Die Inschriften des Regensburger Doms (I)
5. Marginalien zur Entwicklung der Regensburger Sepulkralskulptur im 13. und 14. Jahrhundert sowie zu den von den Dommeistern Andre Engel und den Roritzern im 15. Jahrhundert in der Regensburger Dombauhütte geschaffenen Grabsteinen und Epitaphien
von Volker Liedke
In Regensburg stand sozusagen die Wiege der mittelalterlichen Sepulkralskulptur der Gotik im altbairischen Raum. Bedingt durch die große geschichtliche Bedeutung der Bischofsstadt an der Donau, deren bauliche Wurzeln bis in die Römerzeit zurückreichen, die handelspolitische Bedeutung mit dem Sitz der Oberdeutschen Hanse und die Gunst der geographischen Lage an dem schiffbaren Flusslauf der Donau bis hin zur Einmündung der Naab, nimmt es somit eigentlich nicht wunder, dass sich hier im Bischofsdom mit seinen großen Kreuzgang sowie den zahlreichen Klosterkirchen eine fast nicht mehr überschaubare Zahl an Grabplatten der Bischöfe und Kanoniker des Domstifts einerseits sowie auch der vornehmen Patrizier und reichen Kaufleute der Freien Reichsstadt andererseits erhalten haben. Auch der Adel des Umlandes, der z.T. in der Stadt eigene Wohnhäuser sein eigen nannte, bestellte bei Bedarf meist bei den Dommeistern oder anderen in der Stadt ansässigen Steinmetzen für sich und ihre Angehörigen zum Andenken entsprechende Grabsteine.
Dadurch, dass bereits im 15. Jahrhundert der wirtschaftliche Niedergang der Stadt deutliche Formen angenommen hatte, ist in den nachfolgenden Stilperioden der Renaissance und des Barock an den ehrwürdigen Kirchen und Kapellen – von Ausnahmen abgesehen – nur mehr wenig baulich verändert worden. Durch den glücklichen Umstand, dass im Zweiten Weltkrieg die Altstadt von Regensburg von den Angriffen der Allierten Mächte weitgehend verschont blieb, ist hier – außer der zerstörten Klosterkirche Obermünster – nicht viel an mittelalterlicher Bausubstanz und Grabdenkmälern beschädigt oder ganz vernichtet worden. Erst in unserer Zeit hat sich die Denkmalpflege in behutsamer Form, gepaart mit dem nötigen Sachverstand, der Erhaltung dieses wertvollen und unersetzlichen Kulturerbes der Menschheit angenommen.
Besondere Bedeutung kommt dem Entschluss der Inschriftenkommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu, den Bestand an Grabdenkmälern und sonstigen baulichen Inschriften im Bereich des Regensburger Doms und des zugehörigen Domhofs und Kreuzgangs bis zum Jahr 1500 zu dokumentieren und in der Schriftenreihe Die Deutschen Inschriften zu publizieren.
Die Tumben
In der ehem. Reichsstiftskirche St. Emmeram treffen wir auf eine Reihe von Tumben, die sowohl kulturhistorisch als auch kunstgeschichtlich von größtem Interesse sind. Den Anfang macht dabei das Hochgrab des Abtbischofs und seligen Tuto († 930). Es ruht vorderseits auf drei, rückwärts auf zwei Pfeilerchen und wurde erst nach dem Brand von 1166 ausgeführt. Zeitlich gesehen folgt der Sarkophag des Sel. Ramwold († 1000), der äußerst schlicht in seinem äußeren Erscheinungsbild ist. Dann wäre das Hochgrab des Herzogs Arnulf von Baiern († 937) zu erwähnen, dessen Ausführung auch [Druckseite XLIII] erst in die Zeit nach dem Brand von 1166 zu datieren wäre. Dieses ist in Form eines sog. Tischgrabes konzipiert. Die Platte, die an ihren Rändern reich verziert ist, ruht auf sechs kräftigen Stützen.
Auch das Grabmal von Herzog Heinrich II. (dem Zänker) von Baiern († 995) aus der Zeit um 1320/30 beansprucht natürlich unsere besondere Aufmerksamkeit. Auf der Platte, unterstützt von vier Säulchen, ruht die Liegefigur des Verstorbenen in Form eines Hochreliefs. Er ist jugendlich dargestellt, trägt ein langes Gewand, hält in seiner Rechten die Lehensfahne und hat mit seiner Linken den Rand der Tartsche ergriffen. Merkwürdigerweise umgibt sein Haupt, das auf dem Totenkissen ruht, ein großer, tellerförmiger Nimbus. Die Inschrift auf dem abgeschrägten Plattenrand stammt jedoch erst aus späterer Zeit.
Ähnlich ist auch das Tischgrab der Sel. Aurelia gestaltet, das man in seiner Entstehung auf die Zeit um 1320/30 datiert. Der Legende nach soll sie eine Tochter des Grafen Hugo Capet von Paris gewesen sein, die von den Eltern floh, um ihrer Verheiratung zu entgehen und danach unter Abt Ramwold hier als Klausnerin lebte. Sie ist im Jahr 1027 gestorben und wurde schon bald danach als Selige verehrt. Anmutig die Gestalt der Verstorbenen mit ihrem faltenreichen Gewand, das ihr bis zu den Füßen reicht. Ein Weingerank bildet die Verzierung der vorderen Langseite der Platte. Auch hier wieder eine Liegefigur, erhaben über der Platte, aus dem Stein gemeißelt. An der Untersicht der Fußplatte ist das Flachrelief eines betenden Kanonikers erkennbar. Es wird als das des Stifters der Tumba, nämlich des Scholastikus Leutwinus gedeutet, der 1335 gestorben ist. Felix Mader schreibt das schöne Werk dem Meister des Verkündigungsaltars im Regensburger Dom zu.
Das Grabmal des Hl. Emmeram († um 685 (?) in Kleinhelfendorf), an der Stelle seines ersten Begräbnisses, ist noch aufwendiger gestaltet. Es ist auch vom Typus her ein Tischgrab, wobei die schlichte Deckplatte auf vier reich profilierten Stützen ruht. In der unteren Etage erkennt man die überlebensgroße Hochrelieffigur des Heiligen, der seine Füße auf dem Rücken eines kleinen Löwen abstützt. In der Kunstgeschichte wird die Entstehung dieses Grabmals in die Zeit um 1340/50 gesetzt.
In die Mitte des 14. Jahrhunderts wird hier ebenfalls das Hochgrab des Hl. Wolfgang († 994 in Pupping, Pol. Bez. Eferding/OÖ.) eingeordnet. Auch hier wieder die Liegefigur des Heiligen im vollen Bischofsornat mit Pedum und Buch. Ein schmiedeeisernes Gitter über der Deckplatte soll diese vor unliebsamen Beschädigungen schützen.
Schließlich darf auch nicht die Tumba des Grafen Warmund von Wasserburg († 1010) übersehen werden, der seinen ganzen Besitz dem Kloster St. Emmeram vermachte. Auch hier liegt der Verstorbene in Form eines Hochrelief auf der Platte. Das Werk wird in die Zeit um 1400 datiert. Die Wurzeln dieser eigenartigen Tischgräber sind nicht im altbairischen Raum zu finden. Vergleichsweise sollen hier nur noch das ähnlich gestaltete Kenotaph über dem Erdgrab der Äbtissin Gisela († um 1060), Schwester Kaiser Heinrichs II. und Gemahlin König Stephans I. von Ungarn, sowie das Hochgrab der Äbtissin Heilika († 1020) im Kloster Niedernburg in Passau erwähnt werden, was möglicherweise auf einen stilistischen Ursprung im Bereich der Dombauhütte bei St. Veit in Prag hinweisen könnte. Bemerkenswert ist natürlich vor allem die ursprüngliche Tumbadeckplatte in der ehem. Reichsstiftskirche St. Emmeram, auf der die hinreißend schöne Gestalt einer vornehmen Frau in voller Lebensgröße erkennbar ist. Sie trägt auf dem Haupt eine Krone. Auch Zepter und Reichsapfel charakterisieren die Dargestellte als Königin. Eine erklärende Inschrift, wer diese Frau von königlichem Geblüt war, fehlt merkwürdigerweise auf dem Grabstein. Die Frau wird allgemein als die Königin Hemma bzw. die Königin Uta gedeutet. Der Stein wird allgemein auf das Ende des 13. Jahrhunderts datiert. Ob andererseits die frühere Tumbadeckplatte mit der wunderschönen Gestalt der jugendlich wirkenden Irmgard von Allenkofen († 1289) in der Kath. Friedhofskapelle St. Maria bei dem ehem. Prämonstratenserkloster Windberg bei Straubing im Bayerischen Wald (Lkr. Straubing-Bogen/NB.) der Regensburger Sepulkralskulptur der Hochgotik zuzuordnen oder das Werk eines uns unbekannten Straubinger Meisters ist, müsste noch bei nächster Gelegenheit näher untersucht werden.
Eine Besonderheit stellen auch die beiden Altartumben des Hl. Erhard und des Sel. Albert in der ehem. Reichsstiftskirche Niedermünster in Regensburg dar. Der Hl. Erhard war offensichtlich von Anfang hier infra basilicam monasterii ad latus septemtrionale begraben, wie Konrad von Megenburg († 1374) in dem auf uns überkommenen Wunderbericht schreibt. Der Heilige wurde zunächst in einem Erdgrab bestattet. Daneben fand auch der selige Albertus (Adalbert) seine letzte Ruhestätte. Später schloss sich noch das Grab der Sel. Kunigunde von Uttenhofen an. Die drei Grabstätten wurden schließlich um 1330 mit dem heute noch zu sehenden lettnerartigen Ziborium überdacht, das 7,60 m lang ist. Unter ihm stehen nebeneinander drei Altartische. Unter den beiden östlichen [Druckseite XLIV] liegen die Steinfiguren des Hl. Erhard und seines Gefährten, des Sel. Albert. Sie werden in die Mitte des 14. Jahrhunderts datiert und dem Meister der Tumba des Hl. Wolfgang in St. Emmeram zugeschrieben. Weshalb für die Sel. Kunigunde hier kein eigenes Grabmal vorgesehen wurde, ist unbekannt. Die dritte Figur, die des Hl. Wolfgang († 994), ist nicht aus Stein, sondern aus Holz und gehört erst der Frühzeit des 17. Jahrhunderts an.
Mit dem Hochgrab des seligen Erminold († 1121) hat sich bereits Achim Hubel intensiv befasst. Im Jahr 1283 erhob Bischof Heinrich von Regensburg die Gebeine des „primus abbas huius monasterii“ und ließ sie in einem Hochgrab vor dem Kreuzaltar in der Klosterkirche von Prüfening beisetzen. Die Grabplatte mit der vollrunden Liegefigur des Seligen ruht auf vier Säulchen. Erminold ist als betagter Mann mit Vollbart und Tonsur dargestellt. Er ist angetan mit vollem Ornat, mit beiden Händen hält er fest das Buch über seiner Brust umklammert. Der Schaft des Pedums ruht hingegen nur locker in seinem linken Armgelenk. Die Füße des Seligen stehen auf einer schlusssteinartigen Scheibe, die an ihrer Unterseite mit einer Rose in Relief verziert ist. Die Platte ist aus Rotmarmor und zeigt noch Spuren der einstmaligen Polychromie. Achim Hubel schreibt das hervorragende Kunstwerk von europäischem Rang dem von ihm so benannten Erminoldmeister zu.
Im Benediktinerkloster Rohr hat sich ein bemerkenswertes Werk der Sepulkralskulptur der Gotik erhalten, gemeint ist die frühgotische Tumba aus Kalkstein für das Dynastengeschlecht der Abensberger, die früher einmal dort im Kapitelsaal aufgestellt war. Die Deckplatte des Hochgrabs zeigt im vertieft angelegten Bildfeld die Hochrelieffiguren eines Ritters, der mit beiden Händen das Schwert vor sich hält, und ebenso dessen Gemahlin, die die Arme über der Brust kreuzt. Zu Füßen des hochadeligen Paars sitzt ein kleines Hündchen, dem Ritter zugekehrt, ein Symbol für die eheliche Treue der Frau zu ihrem Mann. Felix Mader, der Bearbeiter des Kunstdenkmälerbandes Bezirksamt Kelheim, meint dazu: Das Denkmal ist eine bedeutende Schöpfung der Frühgotik um die Wende des 13. Jahrhunderts.
