Inschriftenkatalog: Rems-Murr-Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 37: Rems-Murr-Kreis (1994)

Nr. 315 Schorndorf, Museum, Kirchplatz 9 1650

Beschreibung

Gedenktafel für Daniel Steinbock. Außen an der Nordwand der ehemaligen Lateinschule. Hochrechteckige Platte mit profiliertem Rahmen, durch eine Leiste in zwei ungleich große Felder geteilt, als Einfassung zu beiden Seiten ein schmales Schuppenfries, im unteren Teil mit aufgelegten Masken. Im oberen Feld die eigentliche Gedenkinschrift in gestaffelt zur Mitte ausgerichteten Zeilen (A); im unteren Feld oben in der Mitte Vollwappen in Lorbeerkranzmedaillon, links und rechts davon Schriftblöcke mit biographischen Notizen (B), unten Versinschrift mit paarweise eingerückten Zeilen (C). Weißer Sandstein, Schrift eingehauen und schwarz nachgezogen.

Maße: H. 165, B. 133, Bu. (Kapitalis) 5,0, (Minuskelschriften) 1,8–2,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis, schrägliegende Kapitalis1 (A), schrägliegende humanistische Minuskel2, humanistische Minuskel3 (A), Fraktur (A, B, C).

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

    D(eo) O(ptimo) M(aximo) S(acrum) /Memoria Liberalitatisa). /DANIELIS STEINBOCKII, /Civis et Senatoris Reip(ub)l(icae)b) Argentoratensis Pri=/marij, est Domus Jsthaecc) Proprijs eius Sumptibus /e fundamentod) extructa. /Anno /1 6 5 0. /Proverb: 10 Vers: 7. /Das gedächtnus desz Gerechten Bleibet im Seegen, /Aber der Gottlosen Nahm würdt Vergehen.4)

  2. B

    Anno 1579, den 8. Octobr(is)b) / ist Herr Daniele) Stainbockh / Jn der Pfarrkirchen / zue Schornbach, disz / Schorndorffer Ampts / getäufft worden. /Dessen Vatter ist ge=/wesen Jacob Stainbock / Burger zue gedachtem / Schornbach, Seine / Muotter Margretha / Hornickhin von Hein=/ingen5), Beede Gott ergeben.

  3. C

    Die Eüferige Sorg, Zur blüeh der Zardten Jugendt, /Der Trib Zu Gottes Ehr, der Lust Zu Aller Tugendt, /Die Eingepflanzte Lieb, Vnd Gmüetf) Zum Vatterlandt, /Haben von Straszbururgg) ausz Herrn Daniel Steinbockhs handt /Sein Hertz vnd Gmüet Zugleich, sehr Cräfftiglich g’regieret, /Dasz Er vff Aigen Cost, Disz Hausz von Grundt Auffiehret, /Weil Gott Jhn nit begabth), mit Aygener Leibes Frucht, /So steht sein Denckhmahl hie, Zu vihleri) Kinder Zucht, /Darumb so Lang die Stain disz Hauses Vffrecht stehen, /Herrn Steinbocks Milttigkaitk), würdt gewiszlich nit vergehen

Übersetzung:

Dem besten und größten Gott geweiht. Als Denkmal für die Großzügigkeit Daniel Steinbocks, vornehmen Bürgers und Ratsherrn der Reichsstadt Straßburg, ist dies Haus hier auf dessen eigene Kosten von Grund auf erbaut worden im Jahre 1650.

Versmaß: Deutsche Reimverse (C).

Wappen:
Steinbock6.

Kommentar

Die Tafel wurde in der Stuttgarter (?) Werkstatt der Söhne Jeremias Schwartz’ ausgeführt, wie Schriftformen und Art des Ornaments eindeutig belegen. Auffällig ist die Verwendung von fünf verschiedenen Schrifttypen. Die schrägliegende Kapitalis hat als charakteristisches Merkmal ein epsilonförmiges E mit Schleifenbildung im oberen Bogen. Die Neigung zur Schleifenbildung zeigt sich besonders an den ausgezogenen Ober- und Unterlängen der Frakturschrift, vor allem bei b, g und h. Daniel Steinbock war Gastwirt zum Falkenkeller in Straßburg und Mitglied des Geheimen Rats der Stadt. Die Tafel wurde noch 1650 angefertigt. Ein Teil des Briefwechsels zwischen dem Schorndorfer Magistrat und Steinbock aus den Jahren 1649/50 ist erhalten7. Demnach hat Steinbock für den Wiederaufbau der beim Stadtbrand 1634 zerstörten Lateinschule 1000 fl zugesagt unter der Bedingung, daß sein Nahmen vnnd Wappen in Stein eingehawen vnd in die Mawer zu einer stetten gedächtnus gesetzt werde, später legte er auf schlichte Ausführung ohne ohnzeitige jaktanz Wert8. Der erste Textentwurf wurde nach Straßburg geschickt. Er enthielt noch eine alternative Kurzfassung, die aber offenbar nicht den Beifall Steinbocks fand9. Die leichten Abweichungen vom Entwurftext, die wohl auf Steinbock zurückgehen, sind im Apparat ausgeworfen. Sie sind bereits im ersten Aufriß der Platte berücksichtigt, der ebenfalls an Steinbock gesandt wurde. Diese Entwurfskizze zeigt schon die spätere Anordnung der einzelnen Inschriften und die verschiedenen Schriftarten sowie den ausgesparten Platz für das Wappenmedaillon. Im zweiten und endgültigen Aufriß ist dann das von Steinbock erbetene Wappen eingezeichnet. Zusätzlich eingefügt wurden erst in diesem Stadium die biographischen Angaben, sie waren demnach ursprünglich nicht vorgesehen und wurden wohl auf ausdrücklichen Wunsch des Stifters nachträglich eingesetzt10. Auf die auführende Werkstatt, die vermutlich die beiden Aufrisse geliefert hat, findet sich im ganzen Briefwechsel kein Hinweis.

