Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 73 Kastellaun, Evangelische Pfarrkirche 1538

Beschreibung

Epitaph des Karl Beuser von Ingelheim, eingelassen in die Nordwand des Chors. Der lebensgroß dargestellte Ritter steht barhäuptig in Prunkrüstung auf einem kauernden Hund in einer von Pilastern gerahmten, mit einer Muschelnische versehenen Rundbogenarkade, die von einer Flammenvase bekrönt wird. Den Blick auf den Altar gerichtet, hält er mit beiden Händen das auf seinem vorgesetzten linken Fuß ruhende Langschwert. Sein leicht erhobenes Gesicht zeigt porträtähnliche Züge. Im Sockel schräggestellte volutenverzierte Tabula ansata mit fünfzeiliger Inschrift, die sich oberhalb in einer Zeile fortsetzt. Im Sockel und auf den Kapitellen der Pilaster je zwei Ahnenwappen, die oberen als Vollwappen ausgeführt. Das zu Beginn des 20. Jahrhunderts „von den dicken Kalkschichten befreit(e) und instandgesetzt(e)“ Grabdenkmal1) aus gelbgrauem Sandstein ist bis auf die nachträglich abgearbeitete Schamkapsel gut erhalten, die Wappen wurden farblich neu gefasst.

Maße: H. 365, B. 112, Bu. 3,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/4]

  1. IM ◦ IAR ◦ M ◦ D ◦ XXXV III ◦ / DEN ◦ XVII ◦ TAG ◦ DES ◦ MO=/NTS ◦ MARCII ◦ STARBE ◦ / DER ◦ ERE(N)VEST ◦ KARLE ◦ / BVYSER ◦ VO(N) ◦ INGELHEIM ◦ // DEM ◦ GOT ◦ GENODE ◦

Wappen:
Beuser von Ingelheim2)Carben3)
Helmstatt4)Rüdt von Collenberg5).

Kommentar

Die ausgewogen breit proportionierte Kapitalis zeigt durch Linksschrägenverstärkung und durch die stachelförmige Cauda des R deutliche Anklänge an klassisch-römische Vorbilder, die durch die Verwendung von dreiecksförmigen Worttrennern und von Kürzungszeichen, die als waagerechte mit Ausbuchtung nach oben gestaltete Striche ausgeführt sind6), noch verstärkt werden. Auffällig sind überbreites D und M mit leicht schräggestellten Schäften.

Karl war eines von vier Kindern aus der Ehe des als Schultheiß zu Ingelheim amtierenden, 1513 als sponheimischer Amtmann in Dill genannten Philipp Beuser von Ingelheim7) mit Anna von Carben8). Der zeitlebens offensichtlich unverheiratet gebliebene Karl fungierte frühestens seit 1530 als Amtmann in dem von Kurpfalz, Pfalz-Simmern und Baden gemeinschaftlich verwalteten Kastellaun9). Mit ihm starb diese Seitenlinie der Beuser von Ingelheim im Mannesstamm aus10). Ob das im Typus der „Ewigen Anbetung“ konzipierte Grabdenkmal – zusammen mit dem des im gleichen Jahr verstorbenen Friedrich Schenk von Schmidtburg11) – tatsächlich einem Schüler aus der Werkstatt des Meisters Jakob (Kerre bzw. Kern) zuzuschreiben ist12), muss der noch ausstehenden kunsthistorischen Diskussion überlassen bleiben.

Anmerkungen

  1. So Renard, Castellaun 6.
  2. Ein geschachtes Kreuz.
  3. Geteilt, oben ein wachsender Löwe, unten eine Lilie.
  4. Ein auffliegender Rabe.
  5. Ein Rüdenrumpf mit Stachelhalsband.
  6. Vgl. dazu DI 34 (Lkrs. Bad Kreuznach) Einleitung S. LV mit Anm. 186.
  7. Vgl. dazu Schneider, Grafen von Ingelheim 13 und 42.
  8. Annas Herkunft ist unklar: Aufgrund der vorliegenden Wappen-Ahnenprobe sollte es sich bei ihrer Mutter um eine geborene Rüdt von Collenberg handeln. Dagegen bezeichnet Schneider, Grafen von Ingelheim 13 Anna als Tochter aus der 2. Ehe des Emmerich von Carben und der Barbara von Mansbach. Möller, Stammtafeln AF 3, Taf. CVI verzeichnet eine Anna aus der zweiten Ehe des Karle von Carben mit Margarete von Rückingen. Da aber Karle in erster Ehe mit der 1496 verstorbenen Magdalena Rüdt von Collenberg verheiratet war, dürfte es sich bei Anna um das bislang falsch eingeordnete Kind aus dieser Verbindung handeln.
  9. Freundliche Hinweise von Peter Schößler, Briefe vom 30. April 2000 und 29. März 2008.
  10. Vgl. Grimm, Diener 270.
  11. Vgl. die beiden folgenden Nrn (74, 75).
  12. Vgl. dazu Kdm. 444 sowie Einleitung Kap. 4.5.

Nachweise

  1. Wickenburg, Thesaurus Palatinus II fol. 170r.
  2. Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 653.
  3. Zimmermann, Kunst im Nahegebiet 41 Anm. 114.
  4. Brucker, Pfarrkirche Kastellaun 5 mit Abb.
  5. Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 444 mit Abb. 385f.
  6. Terpitz, Grabdenkmäler 276.
  7. Leifeld, Kastellaun Abb. 17.
  8. Kern, Kastellaun 21.

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 73 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0007306.