. Von der damals außerhalb der Stadtmauer gelegenen, 1213 erstmals als Pfarrkirche erwähnten Vorgängerkirche "ecclesie s. Marie" haben sich nur wenige Ausstattungsgegenstände erhalten, von den beschrifteten nur eine kleine Marienglocke mit aus Wachsfäden hergestellter Inschrift (Nr. 19). Die offensichtlich erfolgreiche, 1258 unter Beteiligung adeliger Familien der damaligen Reichsstadt – etwa der von Milwalt (vgl. Nr. 31) – vorgenommene Gründung eines Kollegiatstiftes mit einem Dekan und sechs Kanonikern50) führte ab 1308 (Nr. 27) zum Bau der neuen Kirche, die im Jahr 1331 geweiht wurde und um die Jahrhundertmitte fertiggestellt worden sein dürfte. Aus diesem Zeitraum stammen die vier mit Inschriften versehenen Standbilder der Evangelisten (Nr. 37) im Lettner, die Glocke des Johann von Mainz (Nr. 39) sowie die 1354 gegossene Glocke (Nr. 42) eines unbekannten Meisters. Im Jahr 1404 kamen zwei weitere Glocken (Nrr. 61, 62) zur Ergänzung des bis dahin dreiteiligen Geläuts hinzu. Weithin bekannt ist die Liebfrauenkirche für ihren Reichtum an erhaltenen Tafelmalereien, die zum Teil mit umfangreichen Inschriften versehen sind: Sie beginnen um 1450 mit dem von einem unbekannten Oberweseler Ehepaar gestifteten Heiligenretabel (Nr. 77) bzw. dem von einem Kanoniker gestifteten Retabel mit dem Marienleben (Nr. 78), setzen sich fort mit einem wohl als Antependium verwendeten Gemälde der Hl. Sippe (Nr. 123) und erreichen ihren Höhepunkt in drei von Petrus Lutern, Kanoniker an Liebfrauen und Propst von St. Martin gestifteten Retabeln – einem von 1503 mit den Darstellung des Gastmahls Christi bei Martha und Maria (Nr. 151) und einem von 1506 mit der Nikolauslegende (Nr. 153) sowie der vor 1515 entstandenen Lehrtafel mit den Zeichen der letzten 15 Tage vor dem Jüngsten Gericht (Nr. 157). Zudem hat sich aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein vollständiges Altarretabel mit Szenen aus der Passion (Nr. 383) mit zugehöriger Predella (Nr. 384) erhalten. Weitere Ausstattungsgegenstände verdankt die Kirche sowohl dem 1524 zum Dekan des Stiftes ernannten Valentin Schonangel, der wohl aus diesem Anlaß ein Bild der Muttergottes (Nr. 177) herstellen ließ, als auch unbekannten Bürgern, die 1602 eine hölzerne Renaissance-Kanzel (Nr. 277) in Auftrag gaben, bzw. der Fabrikbruderschaft von Liebfrauen, die 1625 die Anschaffung eines zehn Meter hohen Altaraufsatzes (Nr. 343) für den gotischen Goldaltar im Hauptchor ermöglichte. Die heute vorhandene (stark überarbeitete) Ausmalung des Kirchengewölbes mit Evangelistensymbolen (Nr. 131) und musizierenden Engeln (Nr. 132) stammt aus dem 15. Jahrhundert, die Bemalung der Wände mit Heiligen (Nrr. 138, 139, 141, 180, 182, 197) und biblischen Figuren (Nrr. 181, 183, 184, 185) bzw. mit Darstellungen der Länge Christi (Nr. 140) oder auch einer Wallfahrt (Nr. 179) wurde in mehreren Etappen in den folgenden Jahrzehnten ausgeführt. Auch hier trat der Kanoniker und Propst Petrus Lutern als Stifter in Erscheinung (Nr. 158).

Die erhaltene Deckplatte des 1336 verstorbenen Dekans Johannes (Nr. 29) eröffnet eine interessante Reihe figürlicher Grabdenkmäler der Oberweseler Stiftsgeistlichkeit, die wohl keinen besonderen Begräbnisplatz hatte51). Abgesehen von der Fremdbestattung des Speyerer Domdekans Hartmann von Landsberg (Nr. 33) im Jahr 1340 hat sich aus der Gründungsphase noch die Grabplatte eines unbekannten Kanonikers (Nr. 30) erhalten. Bei dem 1410 verstorbenen pastor und canonicus Eberhard von Reichenberg (Nr. 64) handelt es sich vermutlich um einen illegitimen Sohn eines Grafen von Katzenelnbogen. Der für Oberwesel bedeutenden Familie der Frey von Pfaffenau, die auch als Patrone von Liebfrauen in Erscheinung traten, gehört der 1430 verstorbene Kanoniker Friedrich (Nr. 68) an. Die Identität eines 1451 verstorbenen Stiftsherrn (Nr. 81) kann nicht mehr geklärt werden. Offen bleibt ebenso, ob die zahlreichen Fragmente von Schiefer- und Sandsteinplatten des 15. Jahrhunderts (Nrr. 73, 120, 128, 129, 130, 144) in jedem Fall Kanonikern zuzuordnen sind. Eine weitere bisher unidentifizierte Grabplatte aus dem Jahr 1500 kann dem Stiftsherrn Petrus Winkel (Nr. 135) zugewiesen werden. Mit dem hervorragend gearbeiteten Epitaph für Petrus Lutern (Nr. 159), dem 1515 verstorbenen Propst von St. Martin in Oberwesel und Kanoniker von [Druckseite XXVI] Liebfrauen, dessen bereits 1492 verstorbene Mutter ebenfalls in Liebfrauen begraben liegt (Nr. 111), bricht die Reihe der figürlichen Grabdenkmäler des Oberweseler Stiftsklerus ab. So erhält der 1558 verstorbene Kantor und Dekan Petrus Pellifex nur noch eine schlichte Schrifttafel (Nr. 207) als Epitaph – möglicherweise bereits eine Reaktion auf die finanziell angespannte Lage des Stiftes in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts, die 1576 zur einer durchgreifenden Stiftsreform führt. Da seit dieser Zeit der Dekan den Titel "pastor primarius" trägt, kann eine neu entdeckte fragmentarische, vor 1623 hergestellte Grabplatte (Nr. 339) den beiden kurz nacheinander verstorbenen Dekanen Heinrich Löhr und Heinrich Fuchs zugewiesen werden.

