Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)
Nr. 36 Niederburg, Katholische Pfarrkirche St. Stephan 1477
Beschreibung
Glocke des Meisters Tilmann von Hachenburg. Glockenstuhl, südliche Glocke. Große Glocke mit einzeiliger Schulterumschrift zwischen Rundstegen, darunter und darüber ein umlaufender Rundbogenfries mit ausgelegtem Maßwerk und traubenförmig stehenden bzw. abhängenden Ornamenten. Der Textbeginn wird durch ein gleicharmiges Blumenkreuz markiert. Genau darunter befindet sich auf der Flanke ein dreiteiliges Pilgerzeichen der Aachener Marien-Wallfahrt1) und gegenüber von diesem ein reliefiertes Brustbild der Muttergottes mit Kind in einem giebelförmig abgeschlossenem Rahmen2). Gewicht3) 1000 kg, Ton e’.
Maße: H. 105, Dm. 126, Bu. 2,6 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
+ maria ◦ heysczen ◦ ich ◦yn ◦ erre ◦ goddes ◦ lvden ◦ ich ◦alle ◦ bosse ◦ wedder ◦ ver ◦ dryben ◦ ich ◦anno ◦ domini ◦ milesemoa) ◦ qvatragesemoa) ◦ dvsente cccc ◦ l ◦ xxviib) ◦
Versmaß: Deutsche Reimverse.
Textkritischer Apparat
- Sic!
- CCCLXXVII Rhein. Antiquarius; ccccxxvii Lehfeldt.
Anmerkungen
- Große Form, Variante 1; vgl. dazu Köster sowie Nr. 4 Anm. 2.
- Ausführliche Beschreibung bei Köster 89f. – Das Originalrelief befindet sich – nach Köster – im ehemaligen Deutschen Museum und heutigen Kunstgewerbe-Museum zu Berlin (Inv.-Nr. 1461).
- Angaben nach Köster.
- Köster 33.
- Vgl. die folgende Nr.
Nachweise
- Rhein. Antiquarius II 7, 283.
- Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 600.
- Köster, Tilman von Hachenburg 157.
Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 36 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0003601.
Kommentar
Trotz einiger schräg stehender Buchstaben ergeben die gleichmäßig gesetzten Minuskeln aus Tilmanns Standardschrift4) ein einheitliches Schriftbild. Als Worttrenner dienen große Rauten.
Der fehlende Gießervermerk ist typisch für die späteren Glocken des zwischen 1444 und 1486 tätigen Glockengießers. Obwohl Tilmann sowohl bei der Gestaltung der Glockenzier als auch bei der Wahl des Textes in der Regel aus einem bestimmten Repertoire schöpfte, sind das auf den Namen der Glocke anspielende Muttergottes-Relief sowie die auffällige (nur teilweise durchgeführte) bilinguale Doppeldatierung nur auf dieser Niederburger Glocke nachweisbar. Möglicherweise hängt ihr Guss – wie auch der ihrer im gleichen Jahr hergestellten Schwesterglocke5) – mit dem Mitte des 15. Jahrhunderts erfolgten Umbau der damals von dem Stift St. Martin in Oberwesel aus betreuten Kirche zusammen.