Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 60 Domkirche, nördliches Seitenschiff, Turmjoch 1333

Beschreibung

Fragment der sogenannten Marienglocke, später Predigerglocke, ehemals möglicherweise zunächst in einem besonders angefertigten Holzgestell aufgehängt, da sie für den Eselsturm vom Umfang her zu groß und der Südturm zu dieser Zeit noch nicht fertiggestellt war. Ab 1436 im Südturm1). Die Glocke tat über 600 Jahre ihren Dienst, bis sie im Jahre 1958 durch einen Riss unbrauchbar wurde. Man zerteilte sie und schmolz den unteren Teil ein. Erhalten blieben das Oberteil mit geflochtener Krone und Henkel. Am oberen Rand läuft eine doppelzeilige Inschrift um die Glocke herum. Sie ist zwischen zwei Linien erhaben herausgearbeitet. Der untere Rand ist unregelmäßig, an einer Stelle ist ein großes Stück mit Inschrift herausgebrochen und neben der Glocke gelagert. Die Inschrift ist gut zu lesen.

Zur Zeit ist die Glocke in der Werkstatt der Dombauhütte gelagert.

Ergänzt nach Text Zahn:

Maße: H. 104 cm, 125 cm, Umfang 325 cm, Bu. 3,25 cm, Du. ca. 89 cm (Fragment), ehemals 180 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. + MILLE · TRECENTENIS · TRIGENTA · TRIS · Q[VE SVB ANN]IS a)+ TEMPORE · SVB b) · MAII · CONDITA · SOLA · FVI + EN · TVBA · SVM · REGVM · P(O)P(V)L(V)M / VOCO · CONCITO · CLERVM + SANCTOS · COLL[AVDO] c) [TONIT]RVM · FVGO · FVNERA d) · PLANGO + M(A)G(ISTE)R · CH(VNRADVS) · DE · MARHBVRCH · ME · FECIT · e)

Übersetzung:

Ich bin als einzigartige geschaffen worden im Jahre 1333 im Verlauf des Monats Mai. Siehe, ich bin die Trompete der Könige. Ich rufe das Volk. Ich rufe den Klerus herbei. Ich preise die Heiligen. Ich verscheuche das Unwetter. Ich beklage die Toten. Meister Konrad von Marburg hat mich gemacht.

Versmaß: Leoninische Hexameter.

Datum: 1333 Mai.

Kommentar

Die beiden Brände der Vorgängerbauten des neuen Domes in den Jahren 1073 und 1273 vernichteten alle Glocken. Bischof Heinrich von Rotteneck stiftete zwei Glocken, die Petersglocke und die Glocke der zwölf Apostel, die beide heute nicht mehr existieren2). Sein Nachfolger im Bischofsamt, Nikolaus, gilt als Stifter der etwa 100 Zentner schweren Marienglocke für den Südturm des gotischen Domes. Die Glocke wurde vom Meister Konrad von Marburg gegossen3).

Textkritischer Apparat

  1. An dieser Stelle ist ein Stück aus der Glocke herausgebrochen, sodass hier einige Buchstaben fehlen.
  2. Bruchstelle nach dem S.
  3. Bruchstelle nach dem L, sodass hier einige Buchstaben fehlen.
  4. Bruch zwischen V und N.
  5. Die Trennzeichen sind kleine sechsstrahlige Sterne.

Anmerkungen

  1. Hubel/Schuller, Dom 86-88; Schuegraf, Dom I, 105 mit Anm. 61; Kdm Regensburg I, 132; Kdm Regensburg III, 276; Janner, Bischöfe III, 139; Popp, Nikolaus von Ybbs 49.
  2. Schuegraf, Dom I, 105 (Anm.. 61); Leidinger, Andreas von Regensburg 69.
  3. Walter, Glockenkunde 209f.; Hubel/Schuller, Dom 87; Konrad von Marburg goss im gleichen Jahr die Glocke für die Stiftskirche St. Johann, vgl. hierzu Kdm Regensburg II, 146. Schuegraf, Erfindung der Glocken 298f.: Der Heiligen Ehr / Des Donners Wehr / Der Todten Mähr.

Nachweise

  1. Paricius, Nachricht 91; Sammlung Resch VII, Blatt 82; Zahn, Dom 101; Walter, Glockenkunde 209; Kdm Regensburg I, 132; Hubel/Schuller, Dom 87 (nur teilweise Wiedergabe der Inschrift), ebenso Schuegraf, Dom I, 105 u. Janner, Bischöfe III, 139.

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 60 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0006006.