Inschriftenkatalog: Rems-Murr-Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 37: Rems-Murr-Kreis (1994)

Nr. 159† Murrhardt, Kloster St. Januarius, neue Abtei um 1550 (?)

Beschreibung

Wandinschrift in der Hofstube der neuen Abtei, vermutlich aufgemalt. Näheres unbekannt.

Wortlaut nach dem Roten Buch des Klosters Murrhardt.

  1. Waltericus der selig ainsidel in groser AndachtBat Gott für die Christen Tag und NachtKaiser Ludwig gfüel S(ankt) Walterichs LehrBat Ine das Er sein Beichtvater wehr.Kaiser Ludwig wolgfiel Walterichs Leben,Hatt Im Ain Meil umbs Closter gegeben,Wald, Wasser, Lant, Guot und Gerichtenzu jagen, fischen und dreyen Pfarr Kürchen,des Schloss Hunaburg war zerbrochen Thurn und MaurenUnd wurden die Stain ans Closter gebawen,das die 12 Brüeder nit wurden uberladen,Und kämen in Unrechte und Schaden,der Kaiser schückht Waltericus gehn Rom mit seiner BottschafftUmb Bestettigung Bäpstlich Gewallts unnd göttlicher KrafftVonn Bapst Stephan ist das Closter bestettigt wordenMit Stäb und Inful laut Benedicts OrdenWalterich mit zwey Cardinal gehn Worms zum Kaiser kamVon Fürsten des Reichs die Freyheit des Closters Nam.Unnd die mit dreyen Kürchen empfingKaiser Ludwig sprach und anfiengWelcher Hertzog, Marggraf, Rütter oder Knechtdas Closter Murrhart entsezt seiner Freyheit und Oberkeit Recht.der soll 100 Marckh Golds zue Straff verfallen seyn,das halb dem Kaißer und halb dem Closter sein,Also ist das Closter geweiht, gebawen und gemachtDrüb Gott würt gelobt Tag und Nacht,Durch Kaiser Ludwig den Edlen Herrn,der gefürdert hat Gotts Lob und ehrn,Als man zallt nach Christi Geburt fürwarAcht hundert zehen und sechs Jahr, 816.

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Eine sichere zeitliche Einordnung der Versinschrift ist nicht möglich, ebenso wenig die genaue Lokalisierung. Zwar könnten die Verse – wie die Inschriften nrr. 136 †, 137 † – im Zuge des Wiederaufbaus der Klostergebäude nach dem Bauernkrieg um 1528 entstanden sein, doch kommt ebenso die Zeit der Wiederbesiedelung des Klosters im Interim unter Abt Carlin 1548–52 in Frage. Eine spätere Entstehung in evangelischer Zeit scheidet wegen des Themas der Inschrift wohl aus. Der Inhalt des Gedichts entspricht genau der Schilderung der Klostergründung durch Kaiser Ludwig den Frommen, wie diese in dem 1550 durch Kaiser Karl V. bestätigten „Stiftungsbrief“ wiedergegeben wird1. Die Bestätigung 1550 könnte der Anlaß zur Anfertigung der Inschrift gewesen sein.

Die genaue Lage der neuen Abtei ist nicht bekannt. Mit der Hofstube könnte aber ein Raum gemeint sein, der sich zum Kreuzganghof hin öffnete. Dann wäre die neue Abtei ein Teil der engeren Klausur gewesen, die sich im Anschluß an die Klosterkirche um den Kreuzgang gruppierte.

Anmerkungen

  1. Vgl. Fritz, Murrhardt im Früh- und Hochmittelalter 37ff.

Nachweise

  1. Rotes Buch des Klosters Murrhardt 19v–20.

Zitierhinweis:
DI 37, Rems-Murr-Kreis, Nr. 159† (Harald Drös, Gerhard Fritz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di037h011k0015906.