Der Typus der Wandtumba kommt in Regensburg nur ganz vereinzelt vor. Ein besonders schönes Beispiel ist dabei die Wandtumba in der Vorhalle der ehem. Reichsstiftskirche Obermünster. Sie hat die Form eines halbierten Reliquienschreins und ist mit einem an die Wand angelehnten Pultdach versehen. Die Wandtumba besteht aus zweierlei Material: Die mit Maßwerkblenden geschmückte Vorderwand ist aus Sandstein und der Pultdachdeckel aus dem kostbareren Material des Rotmarmors, der in drei Felder gegliedert ist. Im Mittelfeld erkennt man hier unter einem Stichbogen ein Relief der Darstellung der Auferstehung Christi und in den seitlichen Feldern knien unter Arkaden die Verstorbenen, nämlich Matthäus Rantinger († 1407) und seine Gemahlin Margareta, geb. Gravenreuter († 1410). An der freien Schmalseite der Tumba ist außerdem noch das Wappen der Patrizierfamilie der Rantinger (auch Runtinger geschrieben) angebracht und an den Eckstreben der Tumba erkennt man einen Vogel mit abgeschlagenem Kopf und außerdem einen Affen. Die Wandtumba wurde bald nach 1407, dem Todesjahr des Matthäus Rantinger ausgeführt. Das Todesjahr 1410 seiner Gemahlin ist hingegen, wie deutlich erkennbar, erst später nachgetragen worden.
Zugehörig zu dem Grabmal ist das an der Ostwand der Vorhalle angebrachte, aus Kalkstein gemeißelte Ölbergrelief in Wimpergrahmung mit dem Wappen der Rantinger und der Hauzenberg (?), das ebenfalls aus der Frühzeit des 15. Jahrhunderts stammt.
Wandtumben in dieser Form kommen sonst im altbairischen Raum zu dieser Zeit nirgendwo mehr vor. Die Wandtumba des Propstes Peter von Pienzenau († 1435) in der ehem. Stiftskirche von Berchtesgaden (Lkr. Berchtesgadener Land/OB.) ist jedenfalls etwas jünger und auch nicht von derselben Form wie die in Obermünster und, nebenbei bemerkt, auch nicht, wie bislang überall in der kunstgeschichtlichen Literatur zu finden ist, Salzburger Provenienz, sondern wurde wahrscheinlich von einem Wasserburger Meister ausgeführt. Die Wandtumba der Rantinger dürfte ihr Vorbild außerhalb Bayerns haben.
Bislang weiß man noch immer nicht mit Sicherheit, von welchem Meister die bedeutende Tumba für Pfalzgraf Otto I. von Mosbach († 1461) in der ehem. Benediktinerklosterkirche Reichenbach (Lkr. Cham) stammt, von der nur noch die Deckplatte mit dem figürlichen Relief des Verstorbenen in einem spätgotischen Plattenharnisch, mit Fürstenhut und Fürstenmantel angetan, die Linke am Schwertkreuz und mit seiner Rechten das Banner mit dem pfalzbairischen Wappen haltend, vorhanden ist. Der Pfalzgraf hat seine Füße auf zwei kleine Löwen gestellt, die die Schilde mit den pfälzischen Wappen und den bayerischen Wappen in ihren Pranken halten. Engel halten das Bahrtuch über den verstorbenen Pfalzgrafen. Die Tumbadeckplatte aus Rotmarmor ist eine ganz hervorragende [Druckseite XLV] Arbeit, die in der Zeit um 1460 sonst nichts Vergleichbares im Raum um Regensburg aufzuweisen hat.
Über dem Stiftergrabmal in der Klosterkirche von Reichenbach befindet sich an der Nordwand auch noch das Grabmal des wittelsbachischen Fürsten Johann, Sohn von Pfalzgraf Otto I. von Mosbach, der 1460 Domherr in Regensburg, dann auch Domherr in Augsburg, 1472 in Bamberg und zuletzt noch in Straßburg war und schließlich am 4. Oktober 1486 auf einer Pilgerreise in das Heilige Land zu Jerusalem gestorben ist und bei den Minoriten auf dem Berg Sion begraben liegt. Auf der vertieften Fläche des Bildfeldes der Platte ist ein halbverwester Leichnam erkennbar, der einen Löwen zu seinen Füßen niedertritt. Der Leichnam ist umgeben von vier großen Vollwappen. Die künstlerische Provenienz harrt noch der Lösung.
Die Epitaphien
Das mittelalterliche Epitaph, ein Erinnerungsmal an einen Verstorbenen oder an eine von diesem gemachte fromme Stiftung, kommt in Regensburg nur vereinzelt vor. Auffallenderweise fehlen sie im Regensburger Dom ganz. Schöne Beispiele birgt dagegen der zugehörige Domkreuzgang. Eines der frühesten Epitaphien ist hier das für den Kanoniker Ulrich Wild († 1389, Kat.-Nr. 100). Im Bildfeld über der vierzeiligen Inschrift ließ sich der kniende Stifter, empfohlen der Maria vom Hl. Petrus, darstellen. Diese sind die Patrone des Regensburger Doms. Achim Hubel schreibt das Epitaph jenem Meister zu, der auch die Skulptur des Hl. Stephanus an der Nordwand des Mortuariums und des Hl. Christophorus an der Nordwand des Querhauses im Regensburger Domkreuzgang gemeißelt hat. Auch das Grabrelief für den im Jahr 1386 verstorbenen Kanoniker und Domdekan Johannes von Peina (Kat.-Nr. 89), das ihn kniend vor einer Halbfigur des Schmerzensmanns zeigt, weist nach Hubel künstlerisch gesehen in dieselbe Richtung. Der Typus dieses Epitaph ist verwandt mit anderen Epitaphien, die sich heute noch im Augsburger Domkreuzgang finden, wie z.B. das eines uns unbekannten, knienden Kanonikers aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, der von seinem Schutzengel der Maria mit dem Kind empfohlen wird oder das des Plebanus Ulrich Burggraf († 1356). Noch älter ist dort ein im Jahr 1320 gestiftetes Votivbild, worauf zwei Kanoniker vor Maria, mit dem Kind auf ihrem Schoß, knien und diese von zwei weiblichen Heiligen der Gottesmutter empfohlen werden.
Im Regensburger Domkreuzgang ist jedoch vor allem das Epitaph der Barbara Gumprecht, geb. Lausser († 1410, Kat.-Nr. 130), die die Gemahlin des Leupold Gumprecht war, bemerkenswert. Über der Inschriftplatte, flankiert von den Vollwappen des Ehepaares, ist ein ursprünglich bemaltes Hochrelief der Ölbergszene mit vielen Bäumen unter einer stichbogigen Verdachung dargestellt. Von dem gleichen Meister, dem Hauptmeister des Regensburger Domportals, stammt offensichtlich das Sandsteinrelief eines Ölbergs der Pfollenkofer aus der Zeit um 1425, das einstmals zum Andenken an Hanns Pfollenkofer († 1429) und seine Gemahlin Kunigunde († 1424) in der ehem. Reichsstiftskirche St. Emmeram zu Regensburg gesetzt wurde. Auch das dortige Epitaph in Form eines Relief mit Darstellung des Marientods unter einem Spitzbogenbaldachin, gesetzt für eine im Jahr 1418 verstorbene Margarete, die wohl die erste Ehefrau des Hanns Pfollenkofer war, sowie für eine Elisabeth († 1449, Todesdatum nachgetragen), die die Gemahlin des Georg Aichinger gewesen ist, soll nach Felix Mader ein Werk des genialen Domportalmeisters sein.
Eindrucksvoll im Regensburger Domkreuzgang ist natürlich auch das Epitaph des Regensburger Patriziers Lukas Ingolstetter († 1444) und seiner Gemahlin Ursula, geb. Frikinger († 1445, Kat.-Nr. 196). Es zeigt in einem Spitzbogengehäuse den beinahe vollrund gemeißelten Erbärmdechristus und in den Seitennischen das Stifterpaar. Unter dem Epitaph sind eine Platte mit einer sechszeiligen Inschrift und seitlich davon, auffallend groß, die Vollwappen der Stifter angebracht. Das Epitaph des Domdekans Nikolaus von Künsberg († 1473, Kat.-Nr. 252), ungewöhnlich in Form einer queroblongen Platte aus Rotmarmor gestaltet. Dieses lehnt sich in seiner Komposition in auffallender Weise an die bedeutend ältere Wandtumbadeckplatte der Rantinger in der ehem. Reichsstiftskirche Obermünster zu Regensburg an. Auch hier im Mittelfeld in einer stichbogigen Arkosolnische eine Auferstehungsszene und in den seitlichen Felder wird einerseits nur der Kanoniker dargestellt, aber hier, da dieser natürlich nicht verheiratet war, stattdessen im anderen Feld nur sein Vollwappen. Felix Mader vermutet, in Hinsicht auf die Frage, welcher Meister dieses Epitaph geschaffen hat, wohl einheimische Arbeit, und gibt damit zu erkennen, dass ihm noch nicht aufgefallen war, dass es sich bei diesem kunstvoll gemeißelten Epitaph um ein eigenhändiges Werk des Regensburger Dommeisters Matheus Roritzer handelt.
Eigentlich müsste an dieser Stelle auch noch ein Bildwerk in der Mittelhalle des Regensburger Domkreuzganges kurz erwähnt werden, das auf einer Rotmarmorplatte ein Flachrelief mit der Darstellung [Druckseite XLVI] der Gregoriusmesse (Kat.-Nr. 255) zeigt. Die lange, achtzeilige Inschrift darunter besagt, dass jeder Gläubige, der hier ein Vaterunser und ein Ave Maria betet, einen größeren Ablass erhält. Die Platte ist, den stilistischen Merkmalen des Reliefs zufolge, ebenfalls eindeutig dem Werk des Regensburger Dommeisters Matheus Roritzer zuzuordnen.
Die Regensburger Dombauhütte
Der Neubau des Regensburger Doms im 13. Jahrhundert machte die Ernennung eines neuen Dommeisters erforderlich, der zugleich die Leitung der Dombauhütte übertragen bekam. Der Beginn der Bauarbeiten soll wahrscheinlich nach einer für das Jahr 1273 überlieferten Brandkatastrophe unter Bischof Leo Thundorfer (1262 – 1277) erfolgt sein. Der Plan des Dommeisters verwandelte den bisherigen romanischen Dom in eine gotische Kathedrale von höchster künstlerischer Vollendung und erwies sich auch für die kommenden Generationen als so überzeugend, daß er bis zur Einstellung der Bauarbeiten im frühren 16. Jahrhundert grundsätzlich berücksichtigt blieb.
Hier in diesem Zusammenhang interessiert uns jedoch in erster Linie nicht der Baufortschritt am Dombau, sondern die im 13. und 14. Jahrhundert in der Dombauhütte gleichzeitig mit den einzelnen Bauteilen ausgeführten Grabplatten, insbesondere ihre Formen und ihre stilistische Entwicklung, die anhand der noch erhaltenen Werke dieser Art gut ablesbar ist.
Die Grabkreuzplatten des 13. und 14. Jahrhunderts
Typisch für Regensburger Grabplatten des 13. und 14. Jahrhunderts, die in der Dombauhütte – wohl unter Leitung des Meisters Ludwig († 1306) – ausgeführt wurden, sind jene, die in einem vertieft angelegten Bildfeld ein erhaben gemeißeltes Grabkreuz über einem stilisierten Grabhügel aufweisen. Die Umschrift in gotischen Majuskeln ist dabei stets auf dem umlaufenden Plattenrand untergebracht. Das Erscheinungsbild dieser aus Kalkstein gemeißelten Grabplatten, meist im Format von etwa 200 x 80 cm ist schlicht, doch dabei eigentlich recht ausdrucksvoll in seiner herben Strenge. Die Form des Kreuzes ist einfach, die Kreuzenden berühren meist den Rand des Bildfeldes. Der Wappenschild des verstorbenen Mannes oder der der verstorbenen Frau ist in Schrägstellung an den Kreuzstab gelehnt. Diese Form herrscht bis zu Anfang des 14. Jahrhunderts vor.
Zu Anfang des 14. Jahrhunderts taucht dann eine etwas abgewandelte Form dieser Grabplatten auf, die an den Kreuzenden seitliche Verdickungen aufweisen. Insbesondere einige davon, die sich im Regensburger Dominikanerinnenkloster finden, zeigen diese neue Sonderform, wobei nicht ganz sicher ist, ob diese in der Regensburger Dombauhütte entwickelt worden ist oder nur ein Steinmetz im Bereich dieses Klosters erfunden hat.
