Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 172† Ev. Stadtkirche (Dominikaner-Klosterkirche St. Stephan) vor 1566? (1556?)

Beschreibung

Grabdenkmal, von Beatus (Batt) d. J. von Rüppurr für seine Kinder Bernhard und Maria errichtet und vermutlich zugleich für seine erste Gemahlin Catharina geborene von Venningen und für sich selbst bestimmt. Im Jahr 1743 noch im Chor an der Südwand1, auch 1770 noch dort nachgewiesen2. Wanddenkmal aus Stein mit den Figuren eines vor dem Kruzifix knienden Ehepaares, zwischen beiden ein Kind. Auf der Rahmung vier Acht-Ahnenproben, vermutlich in doppelter Reihung, mit den Beischriften B. Unten3 die verstümmelte Inschrift A („Antiqua“). Schon 1743 nur fragmentarisch erhalten.

Inschrift nach KdmBadenIX/6 (nach Wechsler).

  1. A

    Anno MDLIIII ist verschieden Bernhard von Rieppur [– – –]a) marggräfischer badischer Hofmeister und Catharina von Rieppur, geborene von Venningen geliebter Sohn, seines Alters VI Monathb) anno MDLV Maria von Rieppur obgedachter Eheleut geliebte dochterc) [– – –] geliebte Wittwed) [– – –] der fröhliche Auferstehung [– – –]

  2. B

    Itzingen Spaeth Lauter[. . .] [– – –] 
    Gültlingen Graefeneck Erbach [– – –] 
    Antza Wernau Lauterb[. . .] [– – –] 
    Reinerschau Güssen Mberzmo Er. Hentschen 
    Bartenbach Oefingen Seinsh(eim) Helmst(att) 
    Bodlixleni Rockenfried Gussen Knebel 
    Sterne Nevne Elmweine) Gartene) 

Wappen:
[Rüppurr][Speth][Venningen][Hirschhorn]
ItzlingenSpethunklar[Schelm von Bergen]
GültlingenGrafeneckErbach?[Winnenburg und Beilstein]
Adelsheim?Wernauunklar[Reifenberg]
FreimersheimGüssBebenburgHandschuhsheim
PartenbachÖffingenSeinsheimHelmstatt
unklarunklarGüssKnebel von Katzenelnbogen
Sternenfels?Neuneck?unklarWeingarten.

Kommentar

Bei der Abschrift scheint vieles fehlerhaft. Nicht mehr Leserliches hat Wechsler – zumindest teilweise ohne Kennzeichnung der Lücken – einfach ausgelassen. Die Wappen sind offensichtlich unvollständig, die Wappenbeischriften sind z. T. in der Schreibung so abwegig, daß einige Wappen nicht zu identifizieren sind. Die ältere Überlieferung durch Gabelkover teilt nur die beiden Sterbevermerke A, nicht aber die Wappenbeischriften mit. Gabelkover gibt den Text etwas verkürzt und teilweise latinisiert wieder, seine Fassung stimmt aber syntaktisch und inhaltlich mit der Wechslerschen überein und sichert so weitgehend deren Lesung. Er erwähnt zwar nicht, daß die beiden Sterbevermerke der Kinder auf einem Denkmal vereinigt waren, doch geht dies aus dem Inhalt der Inschrift (praedictorum patrum) eindeutig hervor. Unmittelbar anschließend führt Gabelkover die Inschriften von Grabmälern zweier weiterer Kinder des Batt von Rüppurr auf4.

