Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 76 Kreuzgang, Mittelhalle, Westseite, 2. Joch 1357/1364/1381/1412

Beschreibung

Wappengrabplatte für Konrad Vorpruck und Luzia, Stephan und Dorothea Ingolstetter aus rotem Marmor, im Boden eingelassen1). Die Inschrift I beginnt oben links und endet an der rechten unteren Längsseite. Die Inschrift II beginnt unten rechts und endet oben links. Die Inschrift III, zwischen zwei scharfen Linien, beginnt unten links, läuft um den Stein und endet im ersten Drittel der rechten Längsseite. Die Inschrift IV läuft um das quadratische vertiefte Wappenfeld, sie beginnt oben links und endet ebenda. Die beiden letzten Inschriften sind nachträglich eingehauen. Im Feld befand sich vermutlich ursprünglich das sehr flach eingehauene Wappenbild der Vorpruck, von dem an der rechten Seite noch schwache Reste vorhanden sind. Im Zusammenhang mit der zweiten Verehelichung der Luzia in die mächtige Familie Ingolstätter wurde die Grabplatte wohl umgearbeitet. Heute vertieft eingehauen im Halbrelief ein Vollwappen, darunter im kleinen quadratischen Feld ein Kreis mit Wappenschild. Der Stein ist beschädigt und abgetreten.

Maße: H. 225 cm, B. 99 cm, Bu. 9 cm (I, II), 5 cm (III), 3 cm (IV).

Schriftart(en): Gotische Majuskel (I, II), gotische Minuskel mit Versalien (III, IV).

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. I.

    + A(NNO) ∙ D(OMI)N(I) ∙ M [C]CC ∙ LVII ∙ / O(BIIT) ∙ CHVNRADV(S) ∙ VOR ∙ PRVK ∙ IN DIE ∙ XI ∙ M(ILIVM) ∙ V(IR)GINV(M) ∙

  2. II.

    A(NNO) D(OMINI) ∙ M ∙ CCC ∙ LXIIII ∙ O(BIIT) ∙ D(OMI)NA ∙ / LṾCIA UXOR ST(E)FPANI ∙ INGOLSTETTAERII ∙ I(N) ∙ DI(E) ∙ S(AN)C(T)OR(UM) ∙ FELICIS ∙ ET ∙ ADAVCTI ∙

  3. III.

    + Anno ∙ d(omi)ni ∙ M ∙ ccc ∙ lxxxi ∙ sabb(at)o ∙ die ∙ p(ro)xima ∙ post ∙ festu(m) ∙ om(n)i(um) ∙ s(an)ct[or(um)] ∙ o(biit) ∙ stephanus ∙ d(i)c(tu)s ∙ / ingolstetar ∙ filius ∙ // a) steph(an)i ∙ / ingolstetarii ∙ senioris ∙

  4. IV.

    + A(n)no ∙ d(omi)ni ∙ mo ∙ cccco ∙ / xii ∙ o(biit) ∙ dorothea ∙ / ingolstetarin ∙ / an ∙ all ∙ sel ∙ tag

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1357 am Fest der elftausend Jungfrauen starb Konrad Vorpruck. (I) Im Jahr des Herrn 1364 am Fest der Hll. Felix und Audactus starb Frau Lucia, die Gattin des Stephan Ingolstetter. (II) Im Jahr des Herrn 1381 am Samstag, dem nächsten Tag nach Allerheiligen, starb Stephan, genannt der Ingolstetter, der Sohn des Stephan Ingolstetter des Älteren. (III) Im Jahr des Herrn 1412 am Allerseelentag starb Dorothea Ingolstetter. (IV)

Datum: 1357 Oktober 21; 1364 August 30; 1381 November 02; 1412 November 02.

Wappen:
Ingolstetter2), Dürnstetter3).

Kommentar

Konrad Vorpruck, Bürger von Regensburg, war in den Jahren 1351, 1352 und von 1355 bis 1357 Mitglied der Gemeine. Er ist häufig in Verkaufsangelegenheiten und als Zeuge, Siegler und Testamentsvollstrecker genannt4). Am 19. Oktober 1357 verfasste er sein Testament, in dem er 33 Pfund für Begräbnis und Seelmessen und 10 Pfund für den Dombau stiftete5). Er war der erste Ehemann der Luzia.

Luzia, in zweiter Ehe mit dem Ratsherren Stephan Ingolstetter d. Älteren verheiratet, stammte aus der Ratsfamilie der Woller und war die Schwester von Ulrich und Otto Woller (s. Kat.-Nr. 92)6). Sie ist in den Jahren 1360 bis 1364 mehrfach urkundlich erwähnt7). Am 21. August 1364 schrieb sie ihr Testament, in dem sie für den Dombau zwei Pfund gab und zudem vier Pfund für dreißig Ewigmessen täglich bis zu ihrem „Dreissigsten“. Sie bedachte ihren Sohn aus erster Ehe, Hans Vorprucker, und ihre Kinder Stefan und Katharina Ingolstetter8).

