Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 64† Karbach, Katholische Kirche St. Anna 1501?, 1701?

Beschreibung

Glocke. Zwischen 1826 und 1830 „in der Kapelle zu Karbach“ durch den damaligen Pfarrer Johannes Georg Holsinger verhältnismässig zuverlässig überliefert, seit unbekannter Zeit verschollen.

Nach Holsinger.

  1. Sanctus Joannes ora pro nobis. anno 1701.Ihesusa) heisen ichalle bose weder verdrifen ich

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Aus der eigenwilligen Zusammensetzung der Inschrift ergeben sich eindeutige Hinweise auf eine weitere als die durch die Jahreszahl 1701 suggerierte Datierung. Zunächst ist festzuhalten, daß das im Sprachduktus des 16. Jahrhunderts verfasste Formular Ihesus heisen ich / alle bose weder verdrifen ich als Inschriftentypus dem klassischen Wetterbann entspricht, der zwar in den Glockeninschriften der Region im Zeitraum 2. Hälfte 15. bis 2. Hälfte 16. Jahrhundert häufig nachzuweisen ist1), aber nicht mehr Ende des 17. oder zu Beginn des 18. Jahrhunderts2). Die Fürbitte ora pro nobis lässt sich dagegen – wenn auch nur vereinzelt – bis Ende des 17. Jahrhunderts auf Glocken nachweisen3). Das heißt: Sollte der Kopist die Jahreszahl 1701 richtig gelesen haben, dann überliefert die Glocke auf jeden Fall eine zweite Inschrift aus dem angegebenen Zeitraum. Möglicherweise stand diese gereimte Inschrift mit dem Wetterbann auf einer Vorgängerglocke, die zum Guß der vorliegenden verwendet worden war. Sollte aber auf der Glocke eine als arabische Ziffer geschriebene 5 in ihrer linksgewendeten Form gestanden haben, die einer 7 täuschend ähnlich sieht4), dann dürfte die Glocke die Jahreszahl 1501 mit einer zeitgemäßen Inschrift aufgewiesen haben.

Da die der Wallfahrtskirche St Quintin inkorporierte Annen-Kapelle in Karbach5) erstmals um 1700 erwähnt wird, kann davon ausgegangen werden, daß die bislang unbekannte Glocke auch zu diesem Zeitpunkt (vermutlich von anderswo) angeschafft worden war.

Textkritischer Apparat

  1. Da in der Literatur so gut wie keine Glocken mit dem Jesus-Namen bekannt sind und zudem auf der gleichen Glocke Johannes angerufen wird, wäre eine Verlesung aus Jo(hann)es denkbar; auch Walter, Glockenkunde 217 weist mit ihesos is mijn naam lediglich einen einzigen Beleg auf einer allerdings umgegossenen Glocke an. Dagegen kann Jörg Poettgen (Schreiben vom 8. Februar 2010) aus seiner Privatsammlung im Zeitraum zwischen 1450 und 1580 nahezu 50 Glocken mit dem Patronat Jesus, Maria belegen, darunter zwölfmal nur Jesus, so daß eine Verlesung nicht zwingend ist.

Anmerkungen

  1. Vgl. Einleitung Kap. 4.3.
  2. Vgl. dazu Walter, Glockenkunde, Register.
  3. Ebd. 245 mit Anm. 4.
  4. Vgl. Terminologie zur Schriftbeschreibung Abb. S. 90.
  5. Vgl. dazu Chronik Karbach 239ff und zur Anna-Kapelle 283ff.

Nachweise

  1. Holsinger.

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 64† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0006407.