Beschreibung des Grabmals und Aussage der Inschriften decken sich nicht. Der Beschreibung nach handelte es sich um das Grabdenkmal eines Ehepaars mit einem Kind, den Inschriften zufolge um ein Grabdenkmal zweier Kinder. Durch die Erwähnung der Catharina von Venningen als Mutter sowie durch die Gabelkoversche Überlieferung kann der Vater eindeutig als der badische Haushofmeister Batt d. J. von Rüppurr identifiziert werden. Das Grabdenkmal war also, wenn man von der Darstellung ausgeht, als Denkmal dieses Paares und ihrer früh verstorbenen Kindern konzipiert. Da beide Eltern in ausführlicher Form im Genitiv in der Sterbeinschrift des ersten Kindes aufgeführt sind, kann allerdings wohl definitiv ausgeschlossen werden, daß vor dieser Inschrift ein Sterbevermerk auch für die Eltern vorgesehen war, denn in diesem Fall wäre eine Wiederholung ihrer Namen und der Titel des Vaters unnötig gewesen.

Batt (Beatus) d. J. von Rüppurr war der jüngste der sechs Söhne des Beatus d. Ä. von Rüppurr und der Agnes Speth von Höpfigheim. Er war wie sein Vater Baden-Durlacher Haushofmeister und Vogt zu Durlach. Im Jahr 1544 erwarb er ein Haus in Pforzheim am Schloßberg und wurde 1561 mit dem Schloß Obermönsheim (Enzkreis) belehnt5. Batts erste Gemahlin Catharina von Venningen, Tochter des badischen Landhofmeisters Conrad von Venningen und der Maria von Hirschhorn, starb 15666. In zweiter Ehe heiratete er Maria Salome von Remchingen, Tochter des Adam von Remchingen. Er selbst starb am 3. Mai 1587. Da er seine beiden Frauen offenbar überlebt hat, ist die Lesung geliebte Witwe mit Sicherheit als falsch auszuschließen. Die zweite Gemahlin war laut der Beschreibung von Wechsler nicht auf dem Grabdenkmal dargestellt. Das Monument wird also mit Sicherheit noch vor der zweiten Eheschließung Batts, aller Wahrscheinlichkeit nach auch noch zu Lebzeiten der ersten Frau Catharina von Venningen, also vor 1566, errichtet worden sein.

Diese biographischen Daten erlauben Bemerkungen zur Klärung der umfangreichen, ehemals jeweils sechzehnfachen Ahnenprobe der Ehepartner. Hier fehlen jeweils in der Beschreibung die vermutlich am Denkmal oben angebrachten Vollwappen des Paares, da diese üblicherweise keine Beischriften trugen. Auch die jeweils obersten Wappen der in vier Reihen auf den Rahmenpilastern angeordneten doppelten 16-Ahnenprobe hatten offenbar keine Beischriften. Die Acht-Ahnenprobe Batts d. J. ist durch Denkmäler seiner Geschwister bekannt7. Sie würde korrekt lauten: Rüppurr, Speth, Freimersheim, Güss von Güssenberg, Itzlingen, Speth, Partenbach, Öffingen. Daraus ergibt sich für das vorliegende Denkmal, daß hier heraldisch rechts außen die Ahnenwappen der Vaterseite Rüppurr, Freimersheim, Itzlingen und Partenbach wiedergegeben waren, in der zweiten senkrechten Reihe die Ahnenprobe der Mutter des Batt. Entsprechend enthielt die dritte Reihe die Ahnenprobe des Vaters der Catharina, des Conrad von Venningen, die vierte Reihe die Ahnenprobe ihrer Mutter Maria von Hirschhorn. Die Ahnenproben in dieser Form beziehen sich sowohl auf das Elternpaar als auch auf die verstorbenen Kinder.

Die Gestaltung des Denkmals mit einer vor dem Kruzifix knienden Familie stimmt im Typus mit den Familiendenkmälern überein, die die Geschwister des Batt von Rüppurr in Auftrag gegeben haben. Das älteste bisher bekannte Denkmal dieser Serie ist das Grabdenkmal für Batts Schwester Elisabeth von Rüppurr († 1570) und für ihren Gemahl Peter von Gültlingen in Berneck (Stadt Altensteig, Lkr. Calw), hergestellt nach 1570 in der Werkstatt des Leonhard Baumhauer von Tübingen8. Wenig später entstand das Grabdenkmal von 1573 für Frau und Kinder von Batts Bruder Reinhard von Rüppurr, für Rosa von Gültlingen, in Schwieberdingen (Lkr. Ludwigsburg), geschaffen von Jeremias Schwartz von Leonberg9. Das Pforzheimer Denkmal rückt nunmehr an die erste Stelle, falls die Ansetzung vor 1566 zutrifft. Da der Grabmal-Typus der knienden Familie unter dem Kruzifix in der Region um Pforzheim und am mittleren Neckar nicht vor den 1570er Jahren Verbreitung fand, ist eine noch frühere Ansetzung um 1556 im unmittelbarem Anschluß an den Tod des zweiten Kindes unwahrscheinlich10.

