Inschriftenkatalog: Regensburger Dom (I)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 74: Inschriften des Regensburger Doms (I) (2008)

Nr. 4 Domkirche, südliches Querhaus, Triforium, Fenster (Querhaustriforium SÜD VII) um 1230

Beschreibung

Acht Fenster, bestehend aus je zwei Feldern und einer Kopfscheibe, sind durch ein Blindfenster in der Mitte in zwei Vierergruppen geteilt. Neben gotischen Scheiben aus dem 14. Jahrhundert wurden hier Reste eines inschriftentragenden Genealogie-Christi-Fensters aus dem romanischen Vorgängerbau des Domes eingefügt1). In der unteren Scheibe des linken Fensters am linken Rand2) die Inschrift I, am oberen Rand ein von Moses gehaltenes Schriftband mit der Inschrift II, daneben auf dem ihr Bild umgebenden Rahmen die Namen zweier Vorfahren Christi (Inschriften III, IV). In der darüber liegenden Scheibe am linken Rand die Inschrift V, auf den Rahmenleisten die Namen der dargestellten Propheten und Ahnen (Inschriften VI, VII, VIII).

Im zweiten Fenster in der unteren Scheibe am rechten Rand die Inschrift IX, am oberen Rand ein von Isaias gehaltenes Schriftband mit der Inschrift X, daneben auf dem Rahmen des Ahnenbildnisses die Namensbezeichnung (Inschrift XI). In der darüber liegenden Scheibe am rechten Rand die Inschrift XII, auf den Rahmenleisten die Namen der Propheten und Ahnen (Inschriften XIII, XIV, XV und Anfang und Ende der Inschrift XVI).

Im dritten Fenster in der oberen Scheibe am rechten Rand die Inschrift XVII, auf den Rahmenleisten die Namensbezeichnungen (Inschriften XVIII, XIX, XX und der Mittelteil der Inschrift XVI), auf dem Schriftband Davids die Inschrift XXI.

Im fünften Fenster in der unteren Scheibe am linken Rand die Inschrift XXII, auf den Rahmenleisten die Namensbezeichnungen (Inschriften XXIII, XXIV, XXV), auf dem Schriftband Daniels die Inschrift XXVI. In der darüber liegenden Scheibe am linken Rand die Inschrift XXVII, auf den Rahmenleisten die Namensbezeichnungen (Inschriften XXVIII, XXIX, XXX) und auf dem Spruchband Salomons die Inschrift XXXI.

Text nach Photomaterial CVMA, Ergänzungen nach Text Fritzsche, Glasmalereien:

Maße: H. 2,30 m, B. 9,10 m.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

  1. I.

    – – –]N[.]C CVNCTA POTEST DEVS

  2. II.

    P(ROPH)ETA(M) SVSC(I)TAB(IT) VO/B(IS) D(EV)S DE FR(ATRI)B(VS) V(EST)RIS

  3. III.

    IOS//IAS a)

  4. IV.

    ELIA//CH(IM) a)

  5. V.

    OPERAT(VR) TE GRAVIDA

  6. VI.

    MOY//SES b)

  7. VII.

    SA/LA//T/HIEL a)

  8. VIII.

    IECHO//NIAS a)

  9. IX.

    – – –M] GENVIT QVEM CA[STA] c)

  10. X.

    [PARVVLVS ENIM NATVS EST / NOB]IS (ET) d) FILI(VS) [DATVS EST NOBIS] c)

  11. XI.

    BO//OZ a)

  12. XII.

    [P]VELLA ∙ MVNERA PORT[– – –

  13. XIII.

    YSAYAS

  14. XIV.

    NA//SON a)

  15. XV.

    SA/L(O)//MO/N a)

  16. XVI.

    A/MI//NAD/AB e)

  17. XVII.

    VA[.]LLA f) AD CH(RISTV)M g) DOṂ(INVM) h)

  18. XVIII.

    DAVID

  19. XIX.

    AR//AM a)

