Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 224 Ev. Altstädter Pfarrkirche (St. Martin) vor 1608, 1608

Beschreibung

Grabdenkmal des Hans Pfeiffer und der Margaretha geborene Giftheil. In der Turmvorhalle an der Nordwand; ehemals an der Innenseite der Friedhofsmauer, dann außen am Chor. Große Aedikula aus rotem Sandstein; abgesehen vom halbkreisförmigen Aufsatz aus einem Stück gearbeitet. Das Giebelfeld wird bekrönt von einer – von drei Kugeln begleiteten – Muschel und enthält Inschrift A und zwei Wappen in Relief. Im Hauptfeld ohne architektonische Rahmung kniende Familie unter dem Kruzifix in Relief, darüber dreiteiliges leeres Spruchband und unter den Kreuzarmen zwei geflügelte Engelsköpfe. In der Sockelzone Inschrifttafel, ursprünglich als Tabula ansata gebildet und in der Achse geteilt, mit den Inschriften B (links) und C (rechts). Unten roh belassener hoher Sockel angearbeitet, vielleicht ehemals zum Einlassen in den Erdboden des Kirchhofs. Stoßschäden und Schäden durch Verwitterung schon vor 1939, nach Kriegsende vermehrt.

Inschrift ergänzt nach KdmBadenIX/6.

Maße: H. 266, B. 101, Bu. 3 (A), 2,3 (B), 1,6 (C) cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. A

    CRISTVS IST MEIN LEB/EN STERBEN IST MEIN GE/WIN1)

  2. B

    ANNO DOMINI . 16〈. .〉 / DEN 〈. . . .〉 STARB / D[ER E]RBAR HANS / P[FEIFF]ER SCHNEI/D[ER] VND BVRGERa) / AL[HIE] GOTT WOL/LE IM EIN FRÖLICHE / AVFFERSTEHVNG / VERLEIHEN AMEN

  3. C

    ANNO DOMINI . 1 . 6 . 08 . DEN / VI . TAG . MARTII . STARB . DIE . / EHRN: VNND TVGENTSAME . / FRAW . MARGRETHA GIFFT/HEILIN IOHANN PFEIFFERS BVR/GERS ALHIE EHELICHE . / HAVSFRAVE GOTT WÖL/LE IHR EIN FRÖLICHE / AVFFERSTEHVNG / VERLEIHEN / AMEN

Wappen:
Pfeiffer2, Giftheil3.

Kommentar

Offenbar handelt es sich bei Margaretha um eine Tochter des Pfarrers Joachim Giftheil († 1584 oder 1585)4. Sie heiratete mit dem Schneider Hans Pfeiffer ein Glied des Handwerkerstandes, eines Standes, der selten in Grabmälern und in Inschriften vertreten ist. Das vorliegende Denkmal ist deshalb trotz der unbeholfenen Darstellung der Familie bemerkenswert. Unter dem Kruzifix kniet links der Auftraggeber mit drei Söhnen. Offensichtlich hat er das Denkmal zu seinen und zu seiner Frau Lebzeiten in Auftrag gegeben, denn seine Todesdaten sind nicht ausgeführt. Rechts kniet die Ehefrau, vor ihr zwei noch kleine Töchter. Da das Denkmal fast ganz auf Dekorationselemente der Spätrenaissance wie Roll- und Beschlagwerk verzichtet, sondern altertümliche Dekorationsmotive – wie Muschelgiebel, Kugeln, eine Tabula ansata – verwendet, die eher auf das 3. Viertel des 16. Jahrhunderts zurückweisen, ist anzunehmen, daß Hans Pfeiffer das Epitaph vor dem Tod seiner Frau stiftete und damals schon seine eigene Grabinschrift mit Lücken für die Todesdaten ausführen ließ. Die Umrißform der beiden Wappen kann die Beobachtung stützen, daß die Ausführung auf das Formengut des 16. Jahrhunderts zurückgreift. Sie stimmt weitgehend mit der des Wappens auf der Grabplatte des Joachim Giftheil, Vaters der Margaretha, überein5.

Angesichts der geringen Qualität der bildhauerischen Arbeit hält die Ausführung der Inschriften ein erstaunlich hohes Niveau. Dabei fällt auf, daß die Grabinschrift C zwar die gleiche Kapitalis mit überhöhten Versalien verwendet wie B, doch in der zentrierten Anordnung und in dem großen dekorativen Linienspiel darunter wesentlich eleganter wirkt. Diese Inschrift C ist erst 1608 oder bald danach eingehauen worden. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist das Epitaph von derselben Hand wie das Epitaph des Johannes Fleischmann von 15916.

Textkritischer Apparat

  1. Das Schluß-R kleiner angefügt.

Anmerkungen

  1. Phl 1,21.
  2. Linksgewendet. Wachsender Flötenbläser über Dreiberg.
  3. Zwei gekreuzte Hämmer (ohne Sterne).
  4. Vgl. nrr. 189, 196.
  5. Vgl. nr. 198.
  6. Vgl. nr. 204.

Nachweise

  1. KdmBadenIX/6, 62 mit Abb. 42.
  2. Pforzheim, Stadtarchiv, Slg. Arthur Steinle, Bl. PF/1/9 vom 28. 12. 45.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 224 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0022409.