Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 8 Bell, Evangelische Pfarrkirche 1313

Beschreibung

Glocke eines Gießers Johannes. Glockenstuhl, nördliche Glocke. Kleine, gut erhaltene Glocke mit einzeiliger Schulterumschrift zwischen Rundstegen. Unten auf dem äußeren Rand des Schlagrings runde Plakette mit einer Gießermarke1) (Dm. 2,5 cm). Unsaubere Ausführung, Stege zum Teil verrutscht, Buchstaben verdrückt. Gewicht2) 250 kg, Ton c’’.

Maße: H. ca. 65, Dm. 79, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/2]

  1. +a) ◦ MARIA ◦ AN(N)Ob) ◦ D(OMI)NI ◦ M ◦ CCC ◦ XIIIc) ◦ IO(HANNE)S ◦ ME ◦ FECITd)

Übersetzung:

Maria. – Im Jahr des Herrn 1313 machte mich Johannes.

Kommentar

Trotz der unterschiedlich ausgeführten Buchstaben und ihrer auffällig gerundeten Oberfläche ist es schwierig zu entscheiden, ob sie aus unsauber gearbeiteten Modeln stammen oder noch in – der zu dieser Zeit allerdings schon veralteten – Wachsfadentechnik3) hergestellt wurden. Jedenfalls ist der Variantenreichtum der verwendeten Formen bemerkenswert: Pseudounziales A erscheint mit nach rechts bzw. nach beiden Seiten überstehendem Deckbalken und geknicktem Mittelbalken, kapitales E steht neben unzialem mit Abschlussstrich und verdoppeltem Balken, geschlossenes unziales M neben symmetrisch unzialem mit Abschlussstrich und Nodus auf dem Mittelschaft, rundes O neben spitzovalem. Zudem sind N und T rund ausgeführt. Die Worttrenner bestehen bis zu CCC aus Doppelpunkten und gehen dann in einfache Punkte über.

Möglicherweise hängt der Guss der Glocke mit dem Bau des „nicht vor dem 13. Jahrhundert“4) entstandenen Glockenturms der 1220 erstmals erwähnten Pfarrkirche zusammen. Ob der sonst unbekannte Glockengießer Johannes mit dem in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts tätigen Meister Johann von Mainz5) in Verbindung gebracht werden kann, ist wegen der hier stark differierenden Schriftformen eher unwahrscheinlich. Auch die erstmals im Bearbeitungsgebiet auf einer Glocke nachweisbare Gießermarke mit Glöckchen hilft wegen der unleserlichen Inschrift nicht weiter; zudem scheint diese Marke in dem in Frage kommenden Zeitraum weniger als individuelles, vielmehr als allgemein gebräuchliches Zeichen von unterschiedlichen Glockengießern6) benutzt worden zu sein.

Textkritischer Apparat

  1. Tatzenkreuz.
  2. Kürzungszeichen fehlt.
  3. MCCCCXIII Lehfeldt; Busley; 1413 Köster.
  4. E spiegelverkehrt; fudit Busley; FDIT Kdm.

Anmerkungen

  1. Glöckchen mit Umschrift in unleserlichen Majuskeln zwischen zwei Stegen.
  2. Angaben nach Schellack.
  3. Vgl. dazu Einleitung Kap. 4.3.
  4. Kdm. 145.
  5. Vgl. dazu den Kommentar zu DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis 1) Nr. 39.
  6. Vgl. etwa die mit MAGISTER CVNR(ADVS) ME FECIT bezeichnete Glocke von 1299 in Augsburg (DGA Bayerisch Schwaben Nr. 27 mit Abb. 6f.) oder die Glocke eines unbekannten Meisters aus der 1. H. des 14. Jh. in Limpach (DGA Baden Nr. 235 mit Abb. 16).

Nachweise

  1. Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 650.
  2. Busley, Kunstdenkmäler Simmern 15.
  3. Köster, Tilman von Hachenburg, 128 (teilw.) – Schellack, Verzeichnis 537.
  4. Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 148 mit Abb. 87, 88 (Nachzeichnung), 90.
  5. Peter/Bund, Glockeninventarisation 137 (Nachzeichnung).

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 8 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0000805.