Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 185 Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1577

Beschreibung

Grabplatte für Karl II. Markgrafen von Baden-Durlach. Im Chor im Boden. Hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein mit doppeltem Rahmenprofil; im Feld Inschrift-Kartusche, oben an drei Seiten mit Roll- und Beschlagwerk gerahmt. Im unteren Drittel querlaufender Bruch, begleitet von mehreren Ausbrüchen (geringer Buchstabenverlust). Links unten später eingeritzte Listennummer 10 (nach F. J. Herr).

Inschrift ergänzt nach KdmBadenIX/6.

Maße: H. 187, B. 84, Bu. 3,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Stadtarchiv Pforzheim [1/1]

  1. D(EO) . O(PTIMO) . M(AXIMO) . S(ACRVM) . / ILLVSTRISSIMVS PRIN=/CEPS ET D(OMI)N(V)S D(OMINVS) CAROLVS / MARCHIO BADENSIS / ET HACHBERGENSIS . / PRINCEPS LAVDATISSI=/MVS . POST RES MVLTAS / PRAECLARE GESTAS / MARITVS PRIMVM / KVNEGVNDAE BRANDE=/BVRGICAE DEINDE AN(N)AE / PALATINAE . MORTVVS / X . CAL(ENDAS) . APRILIS . ANNO / M . D . LXXVIIa) . CVM / ESSET ANNORVM / XLVIIIa) . IN RESVRRECTI=/ONIS GLORIO[SAE E]X=/PE[CTA]TIONE [HOC] / LOCO Q[VIE]SCIT .

Übersetzung:

Dem besten und höchsten Gott geweiht! Der durchlauchtigste Fürst und Herr, Herr Karl Markgraf von Baden und Hachberg, der – nach vielen hervorragend vollbrachten Taten – hochangesehene Fürst, Gemahl zuerst von Kunigunde von Brandenburg, dann von Anna von der Pfalz, starb am 10. Tag vor den Kalenden des April (23. März) im Jahr 1577 mit achtundvierzig Jahren. Er ruht an diesem Ort in Erwartung einer fröhlichen Auferstehung.

Kommentar

Markgraf Karl II., geboren am 24. Juni 1529, war der jüngere Sohn des Markgrafen Ernst (reg. 1515/1533–1552) und von dessen zweiter Gemahlin Ursula, geborene von Rosenfeld1. Mit Karls Regierungsantritt 1553 in der sog. Unteren Markgrafschaft begann eine kurze Blütezeit der Residenz Pforzheim, die 1565 jäh endete mit der Verlegung der Residenz in die Amtsstadt Durlach (heute Stadtteil von Karlsruhe) und mit dem Ausbau der dortigen mittelalterlichen Tiefburg zum Renaissance-Schloß Karlsburg, das den Namen des Erbauers trägt2. Gewissermaßen als Ausgleich bestimmte Karl den Chor der Pforzheimer Schloßkirche weiterhin zur Grablege der ernestinischen Linie der Markgrafen von Baden. Der Chor erhielt damit nach Aufhebung des Kollegiatstifts durch die Reformation eine neue Funktion3. Nach dem Augsburger Religionsfrieden beendete Karl II. die bis dahin unentschiedene Haltung der Markgrafschaft hinsichtlich einer klaren Konfessionspolitik und führte 1556 die Reformation in seinem Herrschaftsgebiet mit dem Erlaß einer eigenen Kirchenordnung ein4. Seine mit Besonnenheit und Sparsamkeit verbundene Innenpolitik verdankt ihre Impulse hervorragenden Räten wie Oswald Gut5 († 1554) und dessen Nachfolger Martin Achtsynit6 († 1592) im Amt des Kanzlers. Karls erste Gemahlin Kunigunde von Brandenburg-Ansbach starb schon 15587. Seine zweite Gemahlin Anna Pfalzgräfin bei Rhein und Gräfin von Veldenz überlebte ihn und führte bis 1584 die Regentschaft im Namen ihrer drei Söhne8.

Nach Karls unerwartetem Tod wurde er im Chor der Schloßkirche unter einer einfachen Grabplatte bestattet, die sich nicht wesentlich von den vorangegangenen Grabplatten seiner ersten Frau und seiner Kinder unterschied. Es spricht jedoch vieles dafür, daß Karl schon zu Lebzeiten das Grabdenkmal für sich selbst und für seine beiden Frauen im Chorhaupt der Kirche geplant und an den Bildhauer Johann von Trarbach in Simmern vergeben hat9. Die Grabplatte jedoch ist von einer einheimischen Werkstatt gearbeitet worden. Merkmale ihrer Kapitalisschrift in klassischen Proportionen sind die gleichmäßige Strichführung, der Verzicht auf Worttrenner und Ligaturen.

Textkritischer Apparat

  1. Römische Zahlzeichen durch darübergesetzten Strich mit Ausbuchtung nach oben hervorgehoben.

Anmerkungen

  1. Zu den biographischen Daten vgl. Europäische Stammtafeln NF I/2, Taf. 270; vgl. auch das Grabdenkmal der Eltern nr. 129. Zusammenfassende Angaben zur Biographie vgl. NDB 11 (1977) 220f. (Vf. Hans Jürgen Rieckenberg); Schaab/Schwarzmaier, Handbuch 1995, 216–222 (mit weiterführenden Literaturangaben).
  2. Dieses größte unter den zahlreichen Bauvorhaben des Markgrafen Karl bezeugt den Bauherrn in einer monumentalen Wappentafel mit Inschriften; heute im Lapidarium des Pfinzgau-Museums; vgl. DI 20 (Karlsruhe) nr. 231 mit Abb. 96.
  3. Zur Geschichte der Markgrafen-Grablege vgl. Einl. Kap. 3.3.
  4. Hauss/Zier, Die Kirchenordnungen von 1556 in der Kurpfalz und in der Markgrafschaft Baden-Durlach 1956; Merkel, Geschichte des evangelischen Bekenntnisses 1960, 16ff. (praktische Durchführung), 25ff. (Inhalt und Bekenntnisgrundlage); ders., in: Reformierte Spuren 2001, 42f.
  5. Vgl. nr. 151.
  6. Vgl. nr. 205.
  7. Vgl. nr. 158.
  8. Vgl. nr. 199.
  9. Vgl. nr. 192.

Nachweise

  1. Karlsruhe GLA 47/47, Absterben, Fürstliche Grüfte o. J., fol. 1v, 2r.
  2. Karlsruhe, GLA 47/41, v. Beust 1802, Grab-Inschriften nr. XIII.
  3. Gehres, Pforzheim 1811, 43.
  4. Karlsruhe, GLA HFK 510, Herr, Collectanea Pforzheim 1830, fol. 20v, nr. 10.
  5. Karlsruhe, GLA 47/46, Begräbnisse 19. Jh., Waag 1883, nr. XIII.
  6. Stoesser, Grabstätten 1903, 138.
  7. KdmBadenIX/6, 176f. nr. 10 u. Abb. 148.
  8. Trost, Schloßkirche 1962, 46, 71 nr. 73.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 185 (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0018507.