Inschriftenkatalog: Rems-Murr-Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 37: Rems-Murr-Kreis (1994)

Nr. 235 Waiblingen, ev. Stadtkirche St. Michael 1600

Beschreibung

Grabdenkmal der Eheleute Bernhard und Maria Grimmeisen und ihrer Kinder. Außen an der Nordwand des Marienchors. Mehrteiliges Grabmal mit ädikulaähnlichem Aufbau. Bekrönung (mit Wappen?) fehlt; auf dem Kranzgesims vorn in der Mitte und auf dem Architrav Bibelspruch (A); Hauptgeschoß mit seitlichen Rollwerkausladungen, im Feld Kruzifixus (mit zerstörtem Titulus) zwischen zwei hohen Schrifttafeln (B, C); unter dem Kreuz kniend und betend kleine vollplastische Figuren der fünf Söhne und der drei Töchter, alle mit herzförmig-ovalen Schriftkartuschen (D-L) sowie teilweise mit eingehauenen Sterbekreuzen über den Köpfen bezeichnet; im Sockelgeschoß, durch ein schmales Sims getrennt, zwei Bibelsprüche (M, N). Zugehörig die zwei knienden Figuren des Ehepaars auf seitlich angefügten beschrifteten Postamenten; nur die Inschrift unter der Figur der Frau (O) ist noch teilweise erhalten. Alle Teile aus gelbem Sandstein, starke Verwitterungs- und Stoßschäden, alle Figuren verstümmelt; die Figur der Frau jetzt ganz nach links versetzt.

Maße: H. 222, B. (ohne die seitlichen Figuren) 162, Bu. 1,9 (A), 1,9–2,5 (B, C, M, N, O)1, 1 cm (D–L).

Schriftart(en): Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/8]

  1. A

    GALAT(ER) 6 · //ES SEY FERN VON MIR RVHMEN DEN(N) ALLAIN VOM CREVTZ IESV CHR(IST)I2)

  2. B

    VFF DEN · 22 / TAG AVGVSTI / A(NNO) D(OMINI)a) 1600 ST/ARB DER EERNN/VESST VND MA/NNHAFFT HERR / BERNHARDT GR/IMEISIN F(V̈RSTLICH) W(IRTEMBERGISCHER)b) HA/VPTMAN BVRGER / ALLHIE SEINES ALLT/ERS · 47 · IAR VND / WIRTEMBERGIS/CHER DIENNER 15 / IAR WELLCHEM / GOTT GNEDI/G SEIN WOLLE · / AMEN(N) ·

  3. C

    VFF DEN / 〈. .〉 TAG 〈. . . ./. .〉 ANNO DOMIN/I 〈. . . .〉 STARB / DIE EHREN / TVGENTREICHE / MARIA EHRNN / VERMELLTEN HE/RRN GRIMMEIS/ENS HAVSSFRAW / IRES ALLTERS / 〈. .〉 IAR DERENN / SEELEN GOTT / GNEDIG SEIN W/OLLE VND VNS AL/LENN AM/ENN

  4. D

    LVDWIGc) / SEINES[.] / ALTERS / 5 / IAR // +

  5. E

    [B]ERNH[A]/RDT SEIN/ES ALTERS / 〈. .〉 / IAR

  6. F

    MELC[H]E/R LVDW/IG SEINES / ALTERS / 1 / IA[R] // +

  7. G

    [SE]BAS/[T]IAN / SEINES A/LLTERS / 12 / WO(CHEN) // +

  8. H

    E[. . . .]Ṣ/[.]BAṢTIA[N]d) / SEINES ALL/TER[S] / 〈. .〉 / IAR

  9. I

    BARB/BRA / IRES ALLT/ERS / 〈. .〉 / IAR

  10. K

    AṆṆA / MA[.]RIAe) / IRES ALLTE/RS / 4 / IAR // 〈+〉

  11. L

    KATTRI/NA / IRES ALTTE/RS / 〈. .〉 / IAR

  12. M

    DARVMB SEYT BEREIT DEN(N) · DES MENSCHEN SON / WIRT KOMMEN ZV EINER STVND / DA IR NICHT MEINET MATTHE(VS) · 24 ·3)

  13. N

    WIR WISSEN SO VNSER IRRDISCH HAVS / DIESER HV̈TTEN ZERBROCHEN WVRDT / DAS WIR EIN BAW HABEN VON GOTT ERBAWT / EIN HAVS NITc) MIT HÄNDEN GEMACHT / SONDERN DAS EWIG IST IM HIMMEL · 2 COR(INTHER) · 5 ·4)

  14. O

    GOTT IST MEIN TROS[T]

Kommentar

Die Kapitalis weist einige Eigentümlichkeiten auf: alle Bogensporen stehen senkrecht zum Bogenende (C, G, S), das kreisrunde C ist sehr weit geschlossen, G hat entsprechend einen weit nach unten gezogenen oberen Bogenabschnitt, das untere Bogenende läuft dagegen fast waagrecht auf der Grundlinie aus, die senkrechte, sehr kurze Cauda ist nach links eingerückt. Der untere Balken des E und des L ist auffällig lang und kräftig; R hat einen sehr kleinen Bogen und eine weit nach rechts ausgreifende gewellte Cauda, T ist etwas breiter als lang. All diese Schriftmerkmale kehren wieder – neben Übereinstimmungen in der Ornamentik – auf Grabplatten in Stetten i. R. ( 1614, vgl. nr. 272), in Oppenweiler (nr. 249) und in Aldingen (1619)5, die derselben Werkstatt zuzuweisen sind. Eng verwandt ist auch die Schrift auf der Grabplatte Friedrich Sturmfeders (1597, nr. 219).

Bernhard Grimmeisen (Grüneisen, Greinisen) erscheint 1583 als Fähnrich und während des Türkenkrieges als Kriegskommissar in Ungarn. Von 1586 bis 1593 war er württembergischer Burgvogt, ab 1587 auch Hauptmann der Trabanten in Stuttgart. Von 1595/96 an ist er als Hauptmann von Haus aus in Waiblingen bezeugt6. Die Todesdaten der Witwe Maria Schöck wurden nicht nachgetragen, vielleicht aber das Todesalter und das Sterbekreuz eines nach 1600 verstorbenen (?) Kindes (K).

Textkritischer Apparat

  1. Kürzung durch Doppelpunkt.
  2. Jeweils Kürzung durch Zierschleife, F in Fraktur.
  3. Eberhard Ludwig Reyhing; für den ersten Namen ist aber eindeutig kein Platz.
  4. Erhardt Bastian Reihing; vom Buchstabenbestand wenig wahrscheinlich. Das N war vermutlich nur durch einen Kürzungsstrich angedeutet.
  5. Urschel Maria Reyhing; nach dem Befund unwahrscheinlich.
  6. HAVS NIT ohne Worttrennung.

Anmerkungen

  1. Einzelne Anfangsbuchstaben deutlich vergrößert (4 cm), regelmäßig bei CHR(IST)I und GOTT.
  2. Gal 6, 14.
  3. Mt 24, 44.
  4. 2 Kor 5, 1.
  5. Gde. Remseck a. N., LKr. Ludwigsburg, vgl. DI 25 (Ludwigsburg) nr. 592.
  6. Pfeilsticker §§ 42, 157, 1613; danach auch Glässner, Ergänzungen 71.

Nachweise

  1. Reyhing, Epitaphe 61–64.

Zitierhinweis:
DI 37, Rems-Murr-Kreis, Nr. 235 (Harald Drös, Gerhard Fritz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di037h011k0023504.