Inschriftenkatalog: Rems-Murr-Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 37: Rems-Murr-Kreis (1994)

Nr. 299 Waiblingen, Untere Apotheke, Kurze Straße 22 1640 (?)

Beschreibung

Gedenkinschrift. Außen im Erdgeschoß der Giebelfassade in die Wand eingelassene querrechteckige Tafel mit breitem Rahmen. Im Feld 12-zeilige vorliniierte Versinschrift, auf dem rechten Rand vier Jahreszahlen. Rotbrauner Sandstein, Schrift eingehauen und nach alten Farbresten 1981 dunkelgrau ausgemalt. Die Tafel ist vielleicht eine Replik des 18. Jahrhunderts, nach Zachers Chronik war die ursprüngliche Inschrift in erhabener Schrift ausgeführt1.

Wortlaut nach dem derzeitigen Befund.

Maße: H. 67, B. 125, Bu. 5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. DER LOBLICH KAISER FRIDERICH. /ROTBART. GENANT. HAT. ZIRET. MICH. // 1164 /FERDINAND. DES ANDERN. KRIGESMACHT.HAT. MICH. UMB. ALLEN. WOLSTAND. BRACHT. // 1634 / EBERHARD. DER. DRIT. ZU WURTEMBERG · /SCHUZT. WIDR. TUT. EIN. FURSTLICH. WERCK // 1638 /WOLFGANG ZACHER. DER. ERST. AMPTMAN(N). /FANGT. WIDER. HIER. ZU BAWEN. AN. // 1640 / UND. DIS. HAUS. IST. DAS. ERST. GESEIN. /GIENG. NACHMALS. WIDER. AUF. GAR. FEIN. /NAM. ZU. UND. BESSERT MICH. SEHR. WOL. /DESSEN. ICH. GOT. STEETS. DANCKEN SOL.

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Vom Schriftbefund her gibt es keinen Grund, an der Herstellung der Inschrift in ihrer heutigen Gestalt in der Zeit um 1640 zu zweifeln. Die konsequente Verwendung des U anstelle des V sowie der Ziffer 1 mit übergeschriebenem Punkt sind Merkmale, die in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts allmählich häufiger auftreten; U mit durchgezogener rechter Haste begegnet etwa auch auf der Grabplatte des Caspar Zacher von 1644 (nr. 306). A hat einen geknickten Mittelbalken. Die Wörter sind – nicht ganz regelmäßig – durch kleine Striche auf der Grundlinie voneinander getrennt.

Die Inschrift nimmt Bezug auf die Translation der Gebeine der Hl. Drei Könige von Mailand nach Köln im Jahr 1164. Nach der Unterwerfung Mailands durch Kaiser Friedrich I. brachte sein Kanzler Rainald von Dassel die Reliquien nach Deutschland, wobei sie auf ihrer Station in Waiblingen im Vorgängerbau der Apotheke untergebracht gewesen sein sollen2. Die Nennung Kaiser Ferdinands II. spielt auf die Zerstörung Waiblingens 1634 durch die kaiserlichen Truppen an, die Nennung Herzog Eberhards III. auf die Wiederaufbaupläne, die dann ab 1640 von Wolfgang Zacher realisiert wurden. Zacher war 1635 Stadtschreiber in Markgröningen, dann 1636 bis 1641 Stadt- und Amtsschreiber und 1638 bis 1642 gleichzeitig Untervogt von Waiblingen, er ist der Verfasser der Waiblinger Chronik von 16663.

Anmerkungen

  1. Zacher ed. Glässner 164. Daß bei der Erneuerung der Inschrift (um 1771?, damals neuer Fachwerkaufbau, vgl. Kdm Rems-Murr 1185) die alte Schrifttafel wiederverwendet wurde, wie Glässner ebd. 154, 164 vermutet, ist nicht sehr wahrscheinlich.
  2. G. S., Die 3 heiligen Könige in Waiblingen, in: Schwäbischer Merkur 418/1903.
  3. Pfeilsticker §§ 2599, 3016, 3021. Zur Person Zachers vgl. ferner Zacher ed. Glässner 13ff.

Nachweise

  1. Sattler, Hist. Beschr. 56.
  2. OAB Waiblingen 96.
  3. Zacher ed. Glässner 164.

Zitierhinweis:
DI 37, Rems-Murr-Kreis, Nr. 299 (Harald Drös, Gerhard Fritz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di037h011k0029902.