Eine stilististische Weiterentwicklung des Typs der Grabkreuzplatten, die jedoch mit Sicherheit in der Regensburger Dombauhütte zur Zeit von Meister Eberhart geschah, stellt jedoch dann die Grabplatte für einen gewissen Haitfolch (Haitfocus, Kat.-Nr. 32) dar, der gestorben ist und einer der ersten Bürger der neuen Vorstadt Stadtamhof war. Er wurde dennoch nach seinem Tod im Regensburger Domkreuzgang begraben. Hier zeigt das Grabkreuz gespließte Enden und als besondere Verzierung dahinter eine Verdickung mit einem Loch, ganz so wie sie damals vermutlich der Schmied in ein Grabkreuz auf seinem Amboss geschmiedet haben wird. Auch an Orten außerhalb von Regensburg wurden damals aus der Dombauhütte solche Grabplatten auf Bestellung geliefert, wie z.B. die Grabplatte für eine Cecilia Smerpulari († 1310) an der Kath. Pfarrkirche von Vohburg. Auch eine zerbrochene Grabplatte im Küchenkeller des Regensburger Dominikanerinnenklosters aus der Zeit um 1320 zeigt diese stilistische Eigenheit. Eine etwas abgewandelte Grundform dieses Typs ist dann jene Grabplatte für den Abt Bertholdshofer († 1319) in der ehem. Klosterkirche Reichenbach am Flusslauf des Regens. Dass sich diese besondere Form der Grabkreuzplatte noch bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts erhalten hat, belegt die für Otto Schambeck († 1347, Kat.-Nr. 66) in der Kapelle zur Rast in der Vorhalle des Domkreuzgangs zu Regensburg.
Besondere Beachtung verdienen außerdem noch drei besonders schöne und gut erhaltene Grabplatten des Grabkreuztyps in der ehem. Dominikanerkirche in Regensburg. Gemeint sind die für Kunigunde von Sünching († 1296), Perhta vxor Ekperti de Haydav († 1304) und die für die Sepvltvra dominorvm Tapiferorvm de Ekkenmvl aus dem Ende des 13. Jahrhunderts. Die sehr gute künstlerische Qualität dieser Grabplatten lässt jedoch die Vermutung aufkommen, dass diese nicht von Steinmetzen in der Dombauhütte ausgeführt wurde, sondern von einem besonders talentierten Steinbildhauer (Bildschnitzer) in Regensburg. Dasselbe gilt auch für die Wappengrabplatte des Heinrich von Weichs [Druckseite XLVII] († 1380) mit den großen ausdrucksvollen gotischen Majuskeln in der ehem. Dominikanerklosterkirche zu Regensburg, die aber ein anderer Steinbildhauer gemeißelt haben muss.
Figürliche Grabsteine des 13. und 14. Jahrhunderts
In der Regensburger Dombauhütte sind zu jener Zeit auch qualitätvolle figürliche Grabplatten ausgeführt worden. Im Domkreuzgang selbst ist da der früheste Grabstein dieser Art der für den Domdekan Ulrich von Au († 1326, Kat.-Nr. 53). Der Verstorbene wird im Bildfeld der Grabplatte in frontaler Körperhaltung in ganzer Figur dargestellt. Sein Haupt ruht auf einem Totenkissen, das an seinen Enden mit Quasten besetzt ist. Die Inschrift in eingemeißelten gotischen Majuskeln ziert den umlaufenden Plattenrand.
Zu dieser Grabplatte gibt es auch noch zwei weitere von demselben Dommeister ausgeführte, nämlich den für Conrad Paulsdorfer († 1299), der sich früher in der Minoritenkirche zu Regensburg befand, doch dann nach seinem Verkauf 1868 an das Bayerische Nationalmuseum München gelangt ist und dort heute in der Schausammlung zu sehen ist, sowie die figürliche Grabplatte des Ulrich von Schmalenstein († 1323) in der Kath. Pfarrkirche zu Hofendorf (Gde. Neufahrn i.NB., Lkr. Landshut/NB.). Beide sind in Körperhaltung und auch in ihrer sonstigen Durchbildung annähernd identisch. Man beachte insbesondere, dass beide Ritter mit ihrer linken Hand den oberen Rand einer gleichgeformten Tartsche halten, auf dem ihr Geschlechtswappen aus dem Stein gemeißelt ist.
Im Turmuntergeschoß der Kath. Pfarrkirche von Ascholtshausen (Markt Mallersdorf-Pfaffenberg, Lkr. Straubing-Bogen/NB.) haben sich weitere figürliche Grabsteine erhalten, deren Provenienz ebenfalls die Regensburger Dombauhütte ist. Gemeint ist der Grabstein des Vlricus dictus Haselbek († 1342), der in ganz ähnlicher Form abgebildet ist, aber keine Tartsche in seiner linken Hand, sondern hier sein Wappenschild hält, und der Grabstein des Hainricus Dechenpecht († 1359); das Material dieser beiden Grabsteine ist Kalkstein.
Die Mehrzahl der figürlichen Grabplatten, die den Verstorbenen in voller Rüstung zeigen, sind nicht in den Kirchen von Regensburg, sondern in den Landkirchen des Adels in der Oberpfalz und in Niederbayern anzutreffen, so z.B. die Grabplatte des in einer Prachtrüstung dargestellten Dietrich Hofer von Sünching († 1416), Erbmarschall des Bistums Regensburg, die sich in der Kath. Pfarrkirche zu Sünching (Lkr. Regensburg) befindet. Dieser ist wahrscheinlich nicht die Arbeit eines Steinmetzen, sondern eines überaus talentierten Bildschnitzers, denn die hohe künstlerische Qualität dieses Grabsteins aus Rotmarmor spricht jedenfalls für die Richtigkeit dieser Vermutung.
Aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts wären in diesem Zusammenhang natürlich die Rittergrabsteine für Hadmar IV. von Laaber († 1420) in der Kath. Pfarrkirche zu Laaber (Lkr. Regensburg) zu nennen, der von 1397 bis 1408 Bürgermeister von Regensburg war, sowie für Peter Saller († 1435) und Ulrich Saller († 1400) in der ehem. Karmelitenkirche zu Abensberg (Lkr. Kelheim/NB.), beides typische Steinmetzarbeiten und wohl dem Regensburger Dommeister Andre Engel zuzuschreiben. Ein dritter figürlicher Grabstein dieses Typs mit der Hochrelieffigur des Verstorbenen befindet sich in der Kath. Pfarrkirche zu Niederpöring (Gde. Oberpöring, Lkr. Deggendorf/NB.) und wurde zum Gedächtnis für Chunrad den Kammerauer und seinen Sohn Ludwig den Kammerauer († 1423) gesetzt. Dabei handelt es sich jedoch nicht nur um einen einfachen Grabstein, sondern dieser Stein diente einstmals als Deckplatte einer Tumba aus Rotmarmor.
Auch von dem Regensburger Dommeister Chunrad Roritzer hat sich ein von ihm ausgeführter Grabstein mit der Gestalt eines Ritters in voller Rüstung erhalten, so der Grabstein für Hanns von Parsberg († 1469) in der Kath. Pfarrkirche zu Parsberg (Lkr. Neumarkt i.d. Opf.). Das Hochrelief ist jedoch noch ziemlich derb in der Ausführung.
Dessen Sohn Matheis Roritzer hat unbestritten die schönsten Rittergrabsteine gemeißelt, er war künstlerisch weitaus begabter als sein Vater. Ein Frühwerk ist wohl sein Grabstein für Hanns Holnsteiner († 1483) in der Kath. Pfarrkirche zu Kirchdorf am Haunpold (Markt Bruckmühl, Lkr. Rosenheim/OB.), ausgeführt jedoch wohl schon bald nach 1460. Schon besser ist dann sein Grabstein für Konrad Pollinger zu Fraunberg († 1470) in der ehem. Benediktinerklosterkirche zu Kastl (Lkr. Amberg-Sulzbach) und noch eleganter in der Ausführung ist jedenfalls sein Grabstein für Christoph von Parsberg zu Lupburg († 1462) in der Kath. Pfarrkirche zu Lupburg (Lkr. Neumarkt i.d.Opf.).
Ein künstlerisches Meisterwerk Matheis Roritzers ist unbestritten sein Epitaph für Leopold Landgraf von Leuchtenberg († 1463) in der Kath. Pfarrkirche zu Pfreimd bei Nabburg (Lkr. Schwandorf). [Druckseite XLVIII] Auch bei den schönen Buchstaben der Inschrift, diese in gotischen Minuskeln, und an den sternförmigen Worttrennungszeichen auf dem Epitaph des Landgrafen von Leuchtenberg wird Matheis Roritzers Meisterschaft deutlich spürbar.
Danach werden die von dem Regensburger Dommeister ausgeführten Rittergrabsteine wieder etwas bescheidener dargestellt, so der für Pankraz von Hochholding zu Kölnbach († 1465) in der Kath. Pfarrkirche zu Pilsting (Lkr. Dingolfing-Landau/NB.) und für Hanns von Stauf zu Ernfels († 1478) in der Kath. Pfarrkirche zu Beratzhausen (Lkr. Regensburg). Noch einmal kommt es zu einer Bestform im Werk des Dommeisters Matheis Roritzer, so an dem Epitaph für Heinrich Nothaft d. Ä. von Wernberg († 1471) und seiner Gemahlin Margreth, geb. von Ortenburg († 1476), sowie bei dem Epitaph für den Patrizier Wilhelm Zeller († 1491) und seiner Gemahlin Margreth, geb. Rudolf († 1478) in der ehem. Karmelitenkirche zu Straubing/NB. Beide Epitaphien zeigen das Ehepaar in voller Lebensgröße und sind noch vorzüglich erhalten geblieben.
Im Werk des Regensburger Dommeisters Wolfgang Roritzer kommen Rittergrabsteine nur auffallend wenige vor. Sehr schlicht ist der von ihm gemeißelte Grabstein für Hanns Westendorfer zu Saulburg († 1501) in der Kath. Pfarrkirche zu Pondorf (Markt Winklarn, Lkr. Schwandorf) und wohl schon um 1512 für den Ritter Wilhelm von Raidenbuch († 1526) in der Kath. Pfarrkirche zu Affecking (Stadt Kehlheim, Lkr. Kelheim/NB.). Eine bessere Arbeit ist dann jedoch das große und recht schöne Epitaph für den Schultheiß Ott von Rorbach († 1506) in der Kath. Stadpfarrkirche zu Neumarkt i. d. Opf. Wolfgang Roritzer hat nicht Meisterwerke massenhaft produziert, sondern sozusagen sein täglich Brot waren die von ihm und seinen Gesellen in der Regensburger Dombauhütte ausgeführten Grabsteine für die Kanoniker des Domstifts, meist nach einem einheitlichen Schema, nicht abwechslungsreich und häufig ohne viel Phantasie gestaltet. So nimmt es nicht wunder, dass Wenzel Roritzer in der Regel bedeutende Aufträge für angesehene Persönlichkeiten seiner Zeit versagt blieben und diese sich bei Bedarf lieber an besser qualifizierten Steinmetz oder Bildhauer wandten.
Darüber darf natürlich nicht vergessen werden, dass der mit Abstand schönste Rittergrabstein der Spätgotik im Regensburger Raum, gemeint ist die ehem. Tumbadeckplatten für den Grafen Johann von Abensberg († 1469), jetzt im Kreuzgang des ehem. Karmelitenklosters zu Abensberg (Lkr. Kelheim/NB.) zu sehen. Ob diese von einem Regensburger Bildhauer gemeißelt wurde oder von einem in Straubing ansässig und tätig gewesenen Meister, der dort um 1470 auch die Wandtumbaplatte für das Ehepaar Wolf Preu und Barbara Preu, geborene Zeller, in der Kath. Stadtpfarrkirche zu Straubing ausgeführt hat, ist bislang noch ungeklärt. Vom gleichen Meister müsste jedenfalls auch die nur noch fragmentarisch erhaltene Tumbadeckplatte für den Stifter des Benediktinerklosters Rohr (Lkr. Kelheim/NB.) sowie das Epitaph für den Abt Friedrich Starzhauser († 1474) in der ehem. Benediktinerklosterkirche Biburg (Lkr. Kelheim/NB.) sein. Dieser Frage muss noch bei nächster Gelegenheit näher nachgegangen werden.
Ein kunstgeschichtliches Rätsel, das bisher auch noch nicht zufriedenstellend gelöst ist, betrifft die leider stark beschädigte ehem. Tumbadeckplatte an der Friedhofskapelle St. Elisabeth zu Kallmünz (Lkr. Regensburg). Unter einem gotischen Sprenkwerk erkennt man hier eine lebensgroße Frauengestalt von seltener Schönheit. Eine erklärende Inschrift fehlt.
Die Grabsteine der Regensburger Bischöfe
Die Grablege der Regensburger Bischöfe war zu Anfang nicht im Dom, sondern bei dem Reichskloster St. Emmeram in Regensburg. Der älteste Grabstein eines Bischofs im Regensburger Dom ist somit erst der für Konrad von Haimburg († 1381, Kat.-Nr. 93) im Pflaster des südlichen Seitenschiffs im Turmjoch. Die große Rotmarmorplatte ist bereits ziemlich abgetreten. Die nächstfolgende Grabplatte eines Bischofs bezieht sich auf Theoderich von Absberg († 1383, Kat.-Nr. 96). Sie liegt nicht mehr wie früher hinter dem Hochaltar im Kirchenpflaster des Doms, sondern wurde im 19. Jahrhundert in die Mittelhalle des Regensburger Domkreuzganges versetzt.