Neben diesen Bestattungen der Geistlichkeit lassen sich bereits früh Begräbnisse adeliger Laien nachweisen (Nr. 32; vgl. auch Nrr. 35, 36). Eine besondere Rolle spielen dabei die unweit der Kirche auf der Schönburg residierenden Herren von Schönburg auf Wesel, die sich die Liebfrauenkirche als Grablege wählten und sich im Chor des nördlichen Seitenschiffs in einer (vermutlich 1842 zugeschütteten) Gruft bestatten ließen. Die Reihe erhaltener Grabdenkmäler dieser als bedeutende Förderer von Liebfrauen nachweisbaren Familie beginnt mit dem neu entdeckten Fragment für den 1340 verstorbenen Ritter Humbert von Schönburg auf Wesel (Nr. 34) und setzt sich in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts mit der Grabplatte des Ritters Lamprecht (Nr. 46), der Doppelgrabplatte des Johann Schmidtburg von Schönburg auf Wesel und seiner Frau Gertrud Marschall von Waldeck (Nr. 52) sowie der Grabplatte für Friedrich den Alten (Nr. 86) fort. Offensichtlich war die Anziehungskraft dieser Grablege so stark, daß sich dort im 15. Jahrhundert gelegentlich auch eingeheiratete Schwiegersöhne (Nr. 75) bzw. Schwiegertöchter (Nr. 84) bestatten ließen. Auch während des 16. und 17. Jahrhunderts diente Liebfrauen als Grablege – manchmal auch eingeheirateter Mitglieder – dieser Familie, so im Jahr 1518 für Agnes von Dienheim (Nr. 163), die mit dem 1550 verstorbenen Friedrich dem Älteren (Nr. 204) verheiratet war. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts lassen sich wieder die Grabdenkmäler für Angehörigen dieses Geschlechts nachweisen: Kurz hintereinander sterben im Jahr 1605 Johann Friedrich (Nr. 283), 1606 Heinrich Eberhard (Nr. 284), vor 1608 Peter Ernst (Nr. 289) und im Jahr 1608 Simon Rudolf von Schönburg auf Wesel (Nr. 290). Für ihn und seine 1627 verstorbene Frau Magdalena von Naves hat sich eine gemeinsame Grab- bzw. Gruftplatte (Nr. 345) erhalten.

Neben dieser ungewöhnlich hohen Zahl an Begräbnissen der Familie von Schönburg auf Wesel finden sich ganz vereinzelt auch Bestattungen anderer Adelsfamilien, so im Jahr 1520 die Ludwigs von Ottenstein mit seiner Ehefrau Elisabeth Freifrau von Schwarzenberg (Nr. 169) oder die eines unbekannten Ehepaars (Nr. 171). Etwa vom letzten Drittel des 16. Jahrhunderts an bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts häufen sich auffallenderweise Grabdenkmäler aus der bürgerlichen Schicht Oberwesels, so 1572 für Catharina Pinter (Nr. 217), 1579 für einen Unbekannten (Nr. 229), 1583 für die Kinder der Familie Pletz (Nr. 231) sowie für einen Winrich (Nr. 232), weit vor 1593 für Klaus und Franz Klockenhencker (Nrr. 241, 242), 1597 für Hans Wendel Weiman (Nr. 252), 1598 für das Ehepaar Hieronymus und Agatha Becker (Nr. 257), 1599 für den Ratsherrn Conradt Torner und seine 1633 verstorbene Frau Gertrudt Laudert (Nr. 260) und für einen Unbekannten (Nr. 264), im Jahr 1601 sowohl für den Ratsherrn Theobald Richard (Nr. 270) als auch für Wilhelma Lorbecher (Nr. 273) sowie 1609 für ein unbekanntes Wickelkind (Nr. 293). Aus der Folgezeit lassen sich nur noch wenige Grabdenkmäler für Angehörige dieser Schicht nachweisen (vgl. Nr. 461), so für zwei kurfürstlich-trierische Stadtschultheißen, den 1632 verstorbenen Michael Stahl (Nr. 356) und den 1662 verstorbenen Ludwig Vogt (Nr. 401).

Von den Grabdenkmälern des im Süden und Westen der Liebfrauenkirche gelegenen (heute noch genutzten) Pfarrfriedhofs52) haben sich einige aus Basalt hergestellte Grabkreuze erhalten53): aus dem Jahr 1617 für Severus Horter (Nr. 317), 1623 für Leonhart und Nilges Nasteen (Nr. 337), 1635 für Gertrud Volmar (Nr. 362), aus der Zeit um 1640 für Adam Leyendecker (Nr. 371) und aus dem Jahr 1677 für eine Angehörige der Familie Murmeling (Nr. 430) sowie für einen Unbekannten (Nr. 464).

Das Stift wurde 1802 aufgelöst und die Kirche zur katholischen Pfarrkirche für Oberwesel bestimmt. Ebenso wie in Boppard erregte die purifizierende Restaurierung der Kirche unter Kreisbaumeister [Druckseite XXVII] Stratmann in den Jahren 1842 bis 1845 einiges Aufsehen54): So wurden nicht nur die als Fortsetzung des Lettners dienenden "aus reichgegliedertem und durchbrochenem Steinwerk"55) bestehenden Abschlußgitter der beiden Seitenchöre abgerissen, sondern auch die zahlreichen Grabplatten aus dem Inneren der Kirche56) entfernt und in den Boden des Kreuzgangsüdflügels verlegt57) bzw. an dessen Wand angebracht. Einige der dort stehenden Platten wurden dann 1987/88 innen an der Wand der Liebfrauen benachbarten Michaelskapelle aufgestellt bzw. 1990/91 im neu errichteten Nordflügel des Kreuzgangs aufgestellt.