  20. XX.

    P/HA//RE/S i)

  21. XXI.

    ADORABVNT ∙ EV(M) ∙ / OM(NES) ∙ REGES ∙ TERR(E)

  22. XXII.

    VT NATVRA SRAT[– – –]R k)

  23. XXIII.

    D[ANIE]L l)

  24. XXIV.

    ZORO//BABEL a)

  25. XXV.

    A/BI//V/D a)

  26. XXVI.

    HIC E(ST) LAPIS P(RE)CISVS SIN(E) / MAN(I)B(VS) C(ON)CIDENTIV(M)

  27. XXVII.

    [RE]DETAM SVPETSIMO I[– – –

  28. XXVIII.

    ACH//IM b)

  29. XXIX.

    SAD//OCH a)

  30. XXX.

    AZ//OR a)

  31. XXXI.

    [PER] ME ∙ REGES / [R]EGNANT ∙

Übersetzung:

Einen Propheten wird euch der Herr aus euren Brüdern erwecken. (II)

Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. (X)

Alle Könige der Erde werden ihn anbeten. (XXI)

Hier ist der Stein, der sich losriss ohne Zutun von Menschenhand. (XXVI)

Durch mich herrschen die Könige. (XXXI)

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Dt 18,15; (II) Is 9,6; (X) Ps 71,11; (XXI) Dn 2,34 oder 2,45; (XXVI) Prv 8,15. (XXXI)

Kommentar

Der ursprüngliche Standort des Genealogie-Christi-Fensters war im Westchor des Vorgängerbaus des gotischen Domes3). Die romanischen Scheiben sind zerschnitten und in einer spolienartigen Wiederverwertung mit Anfügungen in die neuen Fensteröffnungen eingepaßt worden. Heute erhalten sind nur noch zehn romanische Rechteckscheiben, die restlichen sechs kamen später hinzu. Die Anordnung folgt keinem ikonographischen Programm und erscheint inhomogen und zufällig, ursprünglich zusammengehörende Scheiben wurden zum Teil auseinander gerissen, so dass die Inschriften am seitlichen Rand keinen Sinn mehr ergeben4).

Textkritischer Apparat

  1. Durch das Verbindungsstück zwischen Mandorla und Rechteckrahmen unterbrochen.
  2. Durch den Nimbus unterbrochen.
  3. Auf dem Photo in Teilen nicht mehr lesbar, ergänzt nach Fritzsche, Glasmalereien 216.
  4. Tironisches ET.
  5. Durch das Verbindungsstück zwischen Mandorla und Rechteckrahmen unterbrochen; Anfang und Ende der Inschrift befinden sich am oberen Rand der oberen Scheibe des zweiten Fensters, die mittleren beiden Silben am unteren Rand der oberen Scheibe des dritten Fensters.
  6. Die Buchstaben VA sind seitenverkehrt und auf dem Kopf stehend.
  7. XPM
  8. Durch den Hut unterbrochen.
  9. Die Inschrift ist spiegelverkehrt angebracht.
  10. Auf dem Photo nicht mehr lesbar, ergänzt nach Fritzsche, Glasmalereien 216.

Anmerkungen

  1. Fritzsche, Glasmalereien 210-221 (Abb. 353, 362-369) mit Zusammenfassung der älteren Literatur; Hubel, Glasmalereien 2002, 29.
  2. Alle Inschriften am Seitenrand sind Buchstabe für Buchstabe einzeln verbleit.
  3. Fritzsche, Glasmalereien XXXIX; ebenda 14ff.
  4. Rekonstruktion des romanischen Fensters bei Hubel, Glasmalereien 1981, 15-17 und Fritzsche, Glasmalereien 14-24. Die Inschrift IX folgt z. B. eigentlich auf XII.

Nachweise

  1. Fritzsche, Glasmalereien 214-218, 220 (Abb. 362-364, 366).

Zitierhinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Nr. 4 (Walburga Knorr, Werner Mayer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013k0000408.