Von dem Dommeister Wenzel Roritzer wurde dann die Grabplatte des Bischofs Johann von Moosburg († 1409, Kat.-Nr. 129) gemeißelt. Sie liegt im Pflaster des südlichen Nebenchors (teilweise durch das Denkmal für Bischof Sailer verdeckt) und wurde wohl schon kurz nach dessen Tod, also um 1410/12, ausgeführt. Sein Nachfolger auf dem Bischofsthron war Albert der Staufer († 1421, Kat.-Nr. 144), dessen Grabplatte auch dort im Bodenpflaster liegt. Beide Grabplatten sind im künstlerischen Entwurf auffallend gleich und zeigen die Verstorbenen ganzfigurig in frontaler Haltung im vollen Bischofsornat und zugleich mit auffallend großer Leibesfülle.
Die Grabplatte für den Bischof Johannes von Streitberg († 1428, Kat.-Nr. 168) lag ursprünglich im Mittelschiff der Domkirche und ist deshalb ziemlich abgetreten. Heute ist sie im Durchgang zur Dompropstei aufgestellt. Sie weist eine Besonderheit auf: Mitra, Buch und Stab sowie die Fußspitzen waren früher einmal mit Bronzeplatten ausgelegt. Wer diese Grabplatte in dieser besonderen Form ausgeführt hat, ist bis heute ungeklärt.
Von Wenzel Roritzers Nachfolger, dem Dommeister Andre Engel, stammt jedenfalls dann die Grabplatte des Konrad von Soest († 1437, Kat.-Nr. 186), die im Nordchor des Doms, unterhalb der Stufe zum Altar im Bodenpflaster liegt. Das Konturenbildnis des Verstorbenen ist auch schon sehr abgetreten. Auch die Grabplatte seines Nachfolgers, des Bischofs Friedrich von Parsberg († 1449, Kat.-Nr. 200), ist noch ein Werk des Dommeisters Andre Engel. Die Grabplatte ist auffallend groß und misst in der Länge 272 cm und in der Breite 136 cm.
Die Grabplatte für den Bischof Friedrich von Plankenfels († 1457, Kat.-Nr. 222), der nicht in Regensburg, sondern in Salzburg starb, ist eindeutig nicht die Arbeit eines hiesigen Steinmetzen und Dommeisters, sondern die des damals noch in Salzburg ansässigen Bildschnitzers Hanns Paldauf, der schon kurz danach nach Passau übersiedelte und dort dann die Tumba für den Bischof Leonhard von Laiming ausführte, die sich jedoch leider nicht mehr erhalten hat. Die große Grabplatte des Bischofs Friedrich von Plankenfels im Format 282 x 137 cm ist an ihrer Oberfläche stark abgetreten. Sie lag früher im Bodenpflaster des Doms, ist jedoch nunmehr im Domkreuzgang aufgestellt.
An der südlichen Längswand des südlichen Nebenschiffs ist heute eine Dreiergruppe von Bischofsgrabdenkmälern optisch reizvoll zusammengestellt. Dabei handelt es sich zum einen um die Grabplatte für den Bischofsadministrator Herzog Rupert von Baiern († 1465, Kat.-Nr. 238), ein Werk des Dommeisters Chunrad Roritzer, und zum anderen um die Grabplatte für Bischof Pfalzgraf Rupert (†1507), die ein Werk des Dommeisters Wolfgang Roritzer ist.
Dem Bischof Heinrich von Absberg († 1492, Kat.-Nr. 293) hat der Dommeister Matheis Roritzer ein besonders würdevolles Grabdenkmal im nördlichen Nebenchor des Doms geschaffen. Die große Rotmarmorplatte im Format von 290 x 148 cm, also etwa im Verhältnis von 2:1, ist als Epitaph gestaltet und schon von Anfang an aufrecht stehend, umrahmt von einer Arkatur aus Kalkstein mit Astwerk in gotischen Formen, errichtet worden. Im Bildfeld wird der Verstorbene als Relief im vollen Pontifikalornat mit Rationale dargestellt. In seiner Rechten hält er den Stab, in seiner Linken jedoch kein Buch (wie sonst üblich), sondern hier ein Agnus Dei (Pazifikale). In den Ecken des Epitaph sind vier Wappenschilde zu sehen, wobei die beiden unteren in kleinen Rundbogennischen als Vollwappen ausgebildet sind; sie zeigen die Wappen der Eltern des Bischofs Heinrich von Absberg. Vor dem Epitaph ist eine kleine Platte mit vier Wappenschilden im Bodenpflaster eingelassen, die die genaue Stelle bezeichnet, wo der Bischof begraben liegt.
Matheis Roritzer hat sich hier in der Bildkomposition der Grabplatte für Bischof Heinrich von Absberg ziemlich eng an das von ihm früher schon für den Eichstätter Bischof Johann von Eich († 1464) ausgeführte Epitaph gehalten, das heute noch dort in der Klosterkirche St. Walburg zu sehen ist. Der Dommeister hat damit vielleicht einem besonderen Wunsch seines Auftraggebers, des Bischofs Heinrich von Absberg, entsprochen, der sich von Matheis Roritzer dieses prunkvolle Grabmal schon zu seinen Lebzeiten meißeln ließ. Die Vermutung von Philipp Maria Halm (vgl. Studien zur süddeutschen Plastik, Bd. I, Augsburg 1926, S. 93) und die Zuschreibung von Felix Mader (vgl. Kunstdenkmälerband Stadt Regensburg, Teil I, München 1933, S. 116), dass beide Bischofsgrabdenkmäler Werke des Straubinger Bildhauers Erhart gewesen seien, sind natürlich völlig abwegig und brauchen deshalb hier nicht weiter diskutiert zu werden.
Weitere Grabsteine und Epitaphien für Kanoniker des Domstifts und Regensburger Patrizier des 15. Jahrhunderts
In Regensburg ist man aufgrund der guten archivalischen Quellenlage ziemlich genau in der Lage zu konstatieren, welcher Dommeister von wann bis wann tätig war und dabei unter Mitarbeit seiner Steinmetzgesellen in der Dombauhütte so manche Grabsteine ausgeführt hat, die sich heute nicht nur im Regensburger Dom, dem daneben liegenden Kreuzgang, in den übrigen Klosterkirchen und Kapellen der Stadt, darüber hinaus aber auch in den ehemaligen Klosterkirchen, den Stadt- und Landkirchen der Oberpfalz sowie von Ober- und Niederbayern bis hin ins Schwabenland finden lassen.
Während der ganzen Bauzeit des gotischen Doms in Regensburg dürfen wir hier mit dem Vorhandensein einer eigenen Dombauhütte rechnen. Ihre Leiter führten im 15. Jahrhundert die Berufsbezeichnung thumbmaister, d.h. Dommeister. Nach heutigem Sprachgebrauch würden wir jedoch dafür Dombaumeister sagen. Früher waren die Bezeichnungen anders, nämlich Baumeister für den Bauverwalter, d.h. den Rechnungsführer aller Ausgaben zum Bau, und dem Werkmeister, das war der gelernte Steinmetz, dem die Bauausführung übertragen worden war. Der Dommeister hatte an seiner Seite noch den Palier, der ebenfalls ein gelernter Steinmetz war und der den Dommeister im Falle seiner Verhinderung oder auch bei dessen längerer Abwesenheit, aus welchen Gründen auch immer, vertrat.
Wir sind in der glücklichen Lage die lückenlose Folge aller Dommeister, die am Regensburger Dombau im 15. Jahrhundert tätig waren, zu kennen. Dies waren folgende Werkmeister:
1. Liebhart der Mynnär | (urk. 1395 – †14..) |
---|---|
2. Wenzel Roritzer | (um 1408 – † um 1418) |
3. Andre Engel | (1419 – † um 1456) |
4. Chunrad Roritzer | (um 1457 – † um 1475) |
5. Matheis Roritzer | (1476 – † Februar 1495) |
6. Wolfgang Roritzer | (1495 – †29. Mai 1514) |
Die Dommeisterfamilie der Roritzer bestimmte in drei Generationen hintereinander das Baugeschehen am Regensburger Dombau. Der älteste Vertreter dieser Steinmetzenfamilie war Wenzel Roritzer.
DER DOMMEISTER WENZEL RORITZER (tätig um 1408 – † um 1418)
Der markante Vorname Wenzel, die Kurzform für Wenzeslaus, lässt darauf schließen, dass dieser möglicherweise böhmischer Herkunft war. Der Hl. Wenzel war Herzog in Böhmen und wurde im Jahr 907 als ältester Sohn des Herzog Wratislaw aus dem Haus der Premisliden geboren und am 28. September 929 (nach anderen Quellen 935) in Altbunzlau nördlich von Prag von seinem böswilligen Bruder ermordet. Der Hl. Wenzeslaus, der ein überaus frommes und gottesfürchtiges Leben geführt hatte, wurde schon bald nach seinem Tod als Märtyrer vom Volk besonders verehrt. Er wurde daraufhin im Prager St. Veitsdom beigesetzt. An seinem Grab sollen auffallend viele Wunder geschehen sein. Die Tschechen betrachten den Hl. Wenzeslaus als ihren Nationalheiligen.
Somit dürfen wir vermuten, dass Wenzel Roritzer wahrscheinlich, bevor er nach Regensburg kam und ihm dort das ehrenvolle Amt des Dommeisters an der Regensburger Dombauhütte übertragen wurde, zuvor für eine gewisse Zeit am Bau des Prager St. Veitsdom als Steinmetzgeselle tätig war, wobei die dortige Dombauhütte damals unter der Leitung des bekannten Werkmeisters Peter Parler von Köln stand.
Über den Lebensweg von Wenzel Roritzer wissen wir leider wenig. Nur eine einzige urkundliche Nennung, so im Jahr 1415, das ist leider schon alles, was wir gesichert über ihn wissen. In diesem Jahr wurde nämlich ihm, Venczla dem tummaister, die Hofstatt bei seinem Haus in der „Malerstrass“ vom Stift Obermünster in Regensburg zu Lehen übergeben. Nach seinem Ableben bekam seine Witwe, Elspet, die tummaisterin, dieses vom Stift Obermünster zu Lehen. Dabei werden ihre beiden Kinder Venczla und Chunrad genannt. Das früheste für ihn bekannte Werk ist die prachtvolle Wandtumba für den Patrizier Matthäus Rantinger († 1407) und seine Gemahlin in der ehem. Reichsstiftskirche Obermünster zu Regensburg.
Wann Wenzel Roritzer die Leitung der Regensburger Dombauhütte übertragen bekam, ist nicht urkundlich überliefert. Wir können dies nur aus seiner Werkliste erschließen. Dabei gilt zu beachten, dass Wenzel Roritzer nicht ausschließlich nur am Bau des Doms tätig war, sondern darüber hinaus bei Bedarf, wenn ihm entsprechende Aufträge vorlagen, Grabsteine für den Bischof, den Dompropst, für die Kanoniker des Domstifts, aber auch für Adelige und vermögende Bürger, vornehmlich Patrizier der Freien Reichsstadt Regensburg, die fromme Stiftungen für ihr Seelenheil und auf diese Weise sich ein Anrecht erworben hatten, im Domkreuzgang ihre letzte Ruhestätte zu finden, ausgeführt hat.
Rolf Schmidt vertritt hypothetisch die Ansicht, dass Wenzel Roritzer möglicherweise mit dem Petrusmeister der Vorhalle, dem Schöpfer des eintürmigen Fassadenentwurfs im Regensburger Domschatz und dem Erbauer der Vorhalle (jedenfalls teilweise) des Regensburger Doms gleichzusetzen sei.
Es sei noch erwähnt, dass der Regensburger Dombauhütte seit alters her ein Steinbruch bei Abbach (so im Jahr 1405 genannt) sowie ein Steinbruch in Kapfelberg oberhalb von Abbach an der Donau (Lkr. Kehlheim/NB.) zur Verfügung stand.
Werkliste:
1. Wandtumba für den Patrizier Matthäus Rantinger († 1407) und seine Gemahlin Margareta, geb. Gravenreuter († 1410) in der Vorhalle der ehem. Stiftskirche Obermünster in Regensburg, ausgeführt um 1408, sowie auch dort das Ölbergrelief an der Ostwand.
