Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 15† Domkirche, Hauptchor, hinter dem Hochaltar 1296

Beschreibung

Grabschrift des Bischofs Heinrich von Rotteneck. Bereits zu Lebzeiten bestimmte der Bischof den Ort seiner Grablege, denn im Jahre 1284 hat er sie im alten Teil des Domes neben dem Marienaltar vorbereiten lassen1). Cranner berichtet im Jahre 1784, die weiße Einfassung seines Grabsteines mit Inschrift im Kreuzgang gefunden zu haben, auch zu Lebzeiten des Domherren Thomas Ried im 19. Jahrhundert war diese noch vorhanden2). Da der Hauptchor zum Zeitpunkt des Todes Heinrichs von Rotteneck noch nicht fertiggestellt war, ist nicht auszuschließen, dass man nach der Vollendung des Hauptchores im Jahre 1325 ein neues repräsentatives Grabmal für den um den Domneubau so verdienten Bischof errichtet hatte3).

Text nach Cranner:

  1. Hanc cathedram rexit Henricus, quem petra tenit, de Rottenegg ortus coeli pateat sibi portus a)anno d(omi)ni MCCXCVI

Übersetzung:

Diesen Bischofssitz hat Heinrich, stammend aus Rotteneck, regiert, der unter dem Stein begraben liegt, möge ihm die Pforte zum Himmel offen stehen. Im Jahr des Herren 1296.

Versmaß: Zwei Hexameter.

Datum: 1296 Juli 26.

Wappen:
Rotteneck4).

Kommentar

Heinrich von Rotteneck war der Sohn des Meinhard, Graf von Rotteneck, und der Beatrix, einer geborenen Gräfin von Moosburg5).

Als Kanonikus des Domkapitels und Archidiakon wurde er im Juli 1277 zum Bischof gewählt und am 18. August desselben Jahres durch Papst Nikolaus II. bestätigt. Die Konsekration erfolgte durch den Salzburger Erzbischof Friedrich von Walchen; die Regalienverleihung nahm im November 1277 König Rudolf I. von Habsburg vor6). Mit seinem Amtsantritt übernahm er nicht nur die Schulden seines Vorgängers Bischof Leo Tundorfer, sondern auch einen lange währenden Streit des Domkapitels mit dem Kloster St. Emmeram um das Prokurationsrecht, den er friedlich löste7). Großzügig stattete er das Domkapitel durch Schenkungen und Stiftungen aus; die bedeutendeste stellte der Verkauf der Grafschaft und Burg Rotteneck (Gde. Geisenfeld, Lkr. Pfaffenhofen a. d. Ilm/OB.) an Herzog Ludwig II. von Bayern dar8).

Er hatte erheblichen Anteil am Fortschritt des neuen gotischen Kathedralbaues, den er durch sein ererbtes elterliches Kapital finanzierte. Während seiner Amtszeit wurde der südliche Seitenchor bis zur Gewölbezone hochgeführt, der nördliche Seitenchor bis zur Laufganghöhe aufgemauert und das Polygon des Hauptchores hochgezogen9).

Auch die Innenausstattung der Kathedrale wurde entscheidend von Heinrich von Rotteneck geprägt. Sowohl die berühmte Verkündigungsgruppe als auch die überlebensgroße Steinfigur des Hl. Petrus, geschaffen von einem international tätigen Bildhauer, der als Erminoldmeister in die Kunstgeschichte eingegangen ist, entstanden während der Amtszeit Bischof Heinrichs10). Drei silberne Gefäße für die heiligen Öle11) und ein ebenfalls von Bischof Heinrich gestiftetes Altarretabel sind bis heute erhalten (s. Kat.-Nrn. 18, 19)12). Er ließ zwei Glocken gießen, eine zu Ehren der Zwölfboten, eine zu Ehren des Apostelfürsten Petrus.13)

Ebenso wie sein Vorgänger Bischof Leo Tundorfer wurde Heinrich II. immer wieder als Vermittler und Schlichter in politischen Angelegenheiten gerufen, besonders im Streit zwischen dem bayerischen Herzog Heinrich XIII. und dessen Bruder Ludwig II.14).

