Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 143 Dill, Evangelische Kirche 1613

Beschreibung

Fragmentarisches Epitaph bzw. Kenotaph des Bartholomäus Ziegelein, mit Klammern innen an der Westwand der 1701 anstelle eines Vorgängerbaus errichteten Saalkirche befestigt. Hochrechteckige, oben dreipassförmig gestaltete Tafel aus Schiefer mit Fürbitte (A) und Grabgedicht (B) in insgesamt 29 Zeilen, die Verse wie Distichen angeordnet. Mögliche Wappen sowie ein ehemals vorhandener architektonischer Rahmen fehlen. Die vorlinierte Tafel ist gut erhalten, die Buchstaben sind golden gefasst.

Maße: H. 103, Br. 66, Bu. 4 (A), 2,5 (B) cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/1]

  1. A

    GENAD / IHM GOTT

  2. B

    ALS MAN ZALT EINTAVSENT FVRWARSECHSHVNDERT IM DREIZEHNDEN IHARDEN ZWEITEN MONATS SEPTEMBERABENTS VMB NEVN VHR VNGEVHERENTSCHLIEF IN GOTT SELIGLICH EINBARTHOLOMEVS ZIEGELEINEIN MAN EHREN VND VON TVGENTDERN BEFLISEN IN DER IVGENTALS ER ZV SEINEM ALTER KAMMARGREHT ESCHENVELDERIN NAMZV SEINEM WEIB HIELT SIE IN EHRENDREŸ KINDER IHM GOTT TET BESCHERNDIE ER IHM NAM VON DIESER WELTSEIN FREVDT IN TRAVRIGKEIT GESTELTIM EHESTANT HAT ER ZVGEBRACHTVIERZIG ZWEŸ IAHR MIT GVTEM BDACHTDA ER IN WITWE STANT GERIETDREŸ IAR LANG ER DRIN SITZENa) BLIEBBIS GOTT IN FORDERT VON DER WELTAL SEIN HOFNVNG VF IN GESTELTGEDVLDIG WART BIS AN SEIN ENTBEFOHL SEIN SEEL IN GOTTES HENDALS ER GELEBT SECHZIG SECHS IARIN FRIED ONE EINIG GEFAHRREIST ER AVS DIESER PILGERSCHAFFTEWIGER FREVD MACH IHN THEILHAFFTAMEN

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Die gut ausgeführte nexus-litterarum-reiche Schrift ist zu Beginn der Zeilen mit leicht erhöhten Versalien versehen und der Beginn des Grabgedichtes durch ein Zierversal hervorgehoben. Als Besonderheit finden sich G mit eingestellter Cauda und M mit stark schräg gestellten Schäften und hochgezogenem Mittelteil sowie K, R und Y mit unter die Grundlinie reichenden Schäften bzw. Cauden.

Bartholomäus Ziegelein1) wurde 1546/47 in Andernach als Sohn des Andernacher Gerichtsschöffen Melchior Ziegelein und dessen erster Ehefrau Lucia von Merl geboren. Spätestens seit Juli 1576 in Zell an der Mosel wohnhaft, ist er dort 1581 als Schöffe bezeugt und wird im Januar 1583 zum kurtrierischen Schultheißen ernannt. Um 1567/68 heiratete er Margaretha Eschenfelder2), hatte mit ihr drei Kinder – die die Eltern nicht überlebten – und starb nach dreijährigem Witwerstand. Die Eltern mit ihren Kindern werden 1589 als Mitglieder der Koblenzer St. Anna-Bruderschaft genannt. Ob Ziegelein tatsächlich in Dill beigesetzt wurde, ist zweifelhaft, da die aus einer Burgkapelle3) hervorgegangene, meist mit einem Kaplan besetzte Kirche wohl kein Begräbnisrecht besaß und die zum benachbarten Sohren gepfarrte Gemeinde bis 1681 dort ihre Toten zu begraben hatte.

Textkritischer Apparat

  1. Oben spitzes zweistöckiges Z unter das T gestellt.

Anmerkungen

  1. Vgl. zum Folgenden Reif, Ämterbuch 91ff. Hilfreich waren die freundlichen Mitteilungen von Peter Schößler, Schreiben vom 29. März 2008.
  2. Sie war vermutlich eine Tochter des Bonner Gerichtsschöffen Christoph Eschenfelder und von dessen Frau Gertrud Meckenheim, damit eine Schwester des in Kastellaun begrabenen Gabriel Eschenfelder; vgl. Nr. 140.
  3. Vgl. zum Folgenden Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 232ff. und Schellack, Dill 253ff.

Nachweise

  1. Röhrig, Dill 62f.

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 143 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0014309.