Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 62 Kastellaun, Evangelische Pfarrkirche E. 15./A. 16. Jh.

Beschreibung

Taufschale. Kreisrunde Beckenschlägerschüssel mit hohem blütenverziertem, nach außen gebogenem Rand. Innen im Boden rundes Relief mit der Darstellung von Adam und Eva während des Sündenfalls: Adam und Eva stehen mit dem Apfel in der erhobenen Hand zu beiden Seiten des Paradiesbaumes in der Paradieslandschaft, um den Baum ringelt sich die Schlange mit Blick nach links auf Eva. Über den Figuren flatternde Schriftbänder (A, B). Zwischen Relief und Rand ein breites umlaufendes, von einem Blütenfries begleitetes Band mit erhaben getriebener Inschrift (C). Messing. Das Schriftband wurde zu einem späteren Zeitpunkt geglättet, die Inschrift und ist daher kaum lesbar.

Maße: H. 8, Dm. 32,5 (oben), Bu. 0,5 (A, B), 2,5 (C) cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/2]

  1. A

    eua // [w]as des // [a]nnfanng // [h]at ge[b]r[o]ch[en - - -]a)

  2. B

    adam // hat gebro//chenn // d(as) gebot

  3. C

    [- - - ]b)

Kommentar

Die erhaben gearbeiteten Buchstaben der Umschrift bestehen aus einer Mischung aus gotischen Minuskeln und Versalien, die meist mit umgebogenen bzw. eingerollten Zierlinien versehen sind. Es handelt sich offenbar um eine für Beckenschlägerschüsseln charakteristische, mit Stanzmodeln hergestellte Kunstschrift1), die zeitgenössische Schriftarten wie gotische Minuskel oder frühhumanistische Kapitalis mit ornamentaler Kalligraphie kombiniert und sich in der Regel einer sinnvollen Deutung entzieht.

Die Taufschale gehört – wie jene in Gödenroth2) – zu einer in der Spätgotik weitverbreiteten Gruppe von aus Messing gefertigten Schüsseln mit unterschiedlichen Mittelmotiven3), wobei die hier verwendete Szene des Sündenfalls besonders häufig anzutreffen ist4). Die über den Figuren angeordneten Schriftbänder thematisieren das Problem der Schuld an der Ursünde, die hier offensichtlich auf beide Personen verteilt wird.

Textkritischer Apparat

  1. Eva wardt umfanng ge... Kdm.
  2. Nur einzelne Buchstaben wie etwa v und e sind sicher erkennbar. Das an dieser Stelle oft verwendete Wort glvehke, das dann in der Regel fünfmal wiederholt wird, lässt sich an dem vorliegenden Exemplar nur mit sehr viel Phantasie herauslesen; vgl. dazu den ausführlichen Kommentar zur vorhergehenden Nr.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu Lockner, Messing 43f.
  2. Vgl. die vorhergehende Nr.
  3. Vgl. dazu Lockner, Messing 49ff.
  4. Vgl. ebd. 62ff. mit Abb.

Nachweise

  1. Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 450 mit Abb. 392.

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 62 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0006209.