Textkritischer Apparat

  1. Lücke von der Bearbeiterin eingefügt; hier ist sinngemäß zu ergänzen: des edlen und festen Batten von Rüppurr oder ähnlich; vgl. Anm. b.
  2. A(nno) 1554 . o(biit) Bernhart von Rieppur, Batten von Rieppur und Catharinae von Rieppurr Filius . aetatis 6 . monat. Gabelkover.
  3. A(nno) 1556 . o(biit) Maria von Rieppur, Filia praedictorum patrum aetatis 5 . Monat. Gabelkover.
  4. Aus inhaltlichen Gründen kann diese Lesung Wechslers nicht stimmen: Auf die Mutter der beiden Kinder, Katharina von Venningen, kann sich die Passage nicht beziehen, da sie vor ihrem Ehemann gestorben ist, mithin nicht als Witwe bezeichnet sein kann.
  5. So für Elm (?) bzw. WeinGarten; vermutlich Überlieferungsfehler.

Anmerkungen

  1. Wechsler: „Zur rechten Hand stehet an dem Stiffts-Epitaphio ettliche Schritt darvon, an der Wand, an einem Stein aufrecht ein Mann und eine Frau kniend mit aufgehobenen Händen, und ein Kind zwischen beeden, unten aber stehet etc.“ (es folgt die Inschrift).
  2. Memorabilia Phorcensia: „Ein Rippurgisches Epitaph de ao. 1554 und 1556“.
  3. Wechsler: „An diesem Stein ist oben und unten viel abgeschlagen“.
  4. Grabinschriften von Jörg Ludwig von Rüppurr († 1578) und Agnes († 1574), zwei Kindern aus Batts zweiter Ehe mit Maria Salome von Remchingen; vgl. nrr. 179, 187.
  5. Die Herren von Rüppurr scheinen vorher keinen Besitz in Pforzheim gehabt zu haben; vgl. nr. 138.
  6. Die Venningen besaßen schon 1447 einen Adelshof in Pforzheim; 1509 wurde das Haus Hinter Markt 2 dem Conrad von Venningen und der Maria von Hirschhorn gefreit; vgl. Trost, Adelssitze 1961, 110f., 138.
  7. Vgl. DI 30 (Calw) nr. 257.
  8. Ebd.
  9. Vgl. DI 25 (Ludwigsburg) nr. 351 mit Abb. 17. Zu diesem Denkmal und seinem Meister Jeremias Schwartz vgl. Seeliger-Zeiss, in: Seeliger-Zeiss/Trugenberger, Ein seliges End 1998, 97–150.
  10. Zum Grabmal-Typus der knienden Familie unter dem Kruzifix vgl. nr. 237. Wechsler beschrieb ein weiteres Pforzheimer Grabdenkmal der Rüppurr, das aber keine Inschriften trug: „An diesem Rieppur’schen Stein steht wieder ein anderer aufgerichtet, daran ein Mann, der mit einer Hellebarten dasteht, ohne Ober- und Unterschrift“.

Nachweise

  1. Stuttgart, HStA J 1 Nr. 48 g IV, Gabelkover, Genealogische Kollektaneen, fol. 1728v.
  2. KdmBadenIX/6, 268 nr. 6 (nach Wechsler, Inscriptiones 1743).

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 172† (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0017200.