Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 85 Simmern, Hunsrück-Museum (aus Evang. Stephanskirche) 1557

Beschreibung

Sargtafel für Herzog Johann II. von Pfalz-Simmern. Vermutlich im Jahr 1864 bei Aufräumungsarbeiten in der Gruft der fürstlichen Grabkapelle der Stephanskirche aufgefunden; dort bis 1967 in einem Wandschrank aufbewahrt, befindet sie sich gegenwärtig im Magazin des Museums (Inv.-Nr. L 555)1). Kleine hochrechteckige Tafel aus Blei mit einer insgesamt zwölfzeiligen Inschrift, die sich in einen oberen Block mit acht (A) und einen unteren Block mit vier Zeilen (B) gliedert. Im oberen Bereich stark korrodiert und durch Löcher beschädigt, im unteren etwas besser erhalten.

Maße: H. 13,8, B. 7,3, Bu. 0,4-0,5 cm.

Schriftart(en): Fraktur mit Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/2]

  1. A

    Anno salutis hum[anae] M D LVII Die XVIII / M[e]nsis Maij [obiit illu]striss(imus) ac generosiss(imus) Princeps / atq(ue) Dominus Io[an]nes iunior [comes] Palati=/nus [reni dux Bavariae et comes in Sp]an[heim - - - / - - - / - - -a)] LVIII / [.....] Christi bea/[...]

  2. B

    Nascitur An(n)ob) Mo IIIICo XC[II] Benedicti / Moritur An(n)ob). Mo Doc) LVIIo Marcid) Episcopi / Sic Terminus erit An(n)ie). LXV / Mens(es) II. Dies II.

Übersetzung:

(A) Im Jahr des menschlichen Heils 1557 am 18. Tag des Monats Mai starb der durchlauchtigste und hochwohlgeborene Fürst und Herr Johann der Jüngere, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Bayern und Graf zu Sponheim (...). – (B) Er ist geboren im Jahr 1492 am Tag des heiligen Benedikt (21. März). Er ist gestorben im Jahr 1557 (am Tag des heiligen) Bischofs Marcus2). So werden die Grenzen (seines Lebens) 65 Jahre, 2 Monate, 2 Tage sein3).

Kommentar

Die zur Hervorhebung der Wortanfänge und Datumsangaben4) verwendete Kapitalis entspricht der auf der Sargtafel5) seiner 1553 verstorbenen Enkelin Alberta. Aufgrund der auffallenden Gleichförmigkeit der Fraktur-Gemeinen dürfte auch diese Schrift mit Punzen hergestellt worden sein.

Der nach eigener Aussage am 20. März 14926) – laut Inschrift am 21. März – in Simmern geborene Johann war der einzige (überlebende) Sohn aus der Ehe Herzog Johanns I. von Pfalz-Simmern7) und seiner Frau Johanna von Nassau-Saarbrücken8). Als Johann II. folgte er seinem Vater 1509 in der Regierung und wurde nach seinem Tod am 18. Mai 1557 – wie seine Eltern vor ihm – in der fürstlichen Gruftkapelle bestattet. Die Sargtafel diente zur Identifizierung des Verstorbenen und dürfte mit Nägeln außen am Holz befestigt gewesen sein. Als weitere Grabdenkmäler erhielt Johann II. einen Totenschild9) sowie gemeinsam mit seiner ersten Frau ein aufwendig gearbeitetes Epitaph10).

Textkritischer Apparat

  1. Von dem auf die Titulatur folgenden Text, der Daten aus seiner Regierungszeit, vor allem Hinweise auf Mühen und die übliche Amtsführung enthalten haben dürfte, sind nur noch wenige Fragmente zu erkennen.
  2. o klein hochgestellt.
  3. D seitenverkehrt.
  4. Mart Rodewald; in der Übersetzung aufgelöst zu Martinus. – Da Johann II. definitiv am 18. Mai verstorben ist, handelt es sich nicht um den Martinstag (11. November) und wohl auch nicht um den dem Evangelisten Marcus geweihten Tag (Marxtag, 25. April). Auch der offizielle Heiligenkalender führt zum 18. Mai keinen Bischof Marcus auf. Allerdings findet sich in dem bis 1675 gebrauchten Kalender für das Erzstift Mainz (vgl. Kalender 210) ebenso wie in dem Kalender für das Mainzer Suffraganbistum Worms (Grotefend 2, 206) unter dem 18. Mai der Eintrag „Marci pape“ (Papst Marcus †336), dessen Fest allerdings an seinem Todestag am 7. Oktober begangen wird.
  5. i klein hochgestellt.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu Wagner/Schellack/Brucker, 500 Jahre Stephanskirche 32.
  2. Vgl. Anm. d).
  3. Demnach müsste er am 23. (statt richtig am 18.) Mai verstorben sein. – Die richtige Angabe findet sich auf seinem Epitaph Vixit … Annos … LXV Mensem 1 Dies XXVIII, vgl. Nr. 87.
  4. Vgl. zu diesem Phänomen Drös, Schrifthierarchie 89f.
  5. Vgl. Nr. 80.
  6. In der von ihm eigenhändig erstellten astrologischen Geburtstafel, vgl. dazu Rodewald Anm. 114.
  7. Vgl. Nr. 66.
  8. Vgl. Nr. 84.
  9. Vgl. Nr. 86.
  10. Vgl. Nr. 87.

Nachweise

  1. Rodewald, Grüfte und Inschriften 7 (B).
  2. Wagner, Simmern 123 (B).

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 85 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0008502.