Inschriftenkatalog: Rems-Murr-Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 37: Rems-Murr-Kreis (1994)

Nr. 5 Stuttgart, ev. Stiftskirche Hl. Kreuz 1285

Beschreibung

Betglocke. Nach der Verlegung des Stifts von Beutelsbach nach Stuttgart überführt. 1928/29 gesprungen und wieder geschweißt, 1937 erneut gesprungen und abgenommen; nach Reparatur 1950 nochmals in Betrieb genommen und 1961 nach weiterem Riß endgültig ausrangiert; seither im südlichen Treppenaufgang aufgestellt. Schulterinschrift zwischen Zwillingsstegen.

Maße: H. 122, Dm. 146, Bu. 3,5–4,7 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/5]

  1. + MEa) · RESONANTE · PIA · P(O)P(U)LIb) · MEMOR · ESTO · MARIA+ ANNO · D(OMI)NI · M° · CC°c) · LXXX° · V° · ALPHA · ET O

Übersetzung:

Wenn ich fromm erklinge, gedenke des Volkes, Maria.

Versmaß: Leoninischer Hexameter.

Kommentar

Die Inschrift ist aus sorgfältig geformten feinkonturigen Wachsfadenmajuskeln gebildet. Fertigungstechnik und Wortlaut der Inschrift rücken die Glocke in die Nähe der Glocke von 1275 in Kloster Wiblingen (Stadt Ulm)1. Besonders auffällige Buchstabenformen sind ein umgekehrt-S-förmiges I mit eingerollten Enden (in DOMINI) und O mit eingestelltem, ähnlich eingerolltem S-förmigem oder umgekehrt-S-förmigem Zierstrich. Die rechte Haste des pseudounzialen A reicht nicht auf die Grundlinie herab, N kommt auch retrograd vor. M erscheint in kapitaler Form und in zwei Spielarten der symmetrischen Unzialform.

Die Größe der Glocke spricht viel eher für die Provenienz aus Beutelsbach als für eine ebenfalls erwogene schon ursprüngliche Herstellung für die Stuttgarter Kirche, die als Filialkirche der Beutelsbacher Stiftskirche 1285 an Bedeutung noch weit nachstand2.

Textkritischer Apparat

  1. Invokationskreuz gleicharmig, in den Winkeln eingerollte Zierschnörkel.
  2. Die beiden P ineinandergeschoben, der Kürzungsstrich durch die Hasten von L und I gelegt und rechts nach oben umgebogen.
  3. Die beiden C geschlossen, das zweite C in das erste hineingeschoben, so daß oberer und unterer Bogenarm den rechten Abschlußstrich des ersten C schneiden. Das Endungs-o übergeschrieben, ein weiteres in den Bogen des zweiten C gestellt.

Anmerkungen

  1. Vgl. Dt. Glockenatlas WürttHohenzollern 6, nr. 1812.
  2. So auch zuletzt Eiselen (wie unten) 3.

Nachweise

  1. OAB Stuttgart–Stadt 186.
  2. Glockenbeschlagnahme 1917 Stadtdirektion Stuttgart (LKA, A 26, 1478, 1).
  3. Stenzel, Die alte Stuttgarter Torglocke, in: Schwäbisches Heimatbuch 1939, 170.
  4. Dt. Glockenatlas WürttHohenzollern 6 (Abb.), nr. 1590.
  5. Gerhard Gommel, Die alten Glocken der Stuttgarter Stiftskirche, in: Schwäb. Heimat 22 (1971) 104–113, hier: 107–109 (Abb.).
  6. Mann/Walter, Was das Geläut vom Turm der Kirche kündet 228–230.
  7. Gerhard Eiselen, Stuttgarter Torglocke 700 Jahre alt, in: Schwäb. Heimat 37 (1986) 2f. (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 37, Rems-Murr-Kreis, Nr. 5 (Harald Drös, Gerhard Fritz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di037h011k0000506.