Besonders der Armenfürsorge und den Wolfgangsbruderschaften, die zunehmend eine stärkere Rolle in der memoria, dem Totengedenken, übernahmen, galt die Aufmerksamkeit des Bischofs. Er unterstütze die Bruderschaften mit einer Reihe von Geldzuwendungen15).

Heinrich II. starb wohlvorbereitet im Juni 1296. Bereits vor seinem Tode wurde der von ihm gestiftete Jahrtag gefeiert, bei dem er stets persönlich anwesend war16). Die Quellen berichten auch, dass er seinen Sarg und seine Sterbekleider in seinem Schlafraum aufbewahrte, um stets des Todes zu gedenken17).

Textkritischer Apparat

  1. Sic!

Anmerkungen

  1. Janner, Bischöfe III, 94.
  2. Cranner 48; Ried, Collectio 2r.
  3. Hubel, Erminoldmeister 215 (mit Anm. 663), 216 ff.; Hubel/Schuller, Dom 59 (mit Abb. 54), 15-29, vor allem 22. Im 16. Jahrhundert befand sich das Grabmal noch hinter dem Hochaltar. Hubel, Hochaltar 335-365, hier 350: die Confessioanlage unter dem Hochaltar diente dem Bischof als Grablege. Die Standortangaben bei Schuegraf, Dom I, 95: Rückwärts des Hochaltares. Schuegraf weist aber auch auf die Überlieferung Hochwarts hin, der das Denkmal im Alten Domkreuzgang gesehen hatte; vgl. hierzu auch Freytag/Hecht 39f.; Hausberger, Grablegen 372; Angerer, Regensburger Bildhauerkunst um 1300 416; Traeger, Mittelalterliche Architekturfiktion 63f.
  4. Si2 9; Janner, Bischöfe III, 97 (Anm. 1).
  5. Stingelheim, Alt-Adeliche Bayrische Familien 168; Tyroller, Genealogie 251f., Tafel 22.
  6. Bernclau, Episcopatus 35-37; Leoprechting 13, 35, 71; Paricius, Nachricht 37: 1278 Canonicus; Ried, Catalogus: 1274 Canonicus; Janner, Bischöfe III, 2; Hausberger, Geschichte I, 186-189; ders., Bischöfe (Heinrich von Rotteneck) 628f.
  7. Janner, Bischöfe III, 15-19.
  8. Schuegraf, Dom I, 90; Janner, Bischöfe III, 31f.; Hausberger, Geschichte I, 186f.
  9. Hubel/Schuller, Dom 15ff.
  10. Hubel, Erminoldmeister 53-241; Hubel/Schuller, Dom 15ff.
  11. Schuegraf, Dom II, 255f.; Walderdorff, Regensburg 162; Kdm Regensburg II, 134f. mit Abb. 74.
  12. Walderdorff, Regensburg 165; Kdm Regensburg II, 155f. mit Tafel XXII.
  13. Schuegraf, Dom I, 90f.; ders., Erfindung der Glocken 298; die Glocken sind heute nicht mehr vorhanden.
  14. Janner, Bischöfe II, 463ff., III, 40; Spindler, Handbuch der Bayerischen Geschichte II, 100, 122, 125, 619.
  15. Janner, Bischöfe III, 22f.; Mai, Die acht Bruderschaften 106; Frauenknecht, Der Bischof und die Stadt 702f.; Dirmeier, Armenfürsorge 224ff.
  16. MGH Necr. III, 244; Janner, Bischöfe III, 20; Mai, Bruderschaften und Benefizien 402; Hubel, Hochaltar 349f.
  17. Janner, Bischöfe III, 94f.; Hubel, Hochaltar 349f.; Traeger, Mittelalterliche Architekturfiktion 62f.

Nachweise

  1. Paricius, Nachricht 93; Zirngibl, Epitaphia 1; Ried, Collectio 2r; Cranner 48; Hund, Metropolis Salisburgensis 73; Oefele I, 36, 209; Schuegraf, Dom I, 95; Sammlung Heckenstaller 298; Janner, Bischöfe III, 95; Leidinger, Andreas v. Regensburg 69.

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 15† (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0001501.