Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 39 Mengerschied, Evangelische Kirche 1479

Beschreibung

Glocke des Meisters Clais von Echternach. Die Glocke wurde 1942 ausgebaut und zu Kriegszwecken ins Hamburger Glockenlager abgegeben (Inv.-Nr. 15/25/282 B); sie kehrte nach Kriegsende zurück und hängt heute im Glockenturm der 1842/43 neuerbauten Saalkirche. Kleine Glocke mit einzeiliger Schulterumschrift zwischen Rundstegen. Vor maria und clais anstelle von Worttrennern kleine Reliefs (2,5 x 5,5 cm) mit der Darstellung des hl. Erzmärtyrer Stephanus im Gewand eines Diakons mit Evangelienbuch in der linken und (vermutlich) Steinen in der rechten Hand. Gewicht1) ca. 300/350 kg, Schlagton ais’.

Maße: H. 86, Dm. 84, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Brunhild Escherich) [1/8]

  1. maria heise ◦ ichalle bos veder ◦ verdribe + ichclais von ◦ echternach + gos ◦ mich ◦mcccclxxixa)

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Als Worttrenner der konventionell ausgeführten, teilweise „verdrückten“ Minuskel dienen die für den Gießer typischen unregelmäßig gesetzten Tatzenkreuze und Rosetten.

Bei dem Glockengießer handelt es sich um den gut bezeugten Trierer Meister Clais von Echternach, dem hauptsächlich im Gebiet des Bistums Trier zwischen 1471 und 1499 fast 50 Glocken zuzuschreiben sind2). Inzwischen hat sich die Zahl der Echternach-Glocken auf 59 bis zum Jahr 1501 erhöht3). Die Inschrift kombiniert mit Namensansage, Wetterformel und Gießervermerk Elemente des zeitgenössisch häufig verwendeten Rheinischen Glockenspruches. Die Glocke4) gehörte offensichtlich zur spätgotischen Ausstattung der Ende des 11. Jahrhunderts erstmals genannten, auf einer Anhöhe vor dem Ort gelegenen Kirche St. Walpurgis, für die 1469 eine Stiftung zugunsten eines Stephansaltars bezeugt ist. Über den Neubau einer zweiten, 1608 erstmals bezeugten Kirche im Ort selbst dürfte die Glocke an ihren heutigen Standort gelangt sein.

Textkritischer Apparat

  1. mcccl xxix Kdm.

Anmerkungen

  1. Angaben nach Schellack, Verzeichnis 542; Gewicht nach DGA 329 kg.
  2. Vgl. dazu Poettgen, Trierer Glockengießer 87–95.
  3. Freundlicher Hinweis von Jörg Poettgen, Schreiben vom 3. März 2009.
  4. Vgl. zum Folgenden Kdm. 648ff. und Schellack 93ff. – An der Stelle der bereits 1750 als „gantz zerfallen“ bezeichneten, Mitte des 19. Jh. endgültig abgebrochenen Walpurgiskirche steht heute die Leichenhalle des Friedhofes.

Nachweise

  1. DGA Nürnberg, Karteiblatt mit Foto F 6904.
  2. Schellack/Wagner, Kirchen und Kapellen 23.
  3. Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 648.
  4. Schellack, Mengerschied 106.

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 39 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0003905.