2. Grabplatte für den Bischof Johannes von Moosburg († 1409) im Regensburger Dom (Kat.-Nr. 129)
3. Grabplatte für den Bischof Albert der Staufer († 1421) im Regensburger Dom, ausgeführt jedoch wohl schon um 1410/12 (Kat.-Nr. 144)
4. Grabstein für den Ritter Dietrich Stainberger († 1414) im ehem. Benediktinerkloster Oberalteich (Stadt Bogen, Lkr. Straubing-Bogen/NB.)
5. Grabstein für Chunrad Eychstetter († 1416) in der Kath. Pfarrkirche zu Herrnried (Stadt Parsberg, Lkr. Neumarkt i.d.OPf.)
DER DOMMEISTER ANDRE ENGEL (tätig um 1419 – † um 1456)
Nachfolger als Dommeister am Regensburger Dombau war der aus Köln am Niederrhein stammende Andre Engel, der um 1419 Elspet, die Witwe des Dommeisters Wenzel Roritzer, ehelichte. Mit der Heirat übernahm er wohl auch die Vormundschaft für die noch kleinen, unmündigen Stiefkinder Wenzel Roritzer und Chunrad Roritzer. Sie werden im Lehenbuch des Stifts Obermünster in Regensburg erwähnt. Erstmals wird Andre werchmaiser des tumbs zu Regensburg am 17. Dezember 1429 genannt und dann außerdem noch dreimal in Urkunden der Reichsstadt Regensburg erwähnt, und zwar am 9. April 1434, am 17. Juli 1423 und letztmals am 17. September des Jahres 1444. Andre Engel starb im Sommer (vor dem 21. Juli) des Jahres 1456.
Ein naher Verwandter des Dommeisters Andre Engel dürfte der Steinmetzgeselle Hanns Engel von Köln gewesen sein, der wegen eines Vergehens in das Gefängnis der Stadt Regensburg gekommen war und bei seiner Entlassung Urfehde schwören musste. Vom 12. Juli 1451 ist uns andererseits eine Quittung erhalten geblieben, aus der hervorgeht, dass Meister Hanns Engel, Steinmetz und Bürger zu Regensburg, für das Kapitel des Kollegiatstifts U. L. Frau zur Alten Kapelle in Regensburg, Bauarbeiten am Chor der genannten Stiftskirche verrichtet hat. Aus einem weiteren Urfehdebrief, datiert v. 19. Juli 1451, können wir entnehmen, dass Hanns Engel, parlir, gesessen zu Regenspurg, wieder mit dem Gesetz in Konflikt kam, denn er musste nun erneut Urfehde schwören. Es wäre denkbar, dass Hanns Engel zu jener Zeit Parlir des Dommeisters Andre Engel gewesen ist.
Werkliste:
1. Grabplatte für Hadmar IV. von Laaber († 1420), Bürgermeister zu Regensburg, in der Kath. Pfarrkirche zu Laaber (Lkr. Regensburg)
2. Ehem. Tumbadeckplatte für Ludwig den Kammerauer († 1423) und seinen Vater Chunrad Kammerauer in der Kath. Pfarrkirche zu Oberpöring (Lkr. Deggendorf/NB.)
3. Grabplatte für den Summissarius Nikolaus Purchard aus Amberg († 1450) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 204)
4. Grabplatte für Erhard aus Pinkhofen († 1424), Altarist der Hl. Katharina, im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 151)
5. Grabplatte für Friedrich Eichstetter († 1424) im Kreuzgang des ehem. Dominikanerklosters in Regensburg
6. Grabplatte für den Stadtkämmerer Stefan Notangst († 1426) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 156)
7. Grabplatte für den Kanoniker und Doktor der Medizin Johannes Weutra (†1426) im Regensburger Dom (Kat.-Nr. 158)
8. Grabplatte für Leopold von Paulsdorf († 1427) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 163)
9. Grabplatte für Niklas Panholz († 1428) in der Kath. Pfarrkirche zu Chammünster (Stadt Cham, Lkr. Cham)
10. Grabplatte für den Kanoniker und Senior des Domkapitels Kaspar Türlinger († 1431) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 175)
11. Grabplatte für Haimeran den Gumprecht (†1431) und seine Gemahlin Katharina († 1436) in der ehem. Reichsstiftskirche St. Emmeram in Regensburg
12. Grabplatte des Kanonikers Johann Oech von Pappenheim (†1431) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 173)
13. Gruftdeckplatte für Parzeval Zenger (†1431) und seine Gemahlin Anna, geb. von Degenberg († 1423), in der Kath. Pfarrkirche zu Schönthal (Lkr. Cham)
14. Grabplatte für den Kanoniker Johannes Dornsteiner († 1433) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 177)
15. Grabplatte für Anna Kastenmayr († 1434) und Dorothea Schneck (†1436) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 180)
16. Grabplatte für Peter Saller († 1435) und Ulrich Saller (†1400) in der ehem. Karmelitenkirche zu Abensberg (Lkr. Kelheim)
17. Grabplatte für den Kanoniker und Dekan Johannes de Elnpach († 1435) in der Kollegiatsstiftskirche U. L. Frau zur Alten Kapelle in Regensburg
18. Grabplatte für den Bischof Konrad von Soest († 1437) im Regensburger Dom (Kat.-Nr. 186)
19. Grabplatte für Albrecht den Sterner († 1415) und dessen Gemahlin Dorothea († 1442)
im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 132)
20. Grabplatte für den Bischof Friedrich von Parsberg († 1449) im Regensburger Dom (Kat.-Nr. 200)
21. Grabplatte für den Kanoniker und Dekan Christian von Stinglheim († 1450) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 203)
22. Grabplatte für Haimeran Lerchenfelder († 1459) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 224)
23. Grabplatte für Dietrich von Stauf († 14..) in der Kath. Pfarrkirche zu Beratzhausen (Lkr. Regensburg)
DER DOMMEISTER CHUNRAD RORITZER (tätig um 1457 – † um 1475)
Die Lebensdaten zu Chunrad Roritzer liegen uns glücklicherweise schon besser vor, als für seinen Vater, den Dommeister Wenzel Roritzer. Die erste urkundliche Nennung betrifft das Jahr 1419. Er war damals noch ein Kind und hatte einen älteren Bruder Namens Wenzel über den wir in späteren Jahren nichts mehr erfahren.
Chunrad Roritzer ist im Jahr 1445 Aussteller einer Urkunde, in der er als Steinmetz zu Regensburg bezeichnet wird. Ab etwa 1457 war er dann Nachfolger seines Stiefvaters Andre Engel als Dommeister, d.h. Leiter der Dombauhütte in Regensburg. 1457 erhielt Maister Conrad, tummaister zu Regenspurg, die Hofstatt bei seinem Haus in der Mallerstracz vom Stift Obermünster zu Lehen, da nun mehr auch seine Mutter verstorben war.
Über die Tätigkeit Chunrad Roritzers erfahren wir erstmals etwas aus den Jahren von 1456 bis 1458. Er war damals Werkmeister am Bau der St. Lorenzkirche in Nürnberg. Chunrad Roritzer nahm danach 1459 in seiner Eigenschaft als Dommeister an dem großen Treffen der Steinmetzen aus allen deutschen Gauen in Regensburg teil, dabei wird auch sein Parlir Hanns Krebs genannt. Eine weitere urkundliche Nennung ist für das Jahr 1480 belegt.
Auf den 28. Februar 1461 ist ein Schreiben an den Rat der Stadt Nördlingen datiert, worin Conrad Rarriczer, werchmaister des tuemstifts zue Regenspuerg, genannt wird. Daran hängt das Siegel Chunrad Roritzers, welches das Steinmetzzeichen des Meisters mit den Buchstaben c und r zeigt. Ein weiteres Schreiben nach Nördlingen liegt für das Jahr 1465 vor, das auch mit dem Siegel des Dommeisters versehen ist. Drei Jahre zuvor, also 1462, weilte der Werkmeister als Gutachter in Wien. Eine weitere urkundliche Nennung des Meisters ist noch für das Jahr 1471 belegt.
Es überrascht uns nicht, dass man auch in München den Rat des erfahrenen Meisters suchte, als es um die Einwölbung der sich gerade dort im Bau befindlichen Frauenkirche ging. Im Jahr 1474 kamen damals bekanntlich die tüchtigsten Werkmeister im süddeutschen Raum zusammen, um mit ihrem Rat dem Kirchenmeister Jörg von Halspach zur Seite zu stehen. Im Münchner Ratsprotokoll von 1474 hat damals der Stadtschreiber dazu vermerkt:
Item 8 lb 6 ß haben wir zalt maister Conradten maurer zu trinckengelt, alß man i[h]n von U. L. Frauen paus wegen von Regensburg gen München beschickt hat.
und dann steht noch im Münchner Ratsprotokoll:
[...] und maister Conraten von Regensburg 9 ß mitsampt dem furman und furlon zu den Ettlinger zerung, die sy von des paus wegengetan haben. Reminiscere [= 6. März] 1474.
Doch danach wurde es ruhig um Chunrad Roritzer, der anscheinend um 1475 gestorben ist. Am 12. Mai 1476 wurde nämlich sein Haus in der Malerstraße zu Regensburg an den Steinmetz Hanns Koler (oder den Buchdrucker Hanns Koler ?) übertragen, der das Haus käuflich erwarb.
Werkliste:
1. Grabplatte für die Äbtissin Anna Barbara von Absberg († 1458) in der ehem. Reichsstiftskirche Obermünster in Regensburg
2. Grabplatte für den Kanoniker Georg Sirkendorfer († 1462), Dekan in Stauf, in der ehem. Reichsstiftskirche U. L. Frau zur Alten Kapelle zu Regensburg
3. Grabplatte für den Bischofsadministrator Herzog Rupert von Baiern († 1465) im Regensburger Dom (Kat.-Nr. 238)
4. Grabplatte für den Kanoniker und decret. licent. Caspar Schenk von Castell (†1469) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 246)
5. Grabplatte für Friedrich von Egloffstein zum Rotenberg († 1469), gesessen zu Bärnreuth, einstmals am Eingang der Onophriuskapelle nahe der Sakristei, jetzt im Chor der ehem. Minoritenkirche zu Regensburg
6. Grabplatte für den Ritter Hanns von Parsberg († 1469) und der Taufstein in der Kath. Pfarrkirche zu Parsberg (Lkr. Neumarkt i.d.Opf.)
7. Epitaph für Hanns Klopfer († 1474) an der Nordaußenwand der Kath. Stadtpfarrkirche St. Martin in Amberg
8. Grabstein (oder Epitaph?) für die Äbtissin Kunigunde von Egloffstein († 1479) in der ehem. Reichsstiftskirche Obermünster zu Regensburg, ausgeführt jedoch schon vor 1479
9. Tumbadeckplatte für den Ritter Hanns von Fraunberg zum Haag und zu Prunn († 1478), Landrichter zu Hirschberg und Pfleger zu Riedenburg, dann herzogl. bairischer Oberrichter zu Straubing, danach Herzog Johanns und Herzog Sigmunds Hofmeister, zuletzt noch herzoglich bairischer Pfleger zu Landshut, und seine zweite Gemahlin Margareth von Fraunberg zu Haidenburg († 1480), vormals Witwe nach Degenhart Hofer zu Sünching; in der Kath. Pfarrkirche zu Prunn (Stadt Riedenburg, Lkr. Kelheim/NB.)
DER DOMMEISTER MATHEIS RORITZER (tätig um 1476 – † um 1495)
Von allen Dommeistern aus dem Steinmetzengeschlecht der Roritzer ist Matheis Roritzer wohl der fähigste und künstlerisch begabteste Meister gewesen. Dies lässt sich gut anhand der von ihm geschaffenen Grabsteine erkennen. Doch betrachten wir zunächst einmal näher seinen Lebensweg:
Sein Vater war der Regensburger Dommeister Chunrad Roritzer, der wohl um 1446 geheiratet hat, woraus sich für Matheis Roritzer ein Geburtsjahr um 1448 errechnen lässt. Seine Ausbildung im Steinmetzhandwerk dürfte er zweifellos zunächst bei seinem Vater an der Regensburger Dombauhütte erfahren haben. Nach seiner Freisprechung als Lehrjunge ist Matheis Roritzer, wie es dem Brauch der damaligen Zeit entsprach, als Steinmetzgeselle auf die Wanderschaft gegangen und soll eine Zeit lang bei dem bekannten Werkmeister Hanns Böblinger in Eßlingen am Bau der dortigen Stadtpfarrkirche tätig gewesen sein.
Im Jahr 1462, zu Anfang August, findet Matheis Roritzer bei seinem Vater Chunrad Roritzer am Bau der St. Lorenzkirche in Nürnberg Erwähnung. Am 24. August 1462 wird Matheis Roritzer als Palir bezeichnet und wurde damals Nachfolger des verstorbenen Werkmeisters Hanns Pauer von Ochsenfurt am Chorbau von St. Lorenz in Nürnberg. Im März 1463 erscheint dann dort Matheis Roritzer selbst als Meister. Es scheint so, dass der Werkmeister zwischen April und Juni 1463 das Nürnberger Bürgerrecht erlangte, wohl ein Zeichen dafür, dass er zunächst die Absicht hatte, sich hier noch längere Zeit in Nürnberg aufzuhalten, um dort tätig zu sein.
