Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 95 Kastellaun, Evangelische Pfarrkirche 1569

Beschreibung

Epitaph der Barbara Coppensteiner, befestigt am ersten südlichen Pfeiler von Osten. Ädikula aus (Weiberner) Tuffstein, die Schrifttafel aus Schiefer. Im Unterhang Rollwerkkartusche mit Totenschädel, umgeben von Knochen, Kröten und Gewürm, zwischen zwei Sanduhren, im Sockel weitere Rollwerkkartusche mit fehlender Inschriftentafel. In der von zwei Karyatiden flankierten Nische Schiefertafel mit zunächst achtzeiligem Grabgedicht (A), jedes zweite Verspaar um Buchstabenbreite eingerückt, darunter Sterbeinschrift (B) in sechs Zeilen. In der reich verzierten Frieszone des Gebälks Putto zwischen Beschlagwerk, darüber als Bekrönung ein großes kreisförmiges, von zwei Putten gehaltenes Rollwerkmedaillon mit zwei aneinandergeschobenen Wappenschilden. Gut erhalten, leichte Beschädigungen in der Sockelzone und an einigen vorstehenden Teilen.

Maße: H. 182, B. 92, Bu. 3 (A), 2 (B) cm.

Schriftart(en): Fraktur (A), Kapitalis (B).

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/8]

  1. A

    Jn meiner Ehe mir gnediglichZehn kind gab Gott der sieben JchMeim hauswirt liess in grossem leidtAls Jch von dieser Weldt abscheidtMit fried vnd freud Jch schlieffe einVnd glaubt das Christ der here meinVom todt würdt vfferwecken michVnd selig machen ewiglich

  2. B

    AN(NO) D(OMI)NI M. D. LXIX DEN XIII MARTII / STARB IN GOT DIE ERBAR VND TVGE(N)T=/SAMEa) BARBARA COPPENSTEINERIN / FRANTZ ROMERS SCHVLTEISEN ZV / CASTELLAVN EHELICHE HAVSFRAW / GOT GEBE IR EI(N) SELIGE VFFERSTEHV(N)G

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Wappen:
RömerKoppenstein.

Kommentar

Die qualitätvoll ausgeführte Fraktur mit ihren charakteristischen Schwellschäften und Schwellzügen zeigt als werkstattypische Besonderheit e mit kleinem, oval geformtem bzw. h mit nahezu halbkreisförmigem Bogen, zudem stark eingerollte Bogenenden bei g, h und versalem J. Die mögliche Variationsbreite dieser Schriftart wird zudem bei dem V-Versal deutlich, der sich in drei unterschiedlichen Formen präsentiert. Die ebenso sorgfältig gestaltete, weit spationierte Kapitalis weist mit spitzem A, B mit kleinem oberem und großem unterem Bogen, E und L mit sehr langem unterem Balken, M mit schräg gestellten Schäften und kurzem Mittelteil sowie R mit leicht geschwungener und weit ausgreifender Cauda typische Schriftmerkmale aus der Werkstatt des Simmerner Bildhauers Johann von Trarbach1) auf.

Barbara2) war eine Tochter des von 1529 bis 1533 in Trarbach/Mosel als sponheimischer Landschreiber und später als Amtmann in Allenbach fungierenden Johannes Coppensteiner3) aus dessen Ehe mit Demuth von Uffingen. Aus Barbaras um 1555 geschlossener Ehe mit Franz Römer, dem damaligen Schultheiß und Keller zu Kastellaun4), hatte sie zehn Kinder, von denen (laut Inschrift) sieben sie überlebten und später standesgemäße Ehen eingingen5).

Wie bei ihrer schlicht ausgeführten Grabplatte6) kann sowohl aufgrund der künstlerischen Ausführung7) ihres Epitaphs als auch aufgrund der verwendeten epigraphischen Schriften kein Zweifel daran bestehen, dass es in der Werkstatt des Simmerner Bildhauers Johann von Trarbach8) entstanden ist.

Textkritischer Apparat

  1. Trennzeichen in Form von Doppelpunkten.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu ausführlich Einleitung Kap. 5.2.
  2. Vgl. zum Folgenden die allerdings lücken- wie fehlerhaften Angaben bei Brucker, Todestag mit Stammtafel 306f. und Pies, Bürgerbücher Kastellaun 283, die künftig durch eine von Peter Schößler in Aussicht gestellte Arbeit über die Familie Römer ersetzt werden; freundlicher Hinweis von dems., Brief vom 29. März 2008. – Herrn Schößler danke ich zudem für die Einsicht in sein noch unveröffentlichtes Manuskript.
  3. Er war ein ehelicher Sohn des Jost von Koppenstein aus dessen nicht standesgemäßer Ehe, weshalb er auf das „von“ in seinem Namen verzichtet hat bzw. verzichten musste.
  4. Vgl. zu ihm Nr. 129.
  5. Elisabetha Römer ⚭ Martin Weis; Barbara Römer ⚭I Nikolaus Heugel, ⚭II Peter Neumann; Magdalena Römer ⚭I Jost Rab, ⚭II Bernhard Decker, ⚭III NN.; Philipp Otto Römer ⚭ Anna Senheim; Johann Burckhard Römer; Johann Reichard Römer ⚭ Elisabetha Georg; Johann Jacob Römer ⚭I Elisabeth Decker, ⚭II Anna Zeuger.
  6. Vgl. die vorhergehende Nr.
  7. Vgl. dazu Müller-Dietrich, Neue Funde 101.
  8. Zudem handelte es sich bei Johann von Trarbach um einen Vetter der Verstorbenen, vgl. dazu Brucker, Todestag 308 mit Stammtafel S. 306f.

Nachweise

  1. Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 444f. mit Abb. 387.
  2. Brucker, Todestag, Abb. S. 310.
  3. Kern, Kastellaun 13.

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 95 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0009508.