Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 92 Simmern, Evangelische Stephanskirche 1565

Beschreibung

Epitaph des Conrad von Igstatt gen. Hatzstein. Ehemals gegenüber der Kanzel angebracht1), befindet es sich heute an der Südwand des Chors. Ädikula aus Tuffstein, Schrifttafel aus Schiefer. Zwei mit Fruchtgehängen und Medaillons mit Köpfen (links ein Mann, rechts eine Frau) verzierte Pilaster rahmen eine flache Rechtecknische, darin ein stark reliefiertes Vollwappen, umgeben von einem mit vier Wappen versehenen Rollwerk-Schlitzband. Im Volutengiebel Medaillon mit Christuskopf zwischen Fruchtbüscheln, im Unterhang Rollwerktafel mit gold gefasster Inschrift in fünf Zeilen. Das Epitaph dürfte 1897 zusammen mit den anderen Grabdenkmälern von dem Stuttgarter Bildhauer Karl Wüst restauriert worden sein2). Die in zwei Teile zerbrochene Schrifttafel ist bereits zu einem früheren Zeitpunkt wiederhergestellt worden, dabei wurde der linke kleinere Teil offensichtlich neu angefertigt3).

Erg. nach Wickenburg.

Maße: H. 147, B. 89, Bu. 1,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/3]

Datum: 31. Mai 1565.

  1. [ANNO 156]5 ◦ VFF ASCENSIO(N)IS D(OMI)NI, DEN / [13. MAŸa)] STARB DER EDEL VND ERN=/[VESTE CO]NRAD VON IXSTHAT, GENANT / [HATST]HEINb), DER LETZT DISES STAM(M)ES, / [GOT SEY] IME GNEDIG IN EWIGKEIT, AMEN.

     
Wappen:
Igstatt gen. Hatzstein;4)
Igstatt gen. Hatzstein Geispitzheim
Schöneberg vor dem Sane unbekannt5).

Kommentar

Mit dem stark verlängerten unteren Balken des E, dem halbhochgezogenen Mittelteil des konischen M und der kaum geschwungenen, weit ausgestellten Cauda des R weist die Kapitalis charakteristische Merkmale der von Johann von Trarbach verwendeten Schrift auf. Hinzu kommt die Verwendung von Satzzeichen und nach oben ausgebuchteten Balken als Kürzungszeichen. Aus dem Unterschied zum nachgemachten G in GOT, das aus dem Kreisbogen abgeleitet ist und nicht über den breiten, etwas gedrückten Bogen verfügt, wird der raumgreifende Duktus der Trarbach-Werkstatt deutlich.

Aufgrund der Ahnenprobe des sonst unbekannten, offensichtlich unverheiratet gebliebenen Conrad von Igstatt könnte es sich bei seinen Eltern um die seit 1525 verheirateten Michael von Igstatt und Johannetta von Geispitzheim handeln6). Der Verstorbene stand vermutlich in pfalz-simmernschen Diensten und erhielt ein Epitaph aus der Simmerner Werkstatt des Johann von Trarbach7), das wie die Kopie eines anderen kurz zuvor entstandenen Epitaphs wirkt8).

Textkritischer Apparat

  1. Wickenburg und Andreae, die beiden kopialen Abschriften vor der Neuanfertigung des linken Teils der Tafel, überliefern eindeutig das Tagesdatum 13. Mai, obwohl der Himmelfahrtstag des Jahres 1565 auf den 31. Mai fiel. Vermutlich war dies der Grund für die entsprechende Verbesserung des Datums bei der Neuanfertigung.
  2. Hatsheim Wickenburg; Hatslhein Andreae.

Anmerkungen

  1. „ex adverso suggestus sacri“, so Andreae.
  2. Vgl. Clemen, Wiederherstellung 64.
  3. Vermutlich zwischen 1769 und 1857; vgl. dazu oben Nr. 84. – Folgende Indizien sprechen für die Ergänzung: Die erste Zeile beginnt nicht linksbündig, sondern versucht auf Kosten eines Spatiums den Anschluss an den erhaltenen Teil herzustellen; dabei wurde vor der Jahreszahl der halbhoch gesetzte Punkt vergessen. Das G des linken Teils ist völlig verschieden von dem des rechten Teils, zudem ignoriert die Ergänzung AM 31 MAY das vorhergehende originale DEN.
  4. Unter geschachtem Schildhaupt eine Lilie.
  5. Flug.
  6. Vgl. dazu die allerdings sehr fragmentarische Stammtafel bei Humbracht, Zierde 189.
  7. Vgl. dazu ausführlich Einleitung Kap. 4.5.
  8. Vgl. die vorhergehende Nr.

Nachweise

  1. Wickenburg, Thesaurus Palatina 1 fol. 311.
  2. Andreae, Simmera Palatina 24.
  3. Rodewaldt, Grüfte und Inschriften 31.
  4. Wagner, Simmern 154.
  5. Schellack/Wagner, Kirchen und Kapellen 50.
  6. Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 992.
  7. Wagner/Schellack, Evang. Stadtkirche.
  8. Kern, Simmern 9.

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 92 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0009208.