Doch dann, am 2. September 1466, heißt es plötzlich, dass Matheis Roritzter von Bürgermeister und Rat der Freien Reichsstadt Nürnberg der Bau an St. Lorenz abgesagt wurde. Was der Grund für seine fristlose Entlassung war, wissen wie leider nicht. Nun musste sich der Werkmeister außerhalb von Nürnberg nach einer neuen für ihn lohnenden Arbeit umsehen. Wahrscheinlich halfen ihm dabei die weitreichenden Beziehungen seines Vaters Chunrad Roritzer, des angesehenen Regensburger Dommeisters, weiter.
Es hat den Anschein, dass Matheis Roritzer zunächst einmal bei seinem Vater an der Dombauhütte in Regensburg Arbeit fand, denn einige Grabsteine aus der Zeit um 1468/70 zeigen bereits deutlich, dass nur er sie gemeißelt haben kann.
Aber schließlich, d.h. noch vor Oktober 1473, muss Matheis Roritzer eine Anstellung an der Dombauhütte in Eichstätt bekommen haben, denn im Jahr 1473 nahm Meister Matheis der steinmetz von Eichstätt mit seinem Vater Chunrad Roritzer an der Zusammenkunft der damals namhaftesten Werkmeister im süddeutschen Raum in München teil, wo es um den Ratschlag für die Einwölbung der stattlichen Münchner Frauenkirche ging. Dass aber Meister Matheis nicht nur ein bloßer Steinmetz in Eichstätt war, geht aus der der Tatsache hervor, dass sich sein Steinmetzzeichen an prominenter Stelle an der Sakristei des Kapitels am Dom findet. Im Jahr 1474 soll sich dann Matheis Roritzer in Straßburg aufgehalten haben.
Im Jahr 1476 starb Chunrad Roritzer. Als man für ihn in Regensburg einen würdigen Nachfolger suchte, kam man wohl rasch auf seinen Sohn Matheis Roritzer. Er erhielt die Stelle des Dommeisters und bat deshalb sogleich um die Bewilligung des dortigen Bürgerrechts. Der diesbezügliche Eintrag im Bürgerbuch der Stadt Regensburg lautet:
Item maister Mathes, des Rorriczer hie tümbmaisters sün, hat burgerrecht gesworen an unser Frawenabent irer kündung [= 24. März] anno 1476. (Bürgerbuch der Stadt Regensburg von 1449 – 1485, fol. 98)
Am Bau des Regensburger Doms ging es zu jener Zeit vor allem um die Herstellung der erforderlichen Ausstattungsstücke für die Liturgie. So findet sich an der wohl im Jahr 1485 ausgeführten Kanzel ganz deutlich das Steinmetzzeichen Matheis Roritzers und ebenso an dem um 1493 fertiggestellten Sakramentshaus.
Bemerkenswert ist, dass sich Matheis Roritzer auch besonders mit der Entwurfstechnik eines mittelalterlichen Werkmeisters befasst hat. Ihm verdanken wir sein puechlen der fialen gerechtikait, das 1482 in Regensburg im Druck erschienen ist. Er widmete es seinem Gönner, dem Eichstätter Bischof Wilhelm von Reichenau. Von dem Dommeister hat sich übrigens eine Porträtskizze erhalten, die Maister Matheis von Regensp[urg] zeigt. Diese Zeichnung des Augsburger Malers Hanns Holbein d. Ä. zeigt ihn in der Zeit um 1490 und wird heute im Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin aufbewahrt.
Die letzte urkundliche Nennung stammt vom 19. Oktober 1492. Nach Franz Dietheuer soll Matheis Roritzer schließlich im Februar 1495 in Krakau gestorben sein, wo er angeblich den Plan zum Bau des großen Südflügels des Königsschlosses auf dem Wawel entworfen hatte.
Werkliste:
a) Arbeiten noch in der Regensburger Dombauhütte unter Aufsicht seines Vater ausgeführt
1. Grabplatte für den Abt Hartung Pfersfelder († 1458) in der Georgskapelle des ehem. Reichsstifts St. Emmeram zu Regensburg, ausgeführt wohl bald nach 1460
b) Arbeiten in Nürnberg ausgeführt (also in einer Zeit, in der er noch nicht Dommeister in Regensburg war):
2. Grabplatte für Hanns Holnsteiner († 1483) in der Kath. Pfarrkirche zu Kirchdorf am Haunpold (Markt Bruckmühl, Lkr. Rosenheim/OB.), ausgeführt jedoch schon bald nach 1461
3. Grabplatte für Konrad Pollinger zu Fraunberg († 1470) und seine erste Gemahlin Barbara, geb. Schlamperdorfer († 1461) und seine zweite Gemahlin Barbara von Fraunberg († 1479) in der ehem. Benediktinerklosterkirche zu Kastl (Lkr. Amberg-Sulzbach), ausgeführt nach 1461
4. Epitaph für den Ritter Christoph von Parsberg zu Lupburg († 1462) in der Kath. Pfarrkirche zu Lupburg (Lkr. Neumarkt i.d.Opf.)
5. Epitaph für den Ritter Dietrich von Stauf zu Ehrenfels († 1462) an der Kath. Pfarrkirche zu Beratzhausen (Lkr. Regensburg)
6. Epitaph für Leopold Landgraf von Leuchtenberg, Graf von Hals (†1463), in der Kath. Pfarrkirche zu Pfreimd bei Nabburg (Lkr. Schwandorf)
c) Arbeiten, die Matheis Roritzer bereits als Mitarbeiter bei seinem Vater an der Dombauhütte zu Regensburg ausgeführt hat:
7. Epitaph für den Eichstätter Bischof Johannes von Eich († 1464) in der Benediktinerinnenklosterkirche St. Walburg zu Eichstätt/OB.
8. Grabplatte für Pankraz von Hochholding zu Kölnbach († 1465) in der Kath. Pfarrkirche zu Pilsting (Lkr. Dingolfing-Landau/NB.), ausgeführt um 1466
9. Grabplatte für den Abt Conrad Pebenhauser († 1465) im westlichen Vorplatz der Vorhalle der ehem. Reichsstiftskirche St. Emmeram zu Regensburg
10. Grabplatte für Hanns von Stauf zu Ernfels († 1478) in der Kath. Pfarrkirche zu Beratzhausen (Lkr. Regensburg), ausgeführt um 1467
11. Votivstein mit dem Relief der Gregoriusmesse im Regensburger Domkreuzgang, ausgeführt um 1470 (Kat.-Nr. 255)
12. Epitaph für den Kanoniker (Caspar?) Schenk von Castell, im Augsburger Domkreuzgang, um 1470?
13. Bauinschriftplatte der Anna Vischlin von 1471, Priorin des Dominikanerinnenklosters, in der ehem. Dominikanerinnenklosterkirche Adlersberg (Gde. Pettendorf, Lkr. Regensburg).
14. Grabplatte des kaiserlichen Kaplans Johannes von Plankenfels († 1471) im Domkreuzgang zu Regensburg (Kat.-Nr. 249)
15. Grabplatte des Schickenmulner (†1473) an der Friedhofsmauer bei der Kath. Pfarrkirche zu Sandsbach (Gde. Herrngiersdorf, Lkr. Kelheim/NB.)
16. Epitaph für den Kanoniker Nikolaus von Künsberg († 1473) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 252)
17. Epitaph für Margareta von Stauf, geb. Staudinger († 1474), im westlichen Vorplatz der Vorhalle an der ehem. Reichsstiftskirche St. Emmeram zu Regensburg
18. Epitaph für Margaretha von Seckendorf († 1474), Ehefrau des Albrecht von Stauf zu Triftlfing, im früheren Friedhof bei der ehem. Reichsstiftskirche St. Emmeram zu Regensburg
d) Arbeiten in Regensburg ausgeführt (also zu jener Zeit, als Matheis Rorritzer hier schon Dommeister war):
19. Epitaph für Doctor Johannes Mainberger († 1475) in der Kath. Stadtpfarrkirche U. L. Frau (Münsterkirche) zu Ingolstadt/OB.
20. Epitaph und Grabplatte für den Bischof Heinrich von Absberg († 1492) im Regensburger Dom, das Epitaph wurde jedoch wohl schon um 1475 ausgeführt (Kat.-Nr. 293)
21. Epitaph für Heinrich Nothaft d. Ä. von Wernberg (†1471) und seine Gemahlin Margreth, geb. von Ortenburg (†1476), in der ehem. Karmelitenkirche zu Straubing/NB.
22. Grabplatte für den Magister Johannes Fager († 1478) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 261)
23. Epitaph für den Patrizier Wilhelm Zeller († 1491) und seine Gemahlin Margreth, geb. Rudolf (†1478), in der ehem. Karmelitenkirche zu Straubing/NB., ausgeführt aber schon um 1479
24. Kanzel im Regensburger Dom, datiert 1482 (Kat.-Nr. 275)
25. Grabplatte für Ulrich von Raidenbuch († 1482) in der ehem. Benediktinerklosterkirche Kastl (Lkr. Amberg-Sulzbach)
26. Grabplatte für Caspar Reisacher († 1483) in der Kath. Pfarrkirche zu Eilsbrunn (Gde. Sinzing, Lkr. Regensburg)
27. Grabplatte für den Ratsherrn und Patrizier Sigmund Graner († 1483) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 277)
28. Grabplatte für den Kanoniker und Senior des Domkapitels decret. Doctor Ulrich Paumgartner († 1480), Propst von St. Johann in Regensburg, im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 267)
29. Grabplatte für den Kanoniker Sigismund Rosser († 1482) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 273)
30. Grabplatte für den Kanoniker und decret. Doctor Johannes Tröster von Amberg († 1485), auch Kanoniker und Propst des Stifts Mattsee in Oberösterreich, im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 280)
31. Epitaph für den Kanoniker Johannes Ätzinger († 1485) in der ehem. Klosterkirche Münster (Pfaffmünster) bei Straubing (Gde. Steinach, Lkr. Straubing-Bogen/NB.)
32. Epitaph für den „erbaren und gaistlichen herrn“ Conrad von Chores „beim“ Komtur des Deutschen Ordens († 1486) im Flur des Erdgeschosses des ehem. Deutschordenshauses zu Regensburg
33. Grabplatte für Georg Ebenhoch († 1488), Pfarrer zu Kapfelberg und „Vicarius altaris omnium Sanctorum“ im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 288)
34. Grabplatte für Johann von der Leiter zu Bern († 1490), herzoglicher Vizedom in Niederbayern, in der ehem. Kollegiatstiftskirche U. L. Frau zur Alten Kapelle in Regensburg
35. Grabplatte für den Magister Georg Höpfawer († 1485?), Pfarrer zu Schierling, in der ehem. Reichsstiftskirche Niedermünster zu Regensburg
36. Grabplatte für den Dekan Johannes Haiden († 1490), Pfarrer zu St. Cassian, in der ehem. Kollegiatsstiftskirche U. L. Frau zur Alten Kapelle zu Regensburg
37. Sakramentshaus im Regensburger Dom, datiert 1493 (Kat.-Nr. 300)
38. Grabplatte für den Abt Johannes Degernpach († 1493) im westlichen Vorplatz der Vorhalle der ehem. Reichsstiftskirche St. Emmeram zu Regensburg
39. Grabplatte für den Kanoniker und Licentiat Johannes Peck von Alteglofsheim († 1498) im Regensburger Domkreuzgang, ausgeführt jedoch schon vor 1494 (Kat.-Nr. 316)
DER DOMMEISTER WOLFGANG RORITZER (tätig um 1495 – †1514)
Wolfgang Roritzer war der letzte von den Regensburger Dommeistern aus dem ehrbaren Steinmetzengeschlecht der Roritzer. Sein tragisches Ende berührt uns noch heute. Doch wenden wir uns zunächst seinem Lebensweg zu.
Am Anfang seiner beruflichen Laufbahn dürfte er auch gleich seinem älteren Bruder Matheis das Steinmetzenhandwerk an der Regensburger Dombauhütte erlernt haben, deren Leitung damals in Händen seines Vaters Chunrad Roritzer lag. Über seinen Wanderweg als Steinmetzgeselle sind wir ohne Information. Vielleicht hat er sich im Gegensatz zu seinem Bruder Matheis nicht nach Westen, sondern damals nach Osten, donauabwärts, gewandt und an den Dombauhütten von Passau und Wien eine zeitlang mitgearbeitet.
