Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 190 Hauptfriedhof 1579

Beschreibung

Epitaph der Kinder des Johann Schmid und der Barbara geborene Heckner. Im Westflügel des Wandelgangs, aus der Heiligkreuz-Kirche in der Brötzinger Vorstadt. Platte aus rotem Sandstein mit profilierter Rahmung; im Feld oben in Relief kleiner Sarkophag mit der Gestalt des auferstandenen Christus, darunter die drei knienden Kinder; in den Zwickeln der Rahmung oben rechts ein Putto (Gegenstück links fehlt), unten beidseitig Totenköpfe. In der Sockelzone querrechteckige Inschrifttafel, in der Mitte geteilt. Die Grabinschrift A füllt die linke Hälfte der Tafel und läuft rechts weiter; darauf folgt eine gereimte Inschrift B, die dem auferstandenen Christus „in den Mund gelegt“ ist und den Leser anredet. Die Christusfigur ist stark beschädigt, die Köpfe der Kinder abgeschlagen, oben in der Mitte und unten links Spuren von Zerstörung1.

Maße: H. 90, B. 70, Bu. 1,2–0,8 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Stadtarchiv Pforzheim [1/2]

  1. A

    HIE RAVSSEN VFF DEM KIRCH/HOFF ZVR RECHTEN HAND DES / CRVCIFIX LIGEN BEGRABE(N) HERN IO=/HANN SCHMIDS BEDER RECHTEN / D(OCTORIS) FV̈RST(LICH) MARG(GRÄFLICHEN) RATS VND BARBARAE / HECKNERIN SEINER ELIGEN HAVSFRAV=/EN DREI LIEBE KINDLEIN DENE(N) DAS EIN / HANS IERG SEINE(N) ALTERS IM XI MONAT Va) / DEN XXVI IANVA(RII) AN(N)O 77 DAS ANDER IOH/ANNA IRS // ALTERS IM III IAR // VF DE(N) VII IVLII SELBIGE(N) IARS . DAS DRITE / ANNA MARIA GENAND IRS ALTERS IM IX . / IAR VF DE(N) IX MAII AN(N)O 79 IM HERE(N) EN=/TSCHLAFE(N) GOT VERLEIE INEN EIN FROL=/ICHE AVFERSTEVNG AME(N) IOAN : 122)

  2. B

    ICH WIL WAN ICH ERHOET WERD ALL ZV MIR ZIEHEN VON DER ERD DIE AN MICH GLAVBEN GROS VND KLEIN . DA SOLLEN NIT DIE LETZTEN SEIN . DIE KINDLEIN [ALL] BRINGT SIE ZV MIR MEIN HIMELREICH IST AIGEN IR .

Versmaß: Deutsche Reimverse (B).

Kommentar

Der Bestattungsort ist in der Grabinschrift genau bezeichnet: HIE RAVSSEN VFF DEM KIRCHHOFF ZVR RECHTEN HAND DES CRVCIFIX. Das Steinkreuz des ehemaligen Kreuzkirchhofs ist 1692 im Zuge der Stadtzerstörung im Orléans’schen Krieg vernichtet worden3. Es handelte sich um ein monumentales Sühnekreuz, das 1519 zur Sühne für einen Totschlag errichtet worden war4.

Die Inschrift nimmt nach unten an Höhe ab, weil der Raum für den Text nicht ausreichte. Die Prosa-Grabschrift wird beschlossen von einem Grabgedicht, das ausgeht von dem angegebenen Bibelvers, im letzten Vers aber die Verheißung des Himmelreichs aus Mt 19,145 aufnimmt.

Textkritischer Apparat

  1. So für VF.

Anmerkungen

  1. Oberhalb des Denkmals ist ein nicht zugehöriges Fragment als Spolie eines Grabmals aus dem 18. Jahrhundert eingelassen: ein Giebelfeld ohne Inschrift. Zwei Putti halten ein unbekanntes Vollwappen mit einem vierbeinigen Tier als Schildbild.
  2. Jh 12,32. Bezieht sich auf Inschrift B.
  3. Die Zerstörung des Kreuzes ist in der Bauinschrift der Heiligkreuz-Kirche von 1698/99 erwähnt; vgl. KdmBadenIX/6, 250.
  4. Zum Hergang der Tat und zu den darin verstrickten Personen vgl. nr. 109.
  5. Ähnlich bei Mk 10,14; Lk 18,16.

Nachweise

  1. KdmBadenIX/6, 238f. nr. 2 (Wortlaut unvollständig).
  2. Pforzheim, Stadtarchiv, Slg. Arthur Steinle, Sign. PF/1/9 vom 28. 8. 45.
  3. Timm, Hauptfriedhof 1995, 40 nr. 7.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 190 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0019001.