Bei dem in der dritten Inschrift genannten Stephan Ingolstetter handelt es sich um den jung verstorbenen Sohn der Luzia und des Stephan Ingolstetter senior. Er ist im Testament der Luzia Ingolstetter genannt. Des weiteren findet man ihn als Erbe im Testament seines Onkels Ulrich Woller aus dem Jahr 1375, weiter im Jahr 1377 anläßlich eines Leibgedingverkaufes und im Jahr 1378 bei einem Erbausgleich9).

Dorothea, Tochter des Jörg und der Klara Dürnstetter, verwitwete Maller und dritte Ehefrau des Stephan Ingolstetter Senior, wird erstmals im Jahr 1352 genannt. Im Testament des Georg Dürnstetter aus dem Jahre 1360 ist sie als Erbin genannt, sie erscheint im Jahre 1371 in den Urkunden, wiederum als Erbin im Testament ihres Vaters, hier bezeichnet als Torathe, die Ingelstetarinn10). Sie wird zusammen mit ihrem Sohn Jakob in einer Verkaufsurkunde 1394 erwähnt als Dorothe dy Ingolstetärynn, Steffans des Ingolstetär Witib11). Ihr Testament ist datiert auf den 24. Oktober 1409, in dem sie festlegt, dass sie im Domkreuzgang bey meinem mann saligen begraben werden möchte12). Die Schlusssteine der Gewölbe zwei bis fünf der Mittelhalle des Kreuzganges tragen die Ehewappen der Familien Dürnstetter und Ingolstetter13).

Textkritischer Apparat

  1. Dazwischen Helmzier des alten Wappens.

Anmerkungen

  1. Schuegraf, Dom II, 77 (Ingolstetter), 94 (Chunradus Vorpruck); Freytag/Hecht 24, 52; Kdm Regensburg I, 174.
  2. BayA1 149; Urbanek, Wappen 191f.
  3. BayA2 23; Urbanek, Wappen 321.
  4. RUB II, 571 (Register); Emmerig, Münzerhausgenossenschaft 137; Urbanek, Wappen 90; zuletzt Schmid D., Das Umland als Gegenstand der Kommunikation 65f.
  5. RUB II, 262; daneben bedachte er nahezu alle Regensburger Kirchen, Siechenheime und Spitäler, den Regensburger Bettelorden vermachte er 15 Pfund für Jahrtage; vgl. hierzu auch Primbs, Jahr- und Totenbuch 222 mit Anm. 16: Der Jahrtag wurde bei den Minoriten am 21. März gefeiert.
  6. RUB II, 10, erstmals erwähnt im Testament ihres Schwiegervaters vom 17. März 1351; Bastian, Runtingerbuch III, 386; Emmerig, Münzerhausgenossenschaft 137.
  7. RUB II, 272 (20. Dezember 1357), 394 (20. Dezember 1360), 560 (8. Januar 1364), 562 (21. Januar 1364).
  8. RUB II, 590 (21. August 1364).
  9. RUB II, 590 (21. August 1364), 1173 (16. Februar 1375), 1152 (8. März 1377), 1206 (24. Juli 1378); zur Familie Ingolstetter vgl. Emmerig, Münzerhausgenossenschaft 79f.; Morré, Ratsverfassung 82f.; Forneck, Einwohnerschaft 123-126.
  10. RUB II, 41 (7. Januar 1352), 390 (4. Oktober 1360), 962 (25. Oktober 1371). Bastian, Runtingerbuch III, 391; Trainer, Geschlecht der Trainer, eingefügt zur Seite 66 (Nachkommentafel Ingolstetter); Urbanek, Wappen 321: Hier wird Dorothe als Ehefrau des 1381 gestorbenen Stefan Ingolstetter d. Jüngeren bezeichnet.
  11. Schmid, Urkunden-Regesten I, 90. Emmerig, Münzerhausgenossenschaft 137 führt Dorothea nicht als Ehefrau des Stefan Ingolstetter und bezeichnet Jakob als Sohn der Luzia.
  12. HVOR Urk. 154, 1409 10 24; für diesen Hinweis danken wir Dr. Olivier Richard, Straßburg.
  13. Kdm Regensburg I, 161.

Nachweise

  1. Eppinger 17, 30; Sammlung Resch IV, Blatt 55 (Zeichnung Justus Popp1826); Schmid H. U., Mittelalterliche deutsche Inschriften 25, Nr. 18 (Inschrift IV).

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 76 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0007604.