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Neu im Portal: DI 22 - Die Inschriften des Enzkreises

Rubrik: Neu im Portal

Im vorliegenden Band werden die vor dem Jahre 1650 entstandenen Inschriftendenkmäler im Bereich des Enzkreises in kritischer Edition mit Kommentar vorgelegt. Damit wird für dieses Gebiet eine Quellengattung zugänglich gemacht, die erst in den letzten Jahrzehnten größere Beachtung gefunden hat, obwohl ihre Aussagen als Primärquellen weitere Bereiche des Alltagslebens berühren.

Das Bearbeitungsgebiet berücksichtigt die durch die große Kreisreform des Landes Baden-Württemberg festgelegten neuen Verwaltungsgrenzen und erfaßt daher Gebiete des ehemaligen Landes Baden und des ehemaligen Landes Württemberg. Gewichtige Zentren der Überlieferung bilden das Territorium des ehemaligen Zisterzienserklosters Maulbronn im Norden des Kreises und der Bereich der ehemaligen Gemmingen’schen Herrschaft im sog. Hagenschieß mit Tiefenbronn als Mittelpunkt. Diese beiden sehr verschiedenen Gebiete bedingen eine außerordentlich vielfältige und daher besonders paradigmatische Überlieferung, die den Reiz des Bandes ausmacht. Die vielfachen kulturellen Beziehungen des Zisterzienserklosters Maulbronn – nach frühem Ansiedlungsversuch in Eckenweiher bei Mühlacker 1147 auf Speyerer Grund und Boden verlegt und von Mönchen aus dem elsässischen Kloster Neuburg besiedelt – spiegeln sich in den Inschriften wider. Die Klosteranlage blieb auch nach der Reformation fast unberührt erhalten und hat daher die meisten Denkmäler im Original bewahren können; Handschriften des 18. Jahrhunderts überliefern Zeichnungen und Texte verlorener Inschriften, so daß eine nahezu vollständige Dokumentation des ehemals vorhandenen Bestandes vorgelegt werden kann, die bereits im 13. Jahrhundert einsetzt. Bemerkenswert für die historische Forschung ist dabei der erstmals genauer faßbare Komplex der „Stifterdenkmäler“, der die Traditionspflege einer Klostergemeinschaft im Zusammenhang ihrer Geschichte erhellt.

In ähnlicher Weise beispielhaft stellt sich die Überlieferung der reichsritterschaftlichen Besitzungen im Hagenschieß dar, die seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts bei der Familie Gemmingen konzentriert waren. Hier steht am Beginn das große Altarwerk des Lucas Moser mit seinen reichen Beschriftungen. Weitere Retabel, Vasa sacra, Wandgemälde und zahlreiche Grabsteine und Grabdenkmäler der Familie Gemmingen haben sich – begünstigt durch das Festhalten der Ortsherren am katholischen Bekenntnis – fast unbeeinträchtigt bis in die Gegenwart erhalten.

Neben diesen beiden Schwerpunkten sind auch die in geringerer Funddichte vertretenen Enzkreis-Gemeinden Mühlacker (mit Großglattbach, Lienzingen, Lomersheim und Mühlhausen/Enz), Niefern-Öschelbronn, Königsbach-Stein, Neuenbürg und Weiler bedeutsam: ihre Bauinschriften und Grablegen zeugen für örtliche Adelsgeschlechter. Mehrere große Wandgemäldezyklen (teilweise neu aufgedeckt) bringen umfangreiche Bildprogramme; gemalte Epitaphien und gleichförmige Grabsteine einheimischer Werkstätten belegen das erstarkende Selbstbewußtsein des evangelischen Pfarrerstandes und des Bürgertums im ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jahrhundert.

Der Band erfaßt insgesamt 385 Inschriften, von denen rund 60 erstmals veröffentlicht werden. In der Einleitung sind Benutzungshinweise, ein historischer Überblick und eine Charakterisierung der Inschriften-Verbreitung zusammengefaßt. Die vorkommenden Schriftformen – Romanische und Gotische Majuskel, Gotische Minuskel, Kapitalis und Fraktur – werden ausführlich behandelt.

Die Register schlüsseln das Material nach den verschiedensten Gesichtspunkten aus, um es für eine Vielzahl historischer Forschungsrichtungen nutzbar zu machen. Die Abbildungen des Tafelteils wollen einen repräsentativen Querschnitt des gesammelten Materials zeigen; dabei sind sowohl die verschiedenen Gattungen der Inschriftenträger als auch die Entwicklung der Schriftformen berücksichtigt worden.

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