Textkritischer Apparat

  1. Liberalitatis perpetuae Textentwurf (Nr. 7/1).
  2. Doppelpunkt als Kürzungszeichen.
  3. haec Textentwurf (Nr. 7/1).
  4. e fundamento fehlt im Textentwurf (Nr. 7/1).
  5. Der Vorname in humanistischer Minuskel.
  6. gunst Textentwurf (Nr. 7/1).
  7. Sic!
  8. Weil er nit ward begabt Textentwurf (Nr. 7/1).
  9. Zu vihler zusammengeschrieben.
  10. Nam und Rhum Textentwurf (Nr. 7/1).

Anmerkungen

  1. Zeile 3.
  2. Zeilen 2 und 9.
  3. Zeilen 4 bis 7.
  4. Spr 10, 7.
  5. Heiningen, Stadt Backnang.
  6. Steigender Steinbock, in den Vorderläufen ein Kleeblatt haltend.
  7. Lateinschule, Steinbockstiftung (wie Lit.); vgl. Rösler, Stiftung 33–38.
  8. Erstes Schreiben Straßburg 1650 I 9 (Lateinschule, Steinbockstiftung Nr. 2), zweites Schreiben 1650 V 24 (ebd. Nr. 3). Eine weitere Stiftung machte Steinbock für die Kirche seines Heimatorts Schornbach. In der dortigen Kirche ist ein Tafelgemälde mit Gedenkinschrift von 1654 erhalten.
  9. Lateinschule, Steinbockstiftung Nr. 7/1: Die trewe Sorg zur Jugent lehr / Des Geistes trib zue Gottes Ehr / D’ Natürlich lieb zum Vatterland / haben erregt die günstig hand / Daniel Steinbockhs des milten herrn / Daß er von Straßburg auß so fern / Erbawen lasst diß schöne haus / Auff eigne Cost von grund heraus. / Weil er selbs hett kein leibes frucht / Stiffts er zue viler kinder Zucht. / Darumb so lang ein stein hie steht, / Herrn Steinbockhs Denckhmahl nit vergeht.
  10. Im handschriftlichen Entwurf (Lateinschule, Steinbockstiftung Nr. 7/3) mit hellerer Tinte, aber von gleicher Hand nachgetragen; in gleicher Tinte auch die endgültigen Maßangaben am Rand: Höhe 4 Schuh 10 Zoll, Breite 4 1/2 Zoll; vgl. auch Rösler, Stiftung 36. – An der Südwestecke des Schulgebäudes sind auf die Südseite eines Eckquaders einzelne Symbole, Buchstaben und die Jahreszahl 1650 eingehauen: IH · S / SN / 1650, links davon die Ziffer 6 und ein Hammer, rechts ein Hufeisen; der Balken des H ist mit einem Hochkreuz besetzt. Die Bedeutung ist unklar.

Nachweise

  1. Schorndorf, Stadtarchiv, Aktenfasz. „Lateinschule, Steinbockstiftung“ (o. Sign.) Nr. 7/1: Textentwurf mit alternativer Kurzfassung [zwischen Jan. u. Okt. 1650]; Nr. 7/2: erste Entwurfskizze [1650 X 3]; Nr. 7/3: zweite Entwurfskizze [Okt. 1650].
  2. Ehehafften-Buch (Schorndorf, Stadtarchiv) fol. 62rv.
  3. Schmid, Etwas Historisches 25v–26v. –Rösler, Lateinschule 25f. (Abb.).
  4. Ders. Stiftung 35f. (Abb.).
  5. Reichert nr. 133.
  6. Wandel, Schorndorfer Inschriften nr. 68.
  7. Kdm Rems-Murr 953.
  8. Fischer, Lebensbilder 144.

Zitierhinweis:
DI 37, Rems-Murr-Kreis, Nr. 315 (Harald Drös, Gerhard Fritz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di037h011k0031507.