Inschriftenkatalog: Stadt Pforzheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 57: Stadt Pforzheim (2003)

Nr. 171† Ev. Schloßkirche (Stiftskirche St. Michael) 1565

Beschreibung

Grabdenkmal des Kindes Maria Markgräfin von Baden-Durlach. Ehemals im Chor an der Südwand; Kriegsverlust. Viergeschossige Aedikula wohl aus Sandstein, von Pilastern gerahmt. Auf den Postamenten der Pilaster stehen Figuren der Kardinaltugenden, links Fides, rechts Caritas. In der Giebelzone ein von Roll- und Beschlagwerk gerahmtes Medaillon mit dem erhaben ausgehauenen Herstellungsdatum A. In der Gebälkzone zweiteilige Wappentafel. Im Mittelfeld steht die Figur des Mädchens auf einer segmentbogenförmig vorspringenden Konsole mit Maske. Darunter in der Sockelzone Kartusche mit Inschrift B, von Rollwerk gerahmt und schwarzgrundig mit Goldbuchstaben.

Beschreibung und Wortlaut nach Photo des LDA Karlsruhe.

Maße: H. ca. 420, B. ca. 130, Bu. ca. 2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    1565

  2. B

    DES DVRCHLEVCTIGEN HOCHGEBOR//NEN FVRSTEN VND HERRN HERRN / CAROLS MARGGRAVEN ZV BADEN VND HACHBERG LANDTGRAVEN ZV SVSEM=/BERG HERRN ZV ROTELN VND BADENWILER MIT SEINIRa) F(ÜRSTLICHEN) G(NADEN) ERSTEN GEMAHEL FREWEN / KONIGVNDEN GEBORNEN MARGGRAVIN ZV BRANDENBVRG ETC(ETERA) ERZEVGTE DOCHTER FREWLIN MA/RIA WELCHE ZV IRER IVGENT MIT VERWVNDERLICHER ANDACHT GOTSFORCTVNGENDENb) / BEGABT GEWESEN STARB ALHIE ZV PFORTZHEIM VF ZINSTAG DEN XIc) NOVEMBRIS ALLS / MAN ZALT NACH DER GEBVRT CHRISTI VNSERS HEILANDTS M · D · LXI · IM ACHTEN IAR IRS / ALTEISd) DER ALLMCTIGe) GOT VERLEIHE DER SEELEN EIN FRODENREICHE VFERSTEND(NVS) .

Wappen:
Baden-Durlach, Brandenburg-Ansbach1.

Kommentar

Zu den biographischen Daten vgl. die zugehörige und erhaltene Grabplatte2. Wenn man der Zuschreibung durch Rott folgt, wäre das Denkmal die früheste für den Pforzheimer Hof ausgeführte Arbeit des Bildhauers Johann von Trarbach aus Simmern3. Der Aufriß des Denkmals und die besondere Bildung der Konsole unter der Figur kommen bei Johann von Trarbach vor, jedoch trägt das Denkmal Züge, die entschieden für die Ausführung durch einen anderen Meister sprechen. So sind das Vorhang-Motiv, die Vorliebe für Masken und Köpfe als Dekorationsmittel und die Gestaltung und Anordnung der Tugend-Statuetten vor den Pilastern im Werk des Simmerner Bildhauers nicht in dieser Form zu finden. Die Ausführung könnte durch einen einheimischen Steinmetzen nach dem Vorbild eines Werkes von Johann von Trarbach erfolgt sein. Als Vorbild käme in Frage etwa das Grabdenkmal für den Markgrafen Bernhard III. in Baden-Baden, errichtet ca. 1560/15634. Es zeigt im Aufriß Ähnlichkeit und verwendet ebenfalls ein Medaillon als Bekrönung. Jedoch sind die in tänzerischer Bewegung wiedergegebenen Statuetten der Tugenden und ihre Anbringung vor den Pilastern auf verkröpften Sockeln ein neuartiges Motiv, das hier in der Region zum erstenmal mit einem festen Entstehungsdatum erscheint und bei der Innendekoration des Ottheinrichsbaues im Heidelberger Schloß (ca. 1556/1559) in derselben Weise Verwendung fand. In demselben Jahr 1565 entstand die große Inschrifttafel der Karlsburg in Durlach5. Hier finden wir dieselbe noch unsichere Renaissance-Ornamentik und die Vorliebe für Menschen- und Tiermasken aller Art. Ihrem „Meister der Karlsburg“ ist das Denkmal zuzuschreiben.

Die Inschrift ist nicht mehr zuverlässig zu beurteilen. Es handelte sich um eine feinstrichige Kapitalis mit überhöhten Versalien.

Textkritischer Apparat

  1. So für SEINER.
  2. So vielleicht für GOTSFORC(H)T VND TVGENDEN.
  3. Zahlzeichen überstrichen.
  4. So für ALTERS.
  5. So für ALMECHTIG.

Anmerkungen

  1. Die Wappen wie bei dem Grabdenkmal ihres Bruders Albrecht d. J.; vgl. nr. 183.
  2. Vgl. nr. 163.
  3. Rott, Baden-Durlacher Hof 1917, 39.
  4. Vgl. KdmBadenXI/1 (Stadt Baden-Baden) 126 mit Abb. 101.
  5. Vgl. KdmBadenIX/5 (Karlsruhe-Land) 74 mit Abb. 52; DI 20 (Karlsruhe) nr. 231 mit Abb. 96.

Nachweise

  1. Karlsruhe GLA 47/47, Absterben, Fürstliche Grüfte o. J., fol. 3r, 3v.
  2. Karlsruhe, GLA 171/1514, Bürcklin, Diözesanbeschreibung 1737, fol. 8f.
  3. Karlsruhe, GLA 47/39, Weygold, Epitaphia 1747, fol. 4c, 5c.
  4. Sachs, Marggravschaft IV, 1770, 166.
  5. Karlsruhe, GLA 47/41, v. Beust 1802, Grab-Inschriften nr. IX.
  6. Gehres, Pforzheim 1811, 27.
  7. Karlsruhe, GLA HFK 510, Herr, Collectanea Pforzheim 1830, fol. 19r, nr. 7.
  8. Müller, Gustav Adolf, 1834, 4.
  9. Karlsruhe, GLA 47/46, Begräbnisse 19. Jh., Waag 1883, nr. IX.
  10. Rott, Baden-Durlacher Hof 1917, 37.
  11. KdmBadenIX/6, 170 nr. 6.
  12. Trost, Schloßkirche 1962, 52.

Zitierhinweis:
DI 57, Stadt Pforzheim, Nr. 171† (Anneliese Seeliger-Zeiss), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di057h015k0017103.