Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 97 Kastellaun, Evangelische Pfarrkirche (1570) 1574

Beschreibung

Epitaph der Agnes Cratz von Scharfenstein, plan in die Südwand des Chors eingelassen. Hochrechteckige Tafel aus gelblichem Sandstein mit breitem Beschlag- und Rollwerkrahmen, in den Ecken vier kreisförmige, leere Scheiben, die als Auflager für Wappen dienten. An den beiden oberen Scheiben hängen Schnüre mit Bändern und Früchten sowie ein Totenschädel bzw. eine Sanduhr mit Knochen. Im von Eierstäben gerahmten Feld Grabinschrift in sechzehn vorlinierten Zeilen, unter den Zierschlingen der letzten Zeile das Herstellungsjahr. Die ursprünglich vorstehenden Teile fehlen, darunter auch die vier Wappen in den Ecken, zudem erhebliche Beschädigungen im Inschriftenfeld.

Maße: H. 123, B. 73, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/4]

  1. ANNO 1570. DEN 25. / DES MONATS IVLII. IST / GESTORBEN VND ALHIE / BEGRABEN DIE EDLE ERHEN / VND TVGENTREICHE IVNG=/FRAW ANGNESa) DER EDLEN / ERNVESTEN ERHEN VND / TVGENTREICHEN PHILIPSEN / CRATZEN VON SCHARPFFEN=/STEIN AMPTMANS ZV KES=/TALAVN VND ANNEN VON / SCHONENBVRG EHELIGE / DOCHTER WELCHER SELEN / DER ALMECHTIG MIT BARM=/HERZIGKEIT EWIGLICH / PFFLEGENa) WOLLE. AME(N). / 1574b)

Wappen:
fehlen1).

Kommentar

Wie bereits Rüdiger Fuchs nachweisen konnte, entspricht die hier eingesetzte Kapitalis mit ihren gelegentlich erhöhten Versalien, typischen Buchstabenverlängerungen und in Schleifen auslaufenden Buchstabenenden in allen Merkmalen den in der Werkstatt des Trierer Bildhauers Hans Ruprecht Hoffmann verwendeten Schriftformen2); auch deshalb ist das Epitaph seinem Werk zuzurechnen und nicht etwa dem seines Simmerner Kollegen Johann von Trarbach3).

Agnes war eine Tochter des Philipp Cratz von Scharfenstein und seiner Frau Anna von Schöneberg (vor dem Sane)4), die 1532 geheiratet hatten. Der aus Sobernheim stammende Philipp wurde am 2. Februar 1533 zum sponheimischen Oberamtmann in Trarbach ernannt und übte das Amt bis 1548 aus. Von 1557 bis 1559 war er Regierungsrat des Herzogs Friedrich von Pfalz-Simmern und fungierte von 1565 bis 1570 als sponheimischer Amtmann zu Kastellaun. Er starb wenige Wochen nach seiner Tochter und wurde in der Pfarrkirche zu Sobernheim beigesetzt, der Grablege seiner Familie5). Vielleicht gab Agnes’ Bruder Hugo, Domherr in Trier, bei Hans Ruprecht Hoffmann das erst 1574 fertiggestellte Grabdenkmal für seine Schwester in Auftrag.

Textkritischer Apparat

  1. Sic!
  2. Jahreszahl zentriert.

Anmerkungen

  1. Es dürfte sich um folgende vier Ahnenwappen gehandelt haben: Cratz von Scharfenstein, Schönburg auf Wesel; Schöneberg (vor dem Sane), Nickenich.
  2. Vgl. dazu Fuchs 151f. und 157, ders., Kapitalis-Inschriften 18ff. sowie Einleitung Kap. 5.2.
  3. So aus kunsthistorischen Erwägungen Kdm.
  4. Vgl. zum Folgenden Helwich, Opus genealogicum I fol. 472v und die genealogische Tafel fol. 480 sowie die freundlichen Hinweise von Peter Schößler, Schreiben vom 29. März 2008 mit Verweis auf zahlreiche von ihm ausgewertete Archivalien im LHAK, Best. B9, 33 und 54.
  5. Vgl. dazu und zu seinem verlorenen Grabdenkmal DI 34 (Lkrs. Bad Kreuznach) Nr. 328. – Von den zahlreichen Nachkommen des Ehepaars ist vor allem der 1604 verstorbene Philipp Cratz von Scharfenstein zu nennen, der als Propst des Mainzer Domstifts und Bischof von Worms zu hohen geistlichen Würden gelangte; vgl. zu seinen insgesamt sechs Totengedächtnismalen im Mainzer und Wormser Dom DI 2 (Mainz) Nrn. 541–544a und DI 29 (Worms) Nr. 610.

Nachweise

  1. Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 444.
  2. Fuchs, Schrift mit Abb. 11.
  3. Kern, Kastellaun 19f. mit Abb. S. 20.

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 97 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0009708.