2.1.8 Oberwesel, katholische Pfarrkirche St. Martin (ehem. Stiftskirche)57)
Bild zur Einleitung 2.1.8: Katholische Pfarrkirche St. Martin (ehem. Stiftskirche) OberweselDr. Eberhard J. Nikitsch (ADW) | Katholische Pfarrkirche St. Martin (ehem. Stiftskirche)

Die beherrschend im Nordwesten über der Stadt gelegene heutige katholische Pfarrkirche und ehemalige Stiftskirche St. Martin wurde nach neuen bauhistorischen Untersuchungen in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts an der Stelle einer wesentlich älteren, jedoch erst ab 1219 bezeugten Vorgängerkirche erbaut. Von der nachweislich dreischiffig geplanten, querschifflosen Basilika konnte zunächst nur das Mittelschiff mit fünfseitigem Chorschluß und eingezogenem Westturm ausgeführt werden, an das erst im 15. oder zu Beginn des 16. Jahrhunderts das nördliche Seitenschiff angefügt wurde. Aus der im Jahr 1303 zum Kollegiatstift mit Propst, Dekan und fünf Kanonikern58) erhobenen Kirche hat sich lediglich die zweitverwendete Grabplatte (Nr. 38) von einem der in der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts amtierenden Pröpste oder Dekane erhalten. Weitere Grabdenkmäler der Stiftsgeistlichkeit, deren genaue Begräbnisstätte nicht bekannt ist, lassen sich nur noch vereinzelt nachweisen: So die Grabplatte des 1470 verstorbenen Propstes Dr. Johannes Fluck (Nr. 88) und die des 1655 verstorbenen Propstes Philipp Saxler (Nr. 392); die Grabinschrift des Dekans und Pfarrers Friedrich Bettingen (Nr. 341) von 1624 ist dagegen nur noch abschriftlich überliefert. Die kleine Zahl erhaltener bzw. überlieferter Inschriften für diesen Personenkreis mag auch damit zusammenhängen, daß die Geistlichkeit durch ein 1576 erlassenes Reformdekret des Trierer Erzbischofs von fünf auf zwei Kanoniker reduziert und das Amt des Dekans mit der Funktion des Hauptpfarrers zusammengelegt wurde.

Daß die Martinskirche im Gegensatz zu Liebfrauen offenbar eher von Bürgerlichen als von Adeligen als Begräbnisstätte bevorzugt wurde, zeigen auch die noch vorhandenen Grabdenkmäler59), bei denen es sich durchweg um solche bürgerlicher Laien handelt. Während die älteste, vor 1509 entstandene Platte wahrscheinlich mit der eines gelehrten Bürgers (Nr. 156) zu identifizieren ist, ist die bislang als Äbtissinnengrabplatte mißverstande Platte für die 1522 verstorbene Katharina Feyst (Nr. 174) eindeutig dem Bürgertum zuzurechnen. Aus dem Jahr 1607 stammt ein schmuckloses Epitaph für Eva Dreys und ihre Kinder (Nr. 286), aus dem gleichen Jahr ein dagegen aufwendig gestaltetes für die mit ihnen als Paten verbundenen Reichmann Reichardt und dessen Frau Dorothea Schragen (Nr. 287). Bei den Grabkreuzen für einen 1597 verstorbenen unbekannten Bürger (Nr. 249) und für den Ratsherrn Nikolas Lohrum von 1680 (Nr. 433) dürfte es sich sicherlich allein um einen kleinen Rest dieser Denkmälergruppe aus dem heute noch an der Kirche gelegenen Friedhofes handeln.

Da die Herren von Schönburg auf Wesel das Patronatsrecht über das Stift innehatten, traten sie früh als Stifter verschiedener Ausstattungsgegenstände in Erscheinung. So finden wir ihre Wappen an einem in die Mitte des 14. Jahrhunderts datierten Reliquienschrein (Nr. 41) ebenso wie im Gewölbe des im 3. Viertel des 14. Jahrhunderts mit Evangelistensymbolen (Nr. 48) ausgemalten Chors. Die in [Druckseite XXVIII] der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Verbindung mit einer Jahreszahl über dem inneren Westportal aufgemalten Wappen (Nr. 115) weisen auf die Vollendung des Mittelschiffs hin. Möglicherweise ist den Herren von Schönburg auf Wesel auch die kurz nach 1400 entstandene, erst vor wenigen Jahrzehnten bewußt zerstörte Wandmalerei mit acht paarweise zusammengestellten Propheten (Nr. 60) zu verdanken. Weitere Wandmalereien des 15. bis 17. Jahrhunderts mit unterschiedlichen Darstellungen befinden sich auf einem Sakramentshäuschen (Nr. 79), vor allem aber an den Turmpfeilern (Nrr. 125, 137, 379, 397).

An mit Inschriften versehener Tafelmalerei haben sich drei interessante Stücke erhalten: einmal eine um 1380/90 entstandene, sogenannte volkreiche Kreuzigungsdarstellung (Nr. 53; vgl. auch Nr. 370), ein Mariengruß auf einem Reliquienschrein (Nr. 122) und schließlich Szenen aus dem Leben Jesu (Nr. 124), die letzten beiden aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. Aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammen die beiden der Martinskirche verbliebenen mittelalterlichen Glocken. Während bei der 1458 von Tilmann von Hachenburg gegossenen Glocke (Nr. 83) aufgrund des ungewöhnlichen Formulars noch eine Mitwirkung der Stiftsherren angenommen werden kann, dürfte die andere, von dem Frankfurter Meister Martin Moller gegossene Glocke (Nr. 93) 1477 im Auftrag der Stadt hergestellt worden sein. In St. Martin wird das einzige noch vorhandene spätmittelalterliche Meßgewand (Nr. 76) Oberwesels verwahrt; offen bleibt allerdings, aus welcher der Oberweseler Kirchen es ursprünglich stammt. Ein weiteres Unikat stellt der im Mittelalter als "Fürhang" bezeichnete Altarbehang mit Mariengruß (Nr. 147) dar, eine Seidenstickerei aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts. Die 1617/18 von drei Oberweseler Familien in Auftrag gegebene Kanzel (Nr. 327) wurde 1967/68 abgebaut und befindet sich heute in der Michaelskapelle bei Liebfrauen. Im Jahr 1682 wurde durch die Eheleute Martin Eschweiler und Margareta Uhler ein neuer Hochaltar (Nr. 438) gestiftet. Mit Inschriften versehene vasa sacra haben sich nicht erhalten60).

