Inschriftenkatalog: Rems-Murr-Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 37: Rems-Murr-Kreis (1994)

Nr. 256 Winnenden, ev. Schloßkirche St. Jakobus 1608

Beschreibung

Grabdenkmal des Deutschordens-Komturs Johann von Gleichen. Innen an der Südwand des Chors. Ädikula: als Aufsatz Rollwerkkartusche mit Relief von Gottvater und Christus als Weltenherr, bekrönt und flankiert von drei allegorischen Frauenfiguren; im Hauptgeschoß die vollrunde Figur des Verstorbenen im Harnisch, auf einem Löwen stehend, der Helm zu Füßen (die Fahne oder Hellebarde in der erhobenen Rechten ist abgebrochen); als Rahmung zwei freistehende Säulen auf hohen viereckigen Postamenten, auf der Stirnseite mit einer Ahnenprobe zu je acht Vollwappen belegt, alle Wappen mit Ausnahme der beiden unteren (heraldisch) links mit Beischriften versehen; in der Sockelzone zwischen Volutenkonsolen eine querrechteckige rollwerkgerahmte Schriftkartusche mit zwei Schrifttafeln nebeneinander (Schrift langzeilig durchlaufend). Grauer Sandstein, Schrifttafeln aus Schiefer mit vergoldeter Schrift. Beide Schrifttafeln verloren, die linke zuletzt bis zum Kirchenumbau 1980 lose beigestellt.

Wortlaut der linken Hälfte nach Foto1.

Maße: H. 465, B. 225, Bu. 2,5 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. Anno Domini 1608 den 6 Februarij abents // [. . .] // Veste vnd Gestreng Herr Johan von Gleichen Teutsch // [. . .] // vnd Comenthur zu Wienenden · vnd wurde den // [. . .] // seines alltters 81 Jhar der Allmechtig Gott wolle // [. . .] // auszerwelten ein Fröliche vfferstehung vns // [. . .] // verleihen Amen. Deszen zu Christ seliger gedecht//[nus . . .] // Gestrengen vnd vesten. seine freundliche liebe Ge//[mahlin . . .] // [. . . .] ṿọṇ Beringen zu Pattichendorf2) vff Schieben3) vnd wei//[. . .]

  2. Wappenbeischriften in Kapitalis:
    GLEICH//EN4) BERI//NG5) 
    SCHVTZEN6) DOPF7) 
    BRANDSTEIN8) SCHO9) 
    REICHEN10) BREIT11) 
    COL//LEN12) GVTENSHAVSE/N13) 
    REI//SEN14) RODER15) 
    BVNA//W16) unbekannt17) 
    WO//RM18) Hagenest19) 

Kommentar

Johann von Gleichen soll sich als Winnender Deutschordenskomtur in den Türkenkriegen besonders hervorgetan haben. Später zeichnete er sich durch ein gutes Verhältnis zu den Winnender Bürgern aus. Entgegen den Ordensregeln war er evangelisch und verheiratet20. Auf dem Grabmal ist ihm auffälligerweise das Deutschordenswappen nicht beigegeben. Die überlieferten Fragmente der Grabschrift deuten darauf hin, daß seine Witwe das Grabdenkmal in Auftrag gegeben hat. Es ist ein Werk des Bildhauers Jakob Müller21.

Anmerkungen

  1. LDA Stuttgart, Fotoarchiv (o. Neg.-Nr.). Auf dem Foto (stark verkleinert abgeb. in Kdm Rems-Murr 1546) ist der Text nur mit Mühe zu entziffern; ferner ist eine leichte Beschädigung der Platte links oben zu erkennen. Die Textwiedergabe Börners von 1923 ist sehr ungenau und verkürzend, sie wurde nur ergänzend herangezogen.
  2. Battgendorf, nö. Kölleda (LKr. Sömmerda/Thüringen).
  3. Schieben (LKr. Naumburg/Saale).
  4. Siebmacher SchwA 10 Taf. 6. – Börner 208 geht irrtümlich davon aus, daß die Wappen den damaligen Mitgliedern der Deutschordenskommende Winnenden gehörten.
  5. Beringen (sächsisch-thüring. Adel), vgl. Siebmacher ThüA 3 Taf. 2; die Gürtelschnalle hier mit einer Rose (?) belegt.
  6. Schütz (Thüringen), vgl. Siebmacher SchwA 27f. Taf. 19.
  7. Töpfer (Thüringen), vgl. Siebmacher Si 1 Taf. 160 und ThüA 108 Taf. 85. Die Helmzier hier abweichend: Laubbaum.
  8. Brandenstein.
  9. Zwei Krebsscheren nebeneinander; Helmzier: zwei Schröterzangen über Helmkrone. Nicht identifiziert.
  10. Zwei Balken, der obere mit drei, der untere mit zwei Hufeisen belegt; Helmzier: Stulphut zwischen Flug. Nicht identifiziert.
  11. Rund gekrümmter Lindwurm (?) mit Kleeblatt (?) im Maul; Helmzier: Schildfigur. Nicht identifiziert.
  12. Zwei Schafscheren nebeneinander; Helmzier: Hahnenfederbusch. Gleiches Wappen s. v. „Kellech“ in Siebmacher Si 1 Taf. 147 (Thüring. Adel).
  13. Hockender Bär mit Halsring; Helmzier: Schildfigur über Helmkrone. Nicht identifiziert.
  14. Frau mit langen Zöpfen; Helmzier: Hahnenfederbusch über Helmkrone. Nicht identifiziert.
  15. Deckelportal; Helmzier: Pokal über Helmkrone. Nicht identifiziert.
  16. Bünau (Böhmen/Sachsen), vgl. Siebmacher Sa 1 Taf. 1.
  17. Schräglinksbalken, begleitet von zwei Rosen; Helmzier: zwei gestielte Rosen über Helmkrone.
  18. Wurmb (Thüringen), vgl. Siebmacher Sa 53 Taf. 62.
  19. Sächsischer Adel, vgl. Siebmacher SaA 62 Taf. 39; Helmzier hier etwas abweichend: zwei Reihen zu je sechs Straußenfedern.
  20. Kurzbiographie bei Börner 208ff.
  21. Vgl. Fleischhauer, Renaissance 361.

Nachweise

  1. Börner 208.

Zitierhinweis:
DI 37, Rems-Murr-Kreis, Nr. 256 (Harald Drös, Gerhard Fritz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di037h011k0025603.