Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 132 Kirchberg, Katholische Pfarrkirche St. Michael 1603

Beschreibung

Epitaph für Hans Daniel von Eich. Das ehemals „an dem pfeiler neben dem Chor linker hand“1) angebrachte, um 1765 zeichnerisch und textlich überlieferte Grabdenkmal befand sich seit unbekannter Zeit in mehreren Teilen „auf dem Speicher des katholischen Pfarrhauses in Kirchberg“2), wurde 1996/97 von dem Steinrestaurator O. Becker in Kues unter Verwendung von Originalteilen rekonstruiert3) und an seinem heutigen Standort innen an der südlichen Chorwand befestigt. Der zuverlässigen historischen Zeichnung nach handelte es sich um eine rahmenlose Schiefertafel mit 19zeiliger Grabinschrift (A), darüber Volutenaufsatz mit zwei Allianzwappen unter einem Helm, im Unterhang Beschlagwerkkartusche mit Schiefertafel und zweizeiligem Bibelzitat (B). Unten zu beiden Seiten der Tafel befanden sich zwei Wappenkartuschen, wobei die heraldisch rechte bereits 1765 als verloren bezeichnet wird. Der heutige Rahmen aus Tuffstein ist modern, die Zugehörigkeit des rechts oben eingefügten Pilaster-Bruchstücks zum ursprünglichen Bestand ist nicht nachgewiesen.

Maße: H. ca. 160 (rest.), B. 106 (rest.), Bu. 2,5-4 (A), 4 (B) cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Brunhild Escherich) [1/5]

  1. A

    EPITAPHIVMa)HANS DANIELL VON EICHSEIM VATTER AN EHRN GLEICH,VON IVGENT GRECHT VND FROMBIEDERMAN IHN LOBT DRVMB,DAS AMPT VF COPPENSTEIN,MARGGRAF THEILS REGIERT FEIN,SECHSHVNDERT DREI ER STARB,GOTS REICH IM AVGST ERWARB,ER LEBT DREISSIG SIEBEN IAHRIM EHESTAND VIERTZEHNb) ZWAR,VERLIES KEIN ERBEN NICHT,SO MIT GOTTES WILLN GSCHICHT,MARGRETH SIRCKIN SEIN GMAHL,AN TVGENT GLEICHEM FALL,DIESN STEIN HIR ZV DEM GRABIHR LIEB ZV BEZEVGEN GAB,DER LEIB HIE RVHEN THVT,DIE SEEL IM EWIGEN GVTT.

  2. B

    ALLEIN GOT / DIE EHRc)4).

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Wappen:
Eich/Sirck5)
Senheim6)unbekannt7).

Kommentar

Die gut ausgeführte, vergoldete Schrift zeigt Linksschrägenverstärkung und weist sowohl bei der Serifenbildung als auch bei den Einzelformen einige Besonderheiten auf. Auffällig sind zunächst die gelegentlich durchgeführten Schaftverlängerungen bei M und V mit gebogenem und nach oben verlängertem linkem Schrägschaft, bei N mit nach rechts unter die Grundlinie verlängertem Schrägschaft. Weiterhin sind die Serifen der oberen Balken- und Bogenenden – mit einer Ausnahme8) – durchgehend linksschräg, die der unteren Balken- und Bogenenden rechtsschräg angesetzt. G ist mit eingestellter Cauda versehen, bei M reicht der Mittelteil bis zur Grundlinie, R ist mit außen am Bogen ansetzender stachelförmiger Cauda gebildet, das spitze zweistöckige Z mit deutlich verkürztem Bogen. Worttrenner fehlen, Interpunktionszeichen stehen nur am Zeilenende.

