Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 53 Simmern, Evangelische Stephanskirche 1494

Beschreibung

Grabplatte bzw. Epitaph des Hans von Wiltberg. Vermutlich Ende der achtziger Jahre des 20. Jh. in der Fürstengruft aufgefunden1), jetzt oben in der Grabkapelle aufgestellt. Schmale Platte aus graugelbem Sandstein mit Umschrift auf erhöhtem Rand, im vertieften Feld unter Maßwerkbogen reliefierte Figur des Verstorbenen mit schulterlangem Haar und gefalteten Händen, bekleidet mit gespornten Stulpenstiefeln und einem wadenlangen Mantel, darunter ein Schwert. In den oberen Ecken je ein Wappen. In der Mitte beschädigt, linkes oberes Eck und große Teile der rechten Leiste fehlen.

Maße: H. 160, B. 76, Bu. 6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/6]

  1. [...]kera) ◦ Hans [... / - - - ]po[- - -]b) / 1494c) / ◦ dem got gnaded)

Wappen:
Wiltberg2)Mielen gen. von Dieblich3).

Kommentar

Die wenigen erhaltenen Buchstaben sind in einer dünnstrichigen Minuskel mit stark verkürzten Unterlängen ausgeführt. Als Worttrenner dienen paragraphzeichenförmig ausgezogene Quadrangel.

Die im Bereich des Hunsrück nur einmal vorkommende Wappenkombination erlaubt die Identifizierung4) des Verstorbenen als bislang unbekannter Sohn aus der Ehe des 1466 bis 1521 nachweisbaren Nikolaus von Wiltberg mit Kunigunde, Tochter des Giselbrecht Mielen gen. von Dieblich und der Katharina von Metzenhausen gen. von Senheim5). Aufgrund der figürlichen Darstellung und der verkürzten Inschrift, die nicht viel mehr als Name, Todesdatum und Fürbitte umfasst haben dürfte, ist anzunehmen, dass es sich bei dem jung verstorbenen Adeligen um einen am Hof Herzog Johanns I. von Pfalz-Simmern weilenden Jüngling gehandelt hat. Möglicherweise hängt dessen dortiger Aufenhalt damit zusammen, dass Johann I. im Jahr 1486 Nikolaus von Wiltberg den hinteren Teil der bei Sargenroth im Soonwald gelegenen Stammburg Wildburg abgekauft hatte und damit in den Besitz der ganzen Burg gelangt war6).

Da die untere Leiste als Standplatte ausgearbeitet wurde und die Jahreszahl (im Gegensatz zur restlichen Inschrift) von außen zu lesen ist, ist davon auszugehen, dass das Grabdenkmal bereits als Epitaph konzipiert worden ist. Es ist das früheste sepulkrale Zeugnis für Bestattungen in der ab 1486 neu erbauten Schlosskirche.

Textkritischer Apparat

  1. Vermutlich zu Juncker zu ergänzen.
  2. Die bis auf wenige Buchstabenreste verlorene Inschrift auf der rechten Leiste war hinsichtlich ihrer Länge vermutlich analog zur linken Leiste ausgeführt und zumindest im oberen Bereich ebenfalls von Zierranken umgeben. Die beiden noch zu lesenden Buchstaben po dürften für Apostel und damit für das Tagesdatum stehen.
  3. Die in gotischen Ziffern geschriebene Jahreszahl sitzt in der Mitte der Leiste und ist von außen zu lesen. Der verbleibende Raum ist freigelassen.
  4. Die Inschrift beginnt in der Mitte der Leiste. Der frei gebliebene Raum ist mit Zierranken gefüllt.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu Drees.
  2. Ein Balken.
  3. Eine Rose.
  4. Erstmals vorgenommen von Peter Schößler, Schreiben vom 19. März 2009.
  5. Vgl. dazu Humbracht, Stamm-Taffeln Nr. 74 und Zwiebelberg, Wiltberg 291 Taf. 5.
  6. Vgl. dazu Wagner, Wildburg 57f.

Nachweise

  1. Drees, Gruftkapelle 12 (erw.).
  2. Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 995 (teilw.).
  3. Kern, Simmern 33 mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 53 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0005300.