Inschriftenkatalog: Die Inschriften des Rhein-Hunsrück-Kreises II

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 79: Rhein-Hunsrück-Kreis II (2010)

Nr. 25 Kirchberg, Katholische Pfarrkirche St. Michael 1439

Beschreibung

Grabplatte des Pfarrers Johannes (aus Rehborn? bzw. von Eich?). Die seit unbekannter Zeit als Mensa des barocken Hochaltars dienende Platte1) konnte vom Bearbeiter am 30. Januar 1998 erstmals gereinigt und vollständig autopsiert werden2). Große hochrechteckige Platte aus rötlich-braunem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien, im sonst schmucklosen Feld in Ritzzeichnung ausgeführte Figur des Verstorbenen im priesterlichen Gewand3), vor der Brust mit beiden Händen den Kelch haltend. Der Kopf ist vertieft in Flachrelief ausgeführt. Etwas mehr als die vordere Hälfte der Platte wurde für ihre Funktion als Mensaplatte abgearbeitet, an den Ecken mit vier Weihekreuzchen und in der Mitte mit einem (ehemals durch eine Platte verschlossenen) Sepulcrum versehen.

Maße: H. 230, B. 123, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Dr. Eberhard J. Nikitsch) [1/3]

  1. [anno d(omi)ni] mo ◦ cccc ◦ xxxix / [i]p(s)o ◦ die ◦ diuisionis ◦ ap(osto)lor(um) ◦ obiit ◦ d(omi)n(u)s ◦ i(o)h(ann)es / de ◦ roburea) [- - - / - - -]

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1439 am Festtag der Scheidung der Apostel (15. Juli) starb Herr Johannes von Robur (...).

Kommentar

Die tief eingehauene Minuskel zeigt als Besonderheit i mit i-Punkt und gebrochenes Bogen-r bei apostolorum. Als Worttrenner dienen Quadrangel.

Bei dem Verstorbenen handelt es sich um einen bislang unbekannten, in Kirchberg tätigen Pfarrer Johannes4), der entweder dem naheländischen Ort Rehborn (Lkrs. Bad Kreuznach) oder dem Adelgeschlecht von Eich entstammte5). Offen bleibt, ob seine auffällig gestaltete Grabplatte6) bereits dem um die Mitte des 15. Jahrhunderts beginnenden Umbau der alten Kirche zur heutigen spätgotischen Hallenkirche zum Opfer fiel oder ob sie erst im Jahr 1750 bei der Errichtung des heutigen Hochaltars als Altartisch verwendet wurde.

Textkritischer Apparat

  1. Letzter Buchstabe unsicher.

Anmerkungen

  1. Die im Verlauf der Jahre 1967/68 in der Kirche stattgefundenen Renovierungsarbeiten führten an dem 1750 errichteten Hochaltar zum Abbau der Altaraufbauten (vgl. Müller-Dietrich, Michaelskirche Abb. 28) und zur Entdeckung der „völlig unkenntlich gewordenen spätgotischen Grabplatte“ (Kdm. Rhein-Hunsrück 1, 541), die aber nach der Restaurierung des Hochaltars (vgl. Kdm. Rhein-Hunsrück 1, Abb. 480) ohne weitere Nachforschungen wieder zugesetzt wurde.
  2. Mein herzlicher Dank gilt Herrn Dechant Johannes Flöck, dem damaligen Pastor von St. Michael, der nach einer ersten erfolgversprechenden Untersuchung der Mensaplatte durch den Bearbeiter am 10. Oktober 1994 am 29. Januar 1998 den Hochaltar fachgerecht abbauen und die im rückwärtigen Teil von den Aufbauten verdeckte und mit Mörtel überstrichene Grabplatte freilegen ließ; vgl. dazu die mit Abbildungen versehenen Presseberichte „Altar verbarg Kunstschatz“ (Rhein-Hunsrück-Zeitung Nr. 26 vom 1. Februar 1998) und „Verschollener Amtsbruder zeigte sich nach 500 Jahren“ (ebd. Nr. 28 vom 3. Februar 1998) sowie den ausführlichen Bericht des Pastors.
  3. Albe und Kasel, Manipel über der linken Hand.
  4. Er wird in der von Zwiebelberg, Bürger und Einwohner Kirchberg 197 zusammengestellten Liste der Pfarrer nicht aufgeführt.
  5. Vgl. zur denkbaren Ableitung des Namens aus Röbure bzw. Rebure Kaufmann, Ortsnamen 112. – Daneben ist es aber nicht auszuschließen, daß es sich bei robur um die latinisierte Namensform für Eich handelt (robur = Eiche) und Johannes dem Adelsgeschlecht von Eich angehörte; freundlicher Hinweis meines Kollegen Dr. Harald Drös vom 6. April 2010.
  6. In Ritzzeichnung ausgeführte Grabplatten mit reliefierter Kopfpartie lassen sich im Rheingau und am Mittelrhein seit der Wende vom 14. zum 15. Jh. nachweisen; vgl. dazu DI 60 (Rhein-Hunsrück-Kreis 1) XXXIXf.

Nachweise

  1. Flöck, Pfarrer 180 mit Abb.
  2. Nikitsch, Geschichte 47 mit Abb.
  3. Kern, Kirchberg 9 mit Abb. S. 10.

Zitierhinweis:
DI 79, Rhein-Hunsrück-Kreis II, Nr. 25 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di079mz12k0002504.