Wolfgang Roritzers Geburtsjahr könnte in die Zeit um 1450 oder etwas später gefallen sein. Als er um 1495 die Leitung der Regensburger Dombauhütte nach dem Tod seines älteren Bruder Matheis Roritzer übernahm, wird er wohl schon nicht mehr der Jüngste gewesen sein. Wir gehen wohl in der Annahme nicht fehl, wenn wir vermuten, dass er schon ab Ende der siebziger Jahre des 15. Jahrhunderts Mitarbeiter an der Regensburger Dombauhütte war, denn der damalige Arbeitsanfall war groß, insbesondere wenn es um die Anfertigung und Ausführung von Grabplatten der verschiedensten Auftraggeber ging. Das Regensburger Bürgerrecht erlangte Wolfgang Roritzer am 20. März 1495. Der diesbezügliche Eintrag im Regensburger Bürgerbuch lautet:
Item an Freytag vor Oculi [= 20. März] anno 1495 ist maister Wolfgang Roriczer, thummaister, burger worden und gesworen und mir i[h]m halden wie mir seinen elteren und brudern. (Bürgerbuch der Stadt Regensburg von 1495, fol. 37)
Wolfgang Roritzer war mit Kunigunde Hofstetter verheiratet. Dies geht aus einem im Jahr 1873 ausgegrabenen Piedestal eines Votivbildes hervor, das der Dommeister im Jahr 1501 zusammen mit seiner Gemahlin in die Klosterkirche St. Klara in Regensburg gestiftet hatte. Dieses Kloster ist 1809 niedergebrannt und existiert in seiner ursprünglichen Form heute nicht mehr.
Eine urkundliche Nennung für Wolfgang Roritzer ist auf den 4. Oktober 1496 zu datieren. Im Jahr 1497 gründete er zusammen mit anderen die St.-Anna-Bruderschaft in der Minoritenkirche zu Regensburg und wird 1499 als deren Meister (Vorstand) bezeichnet. Für das Jahr 1498 ist dann überliefert, dass der Dommeister zusammen mit seinen Steinmetzgesellen und Helfern das Gewölbe im Winterchor des Regensburger Doms ausgeführt hat.
Um 1500 wird Wolfgang Roritzer dann den Weihbrunnen im Regensburger Dom gemeißelt haben. Die an ihm zu sehende Kopfbüste könnte ein Selbstbildnis von ihm darstellen. In den Jahren um 1502/06 erfolgte dann die Einwölbung des Erdgeschosses im Kapitelhaus. Die Ausführung lag dabei sicher in Händen des Dommeisters und seiner Mitarbeiter an der Regensburger Dombauhütte.
Am St. Afratag [= 7. August] des Jahres 1506 erhielt Wolfgang Roritzer die Hofstatt bei seinem Haus in der Mallerstraß vom Stift Obermünster in Regensburg zu Lehen und 1508 trat er in die angesehene St.-Wolfgangs-Bruderschaft ein, die bei der Benediktinerabtei St. Emmeram in Regensburg beheimatet war. Nach Franz Dietheuer soll sich Wolfgang Roritzer im Jahr 1512 noch in Kuttenberg in Böhmen zusammen mit dem Werkmeister Benedikt Ried aufgehalten haben.
In den letzten Lebensjahren des Dommeisters war es ziemlich ruhig um ihn geworden. Noch einmal tritt er im Jahr 1514 an das Licht der Öffentlichkeit und beteiligt sich am Aufstand der Bürger gegen den noch von Kaiser Friedrich III. aufgestellten und recht missliebigen Reichshauptmann. Der Aufstand wurde, wie man weiß, blutig niedergeschlagen und die Rädelsführer verhaftet und hingerichtet. Wolfgang Roritzer war auch darunter, er ist am 29. Mai 1514 enthauptet worden.
Leonhard Widmann schreibt in seiner Regensburger Chronik dazu: Wolfgang thumbmaister, ein seer hochberümbter maister seiner kunst, und man nam ine aus der stainhütten am thom [= Dom], Wolfgang Kiztaler, was etwo einer des raths gewest, Loy pildschnizer, schmid bey Wechsantpeterthor, ein zingiesser, Wastl, schneider, Hönhamer, ein schuster, Rauhenfelser, thuchscherer, und so sy all am Freitag wurden gefangen. Am [Druckseite LVII] Sontag Exaudi, den 28. Mai, wurden drey mit dem hochwürdigsten sacrament versehen, und am Montag nach tisch ward ein pinn [= Bühne] eines mans hoch vor dem rathaus aufgericht, ein stieg hinauf. Am Irchtag [= Dienstag] früe zwischen 2 und 3 grossen ure ward erstlich Wolfgang thumbmaister hinaufgefürt, an ofner urteil nit mer geredt, man soll der oberkait gehorsam sein, was sy than, hetten sy nit verstanden, man soll Got für sy piten und damit nur nider, den kopf herab, da half weder gelt, kunst noch pet, nichtig auf erden kundt oder mocht helfen.
Pald von stund an den Loy pildschnizer, ein schneeweiß als erlich haar, darnach den Hönhamer, schuster, und wurden under dem haus schon zuegericht, mit dem hemmet zerrissen, hetten nur dy röck am hals hencken, so sy dy wenig wordt redeten, nam der züchtiger den rock, so wurden sy geplöst, wie sy sein solten, und wist kainer von dem andern nichz ec. Es was dy pin zuegericht, sopald einer enthaubt was, so huben dy pitl [= Büttel, Amtsknechte] ein brett auf, wurfen hindurch aufs pflaster, und lagen 4 sandthaufen oben, namen dy pütl molterlen, vertreeten das blut, es was elend genueg zu sehen.
Wolfgang Roritzer war anscheinend dreimal verheiratet. Aus seiner ersten Ehe mit Kunigunde Hofstetter stammten die Kinder Dionys, Wolf und Anna; aus seiner zweiten Ehe das Mädchen Agnes und schließlich aus seiner dritten Ehe mit einer Anna das Töchterchen Barbara. Seine Witwe Anna vermählte sich nach Wolfgang Roritzers Tod im Jahr 1515 wieder mit Jörg Cammerdorfer, Lederer und Bürger zu Regensburg. Da die Kinder Wolfgang Roritzers bei seinem Tod noch unmündig waren, wurde für sie ein Vormund bestellt. Im Lehenbuch des Reichsstifts Obermünster heißt es dazu:
Item mein genadige Frau Katharina von Ranwitz [ .. ] hat gelihen am Sambstag vor Judica [= 24. März] Ulrich Weinzrommer von Abbach, als einen lehentrager Wolfgang Roritzers saligen verlassene kinder, behausung in Mellerstreß bei sand Cassian mit aller ir zugehorung anno d(omi)ni xxvito [= 1516].
Wolfgang Roritzers Grabstein war noch bis zum Jahr 1938 im Domfriedhof zu sehen, ist aber seitdem leider verschollen. Bei Schuegraf ist wenigstens eine Zeichnung über das Aussehen dieses Grabsteins zu finden. Demnach zeigte die schlichte Grabplatte nur eine vierzeilige Inschrift und darunter das Steinmetzzeichen des Dommeisters. Hier findet sich jedoch nicht der 29., sondern wurde der 12. Mai 1514 als der Todestag Wolfgang Roritzers angegeben.
Im Jahr 1516 wurde das Lehen bei der Hofstatt des Roritzers in der Mallerstraß vom Reichsstift Obermünster in Regensburg neu verliehen. Wolfgang Roritzers Sohn Dionys verließ nun Regensburg und taucht noch einmal in den Bauakten zum Ottheinrichsbau am Schloß zu Neuburg a. d. Donau auf. Danach hat er sich wohl absichtlich weit weg von seinem Geburtsort niedergelassen, nämlich in Zabern im Unterelsaß, wo man seine Familie und die Schmach, die seinem Vater angetan worden war, wahrscheinlich nicht kannte. So betrüblich endete die Familie Roritzer in Regensburg, die über ein Jahrhundert lang das Baugeschehen am Regensburger Dombau geleitet und bestimmt hatte.
Werkliste:
1. Grabplatte für den Kanoniker und Doctor der Rechte Johannes Trebra († 1494) im Regensburger Domkreuzgang, ausgeführt jedoch wohl erst nach März 1495 (Kat.-Nr. 302)
2. Stark abgetretene Grabplatte für einen im Jahr 1495 Verstorbenen im Kreuzgang des ehem. Dominikanerklosters in Regensburg
3. Votivrelief des Vikars Georg Clementis († 1495) im Kreuzgang des ehem. Kollegiatstifts U. L. Frau zur Alten Kapelle in Regensburg
4. Grabplatte für den Kapitelschreiber Johannes Braun († 1495) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 303)
5. Grabplatte für den Kanoniker Matthias Pollinger († 1496) und zugehöriges Votivrelief, datiert 1496, im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 307 und 308)
6. Grabplatte für Veronika Halder († 1497), Gemahlin des Leonhard von Eck, herzogl. bairischer Pfleger zu Kelheim, nunmehr in der Kath. Stadtpfarrkirche zu Kelheim/NB.
7. Grabplatte für den Kanoniker Georg von Preysing († 1497) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 313)
8. Grabplatte für den Kanoniker und Dompropst Franz Schlick (†1497) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 314)
9. Grabplatte für Michael Gold († 1499), Stiftskanoniker des Stifts St. Johann und Pfarrer zu Atting, im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 320)
10. Grabplatte für Hanns Hemperger (? oder Heinperger) († 1499) in der ehem. Minoritenkirche zu Ingolstadt/OB.
11. Grabplatte für den Kanoniker und Scholaster Heinrich von Parsberg (†1499) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 319)
12. Weihbrunnen im Regensburger Dom, um 1500 (Kat.-Nr. 329)
13. Grabplatte für den Kanoniker Theoderich de Bibra (†1500) im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 326)
14. Grabplatte für den Kanoniker Johannes Marschalk von Ebnet (†1500), Professor an der Universität Ingolstadt, im Regensburger Domkreuzgang (Kat.-Nr. 324)
15. Grabplatte für den Kanoniker Johannes Tollkopf († 1501), Propst in Forchheim, im Regensburger Domkreuzgang
16. Grabplatte für Hanns Westendorfer zu Saulburg († 1501), herzoglich bairischer Pfleger zu Haidau, in der Kath. Pfarrkirche zu Pondorf (Markt Winklarn, Lkr. Schwandorf)
17. Teil einer zerbrochenen Grabplatte für einen Kanoniker († 1501) im Regensburger Domkreuzgang
18. Grabplatte für den Abt Christian Tesenbacher († 1502) an der Friedhofsmauer bei dem ehem. Benediktinerkloster Oberalteich (Stadt Bogen, Lkr. Straubing-Bogen/NB.)
19. Grabplatte für den Ritter Lienhard von Werd († 1504) in der ehem. Kartäuserklosterkirche Christgarten (Gde. Ederheim, Lkr. Donau-Ries/Schw.), ausgeführt zwischen 1500 und 1504
20. Grabplatte für Peter Hofstetter († 1504), seine Gemahlin Barbara sowie seine Eltern Perchtold Hofstetter und dessen Ehefrau Agnes, an der Friedhofsmauer bei der Kath. Pfarrkirche zu Bad Abbach (Lkr. Kelheim/NB.)
21. Grabplatte für den Kanoniker Johannes Leomberg († 1504) im Regensburger Domkreuzgang
22. Grabplatte für den Domdekan Emmeram Stichs († um 1504) im Regensburger Domkreuzgang
23. Grabplatte für den Kanoniker Georg Nothaft von Weißenstein († 1504), Kaplan des Bischofs, im Regensburger Domkreuzgang
24. Grabplatte für den Kanoniker Sigismund Rysheimer († 1505) im Regensburger Domkreuzgang
25. Grabplatte für den Abt Wolfgang Pfeffenhauser († 1505) in der ehem. Benediktinerklosterkirche Biburg bei Abensberg (Lkr. Kelheim/NB.)