Während das geplante südliche Seitenschiff der Kirche unausgeführt blieb, wurde das nördliche Seitenschiff 1689 durch französische Truppen zerstört und anschließend in spätbarocken Formen wieder aufgebaut. Im Zuge der Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse wurde das Stift 1802 aufgelöst und nachdem St. Martin zugleich der Rang einer Pfarrkirche aberkannt worden war, wurde die Kirche 1803 zum Annex der zur Pfarrkirche für Oberwesel erhobenen Liebfrauenkirche. Obwohl dieser rechtliche Zustand bis heute gilt, führt die Pfarrei den Titel Liebfrauen und St. Martin.

2.1.9 St. Goar, evangelische Stiftskirche60)
Bild zur Einleitung 2.1.9: Evangelische Stiftskirche St. GoarDr. Eberhard J. Nikitsch (ADW) | Evangelische Stiftskirche

Zwischen einer in merowingischer Zeit an der Wirkungsstätte des hl. Goar (vgl. Nr. 85) erbauten kleinen Marienkirche und einer seine Gebeine verwahrenden Goars-Kapelle entstand um die Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert an der Stelle einer karolingischen Kirche als dritter sakraler Bau die Stiftskirche St. Goar, die heutige evangelische Kirche. Aus dieser Zeit stammen die dreischiffige Krypta der Stiftskirche und Teile des aufgehenden Mauerwerks im Bereich des um die Mitte des 13. Jahrhunderts errichteten Chors mit seinen beiden ihn flankierenden Türmen. Die bei der Zelle lebende Klerikergemeinschaft wurde in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts von der Abtei Prüm in der Eifel übernommen, als Vögte fungierten zunächst die Grafen von Arnstein, dann deren Erben, die Grafen von Katzenelnbogen. Aus dieser Entwicklung erklärt sich die Existenz der ältesten noch vorhandenen Denkmäler der Kirche – offenbar beabsichtigten die zunächst in der neben der Kirche gelegenen Talburg61), dann auf Burg Rheinfels residierenden Katzenelnbogener sich in der St. Goarer Stiftskirche und nicht in Mainz oder im Zisterzienser-Kloster Eberbach im Rheingau begraben zu lassen. Vermutlich sollte die ebenerdige Kapelle im südlichen Chorflankenturm als Begräbnisort dienen: Dort liegt die schlichte Grabplatte der 1329 verstorbenen Gräfin Elisabeth von Katzenelnbogen (Nr. 26) wohl noch in situ im Boden vor dem ehemaligen Altar Johannes des Evangelisten, dessen zu [Druckseite XXIX] dieser Zeit gemaltes Wandbild (Nr. 22) sich ebenfalls erhalten hat. Auch die figürliche Grabplatte ihres 1350 verstorbenen Sohnes Diether von Katzenelnbogen (Nr. 40), Abt des für St. Goar zuständigen Benediktinerklosters Prüm in der Eifel, ist noch vorhanden. Diese Denkmäler haben zusammen mit zwei weiteren, allerdings inschriftlosen Grabdenkmälern – dem Epitaph für Elisabeth von Katzenelnbogen und der Tumbendeckplatte des hl. Goar (vgl. Nr. 395) 62) – den vor 1444 erfolgten Abbruch des Kirchenschiffs überstanden.

Der Erneuerung des Langhauses ab 1444 durch den Vogt und inzwischen auch Patronatsherrn Graf Philipp von Katzenelnbogen wird durch eine in deutscher Sprache gereimte Bauinschrift (Nr. 71) gut dokumentiert. Die neue dreischiffige Emporenhalle erhielt in der Zeit nach ihrer vorläufigen Fertigstellung 1469 (vgl. Nrr. 380, 381) bis 1489 eine nahezu komplette, oft von Inschriften begleitete Ausmalung, die sich – wenn auch in stark restaurierter Form63) – weitgehend erhalten hat: Neben einer Apostelreihe mit Texten aus dem Apostolischen Glaubensbekenntnis (Nr. 99 A-L) finden sich biblische Szenen (Nrr. 100, 102, 103, 105, 108, 109) ebenso wie Ausschnitte aus Heiligenviten (Nrr. 101, 104, 106, 108). Oft sind die jeweiligen Stifter der Malereien dargestellt, die der Geistlichkeit (Nrr. 99, 101, 106), gelegentlich dem Adel (Nrr. 102, 105) oder auch dem Bürgertum (Nr. 104) angehören. Als Stifter von Malereien treten auch Bruderschaften (Nr. 107 A-B) in Erscheinung, in denen sich weltliche und geistliche Mitglieder organisierten. Von den mit Inschriften versehenen Glasmalereien des Mittelschiffs ist nur noch eine jüngst entdeckte Scheibe (Nr. 79) mit der Darstellung des Mariengrußes vorhanden. Der endgültige Abschluß der Bauarbeiten dürfte durch die Jahreszahl 1517 (Nr. 162) dokumentiert sein.

Die erhaltenen Grabdenkmäler der aus zwölf Kanonikern und neun Vikaren bestehenden Stiftsgeistlichkeit (darin einbegriffen Dekan, Kustos und Kantor), die auch den Pfarrbezirk St. Goar seelsorgerisch zu betreuen hatte, setzen ebenfalls mit der Fertigstellung des Mittelschiffs nach 1469 ein. Sie umfassen die Grabplatte eines unbekannten Kanonikers (Nr. 145), des Kanonikers Daniel Placzfus (Nr. 165), des Vikars Nicolaus Wel(le) (Nr. 89 A), des Kustoden Johannes Welle (Nr. 89 B) und (vermutlich) des Dekans Johannes Riet (Nr. 98). Daneben diente die Kirche bereits vor der Reformation dem Bürgertum bzw. den seit 1479 in landgräflich-hessischen Diensten stehenden Beamten als Begräbnisstätte – so einem 1503 verstorbenen unbekannten Bürgerlichen (Nr. 150), dem kurz danach verstorbenen Amtmann Johann von Breidenbach gen. Breidenstein (Nr. 152), der 1521 verstorbenen Liebmut von Arscheid (Nr. 172), Mutter des damaligen St. Goarer Dekans, sowie des St. Goarer Schultheißen Johann Thebis (Nr. 186). Zur Ausstattung der Vorreformationszeit gehören die um 1460 entstandene Steinkanzel (Nr. 85) und die beiden 1506 durch den Meister Wilhelm von Rode gegossenen Glocken (Nrr. 154, 155), auf denen sich ein nur hier nachweisbares Pilgerzeichen der Wallfahrt zum hl. Goar befindet.

