Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 119 Holzbach, Evangelische Kirche 1590

Beschreibung

Glocke des Meisters Johann (IV.) von Trier. Am 3. Mai 1942 ausgebaut und zu Kriegszwecken nach Hamburg abgeliefert (Inv.-Nr. 15/25/258 C), kehrte sie 1948 wieder an ihren Platz zurück1). Große Glocke mit zweizeiliger Schulterumschrift zwischen Rundstegen, oben begleitet von einem stehenden Lilienblütenfries.

Maße: H. 72, Dm. 84, Bu. 2,2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Brunhild Escherich) [1/4]

  1. ICH DIENa) DER GEMEINDEN MIT MEINEM SCHALICH ROFb) SEIb) ZV DEM TEMPEL ALGOTTES WORT // ZV LERRENVND SICH VON SVNDEN ZV BEKERRENIOHAN VON TRIER GVS MICH 1590

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Die breit proportionierte Kapitalis zeigt bis auf das durchgängig verwendete spiegelverkehrte N und R mit stachelförmiger Cauda keine weiteren Besonderheiten. Worttrenner fehlen. Diese Eigenarten sowie die Verwendung des stehenden Lilienfrieses gehören offenbar zu den Merkmalen des Gießers2).

Die Glocke stammt aus einem Vorgängerbau der 1759 errichteten heutigen Kirche und wurde 1589 von der lutherischen Kirchengemeinde (mit)finanziert, indem jeder der damals 31 Haushalte einen halben Gulden dazugab3). Als Glockengießer fungierte der zu einer weitverbreiteten, seit etwa 1480 in Aachen ansässigen Glockengießerfamilie gehörende Johann (IV.) von Trier. Dieser um 1550 in Aachen geborene, von vermutlich 1574 bis 1613 tätige Künstler lässt sich nicht nur als Glockengießer im Raum zwischen Nahe und Mosel nachweisen4), sondern arbeitete auch als Geschützgießer in Lissabon und Köln und wanderte zudem 1606 ins niederländische Nimwegen aus5).

Textkritischer Apparat

  1. N durchgehend spiegelverkehrt.
  2. Sic!

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu Theiß 164.
  2. So auch auf seiner 1579 für Planig gegossenen Glocke; vgl. DI 34 (Lkrs. Bad Kreuznach) Nr. 346. – Zu prüfen wäre, ob der in Holzbach verwendete Glockenspruch ebenfalls zum Repertoire des Gießers gehört, da er ihn gleichlautend auf seiner 1582 für St. Peter in Aachen gegossenen (1943 untergegangenen) Glocke eingesetzt hat; vgl. DI 32 (Aachen Stadt) Nr. 81.
  3. Vgl. dazu Theiß 125.
  4. Johann (IV.) von Trier ist trotz der zahlreiche neue Erkenntnisse bietenden Untersuchung von Poettgen, Studien 22f. monographisch bislang unzureichend behandelt; so fehlt bislang etwa ein auch nur annähernd vollständiges Werkverzeichnis. Auszugehen ist von einer bislang nachweisbaren Produktion von 39 Glocken, freundliche Mitteilung von Jörg Poettgen, Schreiben vom 3. März 2009.
  5. Sollte die Vermutung von Poettgen, Studien 24 zutreffen, dass für den Wohnungswechsel konfessionelle Gründe ausschlaggebend waren, ist davon auszugehen, dass Johann (IV.) von Trier Protestant war und vermutlich auch deswegen von der protestantischen Gemeinde in Holzbach als Glockengießer ausgewählt worden war.

Nachweise

  1. DGA Nürnberg, Karteiblatt mit Foto.
  2. Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 401.
  3. Scherer, Holzbach 8.
  4. Theiß, „Holzbacher Beereflaare“ 125.

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 119 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0011906.