Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 47 Rheinböllen, Evangelische Pfarrkirche 1484

Beschreibung

Glocke des Meisters Tilmann von Hachenburg. Im 2. Weltkrieg abgeliefert (Inv.-Nr. 15/25/286 C), konnte sie am 6. Februar 1947 aus dem Hamburger Glockenlager zurückgebracht werden und hängt heute zwischen zwei modernen Glocken in der Mitte des Glockenstuhls. Große Glocke mit einzeiliger Umschrift zwischen Rundstegen. Der Textbeginn wird durch ein gleicharmiges Blumenkreuz markiert. Darunter befindet sich auf der Flanke ein ovales inschriftloses Medaillon, das die sitzende Muttergottes auf der Mondsichel mit dem Kind auf ihrem Schoß zeigt. Gewicht1) 1906 kg, Ton d‘.

Maße: H. 124, Dm. 150, Bu. 2,8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/3]

  1. + maria ◦ heisen ◦ ich ◦ale ◦ bvsse ◦ weter ◦ ferdriben ◦ ich ◦in ◦ ere ◦ gotdes ◦ lvt ◦ man ◦ mich ◦o ◦ maria ◦ gdenck ◦ dar ◦ an ◦ das ◦ dv ◦ vnsser ◦ mvoder ◦ bist ◦ anoa) ◦ m ◦ cccc ◦ lxxx ◦ iiiib)

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Bei der zum Teil zerdrückten, unsauber ausgeführten und wackeligen Schrift mit ihren gegen Textende immer länger werdenden Wortabständen handelt es sich um die von Tilmann bevorzugt verwendete Type2). Als Worttrenner dienen Rauten.

Namensansage3), Funktionsbezeichnung sowie die Sonderform der Marienanrufung4) sind ebenso charakteristisch für die Glockeninschriften Tilmanns wie die fehlende Gießernennung für sein Spätwerk. Dagegen ist das Relief der Muttergottes auf der Mondsichel5) bislang nur auf der Rheinböllener Glocke nachweisbar.

Textkritischer Apparat

  1. Sic!
  2. Die restlichen 13 cm bis zum Textbeginn sind unbeschriftet.

Anmerkungen

  1. Angaben nach Köster, Neue Studien; Gewicht nach DGA 1800 kg.
  2. Vgl. dazu Köster, Tilman von Hachenburg 33.
  3. Vgl. zum Folgenden ebd. 36ff.
  4. Vgl. dazu Nrn. 37 und 40. – Diese Formel taucht wenig später auch auf den Glocken seines Schülers Johann von Andernach auf, der vermutlich bereits „beim großen Rheinböllener Guss von 1484 dem alten Meister (...) zur Seite gestanden hat“, so Köster, Neue Studien 85. Möglicherweise wurde zum selben Zeitpunkt von beiden eine zweite etwas kleinere Glocke hergestellt, die 1696 umgegossen wurde; vgl. dazu Köster, Nachlese 8f.
  5. Vgl. dazu ebd.

Nachweise

  1. Junges, Rheinböllen.
  2. Busley, Kunstdenkmäler Simmern 238 (teilw.).
  3. DGA Nürnberg, Karteiblatt mit Foto Nr. 3625.
  4. Köster, Neue Studien 81 mit Abb. 1.
  5. Schellack, Verzeichnis 543.
  6. Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 810.

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 47 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0004708.