Die auffallende Armut an Inschriften im zweiten und dritten Viertel des 16. Jahrhunderts läßt sich vermutlich mit der allgemeinen Ungewißheit während der von den Landgrafen von Hessen verantworteten (allmählichen) Umwandlung des Kollegiat-Stifts in eine evangelische (Stifts-)Kirche ab 1528 erklären. Ein deutliches Zeichen der neuen Verhältnisse zeigt sich in der 1578 getätigten Kelchstiftung (Nr. 227) des Landgrafen Georg von Hessen-Darmstadt, eines Bruders des zu dieser Zeit in St. Goar residierenden Philipp von Hessen-Rheinfels. Daß sich auch die neue evangelische Geistlichkeit in der Kirche begraben ließ, beweist die kürzlich entdeckte Grabplatte des 1587 verstorbenen Pfarrers Johannes Erlenbach (Nr. 234), der sich bereits zuvor auf einem Dachschiefer seiner Kirche (Nr. 198 B) und durch eine Hausinschrift verewigt hatte (Nr. 209). Ein nur noch fragmentarisch erhaltenes Epitaph (Nr. 248) für den 1597 verstorbenen St. Goarer Schulmeister und späteren Pfarrer bzw. Superintendenten Melchior Schott dokumentiert das bewegte Leben eines evangelischen Geistlichen in dieser Zeit. Schott dürfte wie seine im gleichen Jahr verstorbene Enkelin Anna Maria (Nr. 255) der damals im Rheintal grassierenden Pest zum Opfer gefallen sein. Offen bleibt, ob eine neu aufgefundene, um 1600 zu datierende Grabplatte (Nr. 344) einem Lehrer oder ebenfalls einem Geistlichen zuzurechnen ist.

Wohl im Zusammenhang mit dem Regierungsantritt des Landgrafen Philipp von Hessen-Rheinfels im Jahr 1569 (vgl. Nrr. 213, 261) setzen im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts die Grabdenkmäler der Angehörigen der landgräflich-hessischen Verwaltung ein, die einen guten Einblick in die soziale [Druckseite XXX] Struktur dieser Zeit sowie in die Funktionen der Verstorbenen und deren verschiedene Ämter erlauben. So war eine Tochter der wohl aus St. Goar stammenden Margarete Wigand (Nr. 245) und des 1589 verstorbenen hohen Finanzbeamten Otto Heusner (Nr. 236) mit dem landgräflich-hessischen Kammerschreiber Ludwig Zöllner von Speckswinkel (Nr. 259; vgl. auch Nr. 262) verheiratet, eine zweite Tochter Elisabeth mit dem in St. Goar tätigen Juristen Dr. Johannes Röder (vgl. Nr. 269 A). Röder setzte nicht nur seinen drei zwischen 1597 und 1600 verstorbenen Kindern ein gemeinsames Epitaph (Nr. 269), sondern auch seinen Schwiegereltern und deren 1602 verstorbenem Sohn (Nr. 276). Da die Ehe des auf Rheinfels residierenden, 1583 verstorbenen Landgrafen Philipp mit der erst 1609 verstorbenen Anna Elisabeth von Pfalz-Simmern ohne Nachkommen blieb, beschränken sich die landgräflichen Grabdenkmäler in St. Goar auf ein Kenotaph (Nr. 262) bzw. ein inschriftloses Epitaph, die in der eigens dafür konzipierten Gruftkapelle im nördlichen Seitenschiff der Kirche aufgestellt wurden. Ein hervorragend gearbeitetes Renaissance-Epitaph (Nr. 247) illustriert den hohen Rang des aus Kassel stammenden, 1597 verstorbenen Kanzlers Dr. Friedrich Nordeck, dessen Nachkommen sich in St. Goar niederließen, Häuser und Höfe besaßen, ein Gasthaus führten und im 17. und 18. Jahrhundert etwa als Bürgermeister, Amtmänner und Zollschreiber fungierten (vgl. Nrr. 352, 400). Der 1601 verstorbene Oberamtmann Johann Heugel (Nr. 271) erhielt ein ebenso qualitätvolles Grabdenkmal wie der im gleichen Jahr an Blattern verstorbene Kammerdiener Johann Conrad von Dermbach (Nr. 272). Mit dem Epitaph für den Zollschreiber Caspar Dryander von 1612 (Nr. 304) liegt ein Zeugnis für den ranghöchsten Beamten der landgräflich-hessischen Zollverwaltung vor, der auch einem seiner zuvor verstorbenen Kinder ein Denkmal (Nr. 296) setzen ließ. Weitere, in den folgenden Jahren des 17. Jahrhunderts entstandene Denkmäler gehören Kunigunde Sonnenschmidt (Nr. 318), Frau eines Oberamtsschreibers, dem Oberamtmann Otto Wilhelm von Berlepsch (Nr. 323), dem Schultheißen Conrad von Hael gen. Schütz (Nr. 352), dem Oberamtmann Dominik Pors und seiner Frau (Nrr. 372, 373), dem Zollbeseher Welcker (Nr. 393), dem Reservaten-Kommissar Johann Conrad Nordeck (Nr. 400) sowie den Zöllnern Martin Fischbach (Nr. 408) und Jakob Fabricius (Nr. 413). Die 1635 errichteten Grabdenkmäler für das Ehepaar von Grorodt (Nrr. 360, 361) dokumentieren den Versuch, sich während der Pestzeit von Wiesbaden in das vermeintlich sichere St. Goar zu flüchten.

