Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 80 Simmern, Hunsrück-Museum (aus Evang. Stephanskirche) 1553

Beschreibung

Sargtafel für Pfalzgräfin Alberta von Pfalz-Simmern. Im Jahr 1864 bei Aufräumungsarbeiten in der Gruft der fürstlichen Grabkapelle der Stephanskirche aufgefunden, dort bis 1967 in einem Wandschrank aufbewahrt, befindet sie sich gegenwärtig im Magazin des Museums (Inv.-Nr. L 556)1). Kleine querrechteckige Tafel aus Blei mit siebenzeiliger Inschrift, die letzten beiden Zeilen zentriert. Verhältnismäßig gut erhalten, der obere Rand und die rechte obere Ecke sind abgebrochen.

Maße: H. 7, B. 13,7, Bu. 0,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/2]

  1. OBIIT ILLVSTRIS DOMIC[ELLA AL]/BERTA FILIA DVCIS FRIDER[ICI] / CO(MITIS) PAL(ATINI) RENI D(VCIS) BAVARIE F[ILII] / D(OMINI) IOHANNIS IVNIO(RIS) CO(MITIS) PAL(ATINI) RE(NI) / D(VCIS) BAVA(RIE) CO(MITIS) IN SPAINHEIM / OBIIT XIX MARTII / ANNO M D LIII

Übersetzung:

Es starb das durchlauchtige Fräulein Alberta, die Tochter des Herzogs Friedrich, Pfalzgrafen bei Rhein, Herzogs von Bayern, eines Sohnes des Herrn Johannes des Jüngeren, Pfalzgrafen bei Rhein, Herzogs von Bayern, Grafen zu Sponheim. Sie starb am 19. März im Jahr 1553.

Kommentar

Die mit flacher Kerbe breitstrichig ausgeführten Buchstaben weisen einige Auffälligkeiten bei den Abschlüssen der Buchstaben auf: C mit dreieckig endenden Bogenenden, I mit kurzen Endstrichen, L und T mit keilförmig endenden Balken. Bemerkenswert sind A mit schrägem Mittelbalken und R mit gerader Cauda, zudem sind E und S geschlossen. Aufgrund der überaus auffälligen Gleichförmigkeit der Buchstaben ist davon auszugehen, dass sie mittels einer mit Einzelbuchstaben versehenen Punze in das weiche Blei geschlagen wurden. Damit dürften sowohl die besonderen Formen wie auch einige nicht die Linie haltende Buchstaben zu erklären sein.

Die am 4. April 1538 in Simmern geborene Alberta war die älteste Tochter Herzog Friedrichs II. von Pfalz-Simmern und seiner ersten Frau Maria, Markgräfin von Brandenburg-Kulmbach2). Knapp fünfzehnjährig verstorben3), wurde sie in der Fürstengruft der Stephanskirche in einem mit eisernen Tragegriffen versehenen Holzsarg beigesetzt. Das Täfelchen diente zur Identifizierung der Verstorbenen und dürfte mit Nägeln außen in dem Holz befestigt worden sein. Zusätzlich erhielt Alberta ein aufwendig gearbeitetes Epitaph4), das am Eingang zur Gruft befestigt wurde. Die namentliche Nennung ihres damals noch regierenden Großvaters Herzog Johann II. auf dem Täfelchen könnte dem Umstand geschuldet sein, dass es sich bei der Verstorbenen um seine Lieblingsenkelin handelte, neben der er – wie er in seinem 1557 kurz vor seinem Tod verfassten Testament unter Hinweis auf die vorliegende Sargtafel ausdrücklich verfügte5) – begraben werden wollte.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu Wagner/Schellack/Brucker, 500 Jahre Stephanskirche 32.
  2. Vgl. Schwennicke, Europ. Stammtafeln NF I,1 Taf. 94f.
  3. Vgl. zum Folgenden Rodewald 6f.
  4. Vgl. die folgende Nr.
  5. „Unseren Leib begehren wir (...) in der Gruft, da (...) unser liebes Enkelin Fräulein Alberta (...) [begraben liegt,] neben gedachter unseres lieben Enkelins Leich, oder daruff nach gelegenheit des Gewölbs, und dass man ihre Blei (darin ihre Titul stehet) nit bedeckt mögen, gelegt und begraben möge werden (...)“, zit. nach Wagner, Simmern 123.

Nachweise

  1. Rodewald, Grüfte und Inschriften 7.
  2. Wagner, Simmern 129 (übers.).
  3. Wagner, Wittelsbacher 314 (übers.).

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 80 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0008007.