Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 199 Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1586

Beschreibung

Grabplatte der Markgräfin Anna von Baden-Durlach, geborene Pfalzgräfin bei Rhein aus der Linie Zweibrücken-Veldenz. Im Chor im Boden. Hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein mit doppeltem Rahmenprofil; im Feld Inschrift, oben an drei Seiten mit Roll- und Beschlagwerk gerahmt. Im unteren Drittel querlaufender Bruch, begleitet von einer breiten Bruchstelle (Buchstabenverlust). Links unten später eingeritzte Listennummer 12 (nach F. J. Herr).

Inschrift ergänzt nach KdmBadenIX/6.

Maße: H. 185, B. 82,5, Bu. 3,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Stadtarchiv Pforzheim [1/2]

  1. C(HRISTO) . S(ACRVM) . / ILLVSTRISSIMA PRIN=/CEPS ET D(OMI)NA . D(OMINA) . ANNA / FILIA D(OMINI) . RVPERTI PALA=/TINI . DVCIS BAVARIAE . / COMITIS VELDENTIAE . / (ET)C(ETERA) . VXOR POSTERIOR / D(OMINI) . CAROLI MARCH(IONIS) . BA=/DENSIS . RELIGIOSISSIMA / HEROINA . ET EXEMPLVM / SYNCERAE IN CHRISTVM / FIDEI ET VIRTVTVM / OMNIVM POST VITAM / LAVDABILITE[R ACTAM] / MORTVA [III . C]AL(ENDAS) A[PRILIS] / ANNO [M] . D . LXXXVI . / ANNOS NATA XXXXV . / MENSES QVATVOR . / DIES XVIII . EXSPECTANS / POSTREMVM CHRISTI / SALVATORIS ADVENTVM / HOC LOCO HVMARI / VOLVIT .

Übersetzung:

Christus geweiht! Die durchlauchtigste Fürstin und Frau, Frau Anna, Tochter Herrn Ruprechts Pfalzgrafen bei Rhein, Herzogs von Bayern, Grafen von Veldenz etc., zweite Gemahlin Herrn Karls, Markgrafen von Baden, eine zutiefst fromme Heldin – sowohl ein Vorbild aufrichtigen Glaubens an Christus als auch ein Beispiel aller Tugenden – starb nach einem vortrefflich geführten Leben am dritten Tag vor den Kalenden des April (30. März) im Jahr 1586 im Alter von 45 Jahren, vier Monaten und 18 Tagen. In Erwartung der künftigen Wiederkehr des Erlösers Christus wünschte sie, an diesem Ort begraben zu werden.

Kommentar

Anna war die älteste Tochter des Pfalzgrafen Ruprecht bei Rhein aus der pfälzischen Nebenlinie Pfalz-Zweibrücken; ihre Mutter war Ursula geborene Wild- und Rheingräfin zu Salm-Kyburg1. Als zweite Gemahlin des Markgrafen Karl II.2 übernahm sie nach dessen Tod 1577 die Leitung einer vormundschaftlichen Regierung für die noch minderjährigen Söhne. Sie wurde dabei unterstützt durch den Kanzler Martin Achtsynit († 1593)3, der dieses Amt schon unter Karl II. ausgeübt hatte. Mit der Volljährigkeit des ältesten Sohnes im Jahr 1584, also kurz vor ihrem Tod, wurde eine Teilung des Landes unter ihre Söhne Ernst Friedrich, Jakob und Georg Friedrich vorgenommen. Anna lebte als Witwe meist auf ihrem Schloß zu Graben (Gde. Graben-Neudorf, Lkr. Karlsruhe). Die hier gerühmte Frömmigkeit fand in vorbildlichen Armenstiftungen ihren Ausdruck4.

Die Grabplatte ist analog zu den früheren Grabplatten des Hauses Baden-Durlach gestaltet, jedoch nimmt die Laudatio der Fürstin nunmehr das gesamte Mittelfeld ein. Das dreiteilige Prunkdenkmal ihres Gemahls ließ Anna zusammen mit ihren damals noch unmündigen Söhnen laut Inschrift im Jahr 1579 vollenden. Dort befindet sich das Standbild der Fürstin, das sie in noch jugendlichem Alter zeigt5.

Anmerkungen

  1. Vgl. Europäische Stammtafeln NF I, Taf. 29; NF IV, Taf. 97, 105; ferner NF I/1, Taf. 103.
  2. Zu diesem vgl. nrr. 185, 192.
  3. Vgl. nr. 205.
  4. Sie stiftete 2000 Gulden für die Hausarmen in Graben und 1000 Gulden an das Spital in Pforzheim; vgl. Sachs, Marggravschaft IV, 1770, 170.
  5. Annas Alters-Porträt ist durch eine Medaille des Balduin Drentwett von 1584–85 überliefert; vgl. Wielandt/Zeitz, Medaillen 1980, 70 nr. 66.

Nachweise

  1. Majus, Vita Reuchlini 1687, 129f.
  2. Karlsruhe GLA 47/47, Absterben, Fürstliche Grüfte o. J. fol. 2v.
  3. Karlsruhe, GLA 47/39, Weygold, Epitaphia 1747, fol. 8.
  4. Sachs, Marggravschaft IV, 1770, 168–170.
  5. Karlsruhe, GLA 47/41, v. Beust 1802, Grab-Inschriften XII.
  6. Gehres, Pforzheim 1811, 47f.
  7. Karlsruhe, GLA HFK 510, Herr, Collectanea Pforzheim 1830, fol. 22r, nr. 12.
  8. Karlsruhe, GLA 47/46, Begräbnisse 19. Jh., Waag 1883, nr. XII.
  9. KdmBadenIX/6, 177f. nr. 12.
  10. Trost, Schloßkirche 1962, 46, 71 nr. 74.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 199 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0019905.