Die Gründe für die ungewöhnlich vielen nur noch als Fragmente erhaltenen Grabdenkmäler dürften sowohl in den bekannten Maßnahmen während der Reformation, als auch in den purifizierenden Restaurierungen der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts zu suchen sein. Offenbar wurden dabei einige Denkmäler beseitigt64) bzw. beiseite geschafft, andere aber auch nur durch die damals vorgenommene Erhöhung des Fußbodens verdeckt. Etliche dieser Grabdenkmäler kamen während der Wiederherstellung des Fußbodens im Jahr 1966 bzw. während des Einbaus einer Fußbodenheizung im Sommer 200065) wieder zum Vorschein, darunter auch mehrere bislang unbekannte. Zudem konnten Teile der im Februar 1896 von der evangelischen Gemeinde an das damalige Provinzialmuseum nach Bonn geschenkten Gruppe "trefflich gearbeiteter Stücke von Grabmälern hessischer Beamten"66) vom Bearbeiter im Magazin des heutigen Rheinischen Landesmuseums Bonn wiederaufgefunden werden (vgl. Nrr. 246, 304, 325).

2.1.10 St. Goar, Burg, Schloß und Festung Rheinfels67)
Bild zur Einleitung 2.1.10: Burg, Schloß und Festung RheinfelsInstitut für Geschichtliche Landeskunde | Burg, Schloß und Festung Rheinfels

Die nach 1245 von den Grafen von Katzenelnbogen über St. Goar neu erbaute Burg diente ihnen bis zu ihrem Aussterben 1479 als Residenz. Wenn auch davon ausgegangen werden muß, daß dieses "reichste und bedeutendste mittelalterliche Grafengeschlecht am Rhein"68) zahllose inschriftenrelevante Gegenstände besessen haben muß – wie etwa das nur noch in Resten erhaltene Prunkgeschirr des berühmten Katzenelnbogener Silberschatzes69) – haben sich inschriftliche Zeugnissse aus diesem Zeitraum nicht erhalten. Zentrale Ereignisse aus der Geschichte der Grafen von Katzenelnbogen fanden [Druckseite XXXI] dennoch auf einer heute verschollenen Tafel (Nr. 114) inschriftlichen Niederschlag, die von den sie beerbenden Landgrafen von Hessen zwischen 1479 und 1493 angefertigt wurde und auf Rheinfels öffentlich zu sehen war. Aus der frühen landgräflich-hessischen Zeit, als Burg und Herrschaft von Amtsleuten verwaltet wurden, sind ebenfalls keine Inschriften bekannt. Dies änderte sich erst mit dem 1569 realisierten Entschluß Landgraf Philipps d. J., Sohn des Reformationslandgrafen Philipps des Großmütigen, die Burg zur Residenz der von ihm begründeten Seitenlinie Hessen-Rheinfels auszubauen. Wenn auch aus der Zeit bis zu seinem Tod 1583 (vgl. Nr. 269) nur zwei mit den Initialen seiner Frau Anna Elisabeth bezeichnete Schmuckstücke (Nr. 213) überliefert sind, so geben doch die erhaltenen Inventare einen geradezu überwältigenden Eindruck von dem wieder, was einmal an persönlichen Besitztümern und Ausstattungsgegenständen vorhanden gewesen sein muß und mit Inschriften versehen war bzw. gewesen sein könnte70): So befanden sich 1567 neben zahlreichen mit Wappen geschmückten Becher, Kannen und Pokalen unter anderem auch folgende Gegenstände im Besitz des Landgrafen Philipp: "zwei silberne Halsbänder, eins mit den Namensbuchstaben des Vaters" sowie "drei Anrichteplatten (...) die Landgraf Wilhelm an Stelle der zehn, auf denen sein Name steht, von den 31 neuen Silberstücken eingetauscht hat". 1583 wird in dem damals aufgestellten eigenen Inventar seines Silberschatzes ein "silbernes Halsband für den Affen mit Namen und Wappen" Philipps erwähnt. Daß sich auf den zahlreichen Geschützen, den fast 100 Gemälden und sonstigen Ausstattungsgegenständen der Burg Rheinfels, wie etwa den über zwei Dutzend Wandbehängen, die z. B. "mit der Schilderung des Lebens und der Taten von Julius Caesar" versehen waren, weitere im Wortlaut nicht überlieferte Inschriften befunden haben dürften, versteht sich von selbst.

Der einzige große Komplex an teilweise sogar erhaltenen Inschriften auf Rheinfels ist der Regierungszeit des Landgrafen Ernst von Hessen-Rotenburg-Rheinfels zu verdanken, der nach 1649 ebenfalls eine eigene Linie begründete und Rheinfels zur "stärksten und modernsten Festung des Reiches"71) ausbaute. Der 1652 zum katholischen Glauben konvertierte Landgraf ließ die Burgkapelle mit religiösen Sprüchen und entsprechender Wandmalerei ausschmücken (Nrr. 388, 389) und errichtete zudem nach 1654 eine neue katholische Kirche am Rand der Stadt, die er 1658 mit einer St.-Goars-Glocke (Nr. 396) und dem aus der Krypta der evangelischen (Stifts-)Kirche herbeigeschafften Grabdenkmal des hl. Goar (Nr. 395) ausstatten ließ. Aus dem Jahr 1660 hat sich mit einem beschrifteten Wappenstein (Nr. 398) ein erstes Zeugnis seiner Bautätigkeit erhalten, zwei weitere beziehen sich auf den Bau von Fort Scharfeneck (Nr. 419) und auf die Vollendung der gewaltigen, als Zentrum der Festungswerke dienenden und nach ihm benannten Ernst-Schanze (Nr. 446). Daß sich auch er – wie seine Vorgänger – der langen Geschichte von Rheinfels bewußt war, zeigt die 1672 über der innersten Zugbrücke angebrachte Tafel mit einer ausführlichen chronikalischen Inschrift in lateinischer Sprache (Nr. 421), die zunächst noch einmal die wichtigsten Geschehnisse aus der katzenelnbogischen und frühen hessischen Geschichte Revue passieren läßt, dann aber in einem zweiten Teil auf die wesentlichsten Ereignisse seiner eigenen Zeit eingeht. Landgraf Ernst trat 1683 auch noch als Stifter des sogenannten dritten Hansenbechers (Nr. 440) in Erscheinung, der – wie seine beiden älteren Pendants (Nrr. 239, 240) – dem "seit undenkbaren Zeiten" in St. Goar agierenden "Hanss=, Bursch= oder Halsband=Orden" zur Absolvierung seiner Aufnahmezeremonien diente.

