Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)
Nr. 100 Simmern, Evangelische Stephanskirche (1569) 1576
Beschreibung
Epitaph des Johannes Castelhun, an der Südwand des Chors befestigt. Ädikulaförmiger Aufbau aus Tuffstein, Schrifttafeln aus Schiefer. In der von zwei Pilastern flankierten Nische hochrechteckige Tafel mit 15zeiliger Inschrift (A), als Aufsatz kreisrunde Rollwerkkartusche mit einem Wappen. Im Unterhang Rollwerktafel mit Inschrift (B) in drei Zeilen. Die mit Hermenvoluten geschmückten Pilaster sind mit an Löwenköpfen aufgehängten Todessymbolen versehen, als Gebälk dient ein reich verziertes Sarkophagrudiment. Das Epitaph dürfte 1897 zusammen mit anderen Grabdenkmälern von dem Stuttgarter Bildhauer Karl Wüst restauriert worden sein1).
Maße: H. 176, B. 104, Bu. 1,5 cm.
Schriftart(en): Humanistische Minuskel (A), Fraktur mit Kapitalis (B).
- A
Vere pio, bono et honesto uiro, / D(omino) Ioanni Castelhun, in uera / Christi agnitione et inuocatione, / 22. Maij die, anni . 1569 . placide / defuncto, postq(uam) attigisset .70. fere / annum suae aetatis, Et indefesso / studio, ac singulari diligentia ultra / integros . 50 . annos, Illustrissimae / huic Domui, Palatinorum Sum=/merensiuma), ab epistolis fuisset, / chariss(imo) suo coniugi, parenti et so=/cero, pietatis et memoriae ergo, / hoc monumentum coniunx / et haeredes posuere. / Anno . 1576 .
- B
Warlich Warlich sage ich euch, so iemandt / mein wort wirdt halten, der wirdt denn / Todt nit sehen ewigklich. IOAN(NEM) .8. CAP(ITEL)2)
Übersetzung:
Dem wahrhaft frommen, guten und ehrenhaften Manne, Herrn Johann Castelhun, der in wahrer Erkenntnis und Anrufung Christi am 22. Mai des Jahres 1569 sanft entschlafen ist, nachdem er beinahe das 70. Jahr seines Lebens erreicht und mit unermüdlichem Eifer und außerordentlichem Fleiß über volle fünfzig Jahre diesem durchlauchtigsten Haus der Pfalzgrafen von Simmern als Sekretär gedient hatte, ihrem teuersten Gatten, Vater und Schwiegervater, haben seine Gattin und die Erben aus Liebe und zum Gedächtnis dies Denkmal setzen lassen im Jahr 1576.
Castelhun3). |
Textkritischer Apparat
- Sic!
Anmerkungen
- Vgl. Clemen, Wiederherstellung 64.
- Joh 8,51.
- Drei 2:1 gestellte Herzen (das untere auf dem Kopf stehend) begleitet von fünf 2:2:1 gestellten sechsstrahligen Sternchen.
- Vgl. dazu ausführlich Einleitung Kap. 5.4.
- Vgl. zur Familie Zwiebelberg 140, Wagner, Beamtenfamilie 6 und Wagner, Urkunden 56.
- Freundliche Hinweise von Peter Schößler, Schreiben vom 19. März 2009 mit Hinweis auf LHAK Best. 33 Nr. 66.
- Vgl. zu beiden ausführlich Nr. 115.
Nachweise
- Wickenburg, Thesaurus Palatinus I fol. 312.
- Andreae, Simmera Palatina 23.
- Rodewaldt, Grüfte und Inschriften 32f.
- Wagner, Simmern 154.
- Wagner, Beamtenfamilie 6.
- Zwiebelberg, Bürger Simmern 140.
- Schellack/Wagner, Kirchen und Kapellen 51.
- Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 992.
- Brucker, Todestag mit Abb. S. 310.
- Wagner/Schellack, Evang. Stephanskirche mit Abb.
- Wagner, Urkunden 56 mit Abb.
- Kern, Simmern 44 mit Abb. 43f.
Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 100 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0010000.
Kommentar
Die gut ausgeführte, hier in der nach rechts schrägliegenden Variante verwendete humanistische Minuskel zeigt bei den Gemeinen folgende Auffälligkeiten: g mit einem mittels Schrägstrich links angesetztem und weit nach unten gezogenem Bogen, p mit nach oben verlängertem Schaft und oben nicht ganz geschlossenem Bogen und t mit am oberen Schaftende ansetzender und weit nach links reichender Fahne. Die signifikante Gestaltung des e und d der Fraktur entspricht den Merkmalen der in der Werkstatt Johann von Trarbachs verwendeten Schrift4).
Sehr viel mehr, als in der Inschrift vermeldet, ist über den um 1500 geborenen und späteren pfalz-simmernschen Sekretär Johannes Castelhun5) nicht bekannt. Wahrscheinlich ist er ein Sohn des Trarbacher Landschreibers und für 1529 bezeugten Rentmeisters Johann von Kestelun, dessen namentlich nicht bekannte Ehefrau 1519 starb. Johannes Castelhun, der in einer Urkunde von 1542 als Kanzleischreiber und Registrator genannt wird6), war verheiratet und hatte drei Kinder. Dazu zählte auch die 1538 oder 1539 geborene Gertrud, die mit dem Simmerner Bildhauer und Schultheißen Johann von Trarbach7) verheiratet war. In dessen Werkstatt wurde das Epitaph für seinen Schwiegervater anfertigt.