26. Grabplatte für den Kanoniker und Dompropst Heinrich Schoenleben († 1505) im Regensburger Domkreuzgang
27. Grabplatte für Ursula Altdorfer († 1505), Gemahlin des Sebastian Altdorfer zu Helfenbrunn, herzoglich bairischen Pfleger zu Stadtamhof bei Regensburg, im Kreuzgang des ehem. Kollegiatstifts U. L. Frau zur Alten Kapelle in Regensburg
28. Epitaph für den Schultheiß Ott von Rorbach († 1506) in der Kath. Stadtpfarrkirche zu Neumarkt i. d. Opf.
29. Epitaph für den Kanoniker Friedrich von Nußberg († 1506) im Regensburger Domkreuzgang
30. Grabplatte für den Bischof Pfalzgraf Rupert († 1507) im Regensburger Dom
31. Grabplatte für den Kanoniker und Licentiaten Johannes Grad († 1508) im Regensburger Domkreuzgang
32. Grabplatte für den Kanoniker und Senior Johannes Fürsich († 1508) im Regensburger Domkreuzgang
33. Grabplatte für den Kanoniker und Deziarius Johannes Fürsich junior († 1513)
im Regensburger Domkreuzgang, ausgeführt vor Mai 1514
34. Grabplatte für den Kanoniker Johannes von Nußberg († 1528) im Regensburger Domkreuzgang, ausgeführt vor Mai 1514
35. Grabplatte für den Kanoniker und ordentlichen Richter des Domkapitels Werner Kuttenauer († 1509) im Regensburger Domkreuzgang
36. Grabplatte für den Kanoniker und Senior bei St. Johann Rudolf Halder († 1510) im Regensburger Dom
37. Grabplatte für Jakob Klein († 1510), Kaplan des St. Andreasaltars und Subcustos der Domkirche, im Regensburger Domkreuzgang
38. Grabplatte für den Kanoniker, Kustos und Senior des Domkapitels Johannes von Gumppenberg († 1510) im Regensburger Domkreuzgang
39. Grabplatte für den Kanoniker Sigmund Apfelbeck († 1511) im Kreuzgang der ehem. Kollegiatstiftskirche U. L. Frau zur Alten Kapelle in Regensburg
40. Grabstein für den Ritter Wilhelm von Raidenbuch († 1526), Erbschenk des Bistums Regensburg, in der Kath. Pfarrkirche zu Affecking (Stadt Kelheim, Lkr. Kelheim/NB.), ausgeführt wohl um 1512
41. Grabstein für Beatrix, geb. von Nothaft († 1511), Gemahlin des Ritters Wilhelm von Raidenbuch, in der Kath. Pfarrkirche zu Affecking (Stadt Kelheim, Lkr. Kelheim/NB.)
42. Grabplatte für den Kanoniker Doctor Georg Segenschmid († 1511) im Regensburger Domkreuzgang
43. Wappenepitaph für den Ritter Ludwig von Habsberg zu Kürnberg († 1520) in der ehem. Reichsstiftskirche St. Emmeram zu Regensburg, ausgeführt noch vor Mai 1514
Grabsteine und Epitaphien, die von Regensburger Bildschnitzern ausgeführt wurden
Es darf nicht übersehen werden, dass es in Regensburg auch den dort ansässigen Bildschnitzern erlaubt war, Grabsteine und Epitaphien auszuführen. Diese unterscheiden sich von den Arbeiten der Steinmetzen in der Regel dadurch, dass sie kunstvoller gemeißelt und in der Bildaufteilung ideenreicher gestaltet sind.
In der kunstgeschichtlichen Forschung wurde bislang viel gerätselt, welcher geniale Meister wohl den schönen und ikonographisch hochinteressanten Grabstein für den Priester Wolfhard Ebner (†1440, Kat.-Nr. 190) im Regensburger Domkreuzgang geschaffen haben könnte. Die Lösung des Rätsels ist jedoch einfach, wenn man den Bestand an mittelalterlichen Grabdenkmälern des 15. Jahrhunderts im süddeutschen Raum genau kennt. Es war zweifellos der bekannte Meister der Tumba für Herzog Albrecht II. (†1395) in der Karmelitenkirche zu Straubing/NB., die jedoch erst zwischen 1420 und 1425 von einem uns mit Namen bislang unbekannten Bildschnitzer ausgeführt worden ist. Am nächsten verwandt zu dem Grabstein des Wolfhard Ebner ist der des Ulrich Kastenmair (†1435) in der Kath. Stadtpfarrkirche St. Jakob zu Straubing/NB.
Im Regensburger Domkreuzgang haben sich zudem auch noch zwei weitere bemerkenswerte Grabsteine von Kanonikern erhalten, denen man schon auf den ersten Blick ansieht, dass sie wohl nicht von einem Steinmetz, sondern von einem Bildschnitzer geschaffen wurden. Gemeint sind damit der Grabstein für den Kanoniker und decret. lict. Paulus Meck (†1477, Kat.-Nr. 259), Propst bei St. Johann, sowie der für den Kanoniker und decret. lict. Georg Drechsel (†1498, Kat.-Nr. 317), Pfarrer zu Deggendorf, der sich jedoch diesen schon zu seinen Lebzeiten und lang vor seinem Tod, nämlich bereits zwischen 1470 und 1480, ausführen ließ. Der Bildaufbau ist bei beiden Grabsteinen vollkommen gleich. Beide Kanoniker werden in ganzer Figur, (vom Betrachter aus) nach links gewandt, dargestellt und haben ihre erhobenen Hände fromm im Gebet gefaltet. Ihr persönlicher Wappenschild ist in die untere Ecke eingefügt. Den Hintergrund bilden Brokatbahnen in verschiedenen Mustern. Leider sind beide Grabsteine von dem ausführenden Bildschnitzer nicht signiert worden, so dass wir in Hinsicht darauf, wer diese ausgeführt haben könnte, nur auf Vermutungen angewiesen sind. Nach Ausweis des Regensburger Bürgerbuchs, in dem die Aufnahmen der Neubürger verzeichnet sind, könnten dafür eigentlich nur der Bildschnitzer Conrad Zeittentaler (Erwerb des Bürgerrechts 1473) oder möglicherweise auch noch der Bildschnitzer Christoph Ternhofer (Erwerb des Bürgerrechts 1477) in Frage kommen.
Auch die besondere Gestaltung des Grabsteins für einen Priester (Kat.-Nr. 306) im Regensburger Domkreuzgang lässt mit ziemlicher Sicherheit darauf schließen, dass dieser nicht von einem Steinmetzen gemeißelt, sondern von einem Bildschnitzer (Steinbildhauer) ausgeführt wurde. Man beachte nur die überaus kunstvoll gestalteten Schriftzeichen der gotischen Minuskeln. Auf dem gewellten Schriftband am Ende der Inschrift auf dem Plattenrand ist die Jahreszahl „1495“ eingraviert, die auf den Zeitpunkt der Ausführung des Werks hinweist. Ungewöhnlich die Inschrift, die den Namen des Verstorbenen verschweigt und folgendermaßen lautet:
O domine ∙ ne ∙ elongaueris ∙ / auxilium tuum [ad defensionem meam c]onspice ∙ / Erue ∙ a framea ∙ deus ∙ anim/am ∙ meam ∙ et ∙ de ∙ manu ∙ canis ∙ vnicam ∙ meam
Der Meinung Felix Maders, dem Bearbeiter des ersten Bandes der Kunstdenkmäler der Stadt Regensburg, dass dieser Grabstein nächstverwandt mit dem Grabstein des Stadtpfarrers Johannes Burgermeister (†1495) in Straubing sei, kann nicht beigepflichtet werden, da ein stilistischer Zusammenhang ganz offensichtlich nicht besteht.
Als Meister des Grabsteins käme entweder der Bildschnitzer Hans Claus Reicius, der aus Koblenz am Rhein stammte und in Regensburg im Jahr 1490 das Bürgerrecht erlangte, oder der Bildschnitzer Michel Loy in Frage. Letzterer hatte zusammen mit dem Dommeister Wolfgang Roritzer im Jahr 1498 die St.-Anna-Bruderschaft in der Minoritenkirche zu Regensburg gegründet und wurde dann gleich Wolfgang Roritzer, als einem der Rädelsführer des Regensburger Bürgeraufstands, im Mai 1514 enthauptet.
Auffallend ist, dass sich in der ehem. Kollegiatstiftskirche U. L. Frau zur Alten Kapelle und dem zugehörigen Kreuzgang in Regensburg eine Gruppe von Grabsteinen aus der Zeit um 1490/1500 erhalten [Druckseite LX] hat, die von dem gleichen Bildschnitzerstammen muss und bislang nur dort feststellbar ist, was schließen lässt, dass der Meister, der diese Grabsteine ausgeführt hat, früher wahrscheinlich im Bereich dieser Kollegiatstiftskirche seinen Wohnsitz hatte. Diese Grabsteine sind:
1. Figürlicher Grabstein für den Kanoniker Michael Elnpach († 1492)
2. Figürlicher Grabstein für den Magister und Dekan Johannes Wirtel († 1493)
3. Figürlicher Grabstein für den Dekan Johannes Enzensberger († 1500)
4. Figürlicher Grabstein für den Kanoniker Rupert Sturm († 1503)
5.Wappengrabstein für Arnold Göttlinger von Guetmaning († 1504)
Keiner dieser Grabsteine ist signiert, so dass wir bezüglich der Person des ausführenden Bildschnitzers im Unklaren sind. War es Hans Claus Reicius, Michel Loy, Urban der Bildschnitzer oder ein anderer uns noch unbekannter Holz- und Steinbildhauer?
* * *
Mit dieser Auswahl von einigen bemerkenswerten Grabsteinen und Epitaphien des Mittelalters in den Kirchen und Kapellen von Regensburg, unter besonderer Berücksichtigung der in der Dombauhütte unter Leitung von Andre Engel und den Roritzern geschaffenen Werke, soll es hier nun sein Bewenden haben. Nicht nur die sakralen und profanen Bauten von Regensburg gehören zum Weltkulturerbe, sondern auch die Werke ihrer Steinmetzen und Bildschnitzer.
Archivalien:
HStAM, Abt. I Allgemeines Staatsarchiv: Urkunden der Reichsstadt Regensburg. – Lehenbücher des ehem. reichsunmittelbaren Damenstifts Obermünster von 1381, 1436, 1479 und 1512. – StadtAR: Bürgerbücher 1419–1500.
Literatur:
Schuegraf Josef Rudolf, Geschichte des Domes von Regensburg und der dazugehörigen Gebäude. I. und II. Theil. Bd. I in: VHVO 11 (1847) 1–266; Bd. II in: VHVO 12 (1848) 1–311. – Neumann Carl Woldemar, Zwei Nachträge zur Monographie „Die drei Dombaumeister Roritzer und ihr Wohnhaus zu Regensburg“. In: VHVO 29 (1874) 139 ff. – Janner Ferdinand, Geschichte der Bischöfe von Regensburg. 3 Bde. Regensburg 1883–1896. – Neumann Carl Woldemar, Neue Beiträge zur Monographie „Die drei Dombaumeister Roritzer und ihr Wohnhaus Regensburg“. In: VHVO 40 (1886) 233–252. – Schinnerer Johannes, Die gotische Plastik in Regensburg (Studien zur deutschen Kunstgeschichte 207). Straßburg 1918. – Die Kunstdenkmäler von Bayern, hg. vom Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, Regierungsbezirk Oberpfalz: Bd. 22: Stadt Regensburg I, Dom und St. Emmeram. Bearb. von Felix Mader. München 1933. Bd. 23: Stadt Regensburg II, Die Kirchen der Stadt. Bearb. von Felix Mader. München 1933. Bd. 24: Stadt Regensburg III, Profanierte Sakralbauten und Profangebäude. Bearb. von Felix Mader. München 1933. – Freytag Rudolf und Hecht Johann B., Die Grabdenkmäler des Regensburger Domes. Sonderdruck aus den Blättern des Bayerischen Landesvereins für Familienkunde. Kallmünz 1933. – Kletzl O., Die Roritzer. In: Thieme/Becker. Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart 28, 591ff. – Schmidt Rolf, Hans Engel von Köln der Parlierer und sein Bruder Andreas der Dommeister zu Regensburg. In: VHVO 112 (1972) 131–156. – Roriczer Matthäus, Das Büchlein von der Fialen Gerechtigkeit. Facsimile der Originalausgabe Regensburg 1486 und Roriczer Matthäus, Die Geometria Deutsch. Facsimile der Originalausgabe Regensburg um 1487/88. Mit Nachwort und Textübertragung hg. von Ferdinand Geldner. Wiesbaden 1976. – Dietheuer Franz, Die Roritzer als Dombaumeister zu Regensburg. In: Der Regensburger Dom. Beiträge zu seiner Geschichte, hg. von Georg Schwaiger. Regensburg 1976, 111–118. – Hubel Achim, Mittelalterliche Plastik im Kreuzgang und Kapitelhaus des Regensburger Domes. In: Der Dom zu Regensburg, Ausgrabung .Restaurierung .Forschung. 3. verb. Aufl. München 1990, 53–72.
Zitationshinweis:
DI 74, Inschriften des Regensburger Doms (I), Einleitung, 5. Marginalien zur Entwicklung der Regensburger Sepulkralskulptur im 13. und 14. Jahrhundert sowie zu den von den Dommeistern Andre Engel und den Roritzern im 15. Jahrhundert in der Regensburger Dombauhütte geschaffenen Grabsteinen und Epitaphien (Volker Liedke), in: inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di074m013e009.