Zerstört wurde die Festung Rheinfels erst im Jahr 1796, nachdem sie den französischen Revolutionstruppen kampflos übergeben worden war.

Zitationshinweis:

DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Einleitung, 2. Kurzer historischer Überblick (Eberhard J. Nikitsch), in: inschriften.net,  urn:nbn:de:0238-di060mz08e003.

  1. Vgl. zum Folgenden die viele Einzelaspekte behandelnden Beiträge in dem von F.-J. Heyen 1966 hg. Sammelband 'Der Kreis St. Goar', die fundierten Einleitungen zu den 1988 und 1997 publizierten Kunstdenkmalinventarbänden Boppard und Oberwesel sowie die beiden umfangreichen Bände 'Das Rheintal von Bingen und Rüdesheim bis Koblenz', die im Vorfeld der Aufnahme des Mittelrheintals im Sommer 2002 in die Liste des Weltkultur- und Naturerbes der UNESCO erarbeitet worden sind. – Vgl. zu diesem Vorgang Schüler-Beigang, Mittelrheintal pass. »
  2. Vgl. dazu Heinzelmann, Vosolvia pass. »
  3. Vgl. dazu ausführlich Volk, Wirtschaft und Gesellschaft pass. »
  4. Vgl. zum Folgenden Heyen, Reich pass., ders. Reichsgut pass. und zur räumlichen Ausdehnung Heinzelmann, Trigorium 57f. mit Karte S. 53. »
  5. Hauptgrund dürfte die Versorgung des Klosters mit Rheinwein gewesen sein; vgl. Heinzelmann, Magdeburg am Rhein 8ff. »
  6. Vgl. dazu ausführlich Volk, Bopparder Krieg pass. »
  7. Vgl. zum Folgenden Pauly, Stifte 1ff. und Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 195ff. »
  8. Vgl. dazu ausführlich unten Kap. 4.1.1. »
  9. Zu den zahlreichen nach außerhalb verbrachten Grabplatten siehe weiter unten. »
  10. So Schubert, Regierung 205f. – Vgl. dagegen eher positiv referierend Rhein. Antiquarius II 5, 483ff. »
  11. Insgesamt konnten bislang 15 mit Ziffern markierte Grabplatten aus St. Severus ausfindig gemacht werden, dabei ist die niederste Zahl die 3 (Nr. 348), die höchste die 58 (Nr. 254). Allerdings sind diese Beobachtungen nur hinsichtlich der Gesamtzahl einigermaßen aussagefähig, da einige Fragmente und die ebenfalls mit Ziffern gekennzeichneten Grabplatten der Zeit nach 1689 nicht berücksichtigt werden konnten. Zudem gibt es vereinzelt auch Grabplatten mit doppelter Markierung (Nr. 365) bzw. ohne Markierung (Nrr. 230, 280, 319). »
  12. Vgl. dazu Rhein. Antiquarius II 5, 489f. sowie 477 (Zitat) mit Hinweis auf "einen Stein von der damals gewiß achtbaren und vornehmen Familie Adenau herrührend" (ebd.), bei dem es sich um die noch erhaltene Grabplatte des Johann von Adenau (Nr. 351) gehandelt haben dürfte. »
  13. Vgl. dazu und zum Folgenden Schüller, Heimatmuseum pass. – Nicht nachvollziehbar ist die auf Kubach/Verbeek fußende Angabe bei Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 422, die Grabplatten im Burghof seien erst 1860 aus der Kirche entfernt und an die Mauer des damals neuen Friedhofs versetzt worden. »
  14. So Schüller, Heimatmuseum 26. »
  15. So ist etwa die bei Rhein. Antiquarius II 5, 477 erwähnte Grabplatte einer Familie Philips nicht mehr nachweisbar. »
  16. Vgl. dazu den Hinweis bei Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 405. »
  17. Vgl. zum Folgenden Rupp, Beiträge pass., Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 270–296 und Jaeschke, Marienberg pass. »
  18. Vgl. dazu Antiquarius II 5, 308–314. »
  19. Vgl. dazu die zeichnerische Darstellung des Klosters vor dem Brand bei d'Hame, Confluvium I 2, nach S. 816. »
  20. Vgl. zum Folgenden Jaeschke, Marienberg 79f. »
  21. Vgl. dazu im Überblick, Nick, Regesten pass. »
  22. Vgl. zu ihm unten Kap. 3. »
  23. Anläßlich der Schließung der Arkaden des Kreuzgangs im Jahr 1736 wurde dort eine heute noch vorhandene Erinnerungstafel angebracht, die Namen und Todesdaten von zwölf von 1519 bis 1624 dort begrabenen Klosterschwestern enthält; vgl. dazu Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 289 mit Abb. 180. »
  24. So Rhein. Antiquarius II 5, 342. »
  25. Vgl. zum Folgenden ausführlich Rhein. Antiquarius II 5, 365ff. und zusammenfassend Hoestermann, Marienberg 26ff. »
  26. Zwei der verschollenen Grabplatten konnten in Boppard wiederaufgefunden werden (vgl. Nrr. 377 und 437), gleiches gilt für die in der Vorhalle des Klosters aufgestellte Grabplatte der 1780 verstorbenen Äbtissin Maria Philippina von Lobenthal; vgl. dazu Bopparder Zeitung 7 (1900) (freundlicher Hinweis von Herrn Viktor Knoll, Boppard) und Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 284 mit Abb. 179. »
  27. Der hier nur kurz skizzierte, in seinen Einzelheiten bislang unbeachtete Vorgang läßt sich aus den Beständen des Zentralarchivs der Staatlichen Museen Berlin nahezu lückenlos rekonstruieren. – Meiner Kollegin Frau Dr. Luise Hallof, Berlin-Wilhelmsruh, danke ich herzlich für die sorgfältige mühevolle Transkription der im Folgenden ausgewerteten Archivalien. »
  28. Acta F 55/1914. »
  29. Acta F 451/1914. »
  30. Acta F 726/1914. »
  31. Acta F 1101/1914. »