Der laut Inschrift um das Jahr 1566 geborene Hans Daniel war eines von zehn Kindern aus der Ehe des markgräflich badischen Truchsessen Johann von Eich mit Margarete Senheim, Tochter der Katharina von Hosingen9). Die Familie residierte in einem repräsentativen ehemaligen Burghaus in Kirchberg, das 1578 umgebaut wurde10). 1584 in Heidelberg als Student nachgewiesen11), war Hans Daniel seit etwa 1589 mit Margarete Sirck verheiratet, Tochter des zeitweise in Trier ansässigen Adam Lauer, genannt Adam Sirck, nach seinem Heimatort Sierck-les-Bains in Lothringen12). Hans Daniel fungierte als markgräflich badischer Amtmann bzw. Amtsschultheiß des von Baden, Kurpfalz und Pfalz-Simmern gemeinschaftlich verwalteten Amtes Koppenstein. Amtssitz war bis 1592 die bei Gemünden im Soonwald gelegene Burg Koppenstein selbst13), später das sogenannte Canzenierhaus auf dem Gelände des heutigen Raitzweiler Hofes in Gehlweiler. Da von Eichs Ehe mit Margarete Sirck offenbar kinderlos geblieben war, wurde das Epitaph von der hinterbliebenen Gattin gestiftet; bei dem noch unbekannten Wappen dürfte es sich um das ihrer Mutter gehandelt haben. Der das Epitaph beschließende Spruch scheint vornehmlich in reformatorisch beeinflussten Inschriften verwendet worden zu sein14) und dürfte auch hier auf das damals lutherisch geprägte Kirchberg verweisen.

Textkritischer Apparat

  1. Überschrift zentriert.
  2. Z klein unter T eingestellt.
  3. Fehlt in der hs. Überlieferung.

Anmerkungen

  1. Kremer/Lamey fol. 35; gemeint ist der Bereich des nördlichen Seitenaltars „extra Chorum ad aram B(eatae) V(irginis) Mariae“, so die Standortangabe in der Würdtweinschen Epitaphiensammlung.
  2. Müller-Dietrich 100. – Die Kartusche mit der Inschrift (B) war als Fragment in die Wand des Treppenhauses eingelassen.
  3. Vgl. dazu den ausführlichen Bericht von Busse.
  4. Dtn 32,3; vgl. auch Wander, Sprichwörter-Lexikon 2,1 Nr. 17f.
  5. Margarete Sirck: Wolfsangel über Hexagramm. – Auf dem Epitaph des 1548 verstorbenen Dekans Johannes Sirck im ehem. Stift Pfalzel bei Trier findet sich das Wappen Sirck nur mit Hexagramm und darübergelegtem Monogramm I S; vgl. dazu Kdm. Landkreis Trier 15, II, 302 und künftig DI Trier II zu 1548.
  6. Marke (Nr. 2), seitenverkehrt aus heraldischer Courtoisie (nach Kremer/Lamey). – Es handelt sich nicht um das Löwenwappen derer von Senheim, vielmehr um das der im 16. Jh. in Zell an der Mosel gut bezeugten Beamtenfamilie (von) Senheim; vgl. dazu Gilles, Zell-Mosel 105f. Die Senheim-Marke lässt sich mehrfach am kurfürstlich trierischen Schloss zu Zell nachweisen, in dem Johann Senheim, der Großvater mütterlicherseits des Verstorbenen, als Keller amtierte; vgl. dazu ebd. 106f. und Kdm. Zell 378 mit Abb. 382.
  7. Drei 2:1 gestellte Blätter (nach Kremer/Lamey).
  8. Die Serifen des T in GOT der Inschrift B sind achsensymmetrisch gebildet.
  9. Vgl. Nr. 101.
  10. Vgl. Nr. 102.
  11. Vgl. Toepke, Matrikel Heidelberg 2, 109.
  12. Freundlicher Hinweis von Peter Schößler, Schreiben vom 23. Dezember 2005.
  13. Vgl. zum Amt Meyer, Koppenstein 58ff. und zur Burganlage Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 386ff.
  14. Vgl. zuletzt DI 58 (Stadt Hildesheim) Nr. 358 A sowie die zahlreichen Nachweise in DI 63 (Odenwaldkreis) Nr. 193. – Der Spruch diente Ende des 16. Jh. dem protestantischen Herzog Georg Gustav von Pfalz-Zweibrücken als Devise; vgl. Löbe, Wahlsprüche 153.

Nachweise

  1. Würdtweinsche Epitaphiensammlung fol. 8v mit schematischer Nachzeichnung fol. 8r.
  2. Würdtweinsches Epitaphienbuch 306f.
  3. Kremer/Lamey, Epitaphia fol. 35r-v mit schematischer Nachzeichnung der Wappen.
  4. Müller-Dietrich, Neue Funde 474 (B).
  5. Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 548 (A), 550 (B).
  6. Busse, Kirchberg/Hunsrück 474 (B).
  7. Heinzelmann/Schößler, Hosingen-Epitaph Abb. 14.
  8. Kern, Kirchberg 20 mit Abb. S. 21.

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 132 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0013202.