Inschriftenkatalog: Rems-Murr-Kreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 37: Rems-Murr-Kreis (1994)
Nr. 74† Murrhardt, ev. Walterichskirche 14.–15. Jh.
Beschreibung
Grabmal des Murrhardter Klostergründers Walterich. Im östlichen Schiffabschnitt über der Sargkammer, ursprünglich wohl eine aufwendige Konstruktion aus einer Deckplatte mit Inschrift und aus einem darüber „schwebenden Stein“, d. h. einer beweglich auf Eisenpfosten gelagerten Platte. Beide Steine – wie auch Teile der Sargkammer – römische Sakralsteine in Zweitverwendung. Der „schwebende Stein“ wurde bereits im 16. Jahrhundert zerstört, die Grabplatte wohl erst 17931. Beschreibungen Widmans und Hummels von etwa 1550 und 16002 zeigen, daß die Platte damals schon nur mehr fragmentarisch erhalten war. Der oben abgerundete Stein trug eine römische Gedenkschrift der Carantia Aelia für ihre Eltern3, folgend darauff … hingegen umbkehrt war die Grabschrift für Walterich eingehauen4. Das halbrunde in drei Teile zerbrochene Kopfstück der Platte wurde 1964 aufgefunden.
Wortlaut nach Widman.
Obiit Walthericus abbas in tertia calend(as) decembris nostris temporibus huius monasterii [. . .]a) huius corpus hic iam est sepultum
Übersetzung:
Es starb der Abt Waltrich am 3. vor den Kalenden des Dezember (29. November) … zu unserer Zeit … Gründer (?) dieses Klosters. Sein Leichnam liegt hier begraben.
Textkritischer Apparat
- Vermutlich fundator zu ergänzen.
Anmerkungen
- Schahl, Neuere Geschichte 250f. Dort auch die Zusammenfassung der bisherigen Forschungsergebnisse zum Walterichsgrab.
- Vgl. Kdm Rems-Murr 619.
- Publiziert u.a. in CIL 6534; Haug/Sixt 583 nr. 404.
- Widman 144.
- Vgl. Schahl, Neuere Geschichte 250f.
- Vgl. auch nr. 69 †.
- Fritz, Murrhardt im Früh- und Hochmittelalter 18–49 zuletzt ausführlich zu den umfassenden Beziehungen der Walterich-Sippe vom burgundischen Raum über das Rhein-Main-Gebiet bis nach Bayern.
Nachweise
- Widman 144.
- Schahl, Neuere Geschichte 250f.
- Kdm Rems-Murr 619f.
- Fritz, Murrhardt im Früh- und Hochmittelalter 32.
Zitierhinweis:
DI 37, Rems-Murr-Kreis, Nr. 74† (Harald Drös, Gerhard Fritz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di037h011k0007401.
Kommentar
Widman überliefert offenkundig nicht mehr die gesamte Inschrift, vermutlich ist nach dem Datum das Todesjahr ausgefallen. Aufzeichnungen aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts, die auf die etwa zwei Jahrzehnte zuvor untergegangene Inschrift Bezug nehmen5, erwähnen deren Ausführung in „Mönchsschrift“, was freilich nach dem damaligen Sprachgebauch sowohl Majuskelschriften als auch gotische Minuskel meinen kann. Auf jeden Fall stammt die Grabschrift nicht aus dem frühen 9. Jahrhundert, in dem der Abt gestorben ist. Das ungewöhnliche – und zudem unvollständige – Formular gibt nur wenige Anhaltspunkte für die zeitliche Einordnung. Die Datierung nach dem römischen Kalender spricht eher für einen frühen Ansatz.
Walterich (um 770–830) stand in engem Kontakt zu den Karolingern, insbesondere zu Ludwig dem Frommen6. Vor seiner Klostergründung in Murrhardt war er Abt in Neustadt am Main, wo er mit demselben Todestag in das Nekrolog eingetragen ist7.