Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 60 Hahn, Simultankirche St. Antonius Ende 15. Jh.

Beschreibung

Glocke. Glockenstuhl, südliche Glocke1). Kleine, gut erhaltene Glocke mit Schulterumschrift zwischen Kordelstegen. Gewicht 100 bzw. 200kg2).

Maße: H. ca. 50, Dm. 62, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/2]

  1. a) Cristus ◦ vincit ◦ cristus ◦ regnat ◦ cristus ◦ inpratb) ◦ cristus ◦ onsc) ◦ benedicat ◦d)

Übersetzung:

Christus siegt, Christus regiert, Christus herrscht, Christus segnet uns.

Kommentar

Die sauber gegossene, auffällig flach ausgeführte Minuskel zeigt als Besonderheit zu einem Rechteck mutierte Quadrangel bei der Fahne des r. Der Versal entstammt der gotischen Majuskel und ist als mit einem dünnen Abschlussstrich geschlossenes C mit spitz ausgezogener Bogenschwellung gestaltet. Als Worttrenner dienen auf rautenförmigen Plättchen sitzende Lilien.

Wie bei ihrer 1489 datierten Schwesterglocke3) dürfte auch der Guss dieser Glocke mit dem vermutlich nach 1483 erfolgten Umbau der romanischen Basilika zu einer spätgotischen Hallenkirche zusammenhängen4). Die etwa seit der Mitte des 13. Jahrhunderts auf Glocken vereinzelt verwendete Inschrift lässt sich als Formel in den Herrscherlaudes nachweisen, die ab dem 12. Jahrhundert Aufnahme in die Ordines für Weihe und Krönung gefunden hatten5).

Textkritischer Apparat

  1. Der Textbeginn ist durch ein kurzes, senkrecht gestelltes Stück Kordelsteg markiert.
  2. So für imperat. – Bei n für m dürfte es sich um ein Versehen des Gießers handeln, ebenso bei pr, da die übliche Kürzungsweise für per p mit durchgestrichenem Schaft wäre.
  3. So für vermutlich für nos oder auch für omnes.
  4. Drei Worttrenner übereinander.

Anmerkungen

  1. Die Glocke wurde 1942 im Rahmen der kriegsbedingten Glockenablieferungen unter der Nr. 15/26/74 bzw. 75 C inventarisiert.
  2. Nach DGA.
  3. Nr. 51.
  4. Nr. 46.
  5. Vgl. dazu DI 54 (Lkrs. Mergentheim) Nr. 5 und DI 64 (Lkrs. Querfurt) Nr. 10 mit frühen Belegen und ausführlichen Literaturnachweisen sowie Walter (Register) mit weiteren späteren Belegen.

Nachweise

  1. Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 767.
  2. Walter, Glockenkunde 308.
  3. Hopstätter, Dorfkirchen 64.
  4. Kdm. Zell 165.
  5. DGA Nürnberg, Kartei.
  6. Ochs-Wedertz, Glocken 83 mit Abb. S. 84.

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 60 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0006001.