Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 170 Kirchberg, Katholische Pfarrkirche St. Michael 1658

Beschreibung

Epitaph des Hans Balthasar Rültz. Ehemals an der Außenseite der Kirche angebracht, befindet es sich heute über dem Portal an der Südwand des Chors. Volutengerahmte Tafel aus graugelbem Sandstein mit 13zeiliger Grabinschrift (A), die sich in Sterbeinschrift, gereimten Lebenslauf und Bibelspruch gliedert. Als Aufsatz dient eine runde, auf dem Rand mit der Wappenbeischrift (B) versehene Wappenkartusche; das Wappen selbst ist mit den Initialen (C) bezeichnet. Leicht verwittert, geringe Beschädigungen im unteren Teil.

Maße: H. 144, B. 76, Bu. 3–6 (A), 3 (B, C) cm.

Schriftart(en): Fraktur mit Kapitalis und humanistischer Minuskel (A), Kapitalis (B, C).

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/6]

  1. A

    AN(N)O 1658 den 15 junija) / ist S(eliglich) entschlaffen, der Ehrnvest / Hans Baltes Rültzb) des Raths / alhier, seines alters 71 ◦ Jahr, / Des seel ruhet in Gottes Handt ◦ /Zu Kirchberg bin ich Zwar gbor(n),Wegen Religonc) hab ich erkorn,Pohlen, Denmarck, vnd Schwede(n),Friesz= vnd Holand darneben,Bin doch wieder in Kirchberg kom(m)e(n),Da mich das grab hat vf genomen ◦PSAL(M) 4d)Ich lieg vnd schlaffe gantz mit frieden1)

  2. B

    HANS BALTES RVLTZ

  3. C

    H(ANS) B(ALTES) / R(VLTZ)

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Wappen:
Hans Balthasar Rültz2).

Kommentar

Die etwas wackelig und teilweise gedrängt ausgeführte Fraktur wird durch wenige Buchstaben der Kapitalis unterbrochen, die zur Kennzeichnung des Textbeginns und des Zitatnachweises dienen sowie für die Wappenbeischriften verwendet werden; humanistische Minuskel wird zur Hervorhebung des zentralen Begriffs Religion gebraucht.

Der laut Inschrift im Jahr 1587 in Kirchberg geborene Hans Balthasar war mit Maria Steffin, Tochter des Stephan Lützenburger aus Gemünden, verheiratet3). Trotz verschiedener Wappen dürfte er aufgrund der auffälligen Namensgleichheit ein Nachkomme oder zumindest Verwandter des früheren Stadtschultheißen Balthasar Reltz4) gewesen sein. Bereits um 1619 als Mitglied einer vom Kirchberger Truchsessen gesandten Abordnung bezeugt5), ist er erst wieder 1654 als Ratsherr in Kirchberg nachweisbar. Die lange Abwesenheit und die in der Inschrift erwähnten Länder könnten mit dem Dreißigjährigen Krieg zusammenhängen, den Reltz vermutlich als Soldat und Kirchberger Protestant auf Seiten der protestantischen Union durchlebt haben dürfte.

Textkritischer Apparat

  1. Über n unnötiger Kürzungsstrich.
  2. ILLTZ (?) Busley.
  3. Sic! – Das Wort in humanistischer Minuskel mit Kapitalis-Versal.
  4. Wohl nachträglich in kleiner Schrift über gantz eingefügt.

Anmerkungen

  1. Ps 4,9 (teilw.).
  2. Mit Schräglinksbalken belegte Wolfsangel, oben begleitet von den Initialen HBR, unten von drei 2:1 gestellten fünfstrahligen Sternen.
  3. Vgl. dazu Zwiebelberg, Bürger Kirchberg 135. Laut Frauenberger, Familienbuch Kirchberg 621 hieß er „Stephan von der Lötschen“.
  4. Vgl. Nr. 135.
  5. Freundlicher Hinweis von Peter Schößler, Schreiben vom 23. Dezember 2005.

Nachweise

  1. Kremer/Lamey, Epitaphia fol. 35.
  2. Busley, Kunstdenkmäler Simmern 143.
  3. Göhl, Kirchberg 40.
  4. Knebel, Kirchberg 69.
  5. Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 549 mit Abb. 491.
  6. Kern, Kirchberg 22 mit Abb. (B).

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 170 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0017006.