  32. Offen bleibt, wie die Mitteilung des damaligen Deutschen Museums Berlin aus dem Jahr 1933 an das Bürgermeisteramt Boppard zu werten ist, die drei Bopparder Grabsteine hätten im Museum "einen hervorragenden Platz" gefunden; vgl. dazu Koelges, Altertumssammlung 66. »
  33. Acta F 1101/1914. »
  34. Acta F 1271/1914. »
  35. Vgl. zum Folgenden Milendunck, Historia pass.; Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 329ff. und Kreuzberg, Bopparder Karmel pass. »
  36. So Libler, Notabilia Historica fol. 58. »
  37. Da das Begräbnisrecht für Boppard grundsätzlich bei der Pfarr- und Stiftskirche St. Severus lag, schlichtete erst eine 1369 ausgestellte Urkunde des Trierer Erzbischofs einen schon länger währenden Streit (vgl. dazu Pauly, Stifte 71f.): Jeder Verstorbene, der bei den Karmelitern begraben zu werden wünschte, mußte zunächst nach St. Severus gebracht werden, wo der erste Trauergottesdienst gehalten wurde; erst dann konnte der Sarg – unter Begleitung des Stiftsklerus – in die Karmeliterkirche zum Begräbnis gebracht werden. Zudem hatten die Karmeliten den Stiftsherrn eine einmalige Abfindung von 53 Goldgulden zu zahlen, außerdem noch einen bestimmten Anteil aus ihren Einnahmen von jedem ersten Trauergottesdienst in ihrer Kirche. »
  38. So Kreuzberg, Bopparder Karmel 63. »
  39. Vgl. zum Folgenden die um 1640 verfaßte Chronik St. Martin des Paters Pius Bodenheim, sowie Pauly, St. Severus 125ff. und Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 319ff. »
  40. Vgl. zum Folgenden Stein, Bad Salzig pass. und Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 703ff. »
  41. Drei weitere Grabkreuze aus den Jahren 1705, 1744 und 1776 haben sich ebenfalls erhalten. »
  42. Vgl. zum Folgenden Wisplinghoff, Siegburg 82-84 und 194-196, Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 831ff. und Schoebel, Hirzenach pass. »
  43. Vgl. zum Folgenden Pauly, Stifte 267ff. und Kdm. Rhein-Hunsrück 2.2, 102ff. »
  44. Der von der Stiftsgeistlichkeit zu betreuende Pfarrbezirk von Liebfrauen umfaßte den südlichen Teil Oberwesels mit den Filialen Boppard (Weiler), Dellhofen, Engehöll, Langscheid und Perscheid. »
  45. Vgl. dazu Pauly, Stifte 313. »
  46. Eine von Caspar Scheuren um 1850 angefertigte Bleistiftzeichnung vgl. Kdm. Rhein-Hunsrück 2.2, Abb. 246) zeigt den damaligen Zustand des mit zahlreichen Grabkreuzen bestückten Friedhofes. »
  47. Da keines der Grabkreuze in Oberwesel am ursprünglichen Ort aufgefunden wurde, ist allerdings damit zu rechnen, daß sie auch von den Friedhöfen von von St. Martin (s. d.) sowie des Minoriten- und Zisterzienerinnen-Klosters stammen können. »
  48. Vgl. dazu Kdm. Rhein-Hunsrück 2.2, 115 mit weiterführender Literatur. »
  49. So die Beschreibung bei NN., Liebfrauenkirche 6. »
  50. Ein von L. Lange gezeichneter und von J. Richter hergestellter Stahlstich der "Innere(n) Ansicht der Kirche zu Oberwesel" (im Besitz des Bearbeiters) zeigt noch die im Boden liegenden Grabplatten. »
  51. Vgl. zum Folgenden Pauly, Stifte 415ff. und Kdm. Rhein-Hunsrück 2.2, 433ff. »
  52. Da das Amt des Propstes weder Residenz noch Präsenz erforderte, lag die Verpflichtung zu gemeinsamen Chorgebet und der Seelsorge im Pfarrbezirk von St. Martin (nördliches Stadtgebiet mit den Filialen Damscheid, Niederburg, Wiebelsheim und Urbar) bei dem Dekan und den Kanonikern. »
  53. Die Herren von Schönburg auf Wesel waren zwar die Patronatsherren von St. Martin, hatten ihr Erbbegräbnis aber in Liebfrauen (s. d.). – Der im Unterschied zur Liebfrauenkirche auffallende Mangel an erhaltenen Grabplatten könnte auch darauf zurückzuführen sein, daß in der Martinskirche anscheinend früh mit deren Wiederverwendung begonnen wurde: So bestehen die Treppenstufen im Westturm im unteren Drittel aus entsprechend zugeschnittenen Grabplatten (vgl. dazu den Hinweis bei Kdm. Rhein-Hunsrück 2.2, 441), die allerdings so stark abgetreten sind, daß von ihren Inschriften nicht mehr als einzelne Buchstaben zu entziffern sind. »
  54. Vgl. zum Folgenden Pauly, Topographie 66-75 und ders. Stifte 147ff. »
  55. Zu Beginn der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts konnten "umfangreiche Baureste" dieser durch den Bahnbau des 19. Jahrhunderts zerstört geglaubten Burg wiederaufgefunden werden; vgl. dazu Denkmalpflege in Rheinland-Pfalz 44-46 (1989-1991) 256. »
  56. Vgl. zu beiden Denkmälern Kessel, Grabmäler pass. (mit Abb.). »
  57. Vgl. dazu unten Kap. 4.3. »
  58. Vgl. dazu Grebel, St. Goar 35, Berichte 1 (1896) 52 sowie unten Kap. 6. »
  59. Vgl. dazu Hachemer, Grabkammer pass. sowie ausführlich Nikitsch, Inschriften 42f. »
  60. So der Hinweis in Berichte 1 (1896) 64. »
  61. Vgl. zum Folgenden Demandt, Rheinfels pass. und Caspary, Rheinfels 82ff. »
  62. So Demandt, Rheinfels, Vorwort IX. »
  63. Vgl. dazu Demandt, Rheinfels 27f. und 40. »
  64. Vgl. zum Folgenden Demandt, Rheinfels 233ff. und 301. »
  65. So Fischer, Rheinfels 5. »